Erwachsenenbildung: Wunsch, mehr und alternative Räume zu öffnen
Symposium im Wiener Kardinal König Haus zum Thema „BILDung (in) einer künftigen WELT“
Im Sinne der „offenen Fenster und Türen“ des Zweiten Vatikanischen Konzils wünsche man sich, mehr und alternative Räume für Bildung öffnen zu können, so der Nachklang des Symposiums des Forums Katholischer Erwachsenenbildung in Österreich (Forum KEB). Die Tagung im Wiener Kardinal König Haus stand anlässlich des 25-Jahr-Jubiläums des Forums KEB unter dem Motto „BILDung (in) einer künftigen WELT“. Zu den „Beiträgen der katholischen Erwachsenenbildung für eine LEBENsWERTE Gesellschaft“ sprachen am Freitag u. a. Bundesgeschäftsführer Bernd Wachter, die Wiener Pastoraltheologin Regina Polak, Magdalena Holztrattner, Theologin und neue Geschäftsführerin des Frauenreferats Kolping Österreich, Helena Stockinger, Professorin für Katechetik, Religionspädagogik und Pädagogik an der Katholischen Privat-Universität Linz und stellvertretende Vorsitzende der ARGE Religionspädagogik, sowie Andreas G. Weiß, u. a. stellvertretender Leiter des Katholischen Bildungswerks Salzburg und Autor.
Regina Polak zeigte auf, „was katholische Erwachsenenbildung von einem jüdischen Lernverständnis lernen kann“. Dazu gehöre historisch gesehen „ein Verständnis von Lernen, das ganz stark auf die Förderung von Autonomie von Freiheit, von selbstständigem und verantwortungsbewusstem Denken zielt“. Es sei aber egalitär und habe gleichzeitig einen Blick auf die Marginalisierten in der Gesellschaft. „Auch die Kinder, die Armutsbetroffenen, die Sklaven, die jungen Menschen müssen lernen können“, betonte sie. Dabei solle die „Fähigkeit des Argumentierens“ eine zentrale Rolle spielen und die „Kritikfähigkeit gegenüber religiösen und politischen Missständen“ gefördert werden. „Das war und ist nicht immer angenehm für Leitungspersonen, aber das ist eine Bildungsrevolution, die in Gang gesetzt worden ist“, erklärte sie. Diese sei durch das Christentum in Europa weiter getragen, globalisiert worden. „Ich würde mir wünschen, dass die katholische Erwachsenenbildung da heute auch einen alternativen Bildungsraum eröffnet in einer Gesellschaft, wo Wissen stark kapitalisiert, ökonomisiert ist und im Dienste individueller Karrieren bzw. der Aufrechterhaltung des Wohlstands steht. Ich glaube, dass Bildung viel, viel mehr ist als das“, unterstrich sie.
Zudem zeigte sich Polak überzeugt: „Für unsere Gesellschaft, aber auch für die Katholische Erwachsenenbildung ist der intergenerationale Dialog zentral.“ Ein spezielles Augenmerk solle dabei auf den Fragen, Beiträgen, Kompetenzen junger Menschen liegen, „für die wir jetzt als die ältere Generation Weichen stellen. Das dürfen, können wir nicht alleine machen. Das müssen wir mit jungen Menschen gemeinsam machen“, betonte sie. In der biblischen Tradition stehen die jungen Menschen auch oft im Zentrum. „Wir machen das nicht für, sondern mit den jungen Menschen. Das ist glaube ich auch ganz im Sinne von Papst Franziskus, der in seinem globalen Pakt für Erziehung, den er 2019 publiziert hat“. Auch bei der Jugendsynode habe er immer wieder deutlich gemacht, dass die jungen Menschen im Zentrum stehen müssen.
THEMEN DER MENSCHEN
In einem Gespräch mit Moderatorin Mathilde Schwabeneder wurde ausführlich über die Themen Bildungsgerechtigkeit, Wissenschaftsskepsis und religiöse Transformation im Zeitgeist diskutiert. Magdalena Holztrattner, Theologin und neue Geschäftsführerin des Frauenreferats Kolping Österreich, Helena Stockinger, Professorin für Katechetik, Religionspädagogik und Pädagogik an der Katholischen Privat-Universität Linz und stellvertretende Vorsitzende der ARGE Religionspädagogik, sowie Andreas G. Weiß, u. a. stellvertretender Leiter des Katholischen Bildungswerks Salzburg und Autor, stellten sich den Fragen der Moderatorin und des Publikums.
Im Laufe der Diskussion zur Bildungsgerechtigkeit knüpfte Andreas G. Weiß als Inspiration für neue Bildungsarbeit bei Papst Franziskus an. „Er nimmt auch die Krisen der Gegenwart als Anstoß für seine Katechesen und Impulse, die er den Menschen weitergeben möchte.“ Damit sei er „in guter Gesellschaft“: „Papst Johannes XXIII. hat für mich eine revolutionäre Idee in die Kirche hineingebracht, nämlich die doppelte Lehrmeisterin“. In der Enzyklika, dem Lehrschreiben „Mater et magistra“ werde die Kirche als „Lehrmeisterin“ bezeichnet. Bei der Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils habe er diese Position noch ergänzt: „Da bezeichnet er die Geschichte als die Lehrmeisterin des Lebens“. Das Revolutionäre daran sei: „Die Bildung der Kirche speist sich nicht aus sich selbst, sondern auch daraus, was man nicht kontrollieren kann.“ In diesem Bildungsprozess sei man als System das Risiko eingegangen, verändert hervor zugehen.
Helena Stockinger verwies darauf, dass Papst Franziskus auch von einer „verwundbaren Welt“ spricht und von „Resilienz“, auch in Zusammenhang mit der Klimakrise. „Die Auseinandersetzung mit Verletzlichkeit und das Aufzeigen davon ist ein wesentlicher Beitrag der Bildung“, betonte sie. Magdalena Holztrattner fragte nach einer Veränderung vom Verständnis des Bildungsbegriffs, um Bildung für mehr Menschen ermöglichen zu können. Stockinger wünsche sich hier eine „Bildung, die lebensbegleitend ist, eine aufsuchende Erwachsenenbildung in Anlehnung an eine aufsuchende Jugendarbeit“.
Weiß betonte, Menschen könnten besser erreicht werden, „indem wir die Fragen und Themen der Menschen ansprechen, die jetzt brennen. Gelingende Bildungsprozesse bauen nicht auf Macht auf“. Das bedeute, selbst vorurteilsfrei in eine Teilnehmendenposition zu gehen. Auch Stockinger äußerte den Wunsch, Räume zu öffnen.
Zudem sei es Stockinger wichtig, das Vertrauen in die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu stärken. „Da braucht es eine neue Form der Wissenschaftskommunikation.“ Das könne etwa durch gemeinsame Forschungsprojekte mit der Bevölkerung, auch mit Kindern, gelingen.
Für Weiß ist es im Verlauf der Diskussion wichtig, „im Gespräch zu bleiben“ und Selbstreflexion als zentralen Bildungsauftrag zu sehen. „Auch dort, wo wir glauben, dass Kirche schwindet, heißt es, dass Kirche wirklich an der Kippe steht.“
Stockinger betonte, der „Blick auf die Stärke, was ist gesellschaftlich da an Vielfalt, die uns weiter bringt, ist wesentlich für die katholische Erwachsenenbildung“. Weiß ergänzte: „Wir sind in diesem Prozess schon drinnen. Bestimmte Konzepte sind den Menschen fremd geworden. Da kann man nur dazu ermutigen, solche Kirchenmauern einzureißen und zu sagen: Wir bauen mit den Menschen diese Erfahrungen, diese religiöse Sprache gemeinsam neu auf.“ Das könne im Sinne einer Stärkung wirken. Moderatorin Mathilde Schwabeneder verwies auf das Mauern einreißen und fügte hinzu: „… und Brücken zu bauen.“
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