Nationalrat beschließt neuen Rahmen für Förderungen zur Dekarbonisierung der Industrieproduktion

Gewessler: Änderungen im Kraftfahrgesetz sollen Verkehrssicherheit erhöhen und praxisnahe Regelungen schaffen

Mehrheitlich sprach sich der Nationalrat in seiner heutigen Sitzung für die Novellierung des Umweltförderungsgesetzes (UFG) aus. Die Förderung von Projekten, die der Transformation der Wirtschaft und dem Ausstieg aus fossilen Energieträgern dienen, soll damit ohne Ausschreibung möglich sein, wenn entsprechende Förderrichtlinien erfüllt werden. Neben ÖVP und Grünen stimmten auch die Sozialdemokrat:innen für das Gesetz. Die Abgeordneten der Koalition betonten, dass damit sichergestellt sei, dass Industrie und Gewerbe bei der kostenintensiven Umstellung der Produktion auf erneuerbare Energieträger die notwendige Unterstützung erhalten.

Die Abgeordneten der SPÖ und der NEOS hatten im Wirtschaftsausschuss die kurzfristige Einbringung des Abänderungsantrags kritisiert, gleichzeitig aber betont, nach einer Überprüfung der Sinnhaftigkeit der Änderungen sei eine Zustimmung im Plenum des Nationalrats denkbar. Die NEOS blieben allerdings aufgrund der nochmalig kurzfristig erfolgten Abänderungen bei ihrer Ablehnung der Novelle. Die Freiheitlichen sahen eine versäumte Gelegenheit zur Anpassung der Fördergrenzen und stimmten ebenfalls nicht zu. Die Sozialdemokrat:innen kritisierten zwar ebenfalls die Abänderung in letzter Minute, sprachen sich aber doch für die Novelle aus, da es wichtig sei, Investitionen zur Dekarbonisierung anzustoßen.

Autofahrer:innen und andere Verkehrsteilnehmer:innen, die gegen das Handyverbot am Steuer verstoßen, werden künftig eine deutlich höhere Strafe zahlen müssen. Auch die Missachtung der Gurten- und der Sturzhelmpflicht wird härtere finanzielle Konsequenzen haben. Eine entsprechende Novelle zum Kraftfahrgesetz (KFG) hat heute den Verkehrsausschuss des Nationalrats mit Mehrheit passiert. Laut Verkehrsministerin Leonore Gewessler wurden mit der Novelle auch viele Anregungen aus der Praxis umgesetzt, die etwa von Seiten der Fahrschulen oder der ASFINAG kamen. Neben ÖVP und Grünen stimmten auch die NEOS für die Novelle.

FÖRDERUNGEN FÜR PROJEKTE ZUR DEKARBONISIERUNG DER INDUSTRIE SOLLEN LEICHTER ZUGÄNGLICH WERDEN

Die Änderung des Umweltförderungsgesetzes (UFG), die den Nationalrat heute passierten, beruhen auf einem Antrag von ÖVP und Grünen, der ursprünglich nur eine redaktionelle Änderung umfasste und im Wirtschaftsausschuss mit einem umfangreichen Abänderungsantrag ergänzt wurde. Im Zuge der Plenardebatte wurden von den Koalitionsfraktionen noch weitere Ergänzungen eingebracht. Dabei ging es um Präzisierung betreffend die Bereitstellung von Mitteln des Österreichischen Aufbau- und Resilienzplans 2020-2026 (ÖARP). Eine weitere Ergänzung betrifft die Sektoren, deren Anlagen gefördert werden können. So wird etwa die Zementindustrie miteinbezogen.

FPÖ-Abgeordneter Christian Ragger kritisierte die nur „halbherzige“ Abänderung der Förderrichtlinien. Sinnvoll wäre es aus seiner Sicht, die Schwellenwerte für Förderungen, die ohne Ausschreibung vergeben werden können, insgesamt anzuheben. Seine Fraktion werde aus diesem Grund nicht zustimmen.

Die Dramatik des Klimawandels sei unterdessen vielen Menschen aufgrund der immer häufiger auftretenden extremen Wetterereignisse klargeworden, meinte Johann Höfinger (ÖVP). Zudem habe die Entwicklung am Energiemarkt das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer stabilen Energieversorgung gefördert. Die Herausforderung für die Politik bestehe nun darin, die notwendige Umstellung auf erneuerbare Energieträger Hand in Hand mit der produzierenden Industrie herbeizuführen. Das neue Umweltförderungsgesetz gehe dabei genau in die richtige Richtung, indem es produzierende Unternehmen bei der Einleitung der Transformation unter die Arme greife. Das Gesetz fördere sowohl den Klimaschutz als auch den österreichischen Industriestandort.

Christoph Stark (ÖVP) betonte, die Transformation der Industrie und des Gewerbes in Richtung des Einsatzes erneuerbarer Energieträger sei unumgänglich, erfordere aber auch hohe Investitionen. Das nun vorliegende Gesetz sei nur eine der vielen Maßnahmen, mit der man Investitionen in die Dekarbonisierung der Wirtschaft unterstütze. Mit dem Einsatz erneuerbarer Energien werde auch viel an Wertschöpfung in den Regionen gehalten. Diesen Aspekt betonte auch Josef Hechenberger (ÖVP) der auf Potenziale bei der Wasserkraft, der Verwertung von Biomasse und beim Ausbau der Photovoltaik verwies.

Michael Bernhard (NEOS) vermutete, dass die Koalition sich, wie schon oft, nicht über die Details eines an sich dringend notwendigen Gesetzes einigen habe können. Das Ergebnis sei einmal mehr eine „Nacht-und-Nebel-Aktion“ in Form eines umfangreichen Abänderungsantrags. Seine Fraktion teile das Anliegen des Kampfes gegen den Klimawandel und würde dem UFG zwar gerne zustimmen, betonte Bernhard. Die NEOS seien aber nicht bereit, einer schlecht gearbeiteten Novelle zuzustimmen.

Die Transformation der Industrie habe noch immer nicht den politischen Stellenwert, den sie verdiene, befand Julia Herr (SPÖ). Aus Sicht ihrer Fraktion sei es unbedingt notwendig, dass Sozialpolitik und Klimaschutz Hand in Hand gehen. Daher müsse sichergestellt werden, dass die Investitionen auch dafür verwendet werden, krisensichere und gute Arbeitsplätze zu schaffen und die entsprechenden Fachkräfte auszubilden. Zudem brauche es eine Kontrollmöglichkeit, um sicherzustellen, dass die Investitionen auch richtig eingesetzt werden und den erwünschten Effekt der CO2-Einsparung erzielen. Der Bundesregierung fehle aber ein Plan, wie die Klimaneutralität erreicht werden soll. Noch immer fehle ein umfassendes Klimaschutzgesetz. Christoph Matznetter (SPÖ) sagte, hier handle es sich um einen der schwierigsten Bereiche der Klimapolitik, die Transformation der Industrie in eine CO2-neutrale Produktion. Aufgrund der Wichtigkeit des Themas stimme seine Fraktion der Novelle zu, auch wenn es berechtigte Kritik am Zustandekommen des Gesetzes gebe.

Die Politik habe nun zwar adäquate Ziele im Klimaschutz definiert, müsse aber nun auch für die entsprechende Umsetzung sorgen, meinte Jakob Schwarz (Grüne). Er habe immer wieder festgestellt, dass viele Unternehmen an klimaneutraler Produktion interessiert seien, sich aber die dafür notwendigen Investitionen nicht leisten könnten. Hier komme die Transformationsoffensive ins Spiel, für die das aktuelle Budget drei Milliarden Euro vorsehe, um die notwendige Transformation auf den Weg zu bringen. Sein Fraktionskollege Lukas Hammer betonte, hier schaffe man ein Instrument, das es noch nie gegeben habe. Die Transformation der Industrie in Richtung der Dekarbonisierung brauche eine entsprechende Unterstützung. Hier gehe es nicht nur um Investitionen in das Klima, sondern auch in die Zukunft der österreichischen Industrie.  

KRAFTFAHRGESETZ SCHLIESST GESETZESLÜCKEN UND BRINGT HÖHERE STRAFEN FÜR HANDY AM STEUER

Ein ganzes Paket von Änderungen gibt es im Kraftfahrgesetz (KFG). Mit der 41. KFG-Novelle werden die Organstrafen für Verstöße gegen das Handyverbot von 50 € auf 100 € verdoppelt. Bei einer Missachtung der Gurten- oder der Sturzhelmpflicht werden 50 € statt bisher 35 € fällig. Geplant ist außerdem eine Informationskampagne, um das Bewusstsein der Fahrzeuglenker:innen zu schärfen.

Mit dem Gesetzentwurf werden darüber hinaus die Ausbildung von Fahrlehrer:innen praxisnäher gestaltet. Da es bei bewilligten Überstellungsfahrten immer wieder zu Missbrauchsfällen gekommen ist, wird künftig bei Überstellungsfahrten ein Österreichbezug gefordert. Vorgesehen ist auch die Verbesserung der Datenqualität der Zulassungsevidenz durch Abgleiche mit dem Unternehmensregister. Bei der Abgrenzung von Fahrrädern und Kraftfahrzeugen wird künftig auf die sogenannte „Nenndauerleistung“ abgestellt und ein Wert von 250 Watt festgelegt. Zudem erhalten einschlägig geschulte Organe der ASFINAG die Befugnis, auch ohne Polizeimitwirkung Sondertransporte auf dem hochrangigen Straßennetz anzuhalten und technische Kontrollen durchzuführen.

Skeptisch zu Teilen der KFG-Novelle äußerte sich seitens der Opposition SPÖ-Verkehrssprecher Alois Stöger. Obwohl es wichtige Forderungen der Opposition im Verkehrsbereich gebe, bleibe im Ergebnis nichts übrig als ein wenig „Herumdoktern“ am Kraftfahrgesetz. Stöger forderte eine ernsthaftere Diskussion über verkehrspolitische Themen im Hohen Haus. SPÖ-Abgeordnete Melanie Erasim (SPÖ) beklagte, das Gesetz bringe nur Minimalkompromisse und zeige den Stillstand in der Koalition. Seit Jahren gebe es schlechte Arbeitsbedingungen für Lenker:innen von Linienbussen, ein Problem, das unbedingt angegangen werden müsse. Die Bundesregierung widme sich jedoch nur „Nebenschauplätzen“.

In vielen Punkten könne er den Änderungen des KFG zustimmen, nicht mitgehen könne er aber bei einer unverhältnismäßig hohen Erhöhung von Strafen, meinte Klaus Köchl (SPÖ). Kritik übte er auch an der geplanten Kampagne der Verkehrsministerin. Für Dietmar Keck (SPÖ) ist die Regelung, wonach die Verwiegung von Sondertransporten künftig von Organen der ASFINAG alleine durchgeführt werden können soll, nicht rechtskonform und ein weiterer Grund für die Ablehnung der Novelle von Seiten der SPÖ.

Hermann Weratschnig, Verkehrssprecher der Grünen, betonte, die Novelle bringe Verbesserungen in mehreren Bereichen. So spreche sie etwa das Thema Ablenkung im Straßenverkehr an. Diese sei, ebenso wie die Missachtung der Gurtpflicht, eine der häufigsten Ursachen schwerer Unfälle. Für Fahrschulen beschließe man Regeln, die der Verbesserung der Qualität dienen. Weitere Bestimmungen würden einen Beitrag zu Dekarbonisierung des Verkehrs leisten. Auch Lukas Hammer (Grüne) sah eine Verpflichtung des Gesetzgebers, Maßnahmen zur Einhaltung des Handyverbots und der Gurtpflicht zu setzen. Die Erhöhung des Strafrahmens sei daher ein wichtiger Schritt.

Gerhard Deimek (FPÖ) bezweifelte, dass die Erhöhung der Strafen und eine Informationskampagne zu mehr Verkehrssicherheit beitragen werden. Die Verkehrsministerin habe nur die Behinderung und das „Abzocken“ der Autolenker:innen im Blick. Der Tatsache, dass die Fahrradfahrer:innen ermutigt würden, immer rücksichtloser im Verkehr zu agieren, schenke sie hingegen nicht die notwendige Aufmerksamkeit, kritisierte Deimek.

ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger betonte, dass selbstverständlich alle Verkehrsteilnehmer:innen geschützt werden müssen, insbesondere die Schwächsten unter ihnen, die Fußgänger:innen. Die Ablenkung am Steuer sei einer der Hauptursachen für Unfälle, wobei der Grund dafür oft die Verwendung des Mobiltelefons am Steuer sei. Auch die bessere Ausbildung des Lehrpersonals der österreichischen Fahrschulen stelle einen indirekten Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit dar. Die Gurtpflicht sei 1976 eingeführt worden, trotzdem sei immer noch der Fall, dass bei einem Viertel der tödlichen Verkehrsunfälle festzustellen sei, dass die Betroffenen nicht angeschnallt waren, führte Christoph Stark (ÖVP) aus. Auch die Ablenkung durch Handy am Steuer habe in vielen Fällen tödliche Konsequenzen, daher sei die Erhöhung der Strafdrohung ein notwendiger Schritt. Diese Ansicht teilte auch ÖVP-Abgeordneter Lukas Brandweiner. Rebecca Kirchbaumer (ÖVP) begrüßte die Entbürokratisierung bei der Ausbildung von Fahrlehrer:innen sowie die Kostenentlastung für Tankstellen bei der Beprobung von Treibstoffen. Für Joachim Schnabel (ÖVP) sind die Änderung der Bestimmungen für LKW mit alternativen Antrieben erste legistische und steuerrechtliche Schritte in Richtung Dekarbonisierung des Verkehrssystems. In dieser Richtung müsse man weiterarbeiten, appellierte er an die Verkehrsministerin.

Ablenkung und mangelnde Aufmerksamkeit im Straßenverkehr sei eine der häufigsten Unfallursachen, betonte Johannes Margreiter (NEOS). Er sei im allgemeinen kein Freund von Strafdrohungen, da das Problem dadurch meist nicht gelöst werde. In diesem Fall verspreche er sich aber von der Erhöhung der Organmandate für Handy am Steuer ein erhöhtes Bewusstsein für die Problematik und er spreche sich für das Gesetz aus.

GEWESSLER: NOVELLE BRINGT PRAXISNAHE REGELUNGEN UND ERHÖHUNG DER VERKEHRSSICHERHEIT

Die KFG-Novelle sei zwar nicht „glamourös“, meinte Verkehrsministerin Leonore Gewessler, sie setze aber eine große Zahl von Anliegen aus der Praxis um, die an das Ressort herangetragen worden seien. So werde etwa dem Wunsch der Fahrschulen nach einer Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Ausbildung von Fahrlehrer:innen entsprochen. Der Verkehrssicherheit diene unter anderem die Erhöhung der Strafen für Verstöße gegen das Handyverbot oder gegen die Helmpflicht. Damit folge man im Übrigen einer einstimmigen Empfehlung der Verkehrslandesrät:innen. Diese Maßnahmen wolle man zudem durch eine Kampagne unterstützen, um das Thema Verkehrssicherheit wieder stärker im Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer:innen zu verankern. (Fortsetzung Nationalrat) sox

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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