Kogler: Energiekrise und Ausstieg aus fossiler Energie zentrale Herausforderungen für Klimaschutzministerium

Nationalrat behandelt Budgets für Mobilität, Klima, Umwelt, Energie und angewandte Forschung

Der Nationalrat debattierte heute im Zuge seiner Debatte des Bundesvoranschlags 2023 sowie des Bundesfinanzrahmens 2023-26 über die Budgetmittel, die Klimaschutzministerin Leonore Gewessler zur Umsetzung wichtiger Teile des Regierungsprogramms zur Verfügung stehen werden. Über das Budgetkapitel Innovation und Technologie werden Bereiche der angewandten Forschung finanziert. Im kommenden Jahr sollen mit den Mitteln des Bundes für Forschung und Mobilität sowie dem Budgetkapitel Klima, Umwelt und Energie laut dem Klimaschutzministerium (BMK) die Verkehrs- und Energiewende und die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele vorangetrieben werden. Vizekanzler Werner Kogler, der die Vertretung der Klimaschutzministerin übernommen hatte, betonte, dass ein rascher Ausstieg aus fossilen Energieträgern notwendig sei.

MOBILITÄTSBUDGET STEIGT UM 8,8% AUF 5,49 MRD. €

Im Jahr 2023 steigen die Auszahlungen für die Mobilität laut Bundesvoranschlag um 8,8% auf eine Gesamtsumme von 5,49 Mrd. €. Diese Mittel werden primär für Aufwendungen im Zusammenhang mit der ÖBB verausgabt. So sind für Zahlungen an die ÖBB-Infrastruktur AG 2,46 Mrd. € (+206,4 Mio. €) und an die ÖBB-Personenverkehr AG 1 Mrd. € (+13 Mio. €) veranschlagt. Weitere Mehrauszahlungen betreffen unter anderem den Energiekostenausgleich im Schienenverkehr (+100 Mio. €), die Stadt- und Regionalbahnen (+40 Mio. €) oder das Klimaticket (+24,7 Mio. €).

Andreas Ottenschläger (ÖVP) sagte, das Budget sorge für leistbare Mobilität und für Nachhaltigkeit. Gerade im Bahnbereich unterstütze der Bund große Bauprojekte, mit denen unter anderem die Südachse deutlich attraktiver werde. Auch die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene werde massiv unterstützt. Neben der Förderung des öffentlichen Verkehrs setze man auch eine Reihe von Maßnahmen für einen nachhaltigen und umweltfreundlichen Individualverkehr. ÖVP-Abgeordneter Johann Singer (ÖVP) ging in seiner Rede insbesondere auf die Eckpunkte des ÖBB-Rahmenplans 2023 bis 2028 sowie auf dessen Auswirkungen auf den ländlichen Raum ein. Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP) wiederum sprach den Mobilitäts-Masterplan 2030 an, der viele gute und vor allem realistische Ansätze enthalte.

Alois Stöger (SPÖ) zeigte sich mit Teilen des Verkehrsbudgets durchaus zufrieden. So werde der Weg, den die Sozialdemokrat:innen beim Ausbau des öffentlichen Verkehrs begonnen hätten, fortgesetzt. Kritisch sehe seine Fraktion aber, dass Gewinne der ASFINAG nicht in Verkehrsprojekte investiert, sondern als Dividenden ausgezahlt werden sollen. Stöger forderte auch die Umsetzung eines Bundesverkehrszielegesetzes. Ebenso wie in anderen Bereichen dominiere auch beim Verkehr eine Ankündigungspolitik, die wohl anstehenden Landtagswahlen geschuldet sei, vermutete Abgeordnete Melanie Erasim (SPÖ). Sie sei schon gespannt darauf, ob der angekündigte Ausbau diverser Bahnstrecken in Niederösterreich wirklich realisiert werde. Bedauerlicherweise wurden in der Vergangenheit schon viele Nebenbahnen in Niederösterreich geschlossen und zugleich die Gleise entfernt, zeigte Robert Laimer (SPÖ) auf. Klaus Köchl (SPÖ) beschwerte sich im Rahmen eines – gemeinsam mit FPÖ und NEOS eingebrachten – Entschließungsantrags darüber, dass die Forderung nach Umsetzung der Kärntner Güterverkehrstrasse entlang des Wörthersees komplett ignoriert und in den ÖBB-Rahmenplan nicht aufgenommen wurde.

Hermann Weratschnig (Grüne) wies auf die deutliche Erhöhung des Budgets für Mobilität von 45% hin. Das komme allen zugute, die auf öffentlichen Verkehr angewiesen sind. Ein Meilenstein sei das Klimaticket Österreich, das mit einer großen parlamentarischen Mehrheit umgesetzt werden konnte. Zudem würden die Länder Mittel für regionale Tickets und Regionalverkehr erhalten. Weratschnig hob auch lobend den Ausbau der Bahn und die Förderung der Elektromobilität hervor. Klimaschutz sei eine Überlebensfrage, daher sei gute Mobilitätspolitik eine Frage der Zukunft.

Christian Hafenecker (FPÖ) vermisste, wie er sagte, „den Sachverstand“ in der Umweltpolitik der Bundesregierung. Das zeige sich etwa daran, dass im Individualverkehr einseitig auf Elektromobilität gesetzt werde. Für die Grünen gehe es nicht um Klimaschutz, sondern um die Umsetzung ihrer Ideologie. Das Klimaschutzministerium sei eine „Postenfabrik und Gelddruckmaschine der Grünen“ geworden. Hafenecker forderte in einem Entschließungsantrag eine Aussetzung der Vignettenpflicht für Österreicher:innen.

Alles Reden über eine Mobilitätswende könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Verlagerung des Gütertransports auf die Schiene weiterhin nicht vorankomme, sagte Johannes Margreiter (NEOS). Die Transitproblematik in Tirol sei nach wie vor ungelöst und drohe sich noch zu verschärfen. Viele der im Budget genannten Maßnahmen würden sich in „grünen Marketinggags“ erschöpfen, kritisierte der NEOS-Abgeordnete die Umweltpolitik der Bundesregierung.

KLIMA-, UMWELT- UND ENERGIEBUDGET 2023: ZUSÄTZLICHE MITTEL FÜR GRÜNE TRANSFORMATION

Im Bereich Klima, Umwelt und Energie sollen 2023 rund 3,66 Mrd. € zur Verfügung stehen. Das Bundesfinanzgesetz 2023 sieht zusätzliche Mittel unter anderem für die Strompreiskompensation und die grüne Transformation des Energiebereichs vor. Insgesamt ist eine deutliche Reduzierung der Mittel um 46,5% in diesem Budgetbereich im Vergleich zu 2022 veranschlagt. Dieser Rückgang ist vor allem im Wegfall der Einmal-Maßnahmen des erhöhten Klima- und Anti-Teuerungsbonus zu begründen, führt der Budgetdienst des Parlaments in seiner Budgetanalyse an.

Zwar sei es positiv, dass das Budget für Umweltschutz deutliche steige, sagte Julia Elisabeth Herr (SPÖ). Nur mit Geld alleine werde man ohne klar definierte Klimaziele jedoch nicht den gewünschten Effekt erzielen, dazu wäre eine wissenschaftlich untermauerte Strategie notwendig. Eine solche liege aber noch immer nicht vor. Ebenso fehle ein klarer Plan, wie die Mittel des Transformationsfonds eingesetzt werden sollen. In einem Entschließungsantrag ihrer Fraktion forderte Herr klare Vorgaben für die Vergabe der Mittel des Fonds. Alois Schroll (SPÖ) vermisste echte strukturelle und regulatorische Maßnahmen im Energiebereich. Im Namen seiner Fraktion setzte er sich mit einem Entschließungsantrag erneut für die Einführung eines Gaspreisdeckels ein; dieser würde den Menschen wirklich etwas bringen.

Astrid Rössler (Grüne) sagte, eine intakte Natur sei die Grundlage der Erreichung der Klimaziele. Daher müsse der Schutz der Ökosysteme und der Biodiversität oberste Priorität haben. Eine weitere zentrale Aufgabe sei die Beendung der Ressourcenverschwendung und die Erreichung einer Kreislaufwirtschaft. Hier setze man etwa mit dem Reparaturbonus, der ein großartiges Projekt sei, einen wichtigen Impuls. Expert:innen hätten schon vor Jahren vor der Abhängigkeit von Erdgas gewarnt, meinte Martin Litschauer (Grüne). Daraus seien aber von der Politik nicht rechtzeitig die richtigen Schlüsse gezogen worden. Erst jetzt werde der Ausstieg aus fossilen Energieträgern beschleunigt vorangetrieben. Mit dem Transformationsfonds unterstütze man den Umbau der Industrieproduktion in den nächsten Jahren mit nicht weniger als 5 Mrd. €, das sei ein großer Erfolg.

Walter Rauch (FPÖ) warf der Bundesregierung „Klimaextremismus“ vor und meinte, die CO2-Besteuerung stelle eine Steuer ohne erkennbare Gegenleistung für die Bürger:innen dar. Der Klimabonus sei pure Geldverschwendung und komme nach dem Gießkannenprinzip auch Gruppen zugute, die keinen Anspruch darauf haben sollten, wie Asylwerber:innen und Strafgefangene. Rauch sah mit aktuellen Aktionen von Klimaaktivist:innen eine rote Linie klar überschritten. Das Vorgehen dieser Gruppen gehe teilweise bereits in Richtung „Terrorismus“, meinte er. Rauch forderte entschiedene Schritte des Staates, die auch bei einer auftretenden Radikalisierung in anderen Bereichen selbstverständlich seien.  

FPÖ-Abgeordneter Axel Kassegger wies darauf hin, dass die Länder der EU nur für einen kleinen Teil der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich seien. Er mache sich Sorgen um den Wirtschaftsstandort Europa, da er aufgrund der hohen Energiekosten nicht mehr wettbewerbsfähig sein werde. Aus seiner Sicht sollte jedenfalls sofort das Merit-Order-Prinzip zur Festsetzung des Strompreises ausgesetzt werden, wozu er auch einen Entschließungsantrag einbrachte. Was die nationalen Maßnahmen betrifft, so sei es nicht besonders sinnvoll, das Geld „im Kreis zu schicken“, wie dies im Fall der CO2-Bepreisung und dem Klimabonus gemacht werde, urteilte Kassegger. Hundertausende Menschen würden an den explodierenden Energiekosten leiden, klagte Peter Wurm (FPÖ). Er forderte mittels Entschließungsantrag die Bundesregierung auf, dass diese die bestehenden Strom- und Gastarife für die Grundversorgung überprüfen, ob diese in der der Höhe den rechtlichen Bestimmungen entsprechen.

Johannes Schmuckenschlager (ÖVP) warnte davor, den Klimaschutz zum Vorwand für eine Polarisierung der Gesellschaft zu machen. Aus seiner Sicht sei anzuerkennen, dass die Bundesregierung mit dem vorliegenden Budget alle zur Verfügung stehenden Hebel bediene, um den Klimaschutz über alle Bereiche hinweg voranzutreiben. Die Energiewende funktioniere nur, wenn alle an einem Strang ziehen, konstatierte Tanja Graf (ÖVP). Ein wichtiger Beitrag dazu sei der Transformationsfonds für energieintensive Unternehmen (4,9 Mrd. €), um das Überleben der Betriebe sicherzustellen und die Arbeitsplätze zu erhalten. Aus Verantwortung den nächsten Generationen gegenüber sei der Ausstieg aus dem Carbon-Zeitalter ein Gebot der Stunde, urteilte Franz Hörl, der auch den Einsatz von Wasserstoff als Treibstoff für überlegenswert hielt. Ein weiterer zentraler Baustein sei der Ausbau der erneuerbaren Energien, unterstrich auch Nikolaus Prinz.

Michael Bernhard (NEOS) drängte erneut vehement auf die Vorlage eines Klimaschutzgesetzes, das einen konkreten Pfad für die Erreichung der Ziele bis 2040 enthalten müsse. Es reiche nicht aus, Geld für einzelne Vorhaben zur Verfügung zu stellen, es brauche auch die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen und Kontrollmechanismen. So würden etwa 49 Mio. € für die thermische Sanierung ausgeschüttet, niemand wisse aber genau wofür. Ähnliches gelte für die Energieeffizienzmaßnahmen, die mit 190 Mio. € gefördert werden, oder die zusätzlichen Mittel für die Transformation der Industrie. Sein Fraktionskollege Yannick Shetty (NEOS) zeigte sich enttäuscht darüber, dass trotz der Beteiligung der Grünen an der Regierung noch immer keine Trendwende im Klimaschutz geschafft worden sei.

KOGLER: TERRORISMUSVORWURF GEGEN KLIMAAKTIVIST:INNEN „SCHÄBIG“

In Reaktion auf Aussagen von Seiten der FPÖ zum aktuellen Klima-Aktivismus betonte Kogler, auch er hege gegen einige Aktionsformen starke Bedenken und lehne etwa entschieden ab, Kunstwerke zu gefährden. Der Begriff des Terrorismus, wie er in diesem Zusammenhang von der FPÖ bereits mehrfach verwendet worden sei, sei jedoch „schäbig“ und Teil einer populistischen Kampagne der FPÖ, sagte Kogler. Im Zentrum stehe für ihn die Frage, was junge Menschen bewege, sich jetzt für die das Überleben der zukünftigen Generationen zu engagieren. Dieses Motiv der Sorge um die Zukunft müsse man anerkennen, auch wenn man die über die Wahl der Mittel diskutieren und einzelne Aktionsformen als problematisch empfinden könne, meinte der Vizekanzler.

ANGEWANDTE FORSCHUNG SOLL UMWELT- UND KLIMASCHUTZ DIENEN

Mit dem Budgetkapitel Innovation und Technologie (Forschung) soll 2023 im Sinne eines Green Budgeting insbesondere die angewandte Forschung unter dem Gesichtspunkt von Klima- und Umweltschutz gefördert werden. Dazu gehören auch die Forschung im Bereich digitaler Technologien sowie Weltraumforschung. Insgesamt sind im Bundesvoranschlag 2023 dafür 624,1 Mio. € vorgesehen, was ein Plus von 42,5 Mio. € bzw. 7,3% gegenüber 2022 darstellt. Unterstützt werden sollen Projekte, die die Energie- und Mobilitätswende sowie die Schaffung einer Kreislaufwirtschaft und umweltfreundlicher Produktion im Auge haben. Das Budgetkapitel dient auch der Finanzierung zentraler österreichischer Forschungs- und Forschungsförderungseinrichtungen.

Maria Theresia Niss und Eva-Maria Himmelbauer (beide ÖVP) sprachen von einem beachtlichen Forschungsbudget, das Investitionen in die Zukunft ermögliche. Positiv hervorzuheben ist aus Sicht von Niss auch die weitere Beteiligung Österreichs an den European Projects of Common Interest (PCIs) im Bereich der Energieforschung. Generell würden die Forschungsausgaben des Bundes um 7% auf über 4 Mrd. € steigen, hob Himmelbauer hervor, darauf könne man stolz sein.

Petra Oberrauner (SPÖ) beklagte, dass Österreich aufgrund der geringen Frauenquote in der Forschung sehr viel Innovationskraft verliere. Das zeige sich etwa darin, dass der Anteil der Frauen bei Patenteinreichungen in Österreich sehr gering sei.

Auch Elisabeth Götze (Grüne) meinte, derzeit werde noch sehr viel Potenzial für Innovationen aufgrund des geringen Frauenanteils in der Technik und in Unternehmen nicht genützt. Die gute Nachricht sei, dass das BMK sehr viel erreicht habe bei dem Ziel, mehr Frauen für Startups zu gewinnen.

Gerhard Deimek (FPÖ) zeigte sich grundsätzlich zufrieden, dass Bundesministerin Gewessler „die richtige Richtung erkannt“ und die österreichische Beteiligung an den Programmen der Europäischen Weltraumagentur (ESA) angehoben habe. Diese Mittel seien aber immer noch viel zu gering, um das Potenzial dieses Bereichs im vollen Umfang zu nutzen. Deimek brachte einen Entschließungsantrag ein, der die deutliche Anhebung der österreichischen ESA-Mittel fordert.

Helmut Brandstätter (NEOS) sagte, das Budget zeige, dass nach wie vor zu wenig in die angewandte Forschung investiert werde. Auch Brandstätter meinte, die österreichische ESA-Beteiligung bleibe zu niedrig. Der hochinnovative Bereich der Künstlichen Intelligenz werde überhaupt vernachlässigt. Hier wäre eigene Forschung wichtig, um nicht bei einem Thema, das potenziell alle Lebensbereiche erfassen könne, von Vorgaben anderer Länder, wie etwa China, abhängig zu werden.

KOGLER: RASCHER AUSSTIEG AUS FOSSILER ENERGIE NOTWENDIG

Der Krieg in der Ukraine und dessen Folgen für die Energieversorgung sowie die Notwendigkeit der Energiewende und wie es mit dem Planeten und dessen Klima weitergehen solle, seien momentan die zwei wichtigsten Fragen des Ressorts, erklärte Vizekanzler Werner Kogler. Die Lage sei dramatisch und bedrohlich, und daher müsse es heißen „raus aus den fossilen und rein in die erneuerbaren Energien“. Dieser Weg bringe Chancen für Arbeitsplätze und Wirtschaft und werde mehr Sicherheit durch Unabhängigkeit bringen. Kogler forderte, dass bei der Energieversorgung künftig „der Rubel in die Region und nicht zu Putin“ rollen müsse. (Fortsetzung Nationalrat) sox/sue/pst

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen.

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