Nationalrat einstimmig für Anhebung der Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld
Problematische Geschäftsmodelle in Online-Spielen sollen geprüft werden
Die Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld steigt 2024 auf 8.100 € im Jahr. Ein entsprechender Initiativantrag von ÖVP und Grünen wurde im Nationalrat einstimmig angenommen. Nur mehrheitlich angenommen wurden allerdings Regelungen, um den Anspruch von Ukraine-Flüchtlingen auf Kinderbetreuungsgeld bzw. Familienbeihilfe bis 4. März 2025 zu verlängern. In diesen Punkten gingen die Freiheitlichen, die dazu auch eine getrennte Abstimmung verlangten, nicht mit. In der Minderheit blieb eine in der Sitzung eingebrachte SPÖ-Forderung nach einem erweiterten Beobachtungszeitraum für das Erfordernis der Erwerbstätigkeit beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld.
Unseriöse Praktiken in Online-Spielen wie etwa „In-Game-Käufe“ sind Gegenstand eines Entschließungsantrags der Koalitionsparteien, der mehrheitlich angenommen wurde und etwa auf eine Prüfung der gängigen Geschäftsmodelle abzielt. Ein in der Sitzung eingebrachter FPÖ-Entschließungsantrag für ein konkretes Verbot des Glückspiels mit „Lootboxen“ bzw. „Beutekisten“, die in Online-Games zur „Kostenfalle“ werden könnten, blieb in der Minderheit.
Die Stimmenmehrheit gab es im Plenum für eine Vereinbarung des Bundes mit dem Land Wien zur Verwaltungsüberprüfung des EU-Projekts „Interact Office Vienna 2021-2027“ durch das Land Wien.
Ein in der Sitzung eingebrachter Fristsetzungsantrag der SPÖ zielte außerdem darauf ab, dem Außenpolitischen Ausschuss eine Frist bis 15. Dezember zu setzen, um einen SPÖ-Appell zur Unterstützung der Forderung nach humanitärem Waffenstillstand im Nahen Osten zu behandeln. Er blieb bei der Abstimmung in der Minderheit.
HÖHERE ZUVERDIENSTGRENZE BEI KINDERBETREUUNGSGELD
Mit einer Erhöhung der Zuverdienstgrenze während des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld will die Koalition auch 2024 sicherstellen, dass Anspruchsberechtigte während der Karenz einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen können. Der bislang gültige Grenzbetrag beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld bzw. bei der Beihilfe zum pauschalen Kinderbetreuungsgeld soll von jährlich 7.800 € auf 8.100 € erhöht werden. In Kraft treten sollen die Anpassungen im Kinderbetreuungsgeld-Gesetz bereits mit 1. Jänner 2024, da sonst aufgrund der erfolgten Valorisierung von Familien- und Sozialleistungen eine geringfügige Beschäftigung ohne Überschreitung der Einkommensgrenze nicht mehr möglich sei. Für diese Maßnahme sprachen sich die Abgeordneten einhellig aus.
Die FPÖ lehnte allerdings ab, den Anspruch von Geflüchteten aus der Ukraine auf Kinderbetreuungsgeld und Familienbeihilfe um ein weiteres Jahr, bis 4. März 2025, zu verlängern. Entsprechende Änderungen bzw. ein Ausschussantrag waren im Familienausschuss eingebracht und dort von den anderen vier Parteien abgesegnet worden. Österreich würde bereits enorme humanitäre Hilfe an die Ukraine leisten, meinte Rosa Ecker (FPÖ). Es gehe darum, diesbezüglich eine weitere „Kostenlawine“ zu verhindern. Ecker brachte auch einen Entschließungsantrag der FPÖ betreffend ein Veto gegen die Eröffnung von EU-Beitrittsgesprächen mit der Ukraine sowie gegen neue „Milliardenzahlungen an das Selenski-Regime“ ein. Der Antrag wurde allerdings mangels inhaltlichem Zusammenhang als nicht zulässig gewertet und gelangte somit nicht zur Abstimmung.
Im Hinblick auf die Anhebung der Zuverdienstgrenze wies Ecker auf die besondere Situation hin, dass im Verhältnis zur hohen Inflation die Grenze nur um 3,8% erhöht werde. Demgegenüber hob Maria Großbauer (ÖVP) hervor, dass mit der Anhebung der Zuverdienstgrenze ermöglicht werden soll, weiter ein Teil des Berufslebens bleiben zu können. Ebenso wie Lukas Brandweiner (ÖVP) unterstrich sie die „stattliche Summe“ von 4,5 Mrd. € bis 2030 an geplanten Investitionen in die Kinderbetreuung. Norbert Sieber (ÖVP) betonte, die Bundesregierung habe es sich zur Aufgabe gesetzt, Kinderarmut zu bekämpfen. Diese sei seit vielen Jahren sinkend und auf niedrigem Niveau. Die Mittel würden richtig eingesetzt, die Familienpolitik in Österreich funktioniere hervorragend.
Kein Kind sei gerne auf der Flucht, so Barbara Neßler (Grüne) im Hinblick auf die Geflohenen aus der Ukraine. Es gebe das Versprechen der größtmöglichen Solidarität, daher sei es auch nur logisch, dass diese auch den vollen Zugang zur Familienbeihilfe umfasst. Petra Wimmer (SPÖ) stellte außer Frage, dass es die Anpassungen bei der Zuverdienstgrenze sowie die Verlängerung der Ansprüche für die Menschen aus der Ukraine brauche. Sie kritisierte allerdings ähnlich wie Christian Oxonitsch (SPÖ), dass die Beschlüsse erst so kurz vor Jahresende kommen würden und damit Verunsicherung entstehe. Zum Kinderbetreuungsgeld sei außerdem eine Reform gefordert, so Wimmer. Hürden beim Kinderbetreuungsgeld kritisierte etwa auch Maximilian Köllner (SPÖ). Kritik von Michael Bernhard (NEOS) zum Thema Kinderbetreuungsgeld bezog sich etwa darauf, dass viel Geld ausgegeben werde, es aber nicht bei allen Familien ankomme. Die Probleme würden seit Jahren angesprochen, es habe sich aber sehr wenig verändert.
Ministerin Susanne Raab hob demgegenüber die Reformschritte der Bundesregierung wie etwa die genannten 4,5 Mrd. € bis 2030 an Mitteln für Kinderbetreuung hervor. Auch die Gelegenheitsverkehre seien umfassend reformiert und eine Valorisierung der Familienleistungen erstmals vorgenommen worden. Insgesamt seien Kritikpunkte sehr wohl aufgegriffen worden, betonte sie, dass Familien unterschiedliche, flexible Möglichkeiten für ihre jeweilige Situation benötigen.
PRÜFUNG VON GESCHÄFTSPRAKTIKEN IN ONLINE-SPIELEN
Ein gemeinsamer Entschließungsantrag von ÖVP und Grünen betrifft “ In-Game-Käufe “ bei Online-Spielen. Diese würden oftmals mittels unseriöser Praktiken angeboten, kritisieren die Koalitionsparteien. Sie fordern daher den Bundesminister für Konsumentenschutz auf, die gängigen Geschäftsmodelle der Gaming-Anbieter zu analysieren, problematische Praktiken – insbesondere für die Zielgruppe der Minderjährigen – zu identifizieren, useradäquate Praxistipps für Kinder und Jugendliche, Eltern und Pädagog:innen auszuarbeiten sowie nach Darstellung des bestehenden rechtlichen Rahmens erforderlichenfalls sonstige mögliche Maßnahmen aufzuzeigen.
Der für Konsumentenschutz zuständige Minister Johannes Rauch betonte, den Koalitionsantrag als Arbeitsauftrag zu betrachten und Konsumentenschutz sehr ernst zu nehmen. Er werde sich etwa ansehen, welche Maßnahmen auf EU-Ebene ergriffen würden, zumal es ein einschlägiges Urteil gebe, dass „Lootboxen“ illegal seien.
Neben ÖVP und Grünen sprachen sich auch die NEOS für den Antrag aus. Peter Weidinger (ÖVP) strich dazu etwa einen gesamtheitlichen Zugang beim Konsumentenschutz hervor. Maria Smodics-Neumann (ÖVP) betonte ähnlich wie Barbara Neßler (Grüne), dass Prävention und Information für diesen Bereich wichtig seien. Zudem gelte es, rechtliche Möglichkeiten für den Konsumentenschutz auf den Weg zu bringen. Neßler erörterte dazu, dass die Lootboxen einen enormen Glücksspiel-Suchtfaktor aufweisen und ein Milliardengeschäft für die Betreiber darstellen würden. Es gehe dabei auch um Kinder- und Jugendschutz, meinte Ulrike Fischer (Grüne). In einem ersten Schritt müsse die Datenlage erhoben werden, entgegnete sie Kritik etwa von Christian Drobits (SPÖ) und Christian Ries (FPÖ). Drobits erachtet den Antrag als „verwässert“, es brauche hier mehr als nur Analysen. Ries wies auf den Antrag der FPÖ für ein Verbot von Lootboxen hin. Der Antrag der Koalitionsparteien sei etwas zu „unkonkret“. Katharina Werner (NEOS) zeigte sich demgegenüber „froh, dass sich zumindest etwas bewegt“. Der Fokus auf Prävention sei wichtig, um Kinder, Jugendliche, Eltern und Pädagog:innen zu sensibilisieren. Ein Verbot müsse aus ihrer Sicht auf europäischer Ebene geregelt werden.
VERWALTUNGSÜBERPRÜFUNG DES PROJEKTS INTERACT OFFICE VIENNA 2021-2027
Mehrheitlich wurde im Nationalrat schließlich eine Bund-Länder-Vereinbarung zur Übertragung der Verwaltungsüberprüfung des Projekts „Interact Office Vienna 2021-2027“ an das Land Wien angenommen. Das Interact Office Vienna ist Teil der Abwicklungsstrukturen des EU-Interact-Programms. Die zurechenbaren Kosten bestehen zum überwiegenden Teil aus Personalkosten des Landes Wien.
Zuständig ist das Interact Office Vienna für die Betreuung von insgesamt 28 Interreg-Programmen (EFRE und IPA), vor allem in Mittel- und Südosteuropa. Besonderes Augenmerk soll dabei auf die Steigerung der Effizienz in der Abwicklung dieser Kooperationsprogramme, auf die Identifizierung ihrer Ergebnisse und Sichtbarkeit sowie auf die Anwendung innovativer und vereinfachter Ansätze gelegt werden.
Franz Hörl (ÖVP) meinte dazu etwa, dass Österreich im Hinblick auf acht Nachbarländer ein großes Interesse an diesen Programmen habe. Diese seien gerade auch für den Tourismus zu Impulsgebern geworden. Auch Nikolaus Berlakovich (ÖVP) sieht durch die Programme die grenzüberschreitende Zusammenarbeit gefördert.
Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig wies unter anderem zu den Programmen auf die Ausrichtung hin, den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Elisabeth Feichtinger (SPÖ) bezog sich auf den landwirtschaftlichen Bereich. Sie sprach sich betreffend ein geplantes Impulsprogramm für faire und transparente Verteilung im Sinne der kleinteiligen Landwirtschaft aus. (Schluss Nationalrat) mbu
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