„kulturMontag“ am 20. Februar: 73. Berlinale, künstlerischer Ukraine-Widerstand, Thomas Fritsch im Porträt
Studiogast: Marjana Gaponenko; danach: Dokupremiere „Stadt Land Boden“ – ab 22.30 Uhr in ORF 2
Wien (OTS) – Der von Peter Schneeberger präsentierte „kulturMontag“ am 20. Februar 2023 ab 22.30 Uhr in ORF 2 blickt zunächst auf die soeben eröffneten Internationalen Filmfestspiele Berlin, die nach zwei Pandemie-Ausgaben wieder im früheren Glanz und mit aktuellen Themen sowie hochkarätigen Stars aufhorchen lassen. Thema der Sendung ist auch der ungebrochene Widerstand von Künstlerinnen und Künstlern gegen den Krieg in der Ukraine, dazu ist die preisgekrönte Schriftstellerin Marjana Gaponenko live zu Gast im Studio. Die Sendung befasst sich weiters u. a. mit Theatermagier Herbert Fritsch und seiner Interpretation von Ferdinand Raimunds „Die gefesselte Phantasie“ am Wiener Burgtheater. Anschließend steht die neue Kulturdokumentation „Stadt Land Boden“ (23.30 Uhr) von Robert Schabus auf dem Programm.
Leidenschaft für die Leinwand – Die 73. Berlinale
Mit aktuellen politischen Fragen, einem breiten Filmspektrum, vielen Stars und Glamour wollen die Internationalen Filmfestspiele Berlin nach den Jahren der Pandemie mit ihrer 73. Ausgabe endlich wieder dem Ruf als größtes Publikumsfestival der Welt gerecht werden. Themen wie die globale Klimakrise oder die schwierige Lage von Filmschaffenden in Ländern wie dem Iran, in Syrien, der Türkei oder in Afghanistan sollen sich nicht nur im Filmprogramm widerspiegeln, sondern auch in den Aktivitäten des Begleitprogramms. Viele Filme des Wettbewerb-Programms würden eine starke Beziehung zur Realität entwickeln, analysiert Berlinale-Chef Carlo Chatrian. Wenn die Realität indes zu stark werde, sei die Poesie des Kinos nötig. Im Wettbewerb, der die ganze Bandbreite filmischer Formen abbildet, konkurrieren heuer 19 Filme um den Goldenen und die Silbernen Bären. Mit dabei ist die deutsch-französische Regisseurin Emily Atef mit ihrem Historiendrama „Irgendwann werden wir uns alles erzählen“, über eine tragische Liebe, u. a. besetzt mit dem österreichischen Shootingstar Felix Kramer. Zum ersten Mal seit vier Jahrzehnten ist Margarethe von Trotta wieder im Wettbewerb vertreten: Ihr Film „Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste“ (vom ORF im Rahmen des Film/Fernseh-Abkommens kofinanziert) mit Vicky Krieps und Ronald Zehrfeld in den Hauptrollen erzählt vom Leben der radikalen wie kompromisslosen Schriftstellerin, von ihren Reisen und ihrer Beziehung zum Dichter Max Frisch. Bachmanns Credo ihrer Literatur wie für ihr Leben: „Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar“ mag auch für den Ukraine-Schwerpunkt der Berlinale gelten. Oscar-Preisträger Sean Penn, der ursprünglich einen Film über den einstigen Komiker und aktuellen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj drehen wollte, feiert mit seinem Dokumentarfilm „Superpower“ über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine Weltpremiere.
Im Zeichen des Krieges – Der Widerstand der Künstler/innen
Am 24. Februar jährt sich der Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, ein Ende ist nicht in Sicht und die Gefahr einer weiteren Eskalation wächst. Svitlana Onipko, Ballerina des ukrainischen Staatsballetts ist eine von rund acht Millionen Menschen, die laut UNHCR aus ihrer Heimat geflohen sind. Im französischen Exil hält sie per SMS und WhatsApp Nachrichten nach wie vor Kontakt zu ihrer Mutter und ihrem Freundeskreis, ist am Telefon Zeugin der Angriffe. Um die eigene Ohnmacht zu überwinden hat sie gemeinsam mit dem ecuadorianischen Fotografen Felipe Jàcome das Fotoprojekt „Unbroken – Ungebrochen“ ins Leben gerufen. Eine eindrucksvolle, wie berührende Fotoserie, die Tänzerinnen aus der Ukraine zeigt – affichiert auf rund 9.000 Patronenhülsen, Artilleriemunition, die Russland in nur vier Stunden verbraucht. Während Onipko mit ihrem Fotoprojekt zwischen Paris, Amsterdam und den USA ihre Art von Widerstand leistet, ist es um die Kunstszene in Russland still geworden. Viele Künstler/innen haben das Land verlassen. Und doch entsteht immer noch kritische Kunst. Trotz Putins repressiver Politik, trotz der Angst vor Bestrafung und Verhaftung protestieren mutige russische Künstler/innen auch ein Jahr nach Kriegsbeginn. Für die mehrfach preisgekrönte Schriftstellerin Marjana Gaponenko, die derzeit in Mainz lebt, ist der Krieg eine schwere Zäsur in ihrem Leben. Das Schicksal ihrer Familie in Odessa kann sie nur aus der Ferne beobachten, literarisches Schreiben sei ihr unmöglich. Der Krieg habe sie gelähmt. Gaponenko ist live zu Gast im Studio.
Die gefesselte Phantasie – Theatermagier Herbert Fritsch inszeniert am Burgtheater
Der deutsche Theatermagier Herbert Fritsch ist Spezialist für Komödien, ob Molières „Der Eingebildete Kranke“, Shakespeares „Komödie der Irrungen“, Rossinis „Barbiere di Siviglia“ zuletzt an der Wiener Staatsoper oder gar die eigenen Stücke. Allesamt sind seine Bühnenarbeiten höchst komisch, einfallsreich, spielerisch sowie originell und entfesseln die Fantasie. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass Fritsch nun Ferdinand Raimunds Zauberposse „Die gefesselte Phantasie“ in einer irrwitzigen Interpretation auf die Bühne des Wiener Burgtheaters bringt und dort entfesselt. Das Stück selbst ist völlig absurd, die Handlung wie aus einer rasanten Screwball-Comedy der 1930er oder-40er-Jahre. Das hochkarätige Ensemble rund um Maria Happel, Sarah Victoria Frick, Tim Werths und Marcel Heuperman vermittelt eine große Lust am Spielen, bei dem vor allem herzhaft gelacht werden darf.
Doku „Stadt Land Boden“ (23.30 Uhr)
Was verbindet eine gute Ortsentwicklung mit sparsamen Bodenverbrauch? Boden ist die Grundlage menschlichen Lebens — und eine begrenzte Ressource. Eine bekannte Tatsache – und dennoch gehen in Österreich laut Umweltbundesamt, das den Mittelwert der vergangenen drei Jahre berücksichtigt, täglich durchschnittlich 11,3 Hektar und somit rund 16 Fußballfelder an biologisch produktivem Boden verloren. Schon seit Jahrzehnten schreitet die Zersiedelung in Österreich voran, ohne dass die Politik entscheidend einzugreifen vermag. Der aktuelle Verbrauch ist mehr als viermal höher als das offizielle Nachhaltigkeitsziel. Nicht zuletzt aufgrund der zugespitzten Klimasituation und eines erforderlichen Umweltschutzes braucht es hier dringend ein Umdenken und vor allem ein Umlenken. Mancherorts haben engagierte Menschen bereits damit begonnen und gehen mit gutem Beispiel voran. Für seinen Dokumentarfilm „Stadt Land Boden“ besuchte Filmemacher Robert Schabus sieben Gemeinden, die diesbezüglich positive Beispiele aufweisen. Er trifft dabei Akteure aus Verwaltung und Politik sowie Bürger/innen, die ihr Lebensumfeld auf unterschiedliche Art und Weise aktiv mitgestalten. Es ist eine Reise quer durch Österreich, die nach Feldkirch, Göfis, Mödling, Moosburg, Oberdrauburg, Thalgau sowie Trofaiach führt und bei der die Menschen im Mittelpunkt stehen. Jeder Ort hat seine individuellen Herausforderungen. Patentrezepte gibt es nicht. Es geht überall um einen verantwortungsvollen, zukunftstauglichen Umgang mit den wenigen Flächen, die uns noch zur Verfügung stehen. Deutlich wird: Baukultur betrifft uns alle. Schließlich geht es um nichts weniger als die Basis des Zusammenlebens.
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