Forschungsausschuss: Einhellige Zustimmung für Neuerungen im Informationsweiterverwendungsgesetz und E-Government-Gesetz

Anträge der Opposition zu digitaler Souveränität und E-Fuels vertagt

Wien (PK) – Zwei gesetzliche Regelungen im Bereich der Digitalisierung finalisierte der Ausschuss für Forschung, Innovation und Digitalisierung noch für die Behandlung im Nationalrat vor Tagungsende. Die Neufassung des Informationsweiterverwendungsgesetzes setzt eine EU-Richtlinie um, welche die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen, öffentlicher Unternehmen und von Forschungsdaten regelt.

Weiters soll eine Klarstellung im E-Government-Gesetz zum Begriff der „Betroffenen“ das korrekte Identitätsmanagement im österreichischen E-Government sicherstellen.

Vertagt wurden drei Anträge der Opposition. Die SPÖ forderte Schritte der Bundesregierung zur Sicherung der digitalen Souveränität und zur Entwicklung einer Open-Source-Strategie der Verwaltung. Weiters fordern die Sozialdemokrat:innen einen Aktionsplan für ein digital souveränes Österreich und Europa. Die Freiheitlichen drängen auf ein Förderprogramm für erneuerbare Kraftstoffe zur Erreichung der Klimaziele.

Weiterverwendung von offenen Daten und Informationen des öffentlichen Sektors wird neu geregelt

Die EU-Richtlinie über offene Daten und die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors wurde 2005 in Österreich durch das Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG) und entsprechende Landesgesetze umgesetzt und im Jahr 2015 novelliert. Das IWG regelt die Weiterverwendung und die praktischen Mittel zur Erleichterung der Weiterverwendung vorhandener Dokumente, die im Besitz öffentlicher Stellen sind. Dadurch soll die Erstellung neuer Informationsprodukte und -dienste gefördert werden. Aufgrund einer neuen EU-Richtlinie ist eine Neufassung des IWG notwendig geworden, teilt das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort zu einer nun vorliegenden Regierungsvorlage mit. Bundesminister Martin Kocher hat dazu einen Gesetzesvorschlag vorgelegt (1571 d.B.) Parallel dazu müssen noch legistische Maßnahmen durch die Länder gesetzt werden.

Die Neuerungen betreffen die Ausweitung des Geltungsbereichs auf Dokumente im Besitz bestimmter öffentlicher Unternehmen und bestimmte Dokumente im Besitz von Forschern, Forschungseinrichtungen und Forschungsförderungseinrichtungen – zu diesen Dokumenten bestehen teilweise Sonderregelungen. Dynamische Daten müssen laut der neuen Richtlinie künftig grundsätzlich unmittelbar nach Erfassung mittels geeigneter Anwendungsprogrammierschnittstellen (API) zur Weiterverwendung zugänglich gemacht werden. Die Regelungen betreffend Entgelte für die Weiterverwendung sollen weiter verschärft werden. Sonderregelungen werden im Zusammenhang mit bestimmten hochwertigen Datensätzen getroffen. Die Festlegung, um welche Datensätze es sich handelt, erfolgt durch die EU-Kommission, teilt das Wirtschaftsministerium mit.

Das Wirtschaftsressort stellt in den Erläuterungen klar, dass das IWG 2022 wie die vorhergehenden Regelungen nichts an der Frage der Zugänglichkeit von Dokumenten ändert, sondern vielmehr auf den bereits bestehenden Zugangsregelungen aufbaut. Dokumente, die nicht oder nur für einen eingeschränkten Personenkreis zugänglich sind, sind damit vom Geltungsbereich des IWG 2022 ausgenommen. Für die Gesetzesänderung stimmten im Forschungsausschuss alle Parlamentsfraktionen.

Änderung im E-Government-Gesetz soll Klarheit beim Begriff der „Betroffenen“ schaffen

Klare Differenzierungen bei den Begriffen „Identität“ sowie „Betroffene:r“ spielen für das korrekte Identitätsmanagement im österreichischen E-Government eine wichtige Rolle. Die bestehende Regelung im E-Government-Gesetz (E-GovG) habe allerdings in den vergangenen Monaten zu Missverständnissen bei Betroffenen geführt, merkt das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort in der Problemanalyse zu einer geplanten Novelle des Gesetzes an (1443 d.B.). Eine Änderung des E-GovG soll daher den Betroffenenbegriff klären.

Das E-GovG und die Ergänzungsregisterverordnung sehen für die Anwendung des Gesetzes ein Ergänzungsregister für natürliche Personen (ERnP) vor, die nicht im Zentralen Melderegister eingetragen sind, sowie ein Ergänzungsregister für nicht natürliche Personen bzw. für „sonstige Betroffene“, die weder im Firmenbuch noch im Vereinsregister eingetragen sind (ERsB). Die Einträge in das Register sollen nun eine neue Systematik erhalten und die datenschutzrechtliche Verantwortung neu geregelt werden. Unternehmen, die steuerpflichtig sind (das umfasst auch natürliche Personen, die unternehmerisch tätig sind) werden demnach nicht mehr in das öffentlich einsehbare ERsB eingetragen. Sie sollen vielmehr von den Finanzbehörden direkt an das Unternehmensregister (URV), das nur für Verwaltungszwecke bestimmt und nicht öffentlich einsehbar ist, gemeldet werden. Ähnliche Abgrenzungen sind auch für andere Einrichtungen vorgesehen, etwa für land- und forstwirtschaftliche Betriebe. Das BMDW betont, dass sich für die Behörden aus der Umsetzung der Neuerung kein nennenswerter Aufwand ergeben soll. Die einmeldenden Stellen sollen die gleichen technischen Schnittstellen und Prozesse wie bisher verwenden können.

Im Ausschuss erklärte Helmut Brandstätter (NEOS), dass er nichts gegen die Novelle einzuwenden habe, fragte aber nach Strategien, mit denen Österreich wieder führend im Bereich des E-Government werden könne. Die Novelle erhielt die einhellige Zustimmung aller Fraktionen.

SPÖ fordert Absicherung der digitalen Souveränität und Entwicklung einer Open-Source-Strategie

Die jüngsten Erfahrungen in der Energiepolitik hätten gezeigt, dass Staaten ihre kritischen Infrastrukturen nicht vollständig aus der Hand geben und sich nicht von wenigen Großkonzernen und deren Heimatländern abhängig machen sollten, stellt SPÖ-Abgeordnete Petra Oberrauner in einem Entschließungsantrag fest (2625/A(E)). Auch die digitale Verwaltung gehört laut ihr zu den kritischen Infrastrukturen Österreichs. Oberrauner fordert daher, in einer Studie die Abhängigkeit der österreichischen Bundesverwaltung von einzelnen Softwareunternehmen zu erheben. Weiters müsse der Bund eine Open-Source-Strategie entwerfen, um den Anteil an Open-Source-Software in der Verwaltung von Kommunen, Ländern und des Bundes zu steigern. Zudem fordern die Sozialdemokrat:innen eine Open-Source-Strategie für die österreichischen Bildungseinrichtungen und die Förderung von Open-Source-Initiativen an den österreichischen Schulen.

Bereits in früheren Sitzungen verhandelt wurde ein SPÖ-Entschließungsantrag, der auf die Abhängigkeit Europas von US-Online-Monopolisten im Bereich der digitalen Kommunikationsinfrastruktur hinweist und Abhilfe fordert. Die Bundesregierung müsse einen Aktionsplan zur digitalen Souveränität Österreichs in den Bereichen Software, Hardware sowie Open Source Plattformen erarbeiten, lautet die SPÖ-Forderung (1984/A(E)). Beide Anträge wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

Mittlerweile gebe es Beispiele dafür, was passiere, wenn beispielsweise WhatsApp plötzlich nicht mehr funktioniert, untermauerte Katharina Kucharowitz (SPÖ) die Anträge ihrer Fraktion. Da Österreich bereits viel in die Forschung investiere, könne es dieses Potential nutzen, um eine Vorreiterrolle für ein digital souveränes Europa einzunehmen. Es gehe nicht um eine „realitätsferne Politik“, sondern Abhängigkeit in Bereichen zu reduzieren, die etwa auch wesentlich für die öffentliche Sicherheit seien.

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) konnte beiden SPÖ-Anträgen „sehr viel abgewinnen“. Daten seien auch als Rohstoff zu betrachten und es sei „höchste Eisenbahn“ vonseiten Österreichs und Europas hier Vorstöße zu wagen, um die Abhängigkeiten von US-Unternehmen zu reduzieren. Die Halbwertszeiten in diesem Bereich seien äußerst kurz und es könne mittelfristig zu großen Problemen führen, wenn Österreich nicht am Puls der Zeit bleibe.

Staatssekretär für Digitalisierung Florian Tursky stimmte mit der Prämisse der Anträge überein, dass manche Länder auf diesem Gebiet Österreich deutlich voraus seien. Deshalb versuche man hier auch so schnell wie möglich voranzukommen. Ein digital souveränes Österreich sei allerdings „ein Phantom“. Derartige Vorstöße könnten nur auf europäischer Ebene Erfolg haben, so Tursky. Österreich könne ein „Puzzlestein“ in einem digital souveränen Europa sein und ein dahingehender nationaler Aktionsplan befinde sich bereits in Umsetzung. Aufgrund dieser bereits erfolgenden Bemühungen stellte Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP) den Vertagungsantrag.

Ausschussobmann Christian Hafenecker (FPÖ) äußerte seine Zustimmung zu den Anträgen, mit der Einschränkung, dass der Einsatz von Produkten von US-Konzernen bei kritischer Verwaltungsinfrastruktur zwar ein Problem darstelle, im schulischen Bereich beispielsweise jedoch nicht. Generell sei es jedoch von großer Bedeutung, sich von einer „Hegemonialmacht“ im Software- und Hardwarebereich unabhängig zu machen und entsprechende Alternativen zu finden. Speziell bei den Sozialen Medien sah Hafenecker die Gefahr der zentral betriebenen Manipulation und Zensur, wodurch „selektive Wahrnehmungen“ entstünden und die Meinungsfreiheit eingeschränkt werden könne.

FPÖ: Mehr Forschung zu erneuerbaren synthetischen Kraftstoffen

FPÖ-Abgeordneter Gerhard Deimek wertet so genannte E-Fuels, synthetische Kraftstoffe, die mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen hergestellt werden, als wichtigen Beitrag zur Erreichung der CO2-Neutralität im Verkehr. Er fordert daher von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, die notwendigen Mittel für ein Förderprogramm zur Entwicklung von erneuerbaren Kraftstoffen in Österreich (2644/A(E)) bereitzustellen. Der Antrag wurde mit einer Stimmenmehrheit der Koalition vertagt.

Im Ausschuss merkte Deimek an, dass Österreich mittelfristig nicht von Verbrennungsmotoren wegkommen werde, weshalb man schlecht beraten sei, wenn man anderen Ländern die Produktion von E-Fuels und den Bau von Anlagen dafür überlassen würde. Deutschland unternehme bereits Vorstöße in diese Richtung, woran sich Österreich beteiligen sollte, wenn es als Technologieland „vorne mit dabei“ sein wolle.

Der Antrag spreche kein neues Thema an, warf Peter Weidinger (ÖVP) ein. Es sei klar, dass Europa dem Verbrennungsmotor viel an Entwicklung zu verdanken habe, doch nun sei es das gemeinsame Ziel, die Energiewende zu schaffen. Dazu benötige es „Technologieoffenheit“ von allen Beteiligten. Weidinger stellte den Vertagungsantrag, da bereits auf EU-Ebene evaluiert und debattiert werde, wie mit synthetischen Kraftstoffen bzw. E-Fuels umzugehen sei.

Christian Hafenecker (FPÖ) äußerte Kritik an der Vertagung, da der Diskurs zu dieser Thematik notwendig sei, insbesondere weil nicht alle alternativen Möglichkeiten am Tisch lägen. Bei allem Verständnis für den Wunsch nach einem Ausstieg aus Öl und Gas, müsse man darauf achten, sich nicht in neue Abhängigkeiten zu begeben. Über 90% der Kobalt-Minen befänden sich in chinesischem Besitz, gab Hafenecker zu bedenken.

Energieministerin Gewessler bezeichnete die Förderung der Entwicklung klimaneutraler Antriebssysteme als Kern ihrer Arbeit. Sie stimmte dem Antrag insofern zu, dass zur Erreichung der Klimaneutralität 2040 E-Fuels notwendig sein würden. Es gebe Einsatzbereiche, wie den Schiffs- und den Flugverkehr, wo man um diese nicht herumkommen werde – auch um weitere Abhängigkeiten zu vermeiden. (Fortsetzung Forschungsausschuss) sox/wit

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