ÖVP und Grüne wollen Maßnahmenpaket gegen problematische Praktiken bei Online-Spielen prüfen
Zahlreiche Oppositionsanträge vertagt
Der Konsumentenschutzausschuss widmete sich heute unter anderem dem Thema Online-Spiele. Seit geraumer Zeit würden darin sogenannte „In-Game-Käufe“ oftmals mittels unseriöser Praktiken angeboten, wie ÖVP und Grüne in einem gemeinsamen Entschließungsantrag ausführen, der mit den Stimmen der Koalitionsparteien und der NEOS mehrheitlich angenommen wurde. Im Antrag wird der Bundesminister für Konsumentenschutz aufgefordert, zu prüfen, inwieweit ein Maßnahmenpaket zum Schutz insbesondere der Zielgruppe der Minderjährigen notwendig ist.
Für das Verbot einer dieser Praktiken – der sogenannten „Lootboxen“ – sprach sich die SPÖ in einem Antrag aus, der jedoch ebenso vertagt wurde, wie die sozialdemokratischen Forderungen nach strengeren Vorgaben für an Kinder gerichtetes Lebensmittelmarketing und nach der Ermöglichung stärkerer staatlicher Eingriffe in die Treibstoffpreise. Die Koalition vertagte außerdem zahlreiche wiederaufgenommene Entschließungsanträge der Opposition.
KOALITION FÜR PRÜFUNG VON GESCHÄFTSMODELLEN IM ONLINE-GAMING, SPÖ FORDERT VERBOT VON „LOOTBOXEN“
Sogenannte „In-Game-Käufe“ in Online-Spielen fänden oft mit realem Geld statt, obwohl der Preis im Spiel vermehrt in Phantasiewährungen angegeben würde, zeigen ÖVP und Grüne in einem gemeinsamen Entschließungsantrag auf (3744/A(E)). Insbesondere das Zielpublikum der Kinder und Jugendlichen sei aufgrund wirtschaftlicher Unerfahrenheit besonders anfällig für diese und diverse andere Marketingmaßnahmen und man könne den Überblick über die investierten Summen kaum behalten. Auch das Phänomen der „Lootboxen“ (auch „Mysteryboxen“ oder „Beuteboxen“ genannt) spiele zunehmend eine Rolle. Dabei wird ein virtueller Behälter mit einer zufälligen Sammlung bestimmter für das Spiel nützlicher Gegenstände erworben, ohne einschätzen zu können, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, etwa einen besonders begehrten Spielcharakter zu erhalten.
Die Koalitionsparteien fordern daher den Bundesminister für Konsumentenschutz auf, die gängigen Geschäftsmodelle der Gaming-Anbieter zu analysieren, problematische Praktiken – insbesondere für die Zielgruppe der Minderjährigen – zu identifizieren, useradäquate Praxistipps für Kinder und Jugendliche, Eltern und Pädagog:innen auszuarbeiten sowie nach Darstellung des bestehenden rechtlichen Rahmens erforderlichenfalls sonstige mögliche Maßnahmen aufzuzeigen.
Spezifisch auf das Phänomen der „Lootboxen“ zielt ein Entschließungsantrag der Soziademokrat:innen ab (3721/A(E)). Unter anderem aufgrund der davon ausgehenden Suchtgefahr möchte die SPÖ ein Verbot der virtuellen Beutekisten und fordert den Konsumentenschutzminister auf, sich für eine EU-weite Regelung einzusetzen. In den Niederlanden und Belgien existiere ein solches Verbot bereits und das Bezirksgericht Hermagor (Kärnten) habe im Februar 2023 geurteilt, dass „Lootboxen“ als „konzessionspflichtige Ausspielung von Glücksspiel zu qualifizieren“ seien, untermauert die SPÖ ihre Forderung.
Im Ausschuss sprach Peter Weidinger (ÖVP) von „psychologisch bedingten Mechanismen“, die sich die Spiele insbesondere bei jungen Menschen zu Nutze machen würden. Dies könne zu Abhängigkeiten und „intransparenten Zahlungsvorgängen“ führen. Der Antrag von ÖVP und Grünen sei notwendig, um dahingehend eine „rote Linie“ zu ziehen.
Christian Drobits und Petra Wimmer (beide SPÖ) betonten, dass der Antrag ihrer Fraktion weiter gehe und bereits klare Maßnahmen intendiere, während jener der Koalition „verwässert“ sei und konkrete Schritte mittels Prüfungen lediglich „hinausschiebe“.
Beide Anträge hätten „etwas für sich“, doch jener von ÖVP und Grünen sei „größer gedacht“, argumentierte Ulrike Fischer den Vertagungsantrag. NEOS-Abgeordnete Fiona Fiedler bewertete den Antrag der Koalition als „inhaltlich gut“ und signalisierte die Zustimmung ihrer Fraktion. Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass es sich um keine neue Thematik handle und zumindest die darin geforderte Analyse der Geschäftsmodelle bereits hätte erfolgen können.
Konsumentenschutzminister Johannes Rauch betonte, dass eine nationale Regelung zu den Online-Games „nicht so einfach“ sei, da sich die Server meist im Ausland befänden. Er verwies auf Lösungsansätze auf europäischer Ebene, wo die angesprochenen Praktiken bereits thematisiert würden. Trotzdem sei der Entschließungsantrag der Koalition ein wichtiges Zeichen, so Rauch.
FPÖ-Abgeordneter und Ausschussobmann Peter Wurm kündigte an, dass seine Fraktion der Koalitionsinitiative nicht zustimmen werde. Nicht, weil sie das Thema als irrelevant betrachte, sondern, da dessen Formulierung eine „Farce“ darstelle. Angesichts vieler verschuldeter Jugendlicher, bringe die Bundesregierung lediglich einen „Alibi-Antrag“ zustande, der das Problem nicht einmal im Ansatz versuche zu lösen, so Wurm.
SPÖ FÜR STRENGERE VORGABEN BEI AN KINDER GERICHTETEM LEBENSMITTELMARKETING
In einem weiteren Entschließungsantrag widmet sich die SPÖ dem an Kinder gerichteten Marketing, wobei sie insbesondere Praktiken der Werbeindustrie kritisiert, mit denen das Interesse der Kinder für besonders ungesunde Lebensmittel geweckt wird (3750/A(E)). SPÖ-Abgeordnete Elisabeth Feichtinger kritisierte, dass Österreich den WHO-Empfehlungen, um den Marketingdruck auf Kinder bei Lebensmitteln zu reduzieren, bisher nur unzureichend nachgekommen sei, nämlich in Form einer freiwilligen Selbstverpflichtung für die Werbe- und Lebensmittelwirtschaft. Die SPÖ fordere daher vom Minister für Konsumentenschutz, gesetzliche Regelungen zu erarbeiten, die das an Kinder gerichtete Lebensmittelmarketing für ungesunde Produkte abstellen. Abgeordnete Ulrike Fischer (Grüne) sagte, es handle sich um ein wichtiges Thema, zu dem der Sozialminister bereits eine Studie in Auftrag gegeben habe. Bis zum Vorliegen der Ergebnisse spreche sie sich die Vertagung des Antrags aus.
SPÖ WILL VERSTÄRKTE STAATLICHE EINGRIFFE BEI TREIBSTOFFPREISEN
Außerdem thematisieren die Sozialdemokrat:innen die hohen Treibstoffpreise der vergangenen Monate, die für die Konsument:innen erhebliche Mehrausgaben bewirkt hätten (3775/A(E)). Diese ließen sich nicht gänzlich mit dem Krieg in der Ukraine begründen, da die Rohölpreise dadurch weit weniger angestiegen seien, als die Treibstoffpreise an den Tankstellen, beruft sich Antragsteller Christian Drobits (SPÖ) auf eine Marktanalyse der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). Zudem kritisiert er, dass die BWB sich bei ihrer Branchenuntersuchung auf die Auskünfte der betroffenen Unternehmen verlassen habe müssen und keine Betriebsprüfung vorgenommen habe. Drobits fordert daher den Konsumentenschutzminister auf, dem Nationalrat einen Entwurf über gesetzliche Grundlagen zur Stärkung der Preiseingriffe bei Treibstoffen vorzulegen. Dies solle dazu führen, dass im Sinne der Konsument:innen leichter Verfahren eingeleitet werden können und in den Verfahren mehr Informationen zur Verfügung gestellt werden müssen.
Im Ausschuss zeigte sich Drobits enttäuscht, dass das Wirtschaftsministerium dahingehend nichts unternehme und auch das Konsumentenschutzressort trotz des von der BWB festgestellten „unlauteren Wettbewerbs“ vor dem Thema die Augen verschließe, während die Konsument:innen „die Zeche bezahlen“.
Seitens der FPÖ drückten Christian Ries und Walter Rauch ihre Unterstützung für den SPÖ-Antrag aus. Treibstoffpreise hätten sich in den letzten Jahren zunehmend von den Rohölpreisen entkoppelt, erklärte Rauch. Dafür trage die Bundesregierung jedoch eine Mitverantwortung, verwies er auf die CO2-Bepreisung, die in Zeiten der Teuerung eine wesentliche Mehrbelastung der Menschen darstelle, welche kaum durch den Klimabonus abgefedert werde.
Laut Ulrike Fischer habe die BWB festgestellt, dass in Österreich „schlichtweg zu wenig Konkurrenz“ am Treibstoffmarkt herrsche. Eine staatliche Festsetzung der Preise erachtete sie jedoch als nicht sinnvoll, da dies zu einer Verknappung führen würde, wie Kroatien demonstriert habe. Die CO2-Bepreisung sah Fischer als „wertvolle Maßnahme“, die durch zahlreiche Entlastungsschritte die „ärmsten der Armen“ nicht belaste. „Als Liberale“ wandte sich auch Fiona Fiedler (NEOS) gegen mögliche Preiseingriffe und regte eine Senkung der Lohnnebenkosten an, die zu einer Entlastung der Menschen führen würde.
Konsumentenschutzminister Johannes Rauch ging näher auf die Branchenuntersuchung ein, bei der die erhöhten Raffineriemargen nur einen Teil der Erklärung der Preiserhöhung darstellten. Er sah ebenfalls die Gefahr einer Mangellage, sollten Preisdeckel eingeführt werden und verwies beispielhaft auf Ungarn.
WIEDERAUFNAHME UND VERTAGUNG ZAHLREICHER OPPOSITIONSANTRÄGE
Zudem behandelte der Ausschuss eine Vielzahl wiederaufgenommener Entschließungsanträge, die sämtlich mit den Stimmen der Koalition abermals vertagt wurden. So sprechen sich die Freiheitlichen in jeweils zwei Anträgen gegen die Bargeldabschaffung (( 299/A(E)) und (2804/A(E))) sowie für strengere Regelungen bei der Herkunftsbezeichnung von Honig (( 2908/A(E)) und (3100/A(E))) aus und fordern außerdem etwa ein Entlastungspaket gegen die „Kostenlawine“ (3621/A(E)), eine Senkung der Überziehungszinsen bei Banken (714/A(E)), die Möglichkeit eines „echten Opting-out“ für Stromkund:innen zur Verhinderung des Einbaus sogenannter Smart-Meter (3610/A(E)), ein Recht auf Grundversorgung mit Strom und Gas (2905/A(E)) und einen bundesweiten Corona-Wiedergutmachungsfonds (3302/A(E)). Weitere wiederaufgenommene freiheitliche Anliegen betreffen einen Statusbericht über angemessene Regelungen im Bereich der Inkassogebühren (1032/A(E)), die rechtliche Absicherung von Dorfläden durch Änderung der Gewerbeordnung (1258/A(E)) und die Verhinderung der Klassifizierung von Insekten als neuartige Lebensmittel (3186/A(E)).
ÖVP und Grüne vertagten auch weitere SPÖ-Anträge auf mehr Transparenz bei Lebensversicherungen (( 3524/A(E)) und (3525/A(E))), eine Begrenzung von Inkassokosten (3626/A(E)) und Maßnahmen gegen „Shrinkflation“ (2971/A(E)) und „Skimpflation“ (3225/A(E)) – die Verringerung der verkauften Mengen bzw. der Qualität eines Produkts, bei gleichbleibenden oder steigenden Preisen. Auch die Verhandlungen um das NEOS-Anliegen, die Tierpelzkennzeichnung transparenter zu regeln (2278/A(E)), sollen zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden. (Schluss Konsumentenschutzausschuss) wit/sox
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