Gesetzgebung: Rechnungshof mahnt ausreichende Begutachtungsfristen ein
Ausschuss befasst sich mit Tätigkeitsbericht des Rechnungshofs 2021
Wien (PK) – Dem Rechnungshof ist es ein Dorn im Auge, dass die sechswöchige Begutachtungsfrist für Gesetzesvorhaben der Regierung immer wieder unterschritten wird. Er nehme zwar zur Kenntnis, wenn die Frist zur Umsetzung dringender COVID-19-Maßnahmen verkürzt werden müsse, im vergangenen Jahr seien aber auch Ministerialentwürfe ohne Pandemie-Zusammenhang mit Stellungnahmefristen von nur wenigen Arbeitstagen versendet worden, kritisiert er im Tätigkeitsbericht 2021, der heute auf der Tagesordnung des Rechnungshofausschusses des Nationalrats stand. Das habe auch legistische Vorhaben mit bedeutenden finanziellen Auswirkungen wie das Homeoffice-Paket betroffen. Zudem haben dem Rechnungshof zufolge bei 32 von 136 Gesetzes- und Verordnungsentwürfen plausible Folgekostenabschätzungen gefehlt, wobei gerade das Finanzministerium verhältnismäßig oft säumig war.
Im Ausschuss gab es viel Lob für den Rechnungshof, wobei von den Abgeordneten unter anderem der aktuelle Prüfschwerpunkt „Next Generation“, die geplante Ausweitung der Prüfbefugnisse des Rechnungshofs in Zusammenhang mit dem Parteiengesetz, die Parlamentssanierung und die Anti-Teuerungsmaßnahmen angesprochen wurden.
Was die Beauftragung eines externen Wirtschaftsprüfers bzw. einer externen Wirtschaftsprüferin mit der Prüfung des ÖVP-Rechenschaftsberichts für das Wahljahr 2019 betrifft, teilte Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker auf Anfrage von Grün-Abgeordnetem David Stögmüller mit, dass dem Rechnungshof eine Erstliste von Prüfer:innen vorliege, die im Hinblick auf die Anforderungen des Rechnungshofs allerdings noch zu überarbeiten sei. Einen Zeitpunkt, wann die Beauftragung erfolgen wird, konnte Kraker nicht nennen, der Rechnungshof wolle das aber „möglichst rasch erledigen“.
Nach wie vor hoher Wirkungsgrad von Empfehlungen des Rechnungshofs
Insgesamt hat der Rechnungshof im vergangenen Jahr 61 Berichte veröffentlicht, wie aus dem Tätigkeitsbericht (III-509 d.B.) hervorgeht. Dabei waren sechs der abgeschlossenen Prüfungen auf Wunsch von außen, etwa einzelner Parteien, durchgeführt worden. Dem Nationalrat wurden 46 Berichte – inklusive Bundesrechnungsabschluss und Einkommenserhebung – vorgelegt. Nach wie vor hoch ist der Wirkungsgrad der ausgesprochenen Empfehlungen: Je nach Zählvariante liegt er zwischen 80,3% (Follow-Up-Prüfungen) und 86,5% (Nachfrageverfahren). Demnach hat die Nachfrage bei 80 geprüften Stellen ergeben, dass von den im Jahr 2020 ausgesprochenen 2.100 Empfehlungen im vergangenen Jahr 762 zur Gänze und weitere 279 teilweise umgesetzt waren. Bei 775 Empfehlungen gab es eine Zusage zur Umsetzung, 284 waren nicht erfolgreich. Etwas schlechter ist die Bilanz der Follow-Up-Prüfungen: Von 234 Empfehlungen waren demnach bei der Nachschau 46 (19,7%) nicht umgesetzt.
In Zusammenhang mit dem COVID-19-Management der Regierung und den mit der Pandemie in Zusammenhang stehenden vielfältigen Maßnahmen zur Krisenbewältigung hat der Rechnungshof bis dato rund 20 Prüfungen eingeleitet und mittlerweile auch erste Berichte veröffentlicht. Dabei habe man bereits zahlreiche Schwachstellen identifizieren können, hält Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker im Vorwort zum Tätigkeitsbericht fest. Wobei es dem Rechnungshof ihr zufolge weniger um Kritik als um das Aufzeigen von Verbesserungspotenzial gehe. Auffällig waren laut Bericht etwa die zahlreichen Reibungsverluste beim Zusammenwirken von Bund und Ländern sowie anderen Akteuren, zudem vermissen die Prüfer:innen einen klaren Krisenmechanismus.
Prüfschwerpunkt „Next Generation“
Für die nächsten drei Jahre stellt der Rechnungshof einen Prüfschwerpunkt „Next Generation Austria“ in Aussicht. Es gehe um die Frage, ob der nächsten Generation mehr als Schulden überlassen werden und wie der Staat zukunftsorientiert und nachhaltig weiterentwickelt werden könne, heißt es dazu im Bericht. In diesem Sinn sollen etwa kostenintensive Reformprojekte, Schritte zur Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung, Maßnahmen zur Korruptionsprävention und Reformschritte in den Bereichen Bildung, Klima und Pensionen unter die Lupe genommen werden. Als konkrete Prüfgegenstände führte Kraker heute im Ausschuss etwa die Krisenfestigkeit von Systemen, die Nachhaltigkeit des Pensionssystems und den Bereich Flächenwidmungen an. Es würden aber auch aus früheren Prüfungen viele Empfehlungen vorliegen, die umzusetzen wären, sagte sie.
Auf Ersuchen des Bauherrenausschusses wird der Rechnungshof heuer außerdem eine Überprüfung der Parlamentssanierung vornehmen, wie Kraker Abgeordnetem Stögmüller bestätigte. Im Zuge der Finalisierung des Projekts werde eine Prüfung bei der BIG gestartet, erläuterte sie. Dabei würden die Prüfer:innen wie immer Vergabeverfahren interessieren, zudem gehe es um die Kostenauswirkungen von Bauverzögerungen. 2023 werde auch die Parlamentsdirektion von der Prüfung umfasst sein.
Aktuell im Laufen sind 72 Prüfungen, davon sieben Sonderprüfungen, informierte Kraker ÖVP-Abgeordneten Hermann Gahr. Letztere betreffen etwa die Impfstoffbeschaffung, Beschaffungen des Bildungsministeriums in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie und die Abwicklung von UVP-Prüfungen in der Steiermark. Eine Kooperation mit dem Europäischen Rechnungshof finde regelmäßig statt. Da es eine gemeinsame Impfstoffbeschaffung auf EU-Ebene gegeben habe, werde etwa das Prüfergebnis zu dieser Frage auch dem Europäischen Rechnungshof vorgestellt, so Kraker.
Geplant ist laut Bericht eine Neuausrichtung von Follow-up-Prüfungen:
Demnach wollen die Prüfer:innen künftig den Fokus stärker auf die Frage „Ist das Problem gelöst?“ als auf die direkte Umsetzung der Empfehlungen richten.
Parteiengesetz: Kraker begrüßt geplante Kompetenzerweiterung
Prüflücken sieht der Rechnungshof unter anderem bei der Kontrolle der Parteienfinanzierung und bei der Überprüfung von Tourismusverbänden. Zudem drängt er nach wie vor auf eine Erweiterung seiner Prüfkompetenzen bei staatsnahen Unternehmen und verweist in diesem Zusammenhang auf das Regierungsprogramm.
Dass der Rechnungshof nun eine originäre Prüfkompetenz zur Prüfung der Parteifinanzen erhalten soll, wurde in diesem Sinn von Kraker ausdrücklich begrüßt, wiewohl sie betonte, dass es hier nicht um eine normale Gebarungsüberprüfung gehe, sondern um eine Rechtmäßigkeitsprüfung. Auch insgesamt bringt der von ÖVP und Grünen eingebrachte Gesetzentwurf zum Parteiengesetz ihrer Meinung nach Verbesserungen. Was einzelne Kritikpunkte betrifft, verwies sie auf die im Rahmen des Begutachtungsverfahren abgegebene Stellungnahme des Rechnungshofs.
Um den Zusatzaufwand durch neue Aufgaben bewältigen zu können, würde sich der Rechnungshof zehn weitere Prüfer:innen wünschen, antwortete Kraker auf eine Frage von Ausschussvorsitzendem Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS). Dabei gehe es aber nicht nur um das Parteiengesetz, sondern auch um zusätzliche Aufgaben, die der Rechnungshof in den vergangenen Jahren erhalten habe und bislang mit bestehendem Personal abdecken musste.
Was Maßnahmen zum Teuerungsausgleich betrifft, hob Kraker die Notwendigkeit hervor, diese zielgerichtet und treffsicher zu gestalten. Zudem müsse man im Hinblick auf die Schuldenentwicklung auf die langfristige finanzielle Nachhaltigkeit achten.
Auf Frage von FPÖ-Abgeordnetem Alois Kainz informierte die Rechnungshofpräsidentin die Abgeordneten außerdem über den Umgang des Rechnungshofs mit der Corona-Pandemie. Es habe eine Empfehlung zu Impfungen gegeben, nicht geimpfte Mitarbeiter:innen seien jedoch nicht gekündigt worden, hielt sie unter anderem fest. Auf externe Spezialist:innen greift der Rechnungshof bei Prüfungen laut Kraker grundsätzlich nicht zurück, dafür seien auch keine Budgetmittel vorhanden. Diesen Punkt hatte SPÖ-Abgeordnete Petra Wimmer angesprochen. Das Heeresgeschichtliche Museum habe einige Empfehlungen zur Verbesserung der Compliance umgesetzt, andere seien noch offen.
Weitere Prüfberichte zur Kenntnis genommen
Weitere Prüfberichte des Rechnungshofs wurden von den Abgeordneten ohne Debatte zur Kenntnis genommen. Unter die Lupe genommen hatten die Prüfer:innen Unternehmen des Bundes (III-101 d.B.), dem EU-Finanzbericht 2017 und 2018 (III-197 d.B.), die Umsatzsteuer bei internationalen digitalen B2C-Dienstleistungen (III-371 d.B.) und die Österreichische Entwicklungsbank (III-545 d.B.). Zudem haben sie Follow-Up-Überprüfungen in Bezug auf die Erhebung von Verbrauchssteuern (III-94 d.B.), die Löschung von Abgabenrückständen (III-95 d.B.), Genderaspekte im Einkommensteuerrecht (III-180 d.B.), das Management ausgewählter IT-Projekte nach dem IT-Programm E-Finanz (III-194 d.B.), Veranlagungsstrategien und das Asset-Management der Bundespensionskasse (III-325 d.B.) sowie die Erstattung der Kapitalertragsteuer nach Dividendenausschüttungen (III-567 d.B.) durchgeführt.
Neu eingelangt sind Prüfberichte des Rechnungshofs zum Pandemiemanagement der Gesundheitsbehörden im ersten Jahr der COVID-19-Pandemie (III-658 d.B.), zur Funktion und zu den Aufgaben der Sozialhilfeverbände in der Steiermark mit Schwerpunkt Sozialhilfeverband Murau (III-627 d.B.) und zur Gewässeraufsicht in Kärnten und Oberösterreich (III-642 d.B.). Auch die Beratungen über Follow-Up-Überprüfungen betreffend Nebenbeschäftigungen von Universitätsprofessorinnen und -professoren (III-644 d.B.) sowie betreffend Arzneimittelbeschaffung für ausgewählte Krankenanstalten in Salzburg und Tirol (III-645 d.B.) wurden vom Ausschuss formal aufgenommen. (Fortsetzung Rechnungshofausschuss) gs
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