Nationalrat passt Arbeitsgesetze an EU-Recht an

Ausländischen Beschäftigten soll Foto-Beibringung für die E-Card erleichtert werden, SV-Beitragszuschläge bei Schwarzarbeit neu geregelt

Der Nationalrat hat in seiner heutigen Sitzung auch eine Anpassung verschiedener Arbeitsgesetze an eine neue EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen beschlossen. Dabei geht es etwa um präzise Angaben am Dienstzettel und die Verankerung eines Rechts auf Mehrfachbeschäftigung. Überdies soll eine ASVG-Novelle ausländischen Beschäftigten die Beibringung eines Fotos für die E-Card künftig erleichtern. Demnach werden voraussichtlich ab April auch Gemeindeämter – auf freiwilliger Basis – als Fotoregistrierungsstelle fungieren können.

Kurzfristig wurden in die ASVG-Novelle außerdem weitere Bestimmungen eingebaut. Zum einen geht es dabei um eine Neuregelung der Beitragszuschläge zur Sozialversicherung, die Unternehmen, die bei Schwarzarbeitskontrollen ertappt wurden, entrichten müssen. Zum anderen wird die Ermächtigung von Gesundheitsminister Johannes Rauch, über im Eigentum des Bundes stehende Bestände an COVID-19-Arzneimittel zu verfügen, bis Ende Mai 2025 verlängert. Eine Novelle zum Familienlastenausgleichsgesetz steht in Zusammenhang mit der elterlichen Begleitung schwerstkranker Kinder.

PFLICHT ZUR AUSSTELLUNG EINES DIENSTZETTELS FÜR ALLE ARBEITSVERHÄLTNISSE

Mit der Novellierung verschiedener Arbeitsgesetze wie dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, dem Angestelltengesetz und dem Landarbeitsgesetz wird eine grundsätzliche Pflicht für Arbeitgeber:innen normiert, am Dienstzettel den Sitz des Unternehmens, eine kurze Beschreibung der Tätigkeit, die Vergütung von Überstunden, die Art der Auszahlung des Lohns, die Dauer und Bedingungen der Probezeit sowie einen Hinweis auf das Kündigungsverfahren anzugeben und den Dienstzettel unverzüglich nach Beginn des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen. Das gilt auch für freie Dienstverhältnisse, Leiharbeiter:innen, Hausangestellte und Heimarbeiter:innen. Für die Nichtaushändigung eines Dienstzettels sind Strafen vorgesehen. Auch ein Recht auf Mehrfachbeschäftigung sowie Bestimmungen zu notwendigen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen sind Teil des Gesetzespakets.

Verabschiedet wurde die von den Koalitionsparteien beantragte Sammelnovelle mit den Stimmen von ÖVP und Grünen. Die EU-Richtlinie stärke Arbeitnehmer:innenrechte, hob Markus Koza (Grüne) hervor. So könnten Arbeitgeber:innen Schulungskosten künftig nicht mehr auf Arbeitnehmer:innen „abwälzen“. Zudem verwies er auf das durchsetzbare Recht auf einen Dienstzettel und das Recht auf Mehrfachbeschäftigung.

Viel ändert sich laut ÖVP-Abgeordneter Tanja Graf allerdings nicht. In Österreich gebe es bereits jetzt sehr transparente Dienstzettel, meinte sie. Man müsse lediglich einige zusätzliche Informationen angeben. Neu sei außerdem das verbriefte Recht auf Mehrfachbeschäftigung, sofern eine solche mit dem Hauptjob vereinbar und moralisch nicht verwerflich sei. Bei der Festlegung der Sanktionen habe man auf die KMUs geachtet, betonte Graf, sie kenne zudem keine Unternehmen, die keine Dienstzettel ausstellen würden. Ein Zuviel an Bürokratie wäre es ihrer Ansicht nach gewesen, allen vier Millionen Beschäftigten einen neuen Dienstzettel auszustellen.

SPÖ SIEHT EU-RICHTLINIE NUR „HALBHERZIG“ UMGESETZT

Seitens der SPÖ kritisierten Josef Muchitsch und Gabriele Heinisch-Hosek demgegenüber, dass die EU-Richtlinie mit eineinhalb Jahren Verspätung und nur „halbherzig“ umgesetzt werde. So bedauerte Muchitsch etwa, dass die neuen Bestimmungen nur für neue Arbeitsverhältnisse gelten werden. Außerdem vermisst er abschreckende Sanktionen. Auch Heinisch-Hosek sieht lediglich „Mikroverbesserungen“. Es sei aber positiv, dass nun schriftliche Festlegungen vorgesehen seien, das sei für die Beschäftigten wichtig.

FPÖ UND NEOS ORTEN ZU VIEL BÜROKRATIE

Von einem „Bürokratiemonster ohne Ende“ sprach FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm. Seiner Ansicht nach handelt es sich um ein unnötiges Gesetz. Schließlich gebe es in Österreich eine funktionierende Sozialpartnerschaft. Vor allem Kleinstunternehmen mit wenigen Mitarbeiter:innen würden „in Bürokratie ersticken“. Wurm sieht nicht ein, dass ÖVP und Grüne EU-Vorgaben „immer ohne Widerspruch umsetzen“.

Ähnlich lautete die Kritik von Gerald Loacker (NEOS). Das Gesetz verursache Bürokratie, die den Menschen nichts bringe, klagte er. Schließlich müsse man in Österreich schon jetzt Dienstzettel ausstellen. Auch hat es seiner Meinung nach keinen Mehrwert für Beschäftigte, wenn Dienstgeber Kündigungen künftig begründen müssten und dann „betriebliche Gründe“ angeben. Loacker hinterfragte zudem die Verhängung von Verwaltungsstrafen, wenn gegen zivilrechtliche Regelungen verstoßen werde.

ELTERLICHE BEGLEITUNG EINES SCHWERSTERKRANKTEN KINDES

Mitverhandelt mit dem Gesetzespaket wurde eine Novelle zum Familienlastenausgleichsgesetz, die einstimmig angenommen wurde. Da sich Eltern bzw. Wahleltern für die Begleitung eines schwersterkrankten Kindes seit kurzem auch dann – unter Entfall des Arbeitsentgelts – karenzieren lassen können, wenn sie mit dem Kind nicht in einem gemeinsamen Haushalt leben, soll auch für den im Familienlastenausgleichsgesetz geregelten finanziellen Härteausgleich das Erfordernis eines gemeinsamen Haushalts entfallen. Das wurde von den Abgeordneten Josef Muchitsch (SPÖ), Norbert Sieber (ÖVP), Bedrana Ribo (Grüne) und Michael Bernhard (NEOS) ausdrücklich begrüßt.

Bernhard sprach sich in der Debatte aber dafür aus, den Großteil der Leistungen, die derzeit über den Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) finanziert werden, künftig über das Budget zu finanzieren und so die Lohnnebenkosten zu senken.

ERLEICHTERUNGEN BEI DER FOTOREGISTRIERUNG FÜR DIE E-CARD

Die mit ÖVP-Grünen-NEOS-Mehrheit beschlossene ASVG-Novelle zielt darauf ab, die Beibringung eines Fotos für die E-Card vor allem für nichtösterreichische Staatsbürger:innen zu erleichtern. Anders als Österreicher:innen müssen Ausländer:innen derzeit für die Fotoregistrierung in der Regel eine Stelle der Landespolizeidirektion aufsuchen, was teilweise mehrstündige Fahrzeiten bedeutet. Ab 1. April sollen nun auch Bürgermeister:innen als Fotoregistrierungsstelle sowohl für österreichische als auch für nichtösterreichische Staatsbürger:innen einspringen können, allerdings auf freiwilliger Basis. Davon profitieren könnten Bedrana Ribo (Grüne) und Rebecca Kirchbaumer (ÖVP) zufolge insbesondere 24-Stunden-Betreuer:innen, Saisonarbeiter:innen und Bauarbeiter:innen.

Ribo und ihre Parteikollegin Barbara Neßler wiesen darauf hin, dass E-Cards ohne Foto bald ungültig werden. Da Fotoregistrierungsstellen derzeit „rar gesät“ seien, würde die vorgesehene Maßnahme ihnen zufolge wichtige Erleichterungen bringen. Damit werde eine „unnötige Schikane“ für dringend benötigtes Personal abgebaut und Bürokratie reduziert, hielt Neßler fest.

Die FPÖ zeigte allerdings kein Verständnis für die vorgesehenen Erleichterungen. Die Ausstattung der E-Card mit einem Foto sei eine wichtige Maßnahme zur Verhinderung von Missbrauch gewesen, ist FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch überzeugt. Das werde nun „aufgeweicht“. Ihr Fraktionskollege Peter Wurm hält es den Betroffenen für zumutbar, eine Stelle der Landespolizeidirektion aufzusuchen. Der FPÖ gehe es um eine fremdenpolizeiliche Kontrolle, betonte er.

SPÖ-Abgeordneter Christian Drobits hinterfragte hingegen generell die Notwendigkeit, E-Cards mit einem Foto auszustatten. Die Einführung unter „Schwarz-Blau“ sei ein teurer „Rohrkrepierer“ gewesen, sagte er. Es gebe keine Evidenz, dass E-Cards ohne Fotos in großer Zahl missbräuchlich verwendet worden seien. Nun werden Drobits zufolge Gemeinden mit einer Aufgabe überfrachtet, die nicht notwendig sei. Noch dazu seien damit Kosten für die Versicherten verbunden.

ÖVP-Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer warf der FPÖ vor, Bürgermeister:innen mit ihrer Kritik Amtsmissbrauch zu unterstellen und wertete das als „starkes Stück“. Zudem hob sie hervor, dass das Service kein Muss für die Gemeinden sei. Grundsätzlich für richtig hält es Kirchbaumer, E-Cards mit einem Foto auszustatten.

NEUREGELUNG DER BEITRAGSZUSCHLÄGE ZUR SOZIALVERSICHERUNG

Auf Basis eines Abänderungsantrags der Koalitionsparteien wurden in die ASVG-Novelle kurzfristig weitere Bestimmungen eingebaut. Demnach müssen Unternehmen, die bei Schwarzarbeitskontrollen ertappt wurden, künftig nur noch dann den vollen Beitragszuschlag für die verspätete Anmeldungen von Beschäftigten bei der Sozialversicherung zahlen, wenn der Prüfeinsatz unter Verantwortung des zuständigen Krankenversicherungsträgers erfolgte. Hat zum Beispiel eine andere Stelle wie die Finanzpolizei die Kontrollen veranlasst, ist nur der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung in Höhe von 400 € zu begleichen. Der Teilbetrag für den Prüfeinsatz in der Höhe von 600 € entfällt. Die Abgeordneten reagieren damit auf eine entsprechende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs.

Gleichzeitig wird gemäß der herrschenden Vollzugspraxis der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) klargestellt, dass Beitragszuschläge nur dann vorgeschrieben werden können, wenn der Meldeverstoß im Rahmen einer „unmittelbaren Betretung“ aufgedeckt wurde. Meldet das Unternehmen einen Beschäftigten ohne Kontrolle verspätet – also erst nach Arbeitsantritt – an, ist weiterhin kein Beitragszuschlag zu entrichten.

Zum anderen wird mit dem Abänderungsantrag die Ermächtigung von Gesundheitsminister Johannes Rauch, über im Eigentum des Bundes stehende Bestände an COVID-19-Arzneimittel zu verfügen, bis Ende Mai 2025 verlängert.

Während sich Bettina Zopf (ÖVP) erfreut darüber zeigte, dass die gelebte Praxis bei verspäteten Anmeldungen fortgeführt wird, sprach sich Christian Drobits (SPÖ) dafür aus, den Beitragszuschlag bei jeder verspäteten Anmeldung vorzuschreiben. (Fortsetzung Nationalrat) gs

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