Die FlexCo im Fokus: Neue Möglichkeiten für Unternehmensgründungen in Österreich
Club Tirol-Mitglieder ließen sich von Experten Vorteile der neuen Flexiblen Kapitalgesellschaft erklären
Schon gehört? Seit 1. Jänner des Jahres kann in Österreich zur Gründung eines Unternehmens eine neue Rechtsform einer Kapitalgesellschaft gewählt werden. Zum Stand 8. April wurden bereits 150 „FlexCo’s“ gegründet. Die Möglichkeiten dieser neuen Flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexCo) – nicht nur, aber speziell für innovative Startups und GründerInnen gedacht – dürften in der breiten Öffentlichkeit jedoch noch nicht so bekannt sein. Grund genug also für den Club Tirol, sich Vor- und Nachteile dieser neuen Rechtsform in den Räumen der „Expertenschmiede“ Schönherr-Rechtsanwälte am Wiener Schottenring im Detail erklären zu lassen. Rund 100 interessierten Mitglieder des Businessclubs erfuhren dabei auch bei einer spannenden Podiumsdiskussion so einiges aus dem etwas mühevollen Entstehungsprozess der neuen Rechtsform und den zeitgleich beschlossenen steuerlichen Erleichterungen für Mitarbeiterbeteiligungen – mit WERNER WUTSCHER, FLORIAN GSCHWANDTNER UND MARKUS LANG als prominente Diskutanten aus der heimischen Startup-Szene.
„Die FlexCo wurde gegen große politische Widerstände durchgebracht“, erinnerte Club-Präsident Julian Hadschieff, selbst erfolgreicher Unternehmer, auch gleich bei seiner Begrüßung. Gastgeber und Hausherr Thomas Kulnigg, Partner bei Schönherr Rechtsanwälte, erwähnte in seinen Grußworten, dass sich er und sein Team schon vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes „sehr intensiv mit der Materie befasst“ haben – und somit Schlag Mitternacht in der Neujahrsnacht eine der ersten FlexCos gründeten, um praktische Erfahrungen mit der neuen Rechtsform zu sammeln.
EIN VERGLEICH
Durch den Abend führte das „junge Organisatoren-Trio“ Lilly-Marie Kunz, Vize-Kabinettchefin des Finanzministers, und die beiden Rechtsanwälte Niklas Kerschbaumer (Schönherr Rechtsanwälte) und Lukas Straganz (Kunz-Wallentin Rechtsanwälte). Die drei stellten die rechtlichen Grundlagen zur FlexCo im Vergleich zur „altehrwürdigen GmbH“ und das neue steuerliche Mitarbeiterbeteiligungsmodell vor und leiteten die Podiumsdiskussion. Das Flexible Kapitalgesellschafts-Gesetz (FlexKapGG) erlangte im Vorjahr mitunter größere öffentliche Aufmerksamkeit, weil es das erste Bundesgesetz ist, das in rein weiblicher Form niedergeschrieben wurde.
Das Gesetz ist im Wesentlichen auf dem GmbH-Recht aufgebaut. Im Vergleich zur GmbH haben die Gesellschafter einer FlexCo jedoch mehr Gestaltungsspielraum und Flexibilität. Kurz erwähnt liegen die Vorteile der FlexCo etwa darin, dass man Stammkapital rascher und flexibler durch genehmigtes oder bedingtes Kapital erhöhen kann. Formvorschriften wurden etwas gelockert (zB. können Anteilsübertragungen und Übernahmeerklärungen anders als bei der GmbH nicht nur per Notariatsakt, sondern auch mit einer anwaltlichen oder notariellen Privaturkunde durchgeführt werden), bei entsprechender Regelung im Gesellschaftsvertrag sind Umlaufbeschlüsse einfacher zu erledigen und der Erwerb eigener Geschäftsanteile ist unter bestimmten Voraussetzungen leichter möglich. Verschärft wurden hingegen die Kriterien für die verpflichtende Bestellung eines Aufsichtsrats im Vergleich zur GmbH.
FOKUS AUF MITARBEITERBETEILIGUNG
Was Vortragende und Podiumsdiskutanten als die „große Neuheit“ der FlexCo bezeichneten, ist die Möglichkeit Personen (insbesondere Mitarbeiter) am Unternehmen in Form von Unternehmenswert-Anteilen ohne Stimmrecht zu beteiligen. „Das ist für mich ein Schlüssel, um gute Mitarbeiter überhaupt gewinnen zu können, sie zu motivieren und vor allem, diese auch auf Dauer halten zu können“, hielt etwa WERNER WUTSCHER, BEKANNTER „BUSINESS ANGEL“ UND GRÜNDER VON NEW VENTURE SCOUTING, fest. Das neue Modell der steuerlichen Mitarbeiterbeteiligung bringt, so Lilly-Marie Kunz, große praktische Vorteile: zum Zeitpunkt der Abgabe der Anteile erfolgt keine Besteuerung und daher keine Bewertung, erst bei einem Verkauf der Anteile erfolgt eine Besteuerung nach einem Pauschalmodell.
VERBESSERUNGEN NOTWENDIG
Allerdings sind dem steuerlichen Mitarbeiterbeteiligungsmodell insofern „gesetzliche Zügel“ angelegt, da es nur greift, wenn das Unternehmen nicht mehr als 100 Arbeitnehmer hat, die Umsatzerlöse nicht mehr als 40 Millionen Euro erreichen und die Anteile binnen 10 Jahren ab Gründung der Gesellschaft ausgegeben werden. „Diese engen Grenzen führen dazu, dass bereits bestehende Unternehmen, die an eine Umwandlung in eine FlexCo denken, möglicherweise nicht von den steuerlichen Erleichterungen profitieren“, gab MARKUS LANG – SEINES ZEICHENS PARTNER BEI SPEEDINVEST, einer der aktivsten Frühphaseninvestoren Europas – zu bedenken. Generell werde es – so Unternehmer und ehemaliger RUNTASTIC GRÜNDER, INVESTOR UND „BUSINESS ANGEL“ FLORIAN GSCHWANDTNER – doch noch „einige Zeit brauchen, bis sich die neue Rechtsform verbreiten wird.“ Das neue Gesetz trage jedoch dazu bei, den Standort Österreich für Startup-Gründer „ein klein wenig“ attraktiver zu machen.
„Dass wir die FlexCo überhaupt durchbekommen haben, wenn auch mit vielen Abschlägen, ist der Hartnäckigkeit und Unermüdlichkeit der Startup-Community bei den gut fünf Jahre andauernden Verhandlungen zum Gesetz zu verdanken“, meint Wutscher. Es sei trotz allem endlich einmal ein eher unternehmerfreundliches und nicht nur von Konsumenten- und Gläubigerschutzaspekten durchdrungenes Gesetz. Einige Verbesserungen werde man künftig sicherlich noch vornehmen müssen. Abzuwarten bleibt noch, wie die FlexCo in den nächsten Jahren am Gründungsmarkt angenommen werden wird und ob sie langfristig vielleicht sogar die GmbH als Rechtsform Nr. 1 in Österreich ablösen wird.
Club Tirol
Andrea Zöchling
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