SPÖ-Wien-Klubtagung (1) – Auftakt zum Treffen des Rathausklubs
Heute Dienstag hat die jährliche Tagung des Wiener SPÖ-Rathausklubs begonnen. Die zweitägige Klubtagung findet so wie im Vorjahr in Frauenkirchen im Burgenland statt. Inhaltlich werden in mehreren Arbeitspanels Maßnahmen und Projekte zu den aktuell wichtigen Themen erarbeitet. Dabei werden am ersten Tag unter dem Motto „Arbeit. Wandel. Zukunft“ die Bereiche Wohnbau und Stadterneuerung, Arbeit und Wirtschaft, Soziales und Gesundheit sowie Bildung und Jugend diskutiert und präsentiert. Morgen folgen dann die Themen Klima und Umwelt, Kultur und Wissenschaft sowie Stadtplanung und Mobilität.
Zur Arbeitstagung sind hochrangige Vertreter*innen der SPÖ eingeladen. Als Spitzenvertreter*innen sind auf Einladung des SPÖ-Wien-Klubvorsitzenden Josef Taucher der Bundesparteivorsitzende der SPÖ, Andreas Babler, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, die Präsidentin der Arbeiterkammer, Renate Anderl, alle SPÖ-Stadträt*innen der Wiener Regierung sowie die SPÖ-Mandatar*innen und SPÖ-Bezirksvorsteher*innen vertreten.
BEGRÜSSUNGSREDEN
Die Tagung eröffnete SPÖ-Klubobmann Josef Taucher. Er bezeichnete die Sozialdemokratie als Partei, die über den Horizont blicke, die den Menschen zuhöre, Errungenschaften verteidige und die Zukunft gestalten werde. Der Arbeitsmarkt sei „massiv im Umbruch“, dem nehme sich die SPÖ mit unterschiedlichen Projekten für unterschiedliche Berufsgruppen an. So gebe es zwar den Wunsch nach Arbeit im Homeoffice, doch wie Studien zeigen, würde nach einiger Zeit die Arbeitsleistung sinken. „Hier muss eine vernünftige Balance gefunden werden. Auch der Druck für die Menschen am Arbeitsmarkt ist immens hoch, denn die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes ist hoch“, sagte Taucher. Die größere Wiener Regierungspartei arbeite gegen diesen Druck und die Ängste an, etwa mit der eigenen Ausbildung von besonders gefragten Schienentechniker*innen bei den Wiener Linien. „Diese Jobs werden händeringend gesucht. Wir in Wien gehen da voran, damit wir auch in Zukunft die Fachkräfte in der Stadt haben“, so Taucher. Baustellen – wie diejenigen für die präsentierte Schienenoffensive der Wiener Linien – in der Stadt seien ein Zeichen für Arbeitsplätze und dafür, dass die Stadt prosperiert und zukunftsfit gemacht werde. Im Wohnbereich sei die größte Herausforderung die wachsende Stadt. „Die Wohnpolitik ist unser Kernthema und mit der neuen Kategorie geförderter Wohnbau sind wir in Österreich und Europa einzigartig“. Die Teuerung sei das Top-Thema für die Menschen, deshalb sei es so wichtig, dass die Stadt die Wiener*innen unterstütze. „Doch für das unterste Zehntel der Bevölkerung sind die Leistungen der Stadt nur der Ausgleich der hohen Teuerung, hier wird sich noch einiges ändern“, kündigte Taucher an. Für Jugendliche, die noch nicht fit genug für den Arbeitsmarkt seien, werde das Jugendcollege auf 5.000 Plätze ausgebaut. Ebenso würden die Häuser zum Leben Impulse in der Stadt setzen. „Für eine älter werdende Gesellschaft muss gerade im sozialen Bereich Sorge getragen werden. Seit mehr als 60 Jahren sind die Häuser zum Leben ein wichtiger Bestandteil der Wiener Sozialpolitik“, so Taucher. „Wir gestalten unsere Stadt von Jung bis Alt und begleiten den Wandel in Wien“, so Taucher. Zum Thema Ausbildung von Elementarpädagog*innen: Ab 2026 werde es fünf zusätzliche Kolleg-Klassen und damit insgesamt 36 Klassen des Kolleg Change in der Bildungsanstalt für Elementarpädagogik (BAfEP) geben. „Der Ausbau des Kolleg Change ist das für uns relevante, weil wir wissen, dass rund 80 Prozent der Personen, die aus der Erwachsenenbildung in die Kindergärten gehen, auch dort anfangen zu arbeiten“, sagte Taucher. Für die ältere Generation werde es neue Häuser zum Leben ab Herbst 2024 in Simmering und Landstraße geben, bis 2030 werden zusätzlich 450 Pflegeplätze angeboten. Die neue Häuserstrategie sei eine Kombination mit sozialem Wohnbau und einer starken Einbindung ins Grätzl.
Arbeiterkammerpräsidentin Renate Anderl begann ihre Rede mit dem Ausblick auf die Jahre 2024 und 2025. Die Sozialdemokratie stehe dafür, dass alle Menschen ein „gutes Leben“ hätten. In den nächsten eineinhalb Jahren würden die Weichen dafür bei den Wahlen Österreich und Wien gestellt werden. Der Arbeitsdruck in der Gesellschaft werde immer größer, das könne man an der steigenden Zahl der AK-Beratungen erkennen. Umfragen würden zeigen, dass eine Million Arbeitnehmer*innen sich mit dem Gedanken tragen würden, den derzeitigen Job zu wechseln. Die Herausforderungen der Zeit, wie Künstliche Intelligenz, würden in etlichen Branchen zu Verunsicherung der Arbeitnehmer*innen führen. Zum Thema Arbeitszeitverkürzung: Vor 50 Jahren hätte es bei der Einführung der 40-Stunden-Woche die schlimmsten Befürchtungen gegeben, dass die Produktivität sinke und die Arbeitslosigkeit steigen würde. Jetzt würden bei der gleichen Diskussion dieselben Befürchtungen geäußert werden, doch in Betrieben, die durch verschiedene Maßnahmen bereits die Arbeitszeit reduziert haben, werde nur die Zahl der Krankenstandstage sinken, aber nicht die Motivation der Beschäftigen. Immer noch sei die gleiche Arbeit von Frauen und Männern nicht gleich viel wert, diese Ungerechtigkeit könne mit der Offenlegung der Einkommen und Löhne von Beschäftigten beseitigt werden. Die EU habe mit der Lohntransparenz-Richtlinie dazu ein Instrument geschafften, „das von der Bundesregierung zügig umgesetzt werden muss“, verlangte Anderl. Die derzeitige Arbeitswelt würde dringend einen Wandel benötigen, etwa im Bereich der Lehrlingsausbildung. Immer noch würden Lehrling für berufsfremde Tätigkeiten wie zum Beispiel Rasenmähen eingesetzt; außerdem hätten sich viele Betriebe zudem von der Lehrausbildung und der Fachkräfteausbildung verabschiedet, was den Fachkräftemangel verschärfe. „Junge Menschen müssen in allen Bereichen aus- und weitergebildet werden“, forderte Anderl. Viele Menschen in Österreich würden nicht in Zukunft oder heute, sondern schon „vorgestern“ Verbesserungen benötigen – „die Stadt Wien zeigt mit ihren Projekten vor, dass das möglich ist. Das ist in der Stadt merkbar und spürbar. Und ich möchte das für ganz Österreich erreichen“, schloss Anderl.
SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler ergriff erstmals bei einer Tagung des Wiener Rathausklubs das Wort. Politik solle dazu dienen Lebensrealität weiter zu verbessern, nicht nur zu bewahren. Diese Aufgabe habe die Sozialdemokratie nicht nur in der Vergangenheit erfüllt, sondern müsse dies vor allem in der Zukunft anbieten. Denn die Bundesregierung betreibe nur eine „Mangelverwaltung“, sei untätig, was die gesellschaftliche Teilhabe der Menschen verschlechtere. „Es geht dabei um Würde“, sagte Babler. Der Kampf gegen die Erderhitzung könne mit der Ausrede: „Jetzt kümmern wir uns zuerst um die Inflation“ nicht verschoben werden, deswegen müsse dieser Kampf als höchste Priorität gesehen werden. „Wenn die klimatischen Kipppunkte überschritten werden, kommen zum Beispiel die geschmolzenen Gletscher nicht mehr zurück“, so Babler. Wohnen sei ein Grundrecht der Menschen und sei in der DNA der SPÖ verankert. Gebe es zu wenig leistbare Wohnungen, würden junge Menschen in ihrer Lebensplanung behindert und beeinträchtigt. Es gelte „den Anschlag“ auf die Rechte vieler Menschen zu verhindern – etwa auf die, der Kinder der Gastarbeitergeneration. Dagegen werde sich die Sozialdemokratie vehement stemmen, ebenso wie gegen die Erstellung von „Fahndungslisten“, wie FPÖ-Vorsitzender Kickl formuliert habe. Trotz aller gegenteiligen Beteuerungen drohen blau-schwarze Koalitionen, sobald es die Möglichkeit dazu geben. Das hätten die Länder Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg gezeigt. Deshalb sei es sein Auftrag, dass die SPÖ stimmenstärkste Partei des Landes werde. „Ich bin angetreten, die Bedingungen der Menschen Tag für Tag zu verbessern – der Wiener Weg zeigt vor, wie es gehen kann“, meinte Babler. So sei die Stadt Wien die unangefochtene Nummer Eins im Bereich der Gleichstellung. Österreichweit müsse nicht nur die Bezahlung, sondern auch die Arbeitsqualität erhöht werden. Ein Weg dazu sei die Arbeitszeitverkürzung, „die 32-Stunden-Woche können wir zwar nicht umgehend umsetzen, aber die Richtung muss dorthin gehen“, so Babler.
BÜRGERMEISTER MICHAEL LUDWIG PRÄSENTIERT GENERATIONENPAKET FÜR JUNG UND ALT
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig griff den Ball auf, dass die SPÖ Wien generationsübergreifend Schwerpunkte in der Stadt setzen werde. Zuletzt sei die Generation 50+ im Fokus gestanden, jetzt widme man sich auch der jüngeren Generation und deren Qualifikation. Allein im Bereich der Stadt würden bis 2030 mehr als 20.000 neue Mitarbeiter*innen benötigt. Für Wiens Bürgermeister ist die SPÖ der Garant dafür, „dass die lebenswerteste Stadt der Welt, so bleibt wie sie ist: Ein Ort, wo man gut und gerne lebt“. Kern der neuen Initiativen für leistbares Wohnen, beste Bildung und aktive Arbeitsmarktpolitik sei ein „Generationenpaket 2024“, das auf die unterschiedlichen Bedürfnisse von Jung und Alt zugeschnitten sei. So werde beispielsweise die Lehrlingsausbildung auf neue Beine gestellt. Der Masterplan Lehrausbildung verfolge die Ziele einer zentralen, gemeinsamen Grundausbildung für Lehrlinge sowie die Qualifizierung von Lehrausbildungsverantwortlichen und hauptamtlichen Lehrlingskoordinator*innen. Das steigere die Ausbildungsqualität in der Lehre und werte diese auf. Die Umsetzung des Masterplans werde im kommenden Jahr starten und solle 2025 mit der Umsetzung im laufenden Betrieb abgeschlossen sein. „Generell brauchen wir mehr Ausbildungsplätze für zukünftige Facharbeiterinnen und Facharbeiter sowie eine Aufwertung der Lehre an sich. Dafür haben wir, als die Corona-Pandemie begann, rechtzeitig ein 17 Millionen Euro schweres Ausbildungspaket für junge Menschen geschnürt“, erinnerte Bürgermeister Ludwig. Weiters werde in ein neues Zentralberufsschul-Gebäude in der Seestadt, das sieben kaufmännische Berufsschulen und die Berufsschule für Baugewerbe unter einem Dach zusammenfasst, investiert.
In den Ausbau der Jugendcolleges ab September 2024 würden jährlich 43 Millionen Euro von Stadt Wien, AMS und Europäischen Sozialfonds investiert. Damit werden 3.000 neue Ausbildungsplätze im Jugendcollege für 18- bis 25-Jährige und 1.000 neue Plätze im Jugendcollege 25+ finanziert, so Ludwig. Die Ausbildung beinhaltet unter anderem Alphabetisierung, Deutschkurse, Bewerbungstraining, Finanzberatung und Wertekurse. Die Jugendcolleges dienen der Ertüchtigung von jungen Menschen, denen noch bestimmte Voraussetzungen fehlen, um überhaupt am Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können. Darunter fallen auch anerkannte Flüchtlinge sowie subsidiär Schutzberechtigte.
2025 werde die „Jugendstiftung Zukunftsberufe“ als Maßnahme gegen Jugendarbeitslosigkeit starten. Die Stiftung werde ein Ausbildungsprogramm für 18- bis 24-Jährige, die sich während der Ausbildung finanziell abgesichert auf ihre Lerninhalte konzentrieren können; diese kostenlose Ausbildung ermögliche den erfolgreichen Einstieg am Arbeitsmarkt helfe Wiener Betrieben, gezielt ausgebildete Fachkräfte zu bekommen. Dafür stehen für vier Jahre 15 Millionen Euro für 1.000 Plätze zur Verfügung. „Die Maßnahme ist eines der hochwertigsten arbeitsmarktpolitischen Instrumente und ist eine wertvolle Ergänzung des Massenangebots des AMS Wien für Jugendliche und nützt Betrieben mit Fachkräftebedarf. Die Maßnahme spricht bildungsaffine, aufstiegsorientierte junge Arbeitslose an, die keine Kandidatinnen und Kandidaten für das Jugendcollege sind“, sagte Ludwig. Die Stiftung Jugend und Zukunftsberufe könne man zurecht als den „Ferrari“ unter den Arbeitsmarktförderungsprogrammen bezeichnen, denn damit können nicht nur Erstausbildungen absolviert werden, sondern auch Zweitausbildungen, um zusätzliche Kompetenzen zu erlangen, so der Wiener Bürgermeister.
Eine Studie mit 1.000 Wiener*innen zeige, dass für 77 Prozent die größte Sorge die Teuerung sei. Bereits 2022 habe Wien beispielsweise das Energieunterstützungspaket oder den Wohnbonus beschlossen, mit dem die Stadt für die Bundesregierung, die keine Maßnahmen gesetzt habe, eingesprungen sei und so Hunderttausende Haushalte unterstützt habe. Eine zusätzliche Maßnahme in den Gemeindewohnungen sei die Aussetzung der Mieterhöhung für zwei Jahre, davon würden 185.000 Mietverhältnisse und 370.000 Bewohner*innen profitieren. Auch international habe Wien reüssieren können, so hatten sich 2022 237 internationale Unternehmen in Wien neu angesiedelt, was rund 110 Millionen an Investitionen auslöste und weit über 1.100 Arbeitsplätze geschaffen habe. Darüber hinaus bleibe Wien mit mehr als 40 internationalen Organisationen eine internationale Stadt.
Ab 1. September würden die neu verhandelten Kollektivverträge für Mitarbeiter*innen der Wiener Bühnen, Theater in der Josefstadt, Volkstheater und Theater der Jugend in Kraft treten. Der aktuelle Kollektivvertrag sei 40 Jahre alt, seither haben tiefgreifende Entwicklungen die Arbeitswelt verändert. Dem würden die neuen Verträge Rechnung tragen, auch das Thema Fair Pay werde berücksichtigt.
Bürgermeister Ludwig warnte vor einer Diskussion um die Senkung von Lohnnebenkosten, denn das würde der Wohnbausektor und vor allem die Familien zu spüren bekommen. Dass die CO2-Emissionen pro Person nur halb so hoch seien wie im österreichischen Durchschnitt, sei kein Ruhekissen, sondern Auftrag für weitere Maßnahmen wie die Schaffung eines Parks der Artenvielfalt in der Berresgasse in der Donaustadt oder weitere Entsiegelungsmaßnahmen im Rahmen von „Raus aus dem Asphalt“. Denn im Kampf gegen den Klimawandel müsse bei den großen Schrauben gedreht und der technische Fortschritt genutzt werden. So wie etwa bei den Großwärmepumpen in Simmering, die bis 2027 rund 112.000 Haushalte mit Fernwärme versorgen werden. Zum Thema Gewalt an Frauen: Das Sicherheitsnetz für Frauen werde mit dem 3-Punkte-Paket weiter verstärkt, mit einem doppelten Budget für die Präventions- und Täterarbeit, Forschung zu Femiziden und Gewaltprävention an Schulen. „Denn Gewalt an Frauen ist nirgends zu tolerieren, wir werden auch künftig weitere Maßnahmen setzen“, sagte Bürgermeister Michael Ludwig.
(Forts.) nic
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