International Safe Abortion Day: Breites Netzwerk will Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisieren
Kampagne #AusPrinzip fordert „Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetz” sowie Übernahme der Kosten durch Krankenkassen und Versorgung in Wohnortnähe
Im Prinzip dürfen Frauen selbst über ihren Körper bestimmen. Außer im Fall des Schwangerschaftsabbruchs, denn der steht noch immer im Strafgesetzbuch. Ein breites Netzwerk aus Aktivistinnen, Kommunikationsexpert*innen, Gynäkologinnen und Politiker*innen hat sich deshalb zusammengetan: Mit der Kampagne #AusPrinzip fordern sie einen entkriminalisierten und besseren Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen.
Ungewollt Schwangere stehen in Österreich vor massiven Hürden: „Wer sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheidet, muss zwischen 300 und 1000 Euro bezahlen und je nach Wohnort viele Kilometer fahren, um überhaupt eine Ordination oder Klinik zu finden, die Abbrüche durchführen“, sagt Pamela Huck von Pro Choice Austria. Aus Prinzip müssen deshalb Schwangerschaftsabbrüche in Wohnortnähe in öffentlichen Krankenhäusern möglich sein. „Die Weltgesundheitsorganisation anerkennt in ihrer Leitlinie zu Abortion Care (2022) den Schwangerschaftsabbruch als eine Leistung zur gesundheitlichen Versorgung von Frauen, die zugänglich, kostenlos und nicht kriminalisiert sein sollte“, ergänzt Huck.
REGULÄRE MEDIZINISCHE LEISTUNG
Der Schwangerschaftsabbruch ist die einzige medizinische Leistung in Österreich, die im Strafgesetzbuch steht: „Ein Schwangerschaftsabbruch ist ein medizinischer Eingriff wie jeder andere auch. In der Regel verläuft er vollkommen komplikationslos und hat auch keine Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit von Frauen. Es ist unverständlich, dass eine normale medizinische Leistung im Strafgesetzbuch abgehandelt wird und privat bezahlt werden muss. Die Krankenkasse muss die Kosten übernehmen!”, fordert Prim. Univ.-Prof. DDr. med. Barbara Maier, Vorständin der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe Klinik Ottakring, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung und Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Psychosomatik in Gynäkologie und Geburtshilfe.
BREITES NETZWERK INFORMIERT, ENTSTIGMATISIERT UND AKTIVIERT
Die Frauendomäne ist eine der Organisationen, die seit Beginn an die Kampagne mitträgt: „Als Frauennetzwerk setzen wir uns selbstverständlich auch für die reproduktiven Rechte von Frauen ein. Die Kosten für Schwangerschaftsabbrüche sind unverhältnismäßig, genauso wie für Verhütungsmittel. Beides sollte von der Krankenkasse übernommen werden“, fordert Vanessa Lyn Baumgärtel. „Solange nicht jede Frau selbstbestimmten und kostenlosen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen und Verhütung hat, werden wir laut sein.“
In den kommenden Tagen und Wochen machen Veranstaltungen auf die Forderungen aufmerksam: Am morgigen International Safe Abortion Day organisiert ein Bündnis rund um Pro Choice Austria, Ciocia Wienia und Changes for Women eine große Kundgebung ab 18 Uhr am Maria-Theresien-Platz in Wien. Am 12. Oktober treten unter dem Titel _Stimmen für #AusPrinzip_ Künstlerinnen und Autorinnen wie Julia Brandner, Beatrice Frasl und Sigrid Horn im Spektakel für die Kampagne auf. Eine Übersicht über alle Veranstaltungen finden Sie auf https://www.ausprinzip.at/veranstaltungen.
Seit dem Frühling informiert und entstigmatisiert die Kampagne auf Instagram: Denn große Teile der Bevölkerung wissen nicht, dass Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich strafbar sind. Zahlreiche Unterstützer*innen haben schon ihr Statement für #AusPrinzip abgegeben und setzen sich für bessere Bedingungen ein. Dazu gehören etwa SPÖ-Chef Andreas Babler, Eva-Maria Holzleitner, Bundesfrauenvorsitzende der SPÖ, Meri Disoski, Vorsitzende der Grünen Frauen und Nationalratsabgeordnete, Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin vom Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings Klaudia Frieben und Vertreter*innen von Sorority, der Bundesjugendvertretung, der ÖH und das Netzwerk österreichischer Frauen- & Mädchenberatungsstellen.
50 JAHRE FRISTENREGELUNG
Am 29. November ist es 50 Jahre her, dass der Nationalrat den ersten Beschluss zur Fristenregelung gefällt hat. § 96 Strafgesetzbuch sieht eine Freiheitsstrafe für Betroffene und deren Ärzt*innen von bis zu einem Jahr vor. Erst § 97 Strafgesetzbuch regelt Ausnahmen von diesem Verbot und hebt Strafen für Schwangerschaftsabbrüche in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten auf.
Was ungewollt Schwangere mit ihrem Körper machen, hat nichts im Strafgesetzbuch verloren: Shoura Zehetner-Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International: „Der uneingeschränkte Zugang zu einem sicheren Schwangerschaftsabbruch ist ein unveräußerliches Menschenrecht, das weltweit zunehmend beschnitten wird. Österreich muss die Gesundheit von Betroffenen in den Mittelpunkt stellen und den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen ohne Diskriminierung gewährleisten. Deshalb: Schwangerschaftsabbrüche raus aus dem Strafgesetz!”
„Die Fristenregelung war eine wichtige Errungenschaft und hat die Situation von vielen ungewollt Schwangeren erleichtert. Nach 50 Jahren ist es aber an der Zeit für eine Entkriminalisierung und mehr Selbstbestimmung”, sagt Stefanie Grubich, Kommunikationsexpertin und Mitinitiatorin der Kampagne. “Geben wir ungewollt Schwangeren endlich eine angemessene Versorgung, anstatt ihnen Steine in den Weg zu legen!”
Ein Foto von den Aktionsmaterialien finden Sie hier.
Lisa Brauneder
brauneder@pbagentur.at
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