Nationalrat: Zuschüsse von 22 Mio. € pro Jahr sollen Rettungswesen und Zivilschutz stärken

Mehrheit für Verfahrensvereinfachungen im Meldewesen und 15a-Vereinbarung mit Wien betreffend Grundversorgungskosten

Rettungsorganisationen und der Österreichische Zivilschutzverband (ÖZSV) erhalten in den nächsten Jahren Zweckzuschüsse und Zuwendungen von insgesamt 22 Mio. € jährlich, um den steigenden Anforderungen an Rettungswesen und Zivilschutz gerecht werden zu können. Der Nationalrat sprach sich heute einstimmig für eine entsprechende Regierungsvorlage aus. SPÖ, FPÖ und NEOS drängten allerdings auf eine raschere Evaluierung des Gesetzes, als derzeit vorgesehen sei. Innenminister Gerhard Karner betonte, es sei wichtig, die Zivilschutzinitiativen, den Katastrophenschutz, aber auch die Blackout-Vorsorge auf allen Ebenen zu unterstützen, um diese auf die zunehmenden Herausforderungen vorzubereiten.

Mehrheitlich, mit den Stimmen von ÖVP und Grünen, wurde eine Novelle des Melde-, des Personenstands- und des Namenänderungsgesetzes beschlossen. Die Änderungen tragen einer EU-Verordnung Rechnung und sollen Verwaltungsvereinfachungen mit sich bringen.

Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS sprach sich der Nationalrat zudem mehrheitlich für eine 15a-Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Wien über einer Realkostenverrechnung in der Grundversorgung aus. Damit soll das Angebot an Unterkünften im Rahmen der Grundversorgung sichergestellt werden. Wien erhält künftig jene Differenzbeträge anteilig abgegolten, die sich aus den verrechneten Kostenhöchstsätzen aus der Grundversorgungsvereinbarung und den tatsächlich entstandenen Kosten inklusive aller Steuern und Abgaben ergeben.

MEHR UNTERSTÜTZUNG FÜR RETTUNGS- UND ZIVILSCHUTZORGANISATIONEN

Das nun vom Nationalrat beschlossene Rettungs- und Zivilschutzorganisationen-Unterstützungsgesetz zur Unterstützung von Rettungs- und Zivilschutzorganisationen soll den steigenden Anforderungen an die Resilienz der Rettungsorganisationen Rechnung tragen. Herausforderungen an sie können sich etwa aus Extremwetterereignissen, Versorgungsstörungen, einer Ausbreitung übertragbarerer Krankheiten oder Gefährdungen für kritische Infrastrukturen ergeben. Die Rettungsorganisationen in den Ländern als auch deren Dachorganisationen auf Bundesebene sollen in die Lage versetzt werden, sich an die gestiegenen Anforderungen insbesondere in Krisen- und Katastrophenfällen anzupassen. Zudem erfolgt eine Unterstützung des Österreichischen Zivilschutzverbandes (ÖZSV) als führenden Verein im Bereich der Information und Aufklärung über Angelegenheiten des Zivilschutzes. Die Zweckzuschüsse in der Höhe von 18 Mio. € sollen bis 2028 jährlich über die Bundesländer an die Rettungsorganisationen ausgezahlt werden. 2 Mio. € jährlich gehen zudem an die Dachorganisationen anerkannter Rettungsorganisationen und weitere 2 Mio. € pro Jahr an den ÖZSV.

Andreas Hanger (ÖVP) zeigte sich erfreut darüber, dass nach intensiven Beratungen Einstimmigkeit über eine Stärkung der Strukturen der Rettungsorganisationen und des Zivilschutzes erreicht werden konnte. Entstanden sei das Gesetz aus einer Diskussion, die vor zwei Jahren aufgrund der Frage der Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehren begonnen habe. Mit der nun getroffenen Regelung unterstütze man insbesondere die Freiwilligkeit und das Ehrenamt. Ohne diese könnten vor allem kleinere Rettungsorganisationen nicht bestehen. Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP) sagte, der Beschluss sei ein wichtiger Beitrag zur Krisenvorsorge, um bestmöglich auf Katastrophenfälle vorbereitet zu sein. Ziel sei es dabei auch, die Zusammenarbeit der Organisationen zu verstärken. Daher müsse bei allen angeschafften Geräten auf deren Interoperabilität geachtet werden.

Klaus Köchl (SPÖ) freute sich ebenfalls über Regelung. Er würdigte die Arbeit der vielen Freiwilligen in den Rettungsorganisationen und hob insbesondere auch die wichtige Tätigkeit des Zivilschutzes hervor. Gerade kleine Organisationen hätten es aber schwer, ihre wichtige Arbeit zu finanzieren. Mit dem Gesetz komme der Bund seiner Verpflichtung zur Unterstützung der Rettungsorganisationen nach, meinte Mario Lindner (SPÖ). Allerdings hätte er sich gewünscht, dass die Verteilung der Mittel bald evaluiert werde. Vor allem Organisationen in strukturschwachen Regionen müssten besser unterstützt werden. Zur Stärkung der Rettungsdienste wäre es auch wichtig, die Sanitäter:innen gesetzlich besser abzusichern.

Seine Fraktion trage den Beschluss selbstverständlich mit, sagte Maximilian Linder (FPÖ). Er habe selbst erlebt, welche wichtige Arbeit die Rettungs- und Hilfsorganisationen bei Naturkatastrophen leisten. Allerdings sollte das Gesetz früher als in vier Jahren, wie derzeit vorgesehen sei, evaluiert werden.

Die Rettungsorganisationen in Österreich leisten mit sehr viel Freiwilligenarbeit außerordentlich viel, hob auch David Stögmüller (Grüne) hervor. Das Gesetz unterstütze ganz bewusst auch kleinere Organisationen wie die Wasserrettung, die bisher vor großen und kaum zu bewältigenden finanziellen Herausforderungen standen.

Stephanie Krisper (NEOS) sagte, ihre Fraktion stimme dem Gesetz gerne zu. Sie wolle aber anmerken, dass auf eine klare Kompetenzverteilung geachtet werden müsse und auch Transparenz über den Einsatz der Mittel hergestellt werden müsste.

Auch Innenminister Gerhard Karner nützte die Gelegenheit, sich für die wichtige Tätigkeit der ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen der Rettungsorganisationen zu bedanken. In den nächsten fünf Jahren werde man damit 110 Mio. € für diese wichtigen Organisationen einsetzen. Angesichts der immer mehr steigenden Herausforderungen für die Rettungsorganisationen und den Zivilschutz, sei das gut investiertes Geld.

WEITERENTWICKLUNG ELEKTRONISCHER MELDEVERFAHREN UND VERWALTUNGSVEREINFACHUNGEN

Die Novelle des Melde-, des Personenstands- und des Namenänderungsgesetzes trägt einer EU-Verordnung über die Einrichtung eines einheitlichen digitalen Zugangstors (Single-Digital-Gateway-Verordnung) Rechnung. Damit soll es unter anderem Inhaber:innen eines Elektronischen Identitätsnachweises (E-ID) oder eines anderen anerkannten elektronischen Identifizierungsmittels ermöglicht werden, die Beantragung von Wohnsitznachweisen sowie die Meldung von Adressänderungen künftig vollständig online abzuwickeln. Dieser Service ist auch für Staatsangehörige anderer EU-Länder vorgesehen, deren Daten bereits im Zentralen Melderegister (ZMR) vorhanden sind.

Mehrheitlich beschlossen wurde die Novelle unter Berücksichtigung einer von ÖVP und Grünen beantragten Abänderung. Damit wurden Ausnahmebestimmungen für Personen eingefügt, die nicht die Voraussetzungen der Genfer Flüchtlingskonvention erfüllen, deren Beziehungen zu ihrem Heimatstaat aber aus „vergleichbar schwerwiegenden Gründen abgebrochen sind“, wie es im Gesetzestext nun heißt. Sie werden bei befristetem Aufenthalt zwar nicht verpflichtet, die Personenstandsbehörde über im Ausland eingetretene Personenstandsfälle zu informieren, erhalten aber das Recht auf eine entsprechende Beurkundung bzw. einen Eintrag im Zentralen Personenstandsregister (ZPR). Die Regelung umfasst insbesondere Personen, denen der Status des Asylberechtigten bzw. des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, sowie LGBTIQ+ Personen, die in ihrem Heimatstaat aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität systematisch diskriminiert bzw. verfolgt werden. Ein Teilaspekt dieser Diskriminierung bzw. Verfolgung könne es auch sein, dass solchen Personen die Eintragung von Personenstandsfällen, die mit ihrer sexuell en Orientierung oder Geschlechtsidentität in Zusammenhang stehen, im Heimatstaat verweigert werde, heißt es in der Begründung der Abänderung. Vorgesehen wird auch eine Vorbereitungsphase für die Umsetzung der Berücksichtigung der definierten Personengruppe. Weiters wird im Meldegesetz die Möglichkeit berücksichtigt, Doppelnamen ohne einen Bindestrich zu führen.

Christian Oxonitsch (SPÖ) kritisierte, die Umsetzung der EU-Vorgaben sei „nicht ordentlich“ gemacht worden und werde die angekündigten Verwaltungsvereinfachungen nicht bewirken. Das treffe vor allem Wien, dass in erster Linie die geforderten Aufgaben bewältigen werde müsse. Auch die geplante Abänderung löse diese Probleme nicht. Daher stimme seine Fraktion nicht zu.

Ulrike Fischer (Grüne) bewertete die Novelle als Beitrag zu einer effizienten, transparenten Verwaltung und als wesentliche Erleichterung für die Bürger:innen. Faika El-Nagashi (Grüne) betonte, dass mit den Bestimmungen insbesondere für den Personenkreis der subsidiär Schutzberechtigte der Zugang zu amtlichen Dokumenten wesentlich erleichtert werde.

Manfred Hofinger (ÖVP) sagte, mit dem Gesetz werde die Digitalisierung im Meldewesen weiter vorangetrieben, was vor allem eine Erleichterung für Personen bedeute, die den Wohnsitz innerhalb der EU wechseln.

BUND UND WIEN SCHLIESSEN VEREINBARUNG ÜBER REALKOSTENABRECHNUNG IN DER GRUNDVERSORGUNG

Um das Angebot an Unterkünften im Rahmen der Grundversorgung weiterhin und nachhaltig sicherstellen zu können, soll dem Land Wien, auf das 35 bis 45 % aller grundversorgten Personen entfallen, ermöglicht werden, berechtigte Kosten anteilig abgegolten zu bekommen. Ziel der zu diesem Zweck vereinbarten 15a-Vereinbarung des Bundes mit Wien ist es, die tatsächlich anfallenden Kosten im Bereich der Grundversorgung abrechnen zu können, und zwar für alle hilfs- und schutzbedürftigen Fremden und sämtliche in organisierten Unterkünften und in Einrichtungen der Pflege, Betreuung, der Behinderten- und der Kinder- und Jugendhilfe untergebrachten vulnerablen Personen.

Wer Schutz und Zuflucht brauche, habe in Österreich immer Hilfe erhalten, sagte Christian Lausch (FPÖ). Solange allerdings die österreichische Bevölkerung unter der massiven Teuerungswelle zu leiden habe, werde die FPÖ nicht für weitere Zuschüsse für die Grundversorgung in Wien stimmen. Die Bundesregierung solle zuerst die Lebensqualität der Österreicher:innen im Auge haben.

Ernst Gödl (ÖVP) erläuterte das System der Grundversorgung und wies darauf hin, dass die Zahl der Menschen, die unterstützt werden, durch den Krieg in der Ukraine stark gestiegen sei. Daher versuche man, das System zu verbessern, indem man eine Realkostenverrechnung einführe. Er halte diese Reform für ein Gebot der Stunde, sagte Gödl.

Dietmar Keck (SPÖ) wies darauf hin, dass die Vereinbarung mit Wien bis Mitte 2026 befristet sei. Konkret geht es darin um die Abgeltung jener Differenzbeträge, die sich aus den verrechneten Kostenhöchstsätzen aus der Grundversorgungsvereinbarung und den tatsächlich entstandenen Kosten inklusive aller Steuern und Abgaben ergeben. Die Differenzbeträge bei Übererfüllung der Quote werde der Bund laut der Vereinbarung zur Gänze tragen. Umgekehrt werde sich Wien zu 40 % an den Unterbringungs- und Versorgungskosten der Bundesbetreuung in Höhe des anteiligen Bevölkerungsschlüssels beteiligen. Er sehe das als gute Lösung an, die SPÖ stimme daher zu.

Georg Bürstmayr (Grüne) sagte, er freue sich, dass über Parteigrenzen hinweg eine sachliche Lösung für das Problem der Finanzierung der Grundversorgung, zu der Österreich aufgrund des EU-Rechts verpflichtet sei, gefunden werden konnte. Die bisherige Regelung habe dazu geführt, dass immer mehr Quartiere in den Bundesländern zugesperrt hätten. Wenn sich das System bewähre, könnte es sogar zu einer Kostenersparnis führen.

KARNER: PILOTPROJEKT FÜR TRANSPARENTE UND GERECHTE KOSTENVERRECHNUNG

Grund für das Pilotprojekt zur Abrechnung der Grundversorgung sei, dass das System im vergangenen Jahr an der Grenze der Belastbarkeit angelangt war, führte Innenminister Gerhard Karner aus. Die angemessene Unterbringung von Asylwerber:innen und die Abdeckung der Kosten der Grundversorgung sei immer schwieriger geworden. Um eine gerechte und transparente Finanzierung der Kosten zu erreichen, habe man sich nun auf klare Regeln geeinigt, welche Kosten tatsächlich verrechnet werden können, und zwar rückwirkend auf das heurige Jahr. Damit entspreche man auch einer Empfehlung des Rechnungshofs. Mit dem neuen System könne man die adäquate Unterbringung von Kindern, Jugendlichen und Menschen mit Behinderungen sowie eine gerechte Kostenverteilung erreichen. Auch eine engmaschige Betreuung und Kontrolle möglich, zeigte sich der Innenminister überzeugt. In weiterer Folge wolle man das System auch auf die anderen Bundesländer ausweiten. (Fortsetzung Nationalrat) sox

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