Sinkende Asylantragszahlen für Karner kein Grund zum Jubeln
Fragestunde an den Innenminister im Nationalrat
Zum Asylsystem sowie gegenwärtig gehäuft auftretenden Kriminalitätsformen wie Antisemitismus und Cybercrime stand Innenminister Gerhard Karner im Rahmen einer Fragstunde bei der heutigen Plenarsitzung des Nationalrats Rede und Antwort.
MASSNAHMEN IM ASYLBEREICH AUF EUROPÄISCHER UND NATIONALER EBENE
Die aktuellen Asylantragszahlen waren von mehreren Abgeordneten von Interesse. So wurden Hannes Amesbauer (FPÖ) und Manfred Hofinger (ÖVP) informiert, dass zwischen Jänner und Oktober 2023 rund 54.000 Asylanträge in Österreich gestellt wurden, was einem Rückgang um 42% im Vergleich zum selben Zeitraum im Vorjahr entspreche. Dies bedeute zwar auch im EU-Vergleich einen deutlichen Rückgang, sei aber „kein Grund zu Jubeln, sondern ein Auftrag, weiter hart zu arbeiten“, meinte Innenminister Karner zu den seiner Ansicht nach weiterhin hohen Asylantragszahlen. Zwischen 20.000 und 30.000 Verfahren davon seien eingestellt worden, beantwortete Karner eine Frage von Stephanie Krisper (NEOS). Maximilian Köllner (SPÖ) gab er recht, dass ein großer Teil der Asylanträge im Burgenland gestellt würden. Die von FPÖ-Mandatar Amesbauer gewählte Bezeichnung „Lampedusa Mitteleuropas“ fand der Ressortchef allerdings unangebracht. Es wäre nun auch in diesem Bundesland ein deutlicher Rückgang an Aufgriffen zu verzeichnen. Zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität seien Maßnahmen ergriffen worden, wie Grenzpunkt- und Grenzraumkontrollen oder die „Operation Fox“ in Zusammenarbeit mit der ungarischen Polizei, wodurch sich die Schlepperrouten verlagert hätten. Aktuell seien rund 40 österreichische Exekutivbedienstete in Ungarn tätig, erhielt ÖVP-Abgeordneter Ernst Gödl Auskunft.
Christian Stocker (ÖVP) wollte wissen, welche der Regelungen des EU-Asyl-und Migrationspakts aus Sicht des Innenministers für Österreich wesentlich seien. Karner nannte den funktionierenden EU-Außengrenzschutz, schnelle Verfahren an der Außengrenze und die Zusammenarbeit mit sicheren Drittstaaten als essentiell. Derzeit würden die Trilog-Verhandlungen dazu laufen, wie auch zu der von Michel Reimon (Grüne) thematisierten Screening-Verordnung. FPÖ-Abgeordnete Petra Steger sprach den damit in Zusammenhang stehenden Stabilitätsmechanismus an. Karner meinte, er habe sich gegen die verpflichtende Verteilung von Migrant:innen klar ausgesprochen. Eine Einigung sei aber ein notwendiger Schritt, um in diesem Bereich voranzukommen.
Auf nationaler Ebene seien für ein funktionierendes Asylsystem verstärkte Kontrollen und beschleunigte Verfahren notwendig, sagte der Innenminister zu Reinhold Einwallner (SPÖ). Schnellverfahren würden bei Asylwerber:innen aus jenen Ländern durchgeführt werden, die praktisch keine Chance auf einen positiven Bescheid hätten.
Zwischen Jänner und Oktober 2023 wurden in Österreich rund 10.500 Außerlandesbringungen durchgeführt, erfuhr Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP). Zu Christian Ries (FPÖ) sagte der Innenminister, dass für Abschiebungen von Straffälligen das Möglichste getan werde. Auf Nachfrage von Katharina SPÖ-Mandatarin Kucharowits stellte er klar, dass auf Einzelfallprüfungen aus Schutz vor den Betroffenen nicht innerhalb der Asylstatistik eingegangen werden könne. Grundsätzlich würde es aber umfangreiche Daten zu den Außerlandesbringungen geben.
Stephanie Krisper (NEOS) brachte EuGH bzw. EGMR-Urteile hinsichtlich des Umgangs mit Asylwerber:innen anderer EU-Mitgliedsländer zur Sprache. Karner sehe sich dabei nicht als „Oberschiedsrichter“, meinte er zu der NEOS-Abgeordneten, sondern als jemand, der bilateralen Kontakt die nationalen Interessen Österreichs vertrete. Nicht alles würde öffentlich diskutiert werden, sondern manches auch im 4-Augengespräch, sagte er.
Von Helmut Brandstätter (NEOS) und Andreas Minnich (ÖVP) auf das Schengen-System angesprochen, erläuterte Karner, dass die Schengen-Erweiterung ein zweistufiges Verfahren durchlaufe. Zunächst würde die EU-Kommission einen Statusbericht anfertigen, danach komme es zu einer Beratung mitsamt Schlussfolgerung im Rat der Innenminister:innen. Voraussetzung für ein funktionstüchtiges Schengen-System sei seiner Meinung nach ein funktionierender Außengrenzschutz.
„ARBEITSPFLICHT“ FÜR ASYLSUCHENDE
Christian Oxonitsch (SPÖ), Martina Diesner-Wais (ÖVP),
Yannick Shetty (NEOS) und Nina Tomaselli (Grüne) sprachen die unlängst medial propagierte „Arbeitspflicht“ für Asylsuchende an. Laut Karner sei das Innenministerium nach dem Beschluss der Landesflüchtlings-Referent:innen-Konferenz herangezogen worden, die Verantwortung liege aber bei den Bundesländern. Seiner Meinung nach sei die angedachte Kürzung des „Taschengelds“ sinnvoll, wenn man während des Asylverfahrens nicht bereit sei, gemeinnützige Arbeit zu leisten. Jene, die in Österreich Schutz und Hilfe bekommen, sollten auch etwas zurückgeben, meinte er.
Georg Bürstmayr (Grüne) erhielt die Auskunft, dass das im Strategischen Maßnahmenplan gegen den Fachkräftemangel formulierte Ziel, das Verfahren zur Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte samt Familienzusammenführung vollständig zu digitalisieren, Anfang Dezember im Ministerrat beschlossen worden und „auf gutem Weg“ sei.
ANSTIEG ANTISEMITISCHER TATBESTÄNDE UND CYBERKRIMINALITÄT
Ein weiterer Teil der Fragestunde widmete sich den gegenwärtigen Formen von Kriminalität. SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz und Faika El-Nagashi (Grüne) stellten einen Zusammenhang zwischen dem Terrorangriff der Hamas auf Israel bzw. den militärischen Gegenschlägen auf den Gazastreifen und dem Anstieg von antisemitischen und antimuslimischen Tatbeständen bzw. gewaltsamen Hassverbrechen in Österreich her. Innenminister Gerhard Karner betonte folglich, dass sich die Bedrohungslage seit dem 7. Oktober weltweit und auch in Österreich verändert habe. Auf die „massive“ Zunahme antisemitischer Vorfälle sei mit der Erhöhung sichtbarer und verdeckter Polizeipräsenz reagiert worden, außerdem sei man laufend in Kontakt mit der israelitischen Kultusgemeinde. Der Rechtsextremismus-Bericht soll im nächsten Jahr vorgelegt werden. Gegenüber Romana Deckenbacher (ÖVP) sagte Karner, die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) würde in diesem Bereich „exzellente Arbeit“ leisten, unter anderem durch die wiedererlangte internationale Zusammenarbeit.
Mario Lindner (SPÖ) thematisierte Hasskriminalität generell. Laut Innenminister würde diese Form der Kriminalität oft in Zusammenhang mit Cybercrime-Delikten stehen. Auch hinsichtlich der Frage von Wolfgang Gerstl (ÖVP) unterstrich Karner die großen Herausforderungen im Cyberbereich, denen im Zuge der Kriminaldienstreform verstärkt begegnet werden soll. Durch strukturierte Ausbildung soll die Expertise in diesem Bereich intensiviert und in den nächsten vier Jahren 700 zusätzliche Arbeitsplätze in den Regionen – sogenannte Kriminalassistenz-Dienststellen – geschaffen werden. Cyberkriminalität sei der Bereich, der in der Kriminalstatistik am stärksten ansteige. Pro Tag würde es zu rund 100 Betrugsdelikten im Internet kommen, sagte der Minister.
Gegenüber Werner Herbert (FPÖ) sagte Karner, dass ihm der Schutz der Persönlichkeitsrechte von Exekutivbeamten ein zentrales Anliegen sei. In Bezug auf diskriminierende Veröffentlichungen in sozialen Medien gebe es ein neues E-Learning toll, um die Polizist:innen auf ihre Rechte hinzuweisen. Auch Körperkameras erachtet der Innenminister für ihren Eigenschutz als hilfreich. (Fortsetzung Nationalrat) fan
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