
Leitartikel „Harter Weg raus aus Putins Gas-Falle“ vom 21. Juni 2022 vpn Alois Vahrner
Innsbruck (OTS) – Russlands Präsident Wladimir Putin dreht beinhart am Gashahn. Endlich steigt auch Österreichs Politik bei der Suche nach Alternativen aufs Gaspedal. Dass der Hut brennt, zeigt die Reaktivierung des Kohlekraftwerks Mellach.
Von Alois Vahrner
Kaum hatten die politischen EU-Schwergewichte Olaf Scholz (Deutschland), Emmanuel Macron (Frankreich) und Mario Draghi (Italien) bei ihrem Besuch in Kiew der Ukraine den Status als EU-Beitrittskandidat angeboten, kam Putins Retourkutsche – indem er die Gaslieferungen in den Westen drosselte, auch nach Österreich. Mittlerweile wird wohl auch dem allerletzten Gutgläubigen gedämmert haben, dass der Kreml-Herrscher seine Machtpolitik nicht nur in der Ukraine ohne jeden Genierer durchzusetzen versucht. Und dass auch Österreich, das sich auch in den Jahren der Sanktionen immer wieder als Vermittler versucht hat, hier keine Sonderbehandlung zuteilwird. Als Folge der jahrelangen schwarz-rot-blauen Politik, die im fragwürdigen Auftritt Putins bei der Hochzeit der damaligen FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl (samt deren peinlichem Hofknicks) gipfelte, sind wir mit 80 Prozent das Land mit der größten Abhängigkeit von vermeintlich billigem Russen-Gas – und jetzt, nachdem alle Warnungen standhaft ignoriert wurden, entsprechend in der Bredouille.
Nicht nur, aber eben auch ganz stark aus Klimagründen wäre ein rascherer Ausstieg aus fossiler Energie schon früher geboten gewesen. Da ging in der Vergangenheit aus verschiedenen Gründen zu wenig weiter, auch wegen der viel zu langen Verfahren und auch der Widerstände gegen Wasserkraftprojekte. Und selbiges Schicksal in Grün droht jetzt auch bei Solar und Wind. Bei dem bisherigen Schneckentempo steuert Österreich aber geradewegs in eine echte Energiekrise. Ein Gas-Embargo gegen Russland hat Österreich mit Hilfe anderer ebenfalls stark abhängiger Länder wie Deutschland verhindert. Dass aber Putin im kommenden Herbst und Winter noch viel stärker am Gashahn dreht, ist leider alles andere als unwahrscheinlich.
Schön, dass Türkis-Grün jetzt offenbar gewillt ist, wie jüngst beim Hilfspaket angesichts der Teuerungswelle auch in der Energiefrage endlich einen Gang zuzulegen. Und das Kanzler Karl Nehammer auch mit zu seiner Chefsache macht. Deutschland (auch hier sind die Energie-Agenden bei den Grünen) wirkte da bislang teils weit entschlossener.
Dass der Hut brennt und schnelle Auswege nur sehr schwer möglich sind, merkt man allenthalben. Sogar das stillgelegte Kraftwerk Mellach soll im Notfall wieder Strom aus Kohle und nicht aus Gas produzieren können. Und das unter der Ägide auch der Grünen. Österreich ist diesbezüglich nicht alleine. In Deutschland wird über einen späteren Atomausstieg und weniger Raumtemperatur in Wohnungen gestritten. Vieles scheint dieser Tage möglich, was vorher als widersinnig galt.
Tiroler Tageszeitung
0512 5354 5101
chefredaktion@tt.com
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender