71. Österreichischer Städtetag: Mit Bürger*innenbeteiligung Krisen überwinden
Arbeitskreis 3 über Mitmach-Demokratie und Partizipation
Villach/Wien (OTS/RK) – Der 71. Städtetag 2022 in Villach wurde heute, Donnerstag, in vier Arbeitskreisen fortgesetzt. Im Arbeitskreis 3 wurde diskutiert, wie unsere Demokratie in Zeiten von Politikverdrossenheit und Spaltung wieder mit Leben, vielleicht sogar mit Begeisterung erfüllt werden kann. Politikwissenschaftlerin Tamara Ehs, die Augsburger Stadtdirektorin Melanie Haisch, Bezirksvorsteherin Silvia Jankovic (Wien-Margareten), Michael Lederer (Büro für Freiwilliges Engagement und Beteiligung, Land Vorarlberg) und der Villacher Jugendbeauftragte Martin Mittersteiner sprachen auf dem Podium über die Chancen und Grenzen von Beteiligungsinstrumenten wie Bürger*innenbeiräte, Jugendräte oder partizipative Budgets.
„Hier ist Politik – und ihre Ergebnisse – am nächsten. Die Gemeinde als kleinste politische Einheit stellt für die Bürger*innen die nächstgelegene Möglichkeit dar, Demokratie positiv zu erleben,“ Politikwissenschaftlerin Tamara Ehs strich in ihrer Keynote die Vorteile von Bürger*innenbeteiligung hervor, es gehe um die Stärkung des kommunalen Bewusstseins, die Einbindung von Bürger*innen zwischend en Wahlen und die Entschärfung populistischer Zuspitzung. „Gerade in Krisenzeiten gilt es, die Menschen noch mehr als sonst einzubinden und mit ihnen gemeinsam die Zukunft zu gestalten. Ob Flüchtlingskrise, Coronakrise oder Klimakrise: All diese Herausforderungen sind nur durch mehr, nicht durch weniger Bürger*innenbeteiligung zu bewältigten.“
Mit dem Jugendrat der Stadt Villach stellte Martin Mittersteiner ein wirksames Beteiligunginstrument vor: In Villach gestalten Jugendliche seit 1996 ihre Stadt erfolgreich mit, alle 2 Jahre wählen in Villach die 14 – 19jährigen 17 Jugendräte, die auch ein Rederecht im Gemeinderecht haben. Durch Beziehungsarbeit gelingt es, auch schwer erreichbare Jugendliche einzubinden. „Jugendliche müssen rasch merken, da passiert etwas. Wenn das gelingt, ist der Nutzen groß, die Jungen fühlen sich ernstgenommen und die Angebote werden viel besser angenommen.“
Die längste Erfahrung mit Bürger*innenräten in Österreich hat Vorarlberg. Michael Lederer vom Büro für Freiwilliges Engagement und Beteiligung berichtete über das Vorarlberger Modell der Beteiligungskultur und seine Wirkung auf unterschiedlichen Ebenen:
„Wenn wir positive Veränderungen wollen, müssen wir uns die Zukunft gemeinsam erstreiten und Polarisierung überwinden. Auf komplexe Fragen können wir nur gemeinsam Antworten finden.“
Das Partizipative Budget läuft im Wiener Bezirk Margareten schon seit 2017 als Online-Plattform und stellt, wie Bezirksvorsteherin Silvia Jankovic festhält, einen wichtigen Beitrag zu mehr Transparenz und moderner Verwaltung dar. „Es bezieht auch jene Bürger*innen mit ein, die nicht wählen dürfen und sorgt für mehr Akzeptanz unkreativere Lösungen. Mit Beispielen aus der Bezirkspolitik zeigte Jankovic die größten Herausforderungen und Learnings in diesem Bereich. „Man muss den Menschen zeigen, ihr seid uns wichtig, ihr werdet gehört.“
Dass man einen Bürger*innenrat durchaus auch bei schwierigen Themen einsetzen kann, hat Augsburg mit dem „Bürgerbeirat Corona“ bewiesen, wie Melanie Haisch eindrucksvoll berichtete. Zentral für das Funktionieren sind hierbei Ehrlichkeit und Verbindlichkeit – dann kommt man mit Ideen aus der Bevölkerung auch gut durch die Krise.
In der anschließenden offenen Talkrunde wurden unterschiedliche Formen und Herangehensweisen, Nutzen und Hürden von Beteiligung in der Stadtpolitik diskutiert.
Den Livestream zum Nachsehen sowie weitere Informationen zum Städtetag finden Sie unter: [www.staedtetag.at] (http://www.staedtetag.at/)
Der 71. Österreichische Städtetag wird morgen, Freitag, 3. Juni, mit einem Referat von Finanzminister Magnus Brunner fortgesetzt.
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