Nationalrat schafft einstimmig Basis für Kontrollkommission des Verfassungsschutzes

Einigung nach Allparteienantrag auf höhere Zahl an Kommissionsmitgliedern

Der Nationalrat schuf heute die Grundlage für die Einrichtung der unabhängigen Kontrollkommission der seit einem Jahr eingerichteten Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienste (DSN). Diese soll laut Staatsschutz- und Nachrichtendienstgesetz (SNG) die Aufgabenerfüllung der Direktion sicherstellen. Bisher scheiterte die Einrichtung der Kommission jedoch an der notwendigen Zweidrittelmehrheit im Hauptausschuss, da sich die Nationalratsfraktionen nicht über deren Besetzung einigen konnten. In der heutigen Nationalratssitzung gab es einhellige Zustimmung für einen Allparteienantrag, wonach die Kommission nunmehr aus fünf – statt wie bisher aus drei – Mitgliedern bestehen soll. Das hat eine Einigung ermöglicht.

PLENARDEBATTE: PARTEIPOLITISCHE AUSEINANDERSETZUNGEN TROTZ EINHELLIGER ZUSTIMMUNG

Laut gemeinsamer Initiative von ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne und NEOS zur Änderung des SNG ist vorgesehen, dass die im Innenministerium eingerichtete unabhängige Kontrollkommission Verfassungsschutz aus fünf – anstatt wie bisher aus drei – Mitgliedern bestehen soll.

Mit einem „weinenden Auge“ habe Wolfgang Gerstl (ÖVP) zur Kenntnis genommen, dass ohne diese Ausweitung keine Einigung habe erzielt werden können. Die DSN sei mit sehr weitreichenden Befugnissen ausgestattet, um den Schutz von Institutionen und kritischer Infrastruktur etwa durch Sicherheitsüberprüfungen von Personen zu gewährleisten. Daher brauche sie ein dementsprechendes Kontrollgremium, das auch mit der Qualitätssicherungen und der Überprüfung der Ausstattung sowie des Personaleinsatzes betraut sei. Gerstl dankte den anderen Fraktionen für die einhellige Zustimmung, da beim Schutz Österreichs und seiner Institutionen parteipolitische Auseinandersetzung fehl am Platz gewesen wäre.

Für die Sozialdemokratie sei die Kommission als parlamentarisches Kontrollinstrument das „Kernstück“ der Reform des Verfassungsschutzes und der Terrorismusbekämpfung gewesen, erklärte Reinhold Einwallner (SPÖ). Gerade in dem sensiblen Bereich, in dem die daraus hervorgegangene DSN operiere, brauche es eine verstärkte parlamentarische Kontrolle. Dies sei eine Lehre aus den Zuständen des BVT gewesen, die die Reform notwendig gemacht hätten. Laut Einwallner hätte sich die SPÖ eine noch klarere Trennung zwischen Staatsschutz und Nachrichtendienst nach internationalem Standard gewünscht.

Die Etablierung der Kontrollkommission sei ein weiterer Schritt zur Reformierung des polizeilichen Staatsschutzes und die Erhöhung der Mitgliederzahl ein „qualitativer Gewinn“, führte Christian Ries (FPÖ) aus. Die DSN brauche zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Befugnis, in persönliche Freiheiten etwa von Verdächtigen einzugreifen, weshalb eine „unabhängige staatliche Kontrolle“ der Direktion notwendig sei. Die Relevanz eines unabhängigen Gremiums für die Qualitätssicherung habe laut Ries die „Zerbes-Kommission“ bewiesen, die die Schwächen bei den Ermittlungen im Vorfeld des Terroranschlages vom 2. November 2020 „schonungslos aufgezeigt“ habe. Zuletzt wollte Ries einer „Legendenbildung“ entgegenwirken, indem er klarstellte, dass der schlechte Ruf des BVT nicht vom Wirken Herbert Kickls als Innenminister herrührte, sondern bereits vorher aufgrund verschiedener Missstände bestanden habe. Hätte es die Kontrollkommission damals schon gegeben, wäre dieser Sachverhalt laut Ries bereits klargestellt.

Georg Bürstmayr von den Grünen ging auf die Relevanz der DSN zum Schutz der „tragenden Säulen“ des österreichischen Gemeinwesens ein. Die Direktion schütze die Demokratie und den Rechtsstaat sowie die von diesen abgeleiteten Institutionen. Man könne über die Ausgestaltung dieser Institutionen diskutieren, doch dürften nie die Säulen „weggerissen“ werden. Bürstmayr kritisierte die Freiheitlichen dafür, weder beim antifaschistischen Bekenntnis des Bundespräsidenten im Rahmen seiner Angelobung vergangene Woche applaudiert zu haben, noch bei jenem von Bürstmayr selbst im Nationalrat. Wenn es um das „Nie wieder!“ gehe, sei es eine Anforderung an jede bzw. jeden Abgeordneten des Hohen Hauses, sich dazu zu bekennen.

Die DSN bestehe nun seit über einem Jahr und müsse sich das Vertrauen sowohl der Partnerdienste als auch der Bevölkerung erarbeiten, führte Stephanie Krisper (NEOS) aus. Vertrauen würden jene Institutionen generieren, die sich kontrollieren ließen, wofür die Kommission „ab Tag eins“ hätte vorhanden sein sollen. Zunächst hätten jedoch politische „Befindlichkeiten bedient“ werden müssen, wie Krisper bemängelte. Eine Einigung sei nun „an der Zeit“. Sie erinnerte daran, dass nun über die fünf Mitglieder der Kommission überparteilicher Konsens hergestellt werden müsse und diese auch noch einer Vertrauenswürdigkeitsprüfung zu unterziehen seien. Weiters übte Krisper Kritik am Ablauf der Sitzungen des Ständigen Unterausschusses des Ausschusses für innere Angelegenheiten, die als „Hohn“ zu bezeichnen seien, da der Opposition wichtige sicherheitsrelevante Informationen vorenthalten würden. (Fortsetzung Nationalrat) wit

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