Wien: Kirche und Gesellschaft nahm Abschied von Weihbischof Krätzl

Kardinal Schönborn bei Requiem im Stephansdom: Unerschütterliche Liebe zur Kirche und Kritik an kirchlichen Fehlentwicklungen gehörten für Krätzl zusammen – Hoffnung und Zuversicht wurzelten bei Krätzl in Überzeugung, dass Gott selbst an der Kirche handelt

Wien (KAP) – Mit einem feierlichen Requiem im Wiener Stephansdom haben Kirche, Staat und Gesellschaft vom früheren Wiener Weihbischof Helmut Krätzl Abschied genommen. Krätzl war am 2. Mai im 92. Lebensjahr verstorben. Der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, würdigte Krätzl in seiner Predigt als einen herausragenden Priester, Seelsorger und Bischof, der „leidenschaftlich engagiert, kritisch, aber nie bitter war“, weil er „nie seine Liebe zur Kirche verloren“ habe. „Ich habe gelernt, mehr auf ihr (der Kirche, Anm.) inneres Wesen zu schauen und dass sie immer viel mehr ist, als sie im Augenblick erscheint“, zitierte Kardinal Schönborn aus dem Testament Krätzls.

Mit Kardinal Schönborn konzelebrierten u.a. die Bischöfe Manfred Scheuer (Linz), Alois Schwarz (St. Pölten) und Wilhelm Krautwaschl (Graz-Seckau) konzelebrieren, sowie die Weihbischöfe Franz Scharl, Anton Leichtfried, Stephan Turnovszky und Hansjörg Hofer; ebenso die emeritierten Bischöfe Egon Kapellari, Paul Iby, Ludwig Schwarz, Klaus Küng sowie Bischofskonferenz-Generalsekretär Peter Schipka. Auch der Apostolische Nuntius in Österreich, Erzbischof Pedro Lopez Quintana, nahm am Requiem teil.

Die Politik wurde an erster Stelle von Bundespräsident Alexander Van der Bellen in Begleitung seiner Frau Doris Schmidauer vertreten. Auch die niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner feierte das Requiem mit. Von kirchlicher Seite ebenfalls mit dabei waren u.a. der Wiener Generalvikar Nikolaus Krasa, Ostkirchen-Generalvikar Yuriy Kolasa, die Bischofsvikare Dariusz Schutzki und P. Gerwin Komma sowie Domdekan Rudolf Prokschi; weiters u.a. auch Erzabt Korbinian Birnbacher, der Vorsitzende der Österreichischen Ordenskonferenz.

Wertschätzung trotz Meinungsverschiedenheiten

Auch wenn es zwischen ihnen beiden „Meinungsverschiedenheiten“ gegeben habe, so habe er Krätzl immer sehr geschätzt. „Meine Wertschätzung für ihn ist gewachsen bis zum Schluss“, erklärte Schönborn. Die Meinungsverschiedenheiten wurzelten dem Wiener Erzbischof zufolge in unterschiedlichen Wahrnehmungen der Nachkonzilszeit. So habe er Krätzl gegenüber einmal gesagt: „Wenn du über die Zeit nach dem Konzil sprichst, habe ich manchmal das Gefühl, wir haben in zwei Kirchenwelten gelebt. Für dich war die Zeit ein Aufbruch, der im Sprung gehemmt wurde. Ich habe diese Zeit als junger Dominikaner als einen dramatischen Abbruch erlebt.“ Scharenweise seien Mitbrüder ausgetreten aus dem Orden – „die Krise war unübersehbar“. Dazu seien harte „Grabenkämpfe“ über Lehrfragen ausgebrochen, so dass er selber Ende der 1960er-Jahre erst mühsam neu die Freude am Glauben lernen musste, so Schönborn. „Es waren schwierige Jahre einer wachsenden Polarisierung“.

Was ihm in dieser Situation Zuversicht gab, sei auch der Kern dessen, was Weihbischof Krätzl vor Verbitterung bewahrt habe: Die Überzeugung, dass die Kirche in ihrem inneren Wesen „viel mehr ist, als sie im Augenblick erscheint“, zitierte Schönborn abermals aus dem Testament Krätzls. Letztlich spreche daraus eine Zuversicht, die geholfen habe, sogar die tiefste Krise der letzten Jahre durchzustehen: die Missbrauchskrise. „Die Glaubwürdigkeit der Kirche war am Tiefpunkt. Für kirchlichen Triumphalismus war kein Platz mehr. Ein ehrliches Erkennen der Schuld und eine klare Option für die Opfer und nicht für das Ansehen der Kirchen war der Weg, den wir einzuschlagen hatten und bis heute zu gehen versuchen.“

Der Krätzl eigene Blick auf das innere Wesen der Kirche, die je größer ist, als sie erscheint, sei letztlich auch der Blick, den der Papst mit dem Synodalen Prozess einschlagen bzw. umsetzen wolle. Denn dieser Prozess wisse um die „Unvollständigkeit und Unvollendetheit“ seiner selbst. Er wisse darum, nur ein Schritt auf einem Weg zu sein, der stets von „Buße und Erneuerung“ geprägt sein müsse – und den letztlich nur Gott selber vollenden könne. Ein Weg, auf dem für Krätzl letztlich auch kein Weg daran vorbeiführte, den Platz der Frauen in der Kirche zu erweitern, so Schönborn. „Vielleicht war das der tiefste Grund, warum Weihbischof Krätzl immer und trotz aller Sorgen ein hoffnungsvoller und zuversichtlicher Mensch blieb: weil er weiß, dass es der Herr selber ist, der die Herzen öffnen wird“. „Lieber Bischof Helmut, du hast vielen Menschen das Wort Gottes nahegebracht und vielen hat der Herr dafür das Herz geöffnet. Dafür danken wir dir und danken dem Herrn“, so Schönborn abschließend.

Auch Ökumene nahm Abschied

Auch die Ökumene war stark vertreten, u.a. mit dem serbisch-orthodoxen Bischof Andrej (Cilerdzic), dem evangelischen Bischof Michael Chalupka, dem reformierten Landessuperintendenten Thomas Hennefeld, dem methodistischen Superintendenten Stephan Schröckenfuchs, dem anglikanischen Kanonikus Patrick Curran, dem syrisch-orthodoxen Chorepiskopus Emanuel Aydin und dem orthodoxen Erzpriester Athanasius Buk, der Metropolit Arsenios (Kardamakis) vertrat, der sich noch auf einer Pilgerreise mit dem Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics in der Türkei aufhielt.

Auch der Präsident des Katholischen Laienrates Österreich, Wolfgang Mazal, und der Präsident der Stiftung „Pro Oriente“, Alfons Kloss, gaben Krätzl beim Requiem das letzte Geleit.

Die musikalische Gestaltung des Requiems lag beim Vokalensemble St. Stephan und bei Domorganist Ernst Wally unter der Leitung von Domkapellmeister Markus Landerer.

Nach der Trauerfeier wurde Krätzl in der Domherrengruft beigesetzt. Dort besteht ab Dienstag, 16. Mai, nach den Gottesdiensten die Möglichkeit zum Besuch der Grabstelle.

((forts. mgl.)) HKL/PWU
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