Zum Holocaust-Gedenktag: ORF-Premiere für Georg Ransmayrs „Menschen & Mächte“-Doku „Die drei Gerechten“

Am 19. Jänner um 22.30 Uhr in ORF 2; danach: Stefan Ruzowitzkys Oscar-prämiertes KZ-Drama „Die Fälscher“

Wien (OTS) – Die neue „Menschen & Mächte“-Dokumentation „Die drei Gerechten“ von Regisseur Georg Ransmayr, die ORF 2 zum Holocaust-Gedenktag am 27. Jänner (Details zum umfangreichen ORF-Programmschwerpunkt unter presse.ORF.at) am Mittwoch, dem 19. Jänner 2022, um 22.30 Uhr zeigt, erzählt davon, wie drei Wiener – Oswald Bouska, Julius Madritsch und Raimund Titsch –, die anfangs den Nationalsozialismus mitgetragen haben, zu entschlossenen Nazi-Gegnern werden. Um 23.25 Uhr folgt Stefan Ruzowitzkys Oscar-prämiertes KZ-Drama „Die Fälscher“.

Nicht nur der Österreicher Oskar Schindler rettete Jüdinnen und Juden während der NS-Zeit in Polen. Auch der Wiener Julius Madritsch bewahrte in Krakau Hunderte jüdische Zwangsarbeiter/innen vor dem Tod, indem er in seiner kriegswichtigen Uniform-Schneiderei sogar ungelernten Personen einen Job verschaffte und anderen bei der Flucht aus dem Krakauer Ghetto half. Das gelang Madritsch aber nur, weil zwei andere Wiener ebenfalls Kopf und Kragen riskierten: sein Stellvertreter Raimund Titsch und der SS-Wachmann Oswald Bouska, der sich in Krakau, angewidert von der tödlichen Praxis des NS-Rassenwahns, zu einem radikalen Nazi-Gegner wandelte. Im März 1943 erfuhr Bouska, dass der sadistische SS-Kommandeur Amon Göth bei der Räumung des Ghettos von Krakau plante, alle noch nicht arbeitsfähigen Zwangsarbeiterkinder ermorden zu lassen. Somit schweben auch die Kinder der Madritsch-Beschäftigten in Lebensgefahr. Bouska schmuggelt daher in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zahlreiche Familien mit Kleinkindern aus dem Ghetto in die nahegelegene Madritsch-Fabrik. Da Bouska auch Kontakt zu polnischen Familien hat, gelingt es ihm, einige von ihnen zu überreden, vom Tod bedrohte Kinder aufzunehmen. Familien oder jene Kinder, die nicht bei Pflegeeltern unterkommen können, werden ins polnisch-slowakische Grenzgebiet gebracht, damit sie sich von dort nach Ungarn durchschlagen können.

Die mutigen drei Gerechten Oswald Bouska, Julius Madritsch und sein Wiener Geschäftsführer Raimund Titsch begeben sich selbst in Lebensgefahr, doch Rettung ist leider nicht für alle möglich. So landen viele sogenannte „Madritsch-Juden“ nach der Ghetto-Räumung in Plaszow, einem Konzentrationslager für Zwangsarbeiter/innen in Krakau. Im KZ Plaszow setzt ein neuerliches Tauziehen um Menschenleben ein. Madritsch möchte am Gelände des Konzentrationslagers eine Firma errichten und seine Arbeiterschaft dort solange beschäftigen, bis die sowjetische Armee eintrifft und das Lager befreit. Die SS hingegen will seine Arbeiter/innen deportieren, sobald Madritsch weniger Aufträge erhält. Ein zermürbender Nervenkrieg beginnt, von dem Julius Madritsch und Raimund Titsch ebenso wie von den traumatisierenden Ereignissen in Polen ihr ganzes Leben lang gezeichnet bleiben sollten. Oswald Bouska wiederum erlebte die Befreiung durch die Rote Armee nicht mehr. Er flog auf und wurde 1944 im KZ Groß-Rosen erschossen. Nach Kriegsende sollte es lange dauern, bis der Einsatz der österreichischen Menschenretter gewürdigt wird. 1964, zu einer Zeit, als in Österreich die Mitverantwortung an den Naziverbrechen noch weitgehend verdrängt wird, werden die drei in Israel (Bouska posthum) zu „Gerechten unter den Völkern“ ernannt. In Österreich bleibt das weitgehend unbemerkt. Obwohl der mutige Einsatz der drei dem von Oskar Schindler um nichts nachsteht, sind Madritsch, Titsch und Bouska hierzulande weitgehend vergessen. Keine Straße, kein Platz und keine Wohnsiedlung hat man bisher nach ihnen benannt.

Eindrucksvolles Gewicht bekommt der Film durch Interviews mit den letzten jüdischen Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die Madritsch, Titsch und Bouska noch in Krakau erlebt haben. Nachgezeichnet werden die Ereignisse auch durch bisher nie gezeigte Fotos und Dokumente aus internationalen Archiven und dem Nachlass von Julius Madritsch. Gedreht wurde die Doku in Österreich, Israel und Polen. In Polen konnte Ransmayr mit Kameramann Werner Veits auf dem Areal des einstigen Konzentrationslagers Groß-Rosen und auf dem Gelände des ehemaligen KZ Plaszow drehen, wo auch der Kinoklassiker „Schindlers Liste“ spielt.

Die „Menschen & Mächte“-Redaktion versteht ihre Arbeit nicht nur in der Fertigung von zeitgeschichtlichen Produktionen, sondern will auch zur Erinnerung an NS-Opfer und Widerstandskämpfer im öffentlichen Raum beitragen. Angestoßen durch die Recherchen zu diesem Film wird die Stadt Wien 2022 drei Gemeindebauten mit den Namen der Judenretter versehen.

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