Parlament: TOP im Nationalrat am 27. April 2023

Regierungsinserate, Wiener Zeitung, Patentgesetz, FWIT-Rat, ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss, Verfassungsstiftung

Bei der Nationalratssitzung am 27. April werden die Abgeordneten unter anderem über mehr Transparenz bei Regierungsinseraten und ein neues Geschäftsmodell für die Wiener Zeitung beraten. Zudem liegen dem Plenum mehrere Gesetzesvorlagen aus dem Forschungsausschuss vor. So soll etwa das Patentierverbot für herkömmliche Pflanzen- und Tierzüchtungen durch eine Novelle zum Patentgesetz bekräftigt werden.

Ziel einer neuen „Stiftung Forum Verfassung“ ist es, das Verfassungsbewusstsein der Österreicher:innen zu stärken. Überdies sollen künftig auch Gesetzesanträge von Abgeordneten, die Berufsregulierungen zum Inhalt haben, gemäß entsprechender EU-Vorgaben einer Verhältnismäßigkeitsprüfung unterzogen werden. Auch der Abschlussbericht des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses sowie Berichte der Volksanwaltschaft und des Rechnungshofs stehen im Plenum zur Diskussion.

Vorerst noch in der Warteschleife bleibt hingegen der dritte Teil des von den Regierungsparteien vorgeschlagenen Medienpakets. Der neue Fördertopf für Qualitätsjournalismus muss beihilfenrechtlich erst von der EU genehmigt werden.

AKTUELLE STUNDE

Die Sitzung beginnt um 09.00 Uhr mit einer Aktuellen Stunde. Das Thema wählt die SPÖ.

ABSCHLUSSBERICHT DES ÖVP-KORRUPTIONS-UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSSES

Nach rund einjähriger Prüftätigkeit hat der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss dem Nationalrat seinen Abschlussbericht vorgelegt. Inklusive der fünf Fraktionsberichte umfasst das Konvolut knapp 1.000 Seiten, dazu kommen noch zahlreiche Stellungnahmen von im Bericht erwähnten Personen und Organisationen. Einen gemeinsamen Nenner, was die Ergebnisse des Ausschusses betrifft, gibt es nicht. Die Parteien ziehen aus den durchgeführten Befragungen und den vorgelegten Akten und Dokumenten zum Teil höchst unterschiedliche Schlüsse.

So sieht sich etwa die ÖVP in ihrer Vermutung bestätigt, dass die Einsetzung des Untersuchungsausschusses rein parteipolitisch motiviert war. Letztendlich habe es einen enormen Ressourcenaufwand „ohne relevanten Erkenntnisgewinn“ für die Optimierung von Prozessen im Rahmen der Vollziehung des Bundes gegeben, ist sie überzeugt. Auch kann sie keine Hinweise auf Korruption bei aktiven und ehemaligen ÖVP-Regierungsmitgliedern ausmachen.

Eine gegensätzliche Bilanz ziehen die anderen vier Fraktionen. Ihrer Ansicht nach hat der Untersuchungsausschuss sehr wohl einiges zutage gebracht, wobei die Grünen und die NEOS etwa „Postenschacher“, die missbräuchliche Verwendung von Steuergeld und eine „Spezialbehandlung für Superreiche“ orten. Außerdem sind sich sowohl die SPÖ als auch die FPÖ nach dem Durchforsten der an den U-Ausschuss gelieferten Akten und der Befragung von mehr als 80 Auskunftspersonen sicher, dass die ÖVP ein systematisches Korruptionsproblem hat.

Zu den Empfehlungen einzelner oder mehrerer Fraktionen gehören unter anderem die Schaffung eines Informationsfreiheitsgesetzes, eine absolute Höchstgrenze für Inseratengelder, ausreichende Ressourcen für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die Ausweitung von Dokumentationspflichten, eine TV-Übertragung von Befragungen in U-Ausschüssen, öffentliche Hearings für Spitzenfunktionen sowie eine stärkere Berücksichtigung von Grund- und Persönlichkeitsrechten bei der Ausschussarbeit. Auch Verfahrensanwalt Wolfgang Pöschl, auf dessen Entwurf der Bericht von Ausschussvorsitzendem Wolfgang Sobotka beruht, hat einige Anregungen. Sie reichen von der Einrichtung einer unabhängigen Bundesstaatsanwaltschaft über gesetzliche Schutzmaßnahmen für private Chats und Handydaten bis hin zu budgetären Höchstgrenzen für Generalsekretariate und politische Kabinette in den Ministerien.

Eingesetzt worden war der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss auf Basis eines gemeinsamen Verlangens von SPÖ, FPÖ und NEOS. Er trat zu insgesamt 48 Sitzungen zusammen und befragte 82 Auskunftspersonen. Der Aktenbestand umfasste rund 27 Millionen Seiten. Mit dem Aufruf des Abschlussberichts im Nationalrat ist die Tätigkeit des U-Ausschusses automatisch beendet.

NEUES GESCHÄFTSMODELL FÜR DIE „WIENER ZEITUNG“

Ein von den Regierungsparteien vorgelegter Gesetzentwurf sieht das Aus für die „Wiener Zeitung“ in der bisherigen Form bis spätestens Endes des Jahres vor. Sie soll künftig vorrangig als Online-Medium erscheinen. Zudem räumen ihr ÖVP und Grüne eine wichtige Rolle bei der praxisnahen Ausbildung von Journalistinnen und Journalisten sowie bei der Bereitstellung von Content für die Ministerien und andere öffentliche Einrichtungen ein.

Grund für das neue Geschäftsmodell der Wiener Zeitung ist die Abschaffung der Pflichtveröffentlichungen im „Amtsblatt“, welche derzeit für einen Großteil der Einnahmen des Blattes verantwortlich sind. Anstelle des Amtsblattes soll eine deutlich erweiterte elektronische Verlautbarungs- und Informationsplattform (EVI) eingerichtet werden, die als eine Art digitales „schwarzes Brett“ des Bundes fungieren und neben den Amtsblatt-Inhalten auch allerlei weitere nützliche Informationen für Bürgerinnen und Bürger barrierefrei bereitstellen soll.

Insgesamt will die Regierung für das neue Geschäftsmodell Fördermittel in der Höhe von 16,5 Mio. € bereitstellen, wobei 7,5 Mio. € auf die Wiener Zeitung selbst, 6 Mio. € auf die Journalist:innenausbildung sowie weitere Aufgaben des sogenannten „Media Hub Austria“ und 3 Mio. € auf die Verlautbarungs- und Informationsplattform entfallen. Die Bereitstellung von Content für Ministerien sowie andere öffentliche Stellen und staatliche Unternehmen soll künftig die bei der Wiener Zeitung GmbH einzurichtende „Content Agentur Austria“ übernehmen.

OPPOSITION WILL WIENER ZEITUNG ALS TAGESZEITUNG ERHALTEN

Im Verfassungsausschuss sprach sich die Opposition geschlossen dafür aus, die Wiener Zeitung als Tageszeitung zu erhalten, wobei die Meinungen über mögliche Finanzierungsmodelle auseinandergingen. So kann sich die SPÖ etwa vorstellen, einen kleinen Teil der ORF-Haushaltsabgabe für die Finanzierung des Blattes bereitzustellen, während die NEOS auf Kaufinteressenten für die älteste Tageszeitung der Welt verwiesen. Drei dazu vorliegende Entschließungsanträge – zwei von der SPÖ und einer von den NEOS – werden aber wohl auch im Plenum keine Mehrheit finden.

Man habe alle Vorschläge genau geprüft, es habe aber keine nachvollziehbaren Konzepte für den Kauf oder die Herausgabe der Wiener Zeitung in Print gegeben, machten die Grünen bei den Ausschussberatungen geltend. Zudem verwiesen sie auf die überschaubare Zahl von Abonennt:innen und Leser:innen des Blattes. Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf werde die Wiener Zeitung nicht abgeschafft, sondern vielmehr deren Existenz gesichert, hoben sowohl die Grünen als auch die ÖVP hervor. Zumal am Wegfall der Pflichtveröffentlichungen aufgrund einer EU-Richtlinie kein Weg vorbeiführe, wie sie betonten.

MEHR TRANSPARENZ BEI ÖFFENTLICHEN INSERATEN

Die von den Koalitionsparteien vorgeschlagene Novelle zum Medientransparenzgesetz sieht mehr Transparenz bei öffentlichen Inseraten vor. So werden Ministerien und andere öffentliche Stellen, die Werbekampagnen ab einem Volumen von 150.000 € schalten, ab 2024 öffentlich über Inhalt, Laufzeit und Budget der Kampagne informieren und darlegen müssen, warum die Kampagne nötig ist. Zudem ist zu beschreiben, wer die Zielgruppen sind und nach welchen Kriterien die Medienauswahl erfolgte. Übersteigt die Kampagne den Betrag von 1 Mio. € ist zusätzlich eine Wirkungsanalyse durchzuführen.

Neu ist außerdem die Meldepflicht aller entgeltlichen Inserate und Einschaltungen an die KommAustria. Die Bagatellgrenze von 5.000 € und die bisherige Beschränkung der Bekanntgabepflicht auf periodische Medien entfallen. Außerdem werden auch die einzelnen Werbesujets zu veröffentlichen sein, wenn die Gesamtsumme der Aufträge pro Halbjahr den Betrag von 10.000 € überschreitet. Im Gegenzug sollen die Umstellung von quartalsweisen auf halbjährliche Meldeintervalle, der Entfall von Leermeldungen und eine Verlängerung der Meldefristen administrative Erleichterungen bringen.

Weitere Neuerungen betreffen die Ausweitung des für Inserate geltenden Sachinformationsgebots und des „Kopfverbots“ auf weitere Rechtsträger sowie die Erhöhung der Verwaltungsstrafen für Gesetzesverstöße. Zudem muss die KommAustria die gemeldeten Daten künftig zehn Jahre lang öffentlich zugänglich machen.

Noch offen ist, ob das Vorhaben im Nationalrat die erforderliche Zweidrittelmehrheit erhalten wird. Die SPÖ begrüßte den Entwurf im Verfassungsausschuss zwar grundsätzlich, ortet aber noch den einen oder anderen Mangel. Auch die NEOS halten weitere Verbesserungen für notwendig und drängten insbesondere auf eine Obergrenze für Inserate. Ein solcher Deckel ist auch der FPÖ ein Anliegen. Sie warf der Regierung im Verfassungsausschuss vor, sich durch Inserate eine gewogene Medienberichterstattung „kaufen“ zu wollen.

Ein Entschließungsantrag der FPÖ und eine gemeinsame Initiative der Oppositionsparteien, die mit dem Gesetzentwurf der Koalitionsparteien mitverhandelt werden, haben im Plenum jedoch wenig Aussicht auf Erfolg. Die FPÖ schlägt in ihrem Antrag etwa vor, Ausgaben für Werbung und Inserate mit der Höhe der staatlichen Presseförderung zu deckeln. Durch präzisere Gesetzesbestimmungen wollen SPÖ, FPÖ und NEOS überdies sicherstellen, dass Inserate tatsächlich nur zur Information der Bevölkerung geschaltet werden.

INITIATIVE FÜR BERUFSSPORTGESETZ

Der Sportausschuss spricht sich einhellig für die Erarbeitung eines gesetzlichen Rahmens für sportspezifische Berufe aus, um den besonderen Bedürfnissen des Berufssports im Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht Rechnung zu tragen. Die Entschließung von ÖVP und Grünen verweist auf die Pläne für ein Berufssportgesetz im Regierungsprogramm und fordert die Absicherung von Sportler:innen, Trainer:innen und Mitarbeiter:innen in Verbänden und Vereinen sowie die Beseitigung bestehender Ungleichbehandlungen bei der Anerkennung der Spezifika des Sports. Alle Fraktionen begrüßten die Intention des Vorhabens, wobei FPÖ und NEOS von einem „Antrag ohne Inhalt“ sprachen und konkrete Vorschläge von Vizekanzler und Sportminister Werner Kogler einforderten.

SPORTSANKTIONEN GEGEN RUSSLAND

Eine weitere Entschließung, die der Sportausschuss mit den Stimmen der Regierungsparteien, der SPÖ und der NEOS fasste, zielt auf eine strenge Auslegung der Empfehlungen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) hinsichtlich der Teilnahme von Sportler:innen aus Russland und Belarus an internationalen Wettkämpfen als „neutrale Athlet:innen“ ab. Gefordert wird eine Präzisierung und die Festlegung eines rückwirkenden Stichtags für die Definition von Militärangehörigen, sodass diese jedenfalls von internationalen Großevents ausgeschlossen sind. Sportminister Werner Kogler meinte im Ausschuss, es sei ukrainischen Sportler:innen nicht zumutbar, sich mit jenen zu messen, die zur russischen Armee zählen.

Abgelehnt wurden in diesem Zusammenhang ein Antrag der FPÖ zur Beendigung der Sportsanktionen gegen Russland sowie ein NEOS-Antrag zur Ausweitung dieser.

STIFTUNG FORUM VERFASSUNG

ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS schlagen gemeinsam vor, eine „Stiftung Forum Verfassung“ einzurichten. Ziel des Vorhabens ist es, die Bedeutung der Bundesverfassung und des Verfassungsgerichtshofs stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken und das Verfassungswissen zu verbessern. Dieser Zweck soll unter anderem durch eine Ausstellung mit digitalem Schwerpunkt, diverse Veranstaltungen, die Entwicklung von Unterrichtsmaterialen und die Vergabe eines Verfassungspreises erreicht werden. Die Stiftung wird eng an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) angebunden sein und jährlich rund 700.000 € aus Budgetmitteln des Bundes erhalten.

Auf Kritik im Begutachtungsverfahren haben die vier Parlamentsfraktionen mit der Einbringung eines Abänderungsantrags im Zuge der Ausschussberatungen reagiert. Er betrifft etwa die Zusammensetzung des Stiftungsvorstands, die Formulierung des Stiftungszwecks und die Zusammenarbeit der Stiftung mit Bildungseinrichtungen, Universitäten, Interessenvertretungen und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Die FPÖ stimmte im Verfassungsausschuss dennoch gegen den Entwurf. Für sie ist es unverständlich, dass der VfGH Steuergeld für „Eigenwerbung“ erhält.

ÄNDERUNG DES PARLAMENTSMITARBEITER:INNENGESETZES

Von allen fünf Parlamentsfraktionen unterstützt wird eine Novelle zum Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parlamentsmitarbeitergesetz. Konkret geht es dabei darum, persönliche Mitarbeiter:innen von Abgeordneten besser für Fälle abzusichern, wo ein Abgeordneter bzw. eine Abgeordnete kurzfristig aus dem Hohen Haus ausscheidet. Auch in diesem Fall sollen die üblichen Kündigungsfristen und der damit verbundene Entgeltanspruch gelten.

ÜBERARBEITUNG DER ÖSTERREICHISCHEN SICHERHEITSSTRATEGIE

Um der veränderten Einschätzung der militärischen Gefahrenlage in Europa Rechnung zu tragen, spricht sich der Landesverteidigungsausschuss für eine Überarbeitung der Österreichischen Sicherheitsstrategie aus. Er hat einen entsprechenden Entschließungsantrag der FPÖ unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrags von ÖVP, SPÖ und NEOS einstimmig angenommen. Die Österreichische Sicherheitsstrategie sei mehr als zehn Jahre alt und enthalte keine aktuellen Bedrohungsszenarien wie etwa jene durch den Krieg in der Ukraine oder die Gefahr eines Blackouts, wird die Initiative begründet. Mit der Entschließung wird die Bundesregierung konkret aufgefordert, schnellstmöglich die Sicherheitsstrategie 2013 unter Einbeziehung aller im Hauptausschuss des Nationalrats vertretenen Fraktionen und unter Berücksichtigung der Leitlinien des „strategischen Kompasses“ der EU zu überarbeiten.

AUFWERTUNG VON AUSLANDSMISSIONEN

Ebenso Einstimmigkeit gab es im Landesverteidigungsausschuss zur Forderung aller Fraktionen nach einer finanziellen Aufwertung von Auslandseinsätzen. Basis für den gemeinsamen Antrag war eine NEOS-Initiative, die selbst in der Minderheit blieb. Anfang 2023 seien weniger als 800 österreichische Soldat:innen im Auslandseinsatz gewesen, obwohl der Sollzustand 1.100 betrage, bemängeln die NEOS. Als Grund sehen sie unter anderem die unvorteilhafte Besoldung. Die NEOS fordern in ihrem Antrag daher eine Novelle des Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetzes. Diese solle sicherstellen, dass zu Übungs- und Ausbildungszwecken in Krisenregionen entsandte Bedienstete des Verteidigungsministeriums Zulagen gewährt werden, die jenen bei Auslandseinsätzen entsprechen. Außerdem soll gewährleistet werden, dass Bedienstete im Auslandseinsatz oder bei Entsendungen ins Ausland nicht dadurch schlechter gestellt werden, dass in Inlandseinsätzen anfallende Zulagen anlässlich einer Entsendung gestrichen werden, so der Antrag der NEOS.

MEHR AUFMERKSAMKEIT FÜR CHRONISCHES ERSCHÖPFUNGSSYNDROM

Im Plenum zur Diskussion steht auch eine Petition, die auf die schwierige Situation von Menschen hinweist, die unter dem Chronischen Erschöpfungssyndrom (ME/CFS) leiden. Es handelt sich dabei um eine schwere Multisystemerkrankung, deren Symptome teilweise auch bei Long-Covid-Patient:innen festgestellt wurden. Schätzungen gehen davon aus, dass in Österreich bis zu 80.000 Personen betroffen sein könnten, wobei deren Leistungsfähigkeit teils extrem eingeschränkt ist. Darauf basierend brachten ÖVP und Grüne im Gesundheitsausschuss einen Entschließungsantrag ein, in dem sowohl der Gesundheits- als auch der Wissenschaftsminister ersucht werden, sich für eine bessere diagnostische und therapeutische Versorgung, die stärkere Berücksichtigung von postviralen bzw. postinfektiösen Syndromen in medizinischen Leitlinien, die Einrichtung eines Beratungsgremiums sowie die Förderung des interdisziplinären Austauschs einzusetzen. Diese Initiative fand im Ausschuss die Zustimmung aller Fraktionen.

ÄNDERUNGEN IM PATENTRECHT

Aufgrund der bevorstehenden Einführung eines europäischen „Einheitspatents“ müssen im österreichischen Patentrecht Anpassungen  vorgenommen werden. Außerdem hat die Regierung dem Nationalrat ein „Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten des Einheitlichen Patentgerichts“ zur Genehmigung vorgelegt, das im Forschungsausschuss einhellige Unterstützung fand. Schon seit längerem steht fest, dass beim Arbeits- und Sozialgericht in Wien eine Lokalkammer des Einheitlichen Patentgerichts eingerichtet wird. Der vorliegende Staatsvertrag regelt ergänzend dazu Immunitäts- und steuerrechtliche Fragen und gewährleistet die Unverletzlichkeit der Räumlichkeiten des Gerichts. Gleichzeitig sollen die von Technologieministerin Leonore Gewessler vorgeschlagenen Gesetzesänderungen sicherstellen, dass Entscheidungen des Einheitlichen Patentgerichts in Österreich unmittelbar vollstreckbar sind.

Darüber hinaus werden mit der Sammelnovelle die Patentausschluss-Bestimmungen im österreichischen Patentgesetz präzisiert. Damit soll eine Umgehung des Patentverbots für konventionelle Pflanzen- und Tierzüchtungen verhindert werden. Laut Gewessler nimmt Österreich damit eine Vorreiterrolle ein, was den Schutz der Natur vor Patentierbarkeit betrifft. Die FPÖ glaubt allerdings, dass die strengen österreichischen Regelungen durch die Anmeldung eines Einheitspatents in einem anderen EU-Land leicht ausgehebelt werden können, und stimmte in diesem Sinn im Forschungsausschuss gegen die Sammelnovelle.

Weitere Punkte des Gesetzentwurfs betreffen Maßnahmen zur Beschleunigung bzw. Vereinfachung von patentamtlichen Verfahren sowie die Anpassung des Markenschutzgesetzes an geänderte EU-Vorgaben. Zudem wird ein Forschungsprivileg zur Nutzung von biologischem Material zum Zweck der Züchtung, Entdeckung und Entwicklung einer neuen Pflanzensorte eingeführt. Wer genetische Ressourcen – oder traditionelles Wissen, das sich auf genetische Ressourcen bezieht – nutzt, muss deren Herkunft künftig bei der Patentanmeldung bekanntgeben.

Die Zuerkennung eines europäischen Einheitspatents soll laut Gewessler ab Juni 2023 möglich sein. Mit nur einer Anmeldung kann dann ein einheitlicher Patentschutz in 17 europäischen Ländern erreicht werden. Davon zu unterscheiden ist ein klassisches europäisches Patent, das zwar in deutlich mehr Staaten gilt, aber nationalen Regelungen unterworfen ist.

NEUER FORSCHUNGSRAT ZUR BERATUNG DER REGIERUNG

Um die Stringenz in der österreichischen Forschungs- und Innovationspolitik zu erhöhen, schlägt die Regierung vor, den Rat für Forschung und Technologieentwicklung (FTE-Rat) und den Wissenschaftsrat zusammenzulegen. Anstelle dieser beiden Gremien soll ein „Forschungs-, Wissenschafts-, Innovations- und Technologieentwicklungsrat“ (FWIT-Rat) eingerichtet werden und die Bundesregierung künftig bei der Umsetzung der FTI-Strategie und der Forschungspolitik beraten. Detaillierte Regelungen dazu enthält das FWIT-Rat-Errichtungsgesetz, das im Forschungsausschuss die Zustimmung von ÖVP, FPÖ, Grünen und NEOS erhielt.

Bestellt werden sollen die zwölf Mitglieder des neuen Rats von der Bundesregierung, wobei Wissenschaftsminister Martin Polaschek ein Vorschlagsrecht für die Hälfte der Mitglieder hat. Die weiteren Rät:innen sind von der für Innovation und Technologie zuständigen Umweltministerin Leonore Gewessler (4), Wirtschaftsminister Martin Kocher (1) und Bundeskanzler Karl Nehammer im Einvernehmen mit Vizekanzler Werner Kogler (1) zu nominieren. Neben der Ratsversammlung sieht der Gesetzentwurf auch einen Aufsichtsrat und einen Geschäftsführer bzw. eine Geschäftsführerin vor.

Dem Gesetzentwurf kritisch gegenüber steht die SPÖ. Ein Beratungsgremium solle „klein und spritzig“ sein, argumentierte sie im Ausschuss und stellte in diesem Sinn sowohl die detailreichen Bestimmungen als auch die Notwendigkeit eines Aufsichtsrats in Frage. Zudem bezweifelt die SPÖ, dass es durch die Zusammenlegung der beiden Räte tatsächlich zu den erwarteten Einsparungen kommen wird.

KOSTENERSATZ FÜR UNTERNEHMEN FÜR TEILNAHME AM ÖFFENTLICHEN WARNSYSTEM

Wie in anderen EU-Ländern ist auch in Österreich die Einrichtung eines öffentlichen Warnsystems geplant. Behörden werden damit die Möglichkeit bekommen, die Bevölkerung per Push-Nachricht am Handy über drohende oder sich ausbreitende Katastrophen sowie größere Notfälle zu informieren. Ein von den Koalitionsparteien vorgelegter Gesetzentwurf sieht nunmehr einen Kostenersatz für die am Warnsystem teilnehmenden Telekom-Unternehmen vor. Abgegolten werden sollen sowohl unbedingt erforderliche Investitionen als auch laufende Aufwendungen im Betrieb. Dazu gehören etwa auch Lizenzkosten. Ebenso werden der Rundfunk- und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) und den beteiligten Behörden der Länder gewisse Kosten ersetzt. Der Antrag fand im Forschungsausschuss einhellige Zustimmung.

FÖRDERUNG DES BREITBANDAUSBAUS

Wenig Chancen auf Erfolg hat hingegen ein Entschließungsantrag der SPÖ, in dem mehr Mittel für den Breitbandausbau und ein Förderfokus auf offene Glasfasernetze der öffentlichen Hand gefordert werden. Dabei seien auch ausreichend Fördermittel für die Verlegung bis zum Haus vorzusehen und es müsse sichergestellt werden, dass ein flächendeckender Zugang für die Bevölkerung jeder Region noch vor dem Jahr 2030 möglich wird. ÖVP und Grüne halten den Antrag für unnötig und verwiesen im Forschungsausschuss ebenso wie Staatssekretär Florian Tursky auf die umfangreichen Mittel, die bereits jetzt für den Breitbandausbau in Österreich bereitgestellt würden.

INFORMATIONSOFFENSIVE ZU BETRIEBSNACHFOLGEN

Im Tourismusausschuss fassten die Abgeordneten einstimmig eine Entschließung für eine Informationsoffensive zu Betriebsnachfolgen, die von den Koalitionsparteien eingebracht worden war. Kritisch eingewendet wurde seitens der NEOS und der FPÖ allerdings, dass es eigentlich die Aufgabe der Wirtschaftskammer wäre, über diese Thematik zu informieren. Neben der finanziellen Unterstützung durch die neuausgerichtete betriebliche Tourismusförderung ist der ÖVP und den Grünen aber die Schaffung zusätzlicher Informationsangebote für Tourismusbetriebe bei einer Betriebsnachfolge bzw. Betriebsübergabe ein Anliegen. Die kleinstrukturierte Tourismusbranche soll diesbezüglich niederschwellig und gezielt unterstützt werden. Umfragen würden darauf hindeuten, dass 75 % der heimischen Tourismusbetriebe eine Übergabe in den nächsten zehn Jahren planen. Auch wenn mehr als die Hälfte davon innerhalb der Familie erfolgen soll, würden entgeltliche Übertragungsmöglichkeiten oftmals Detailfragen hinsichtlich Erbrecht oder Steuerrecht aufwerfen und in der Regel mit der Übertragung von Immobilienvermögen verbunden sein, was eine zusätzliche Hürde beim Generationenwechsel darstellen könnte, meinen die Antragsteller:innen.

RECHNUNGSHOFBERICHT ZUR BESCHAFFUNGSPLANUNG DES HEERES

Mehrere Prüfberichte zur heimischen Landesverteidigung hat der Rechnungshofausschuss des Nationalrats ins Plenum geschickt. In seinem 2022 veröffentlichten Bericht über die Beschaffungsplanung des Bundesheeres vermisst der Rechnungshof konkrete Zahlen zu den Auswirkungen der Heeresbeschaffungen. Sein Hauptkritikpunkt ist, im überprüften Zeitraum 2013 bis 2020 sei kein aktueller und vollständiger Überblick über den notwendigen Investitionsbedarf gegeben gewesen. Aus Sicht des Rechnungshofes kann jedoch nur ein mit konkreten Zahlen unterlegtes Bedarfsprogramm die Grundlage für eine Investitionsplanung und die Sicherstellung langfristiger Finanzierungen sein. Bei Ausrüstung und Infrastruktur habe sich etwa eine Investitionslücke von 1,3 Mrd. € ergeben, zeigte RH-Präsidentin Margit Kraker im Rechnungshofausschuss auf. Neben einer konkreten Berechnung des Investitionsbedarfs empfiehlt der Rechnungshof dem Verteidigungsministerium dringend, ein Monitoring zur systematischen Überprüfung geplanter beziehungsweise umgesetzter Beschaffungen einzuführen.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner bestätigte im Ausschuss die vom Rechnungshof aufgezeigten Mängel, die ihr zufolge auf einen jahrzehntelangen Investitionsrückstau zurückzuführen sind. Mit dem 2023 gestarteten Aufbauplan auf Grundlage des erhöhten Heeresbudgets werde man aber die nötigen Investitionen nun Schritt für Schritt umsetzen können, so Tanner.

PIONIERBATAILLON 3 UNTER DER LUPE

Im Zeitraum 2016 bis 2019 durchleuchtete der Rechnungshof außerdem das Pionierbataillon 3. Unter die Lupe genommen wurden neben dem Aufgabenspektrum auch die strategischen Konzepte und Planungen sowie die personelle bzw. materielle Ausstattung. Im Ergebnis befinden sich die in Melk und Mautern stationierten Pioniere in „kritischem Zustand“, wie der Rechnungshof festhält. Die Mängel betreffen insbesondere die in die Jahre gekommenen Wasserfahrzeuge sowie die Panzer. Neben den erforderlichen Geräten fehlten aber auch einsatzfähige Soldat:innen. Im Rahmen einer Organisationsreform zwischen 2016 und 2019 wurde laut Bericht die Anzahl an Arbeitsplätzen im Pionierbataillon 3 von 382 auf 305 reduziert. Zudem ist das Bataillon mit schlechten Schießfähigkeiten der Soldat:innen konfrontiert. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner betonte im Ausschuss, dass diese Fähigkeitslücken geschlossen und die Rekrut:innen wieder zu Soldat:innen ausgebildet werden sollen.

KOOPERATION DES VERTEIDIGUNGSMINISTERIUMS MIT VEREINEN UND ORGANISATIONEN

Ein weiterer Prüfbericht des Rechnungshofs zeigt, dass das Verteidigungsministerium zwischen 2017 und 2020 insgesamt 3,82 Mio. € an außeruniversitäre sicherheitspolitische Vereine und Organisationen überwiesen hat. Diese Zahlungen seien nicht nur auf Basis von Kooperationsverträgen erfolgt, sondern hätten auch der Finanzierung von sicherheitspolitischen Projekten und Förderungen gedient. Das Verteidigungsministerium begründete gegenüber den Prüfer:innen die Zusammenarbeit mit externen Berater:innen und Vereinen damit, dass man dadurch Zugang zu nationalen und internationalen Netzwerken sowie spezialisiertem Expertenwissen erhalte. Über Analysen zum faktischen Bedarf an externem Know-how, das durch Kooperationen gewonnen werden sollte, verfügte das Verteidigungsministerium laut Bericht jedoch nicht.

Künftig werden Kooperationen nach einem genauen Plan überprüft, betonte die Verteidigungsministerin im Rechnungshofausschuss. Sämtliche Empfehlungen des Rechnungshofs seien bereits implementiert oder befänden sich in Umsetzung, so Tanner.

EINSATZBEREITSCHAFT DER MILIZ

Höchst besorgt äußert sich der Rechnungshof in einem Prüfbericht zum Zustand der heimischen Miliz, die laut Bericht 2021 immerhin 64 % der Gesamtstärke des Bundesheeres ausmachte. Verteidigungsministerin Tanner bestätigte im Rechnungshofausschuss, dass die Miliz „in schlechter Verfassung“ sei. Das Projekt zur Optimierung der Rahmenbedingungen des Milizdienstes wird laut Tanner bis Ende 2023 finalisiert. Als zentrale Problemfelder in den überprüften Jahren 2017 bis 2020 nennt der Rechnungshof fehlendes Milizpersonal, unzureichende Materialausstattung und Verbesserungsbedarf bei den Grundfertigkeiten der Milizsoldatinnen und Milizsoldaten. Negativ für die Einsatzbereitschaft der Miliz sei auch der Umstand, dass im Jahr 2021 nur rund 54 % des Milizpersonals übungspflichtig war, so der Rechnungshof, und der Anteil für die Miliz aus dem Verteidigungsbudget zwischen 2018 und 2020 nur 6 % ausmachte. Der Rechnungshof drängt daher auf eine Aktualisierung des Miliz-Budgets sowie auf einen höheren Übungsrhythmus der Milizsoldat:innen. Zudem wären verstärkt Initiativen zu setzen, um arbeits- und sozialrechtliche Benachteiligungen für Angehörige der Milizeinheiten zu beseitigen.

WOHNUNGEN IM BEREICH DES LANDESVERTEIDIGUNGSMINISTERIUMS

Ebenfalls ins Plenum geschickt hat der Rechnungshofausschuss einen Follow-up-Bericht zu Wohnungen im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung. Der Rechnungshof stellte darin fest, dass seitens des Ministeriums lediglich vier von zwölf diesbezüglichen Empfehlungen umgesetzt wurden. Zwei der Empfehlungen kamen ihrer Zuständigkeit entsprechend jeweils das Finanzministerium und die Stiftung „Vereinigte Altösterreichische Militärstiftungen“ nach. In Richtung Ministerium betrafen die Rechnungshof-Empfehlungen u.a. die Reduktion zuständiger Stellen für das Wohnraummanagement, eine Kosten- und Leistungsrechnung zur Erhebung des erforderlichen Personaleinsatzes samt einheitlicher Datenbank für die Wohnungsverwaltung sowie Maßnahmen zur Hebung der Effizienz bei diesbezüglichen Abläufen.

SONDERBERICHT DER VOLKSANWALTSCHAFT ZU SOZIALEN GRUNDRECHTEN

Auf der Tagesordnung der Plenarsitzung stehen auch zwei Sonderberichte und ein Wahrnehmungsbericht der Volksanwaltschaft, die vom zuständigen Ausschuss jeweils einstimmig zur Kenntnis genommen worden waren. So haben die drei Volksanwält:innen Gaby Schwarz, Bernhard Achitz und Walter Rosenkranz die Ergebnisse eines NGO-Forums zum Thema soziale Grundrechte in einem eigenen Bericht zusammengefasst, in dem unter anderem die Themenfelder Armutsvermeidung, Gesundheit, soziale Absicherung, Wohnen/Obdachlosigkeit, Daseinsvorsorge sowie Bildung angesprochen werden.

Auf Basis der Diskussionen im Forum empfiehlt die Volksanwaltschaft den Abgeordneten, in Anlehnung an das Regierungsprogramm möglichst rasch über die Erarbeitung eines umfassenden österreichischen Grundrechtskatalogs zu verhandeln. Schließlich sei Österreich der einzige EU-Staat, der bislang keine sozialen Grundrechte in der Verfassung verankert habe, geben die Volksanwält:innen zu bedenken. Als prioritär erachten sie dabei die soziale Absicherung von durch Armut betroffenen Menschen und deren gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben. In diesem Sinn müsse bei Gesetzesinitiativen auch auf die konsequente und transparente Einbeziehung von Organisationen der Betroffenen und Menschenrechtsorganisationen geachtet werden. Von den NGOs wird außerdem u.a. moniert, dass in Österreich nicht alle Bevölkerungsgruppen einen Anspruch auf Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe haben und es Maßnahmen brauche, um der Problematik der „Bildungsvererbung“ entgegenzuwirken.

BERICHT ZUM TERRORANSCHLAG VOM 2. NOVEMBER

Ein weiterer Sonderbericht der Volksanwaltschaft ist der Frage gewidmet, ob der Terroranschlag vom 2. November 2020 in Wien verhindert werden hätte können. Zu 100 % wäre das nach Meinung von Volksanwalt Walter Rosenkranz zwar nicht möglich gewesen, die Volksanwaltschaft ortet aber Versäumnisse im Innenressort und Fehler bei der Terrorismusbekämpfung.

Konkret kritisiert die Volksanwaltschaft unter anderem den Informationsfluss zwischen den Behörden. Das Innenministerium bzw. das damalige Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) habe im Vorfeld über ausreichend Hinweise verfügt, dass der spätere Attentäter einen Anschlag plant, macht das Kontrollorgan des Parlaments geltend und wertet es als schwerwiegenden Fehler, dass die Staatsanwaltschaft nicht rechtzeitig in die Ermittlungen eingebunden wurde. So hätte nach Meinung der Volksanwaltschaft nach dem versuchten Munitionskauf des späteren Attentäters eine Observation erfolgen müssen. Als Ergebnis ihrer Recherchen empfiehlt die Volksanwaltschaft unter anderem Disziplinarmaßnahmen.

JUGEND IN HAFT: RESOZIALISIERUNG ALS HÖCHSTE PRIORITÄT

Ein Wahrnehmungsbericht der Volksanwaltschaft beschäftigt sich mit dem Jugendstrafvollzug. Die Volksanwaltschaft untersuchte im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die präventive Menschenrechtskontrolle die Lebens- und Aufenthaltsbedingungen von inhaftierten Jugendlichen und leitete daraus Empfehlungen für eine verbesserte Betreuung im Jugendstrafvollzug ab. Resozialisierung und Rückfallprävention sollten oberste Priorität haben, so die zentrale Botschaft an das Parlament.

Kritisiert werden neben einer unzureichenden psychiatrischen Versorgung etwa eingeschränkte Besuchszeiten, die Ordnungsstrafe „Hausarrest“ und die räumliche Entfernung zur Familie. Das erschwere es den Inhaftierten, ihr soziales Netz aufrechtzuerhalten. Auch die Möglichkeiten zu einer Berufsausbildung im Strafvollzug waren im Volksanwaltschaftsausschuss ein Thema. Laut Volksanwältin Gaby Schwarz sind bereits erste Konsequenzen aus dem Wahrnehmungsbericht abgeleitet worden.

Die Anzahl junger Menschen in Haft nimmt seit 2016 ab. Mit Stichtag 1. August 2022 waren in Österreich 113 Jugendliche und 337 junge Erwachsene unter 22 Jahren – hauptsächlich wegen Vermögensdelikten wie Raub und Diebstahl – inhaftiert.

AUSWEITUNG DER VERHÄLTNISMÄSSIGKEITSPRÜFUNG VON GESETZESVORHABEN

Österreich ist gemäß einer EU-Richtlinie dazu verpflichtet, vor der Einführung neuer Berufsreglementierungen eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen. Unter anderem ist zu prüfen, ob die Reglementierung notwendig und angemessen ist, welche Auswirkungen sie auf den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr hat und ob es nicht andere – weniger einschränkende – Alternativen gäbe. Damit sollen unter anderem das Grundrecht auf Berufsfreiheit abgesichert und eine Diskriminierung von Bürger:innen anderer EU-Länder vermieden werden.

Umfang und Procedere dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung sind im Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetz (VPG) geregelt, das 2021 vom Nationalrat beschlossen wurde. Bislang sind allerdings im Wesentlichen nur Regierungsvorlagen vom Gesetz umfasst, nun sollen auch Initiativanträge von Abgeordneten, Gesetzesanträge von Ausschüssen, Initiativen des Bundesrats und Abänderungsanträge zu Regierungsvorlagen einbezogen werden. Die fünf Parlamentsfraktionen haben dazu einen gemeinsamen Gesetzentwurf eingebracht, der zusammen mit einer begleitenden Geschäftsordnungsnovelle zur Diskussion steht und mit 1. Juni 2023 in Kraft treten soll. Um Verzögerungen von Gesetzesbeschlüssen zu vermeiden, ist eine Frist von längstens acht Tagen – ohne Wochenende und Feiertage – für die Verhältnismäßigkeitsprüfung geplant, wobei der zuständige Ausschuss auch eine andere Frist beschließen können soll und einzelne Klubs das Recht haben, eine bestimmte Zahl von Prüfungen zu verlangen.

EINRICHTUNG EINES KLUBREGISTERS

Auch was die Einrichtung eines Klubregisters betrifft, sind sich die fünf Parlamentsfraktionen einig. Sie haben zu diesem Zweck eine Änderung des Klubfinanzierungsgesetzes beantragt. Mit der Novelle soll der Präsident bzw. die Präsidentin des Nationalrats ausdrücklich dazu verpflichtet werden, ein öffentlich einsehbares Verzeichnis zu führen, das die Namen der parlamentarischen Klubs sowie die für diese vertretungsbefugten Personen enthält. Als Klub ist dabei der „Gesamtklub“ – also unter Einbeziehung der zugehörigen Mitglieder des Bundesrats und des Europäischen Parlaments – zu verstehen, wie in den Erläuterungen festgehalten wird. Gleichzeitig soll in der Geschäftsordnung des Nationalrats ein Passus gestrichen werden, wonach der Einrichtung des Registers zwingend Beratungen in der Präsidiale vorauszugehen haben. Für beide Fünf-Parteien-Anträge hat der Geschäftsordnungsausschuss einstimmig grünes Licht gegeben.

Während die Änderung des Verhältnismäßigkeitsprüfungsgesetzes und des Klubfinanzierungsgesetzes vom Plenum endgültig beschlossen werden können, wird die Dritte Lesung der beiden Geschäftsordnungsnovellen voraussichtlich erst im Mai durchgeführt. Grund dafür ist, dass bei Änderungen der Geschäftsordnung des Nationalrats zwischen Zweiter und Dritter Lesung 24 Stunden liegen müssen.

PARLAMENTARISCHE VERSAMMLUNG DES EUROPARATS

Beendet wird der Sitzungstag mit der Wahl eines Mitglieds der Parlamentarischen Versammlung des Europarats. Statt Grün-Abgeordnetem Michel Reimon soll seine Fraktionskollegin Agnes Sirkka Prammer in das Gremium einziehen. Insgesamt ist Österreich in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats mit 6 Mitgliedern (3 ÖVP, je 1 SPÖ, FPÖ und Grüne) sowie 6 Ersatzmitgliedern (je 2 ÖVP und SPÖ, je 1 FPÖ und NEOS) vertreten. (Schluss TOP im Nationalrat) gs/mbu/kar

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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