Lehrlingsparlament 2024 im Vorfeld der anstehenden Nationalratswahl
Lehrlinge aus ganz Österreich erhielten zwei Tage lang Einblick in die Bedeutung und die Abläufe der Demokratie und des Parlaments
Demokratie hautnah konnten 85 Lehrlinge aus ganz Österreich im Rahmen des Lehrlingsparlaments im Parlament in den vergangenen zwei Tagen erleben. Im Vorfeld der anstehenden Nationalratswahl und den für viele von ihnen ersten Urnengang schlüpften sie in die Rolle von Nationalratsabgeordneten. Sie lernten dabei die Bedeutung von Mehrheiten und die Auswirkungen ihres Wahlverhaltens sowie die Relevanz aktiver Beteiligung kennen. Auf Einladung von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka debattierten sie anhand einer fiktiven Gesetzesvorlage zur Änderung des Berufsausbildungsgesetzes zum Thema Weiterbildung als Karrierechance für Lehrlinge. Wie im realen Parlamentsalltag bildeten sie dazu Klubs und suchten Mehrheiten für ihre Anliegen. Zum Abschluss der Plenarsitzung beschlossen sie die Gesetzesinitiative mit den von ihnen vorgeschlagenen und ausgearbeiteten Abänderungen. Während des ganzen Tages standen den Jugendlichen neben Fachexpert:innen auch die Nationalratsabgeordneten Martina Kaufmann (ÖVP), Michael Seemayer (SPÖ), Walter Rauch (FPÖ), Süleyman Zorba (Grüne) und Katharina Werner (NEOS) zur Seite, um sie bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Dritter Nationalratspräsident Norbert Hofer führte durch die Plenarsitzung.
DEBATTE ÜBER DIE BEDEUTUNG VON WEITERBILDUNG FÜR DIE KARRIERE
In der Plenardebatte gingen die Lehrlinge auf die Vor- und Nachteile eines fiktiven Gesetzesentwurfs zur Änderung des Berufsausbildungsgesetzes ein. Sie diskutierten den Vorschlag, Lehrlinge zu 32 Stunden Weiterbildung pro Lehrjahr zu verpflichten und dies in Form einer Voraussetzung zur Lehrabschlussprüfung zu verankern. Inhaltlich wäre die Weiterbildung in den Bereichen Digitalisierung, unternehmerisches Denken und Nachhaltigkeit außerhalb der Arbeitszeit zu absolvieren.
Die „Abgeordneten“ waren sich über die Bedeutung von Weiterbildung grundsätzlich einig. Bereits im Ausschuss stießen aber mehrere Eckpunkte des Vorschlags auf Kritik. Nach intensiven Diskussionen wurde dieser daher abgeändert und dem Plenum zum Beschluss vorgelegt. So entfiel die ursprünglich vorgesehene Verpflichtung zur Weiterbildung in der Freizeit und wurde im Rahmen der Arbeitszeit verankert. Zudem wurden Unterstützungsangebote sowie eine Onlineplattform mit Bildungsangeboten vorgesehen und die inhaltliche Ausgestaltung der Weiterbildungen flexibler gestaltet.
In der Plenardebatte hoben die „Abgeordneten“ die Notwendigkeit dieser Äbänderungen hervor. Dabei kritisierten viele die ursprünglich vorgesehene Verpflichtung der Weiterbildung neben dem Beruf in der Freizeit. Dies würde nicht zur Motivation der Lehrlinge beitragen, argumentierten sie. Zudem seien die Weiterbildungen nicht nur für die Lehrlinge sondern auch für die Betriebe wichtig und sollten auch deswegen in der Arbeitszeit stattfinden.
Kritik kam zu den vorgesehenen inhaltlichen Schwerpunkten. Diese wären nicht für alle Lehrberufe passend und sollten daher noch flexibler gestaltet werden, forderte ein „Mandatar“. Eine „Abgeordnete“ argumentierte auch, dass die vorgesehenen 32 Stunden an Weiterbildung pro Lehrjahr gerade für kleinere Betriebe eine Belastung darstellen würde.
LEHRLINGSPARLAMENT FORDERT VERPFLICHTENDE WEITERBILDUNG FÜR FACHLEHRER:INNEN UND VOLLE KOSTENTRAGUNG FÜR LEHRLINGE
Zudem setzten die jugendlichen „Abgeordneten“ mehrere Initiativen über Entschließungsanträge. So fand die Forderung nach der Verankerung von verpflichtenden Weiterbildungen für Fachlehrer:innen eine Mehrheit. Ebenso forderten die „Abgeordneten“ die Regierung auf, sicher zu stellen, dass Lehrlinge etwaige zusätzliche Kosten der Weiterbildungen nicht selbst tragen müssen.
In der Minderheit blieb hingegen ein Entschließungsantrag mit der Forderung, die Bereiche Nachhaltigkeit, unternehmerisches Denken und Digitalisierung in den Lehrplänen der Berufsschulen zu verankern.
DRITTER NATIONALRATSPRÄSIDENT HOFER UND MANDATAR:INNEN LOBTEN DIE DEBATTE
Zum Abschluss der Plenardebatte des Jugendparlaments bedankten sich Dritter Nationalratspräsident Norbert Hofer sowie die teilnehmenden Mandatar:innen bei den Jugendlichen für den gemeinsamen Austausch und lobten die Debatte.
Es sei für die Demokratie wichtig, unterschiedliche Standpunkte zu vertreten, ohne dabei verfeindet zu sein, betonte Norbert Hofer. Diese lebe von den unterschiedlichen Meinungen und dieser Spannung. Weiters appellierte Hofer an die Jugendlichen, sich für die Gemeinschaft zu engagieren und so Positives zu bewegen.
Die Jugendlichen hätten die Vor- und Nachteile der Gesetzesinitiative sachlich abgewogen, meinte Martina Kaufmann (ÖVP). Dabei sei die Demokratie hochgehalten worden und es sei nichts von Demokratieverdrossenheit zu spüren gewesen. Es sei wichtig, dass Ideen von jungen Menschen ins Parlament „rein“ gebracht werden, betonte Michael Seemayer (SPÖ). Der Tag habe gezeigt, dass junge Menschen nicht politikverdrossen seien. Die Politik könne sich an dem sachlichen Umgang der Jugendlichen miteinander ein Beispiel nehmen, meinte er. Den guten sprachlichen Umgang der Jugendlichen miteinander hob auch Walter Rauch (FPÖ) als Vorbild hervor. Die spannende Debatte lobte Süleyman Zorba (Grüne) und betonte, dass die vielen Ansätze und Ideen das Schöne an der Demokratie seien. Beeindruckt von dem Mut vieler Jugendliche, etwas dagegen zu sagen, auch wenn diese Meinung nicht mehrheitsfähig sei, zeigte sich Katharina Werner (NEOS).
ÜBER DAS LEHRLINGSPARLAMENT: DEMOKRATISCHE ENTSCHEIDUNGSPROZESSE NACHVOLLZIEHBAR MACHEN
Lehrlinge aus ganz Österreich können beim Lehrlingsparlament zwei Tage lang den Gesetzgebungsprozess hautnah erleben. Dabei lernen sie, ihre Meinung zu artikulieren sowie eigene Standpunkte zu vertreten und zu verhandeln. So erleben sie am Originalschauplatz Parlament, wie politische Entscheidungen zustande kommen. Das Lehrlingsparlament möchte auf diese Weise, die Teilnehmer:innen für politische und demokratische Entscheidungsprozesse interessieren. Wie im realen Parlamentsalltag werden Klubs gebildet, Gesetzentwürfe in Ausschüssen vorberaten und anschließend im Plenum diskutiert und abgestimmt. Allianzen und Kompromisse über Klubgrenzen hinweg zu finden oder die „politischen Gegenspieler:innen“ von der eigenen Ansicht zu überzeugen – all das gehört an diesem Tag ebenso dazu wie das Vorbereiten von Reden oder das Beantworten von Fragen interessierter Journalist:innen. Während des ganzen Tages stehen den Jugendlichen Nationalratsabgeordnete, Themenexpert:innen sowie Mitarbeiter:innen des Parlaments zur Seite.
Insgesamt nahmen dieses Mal 85 Lehrlinge aus der Landesberufsschule Dornbirn 2, der Berufsschule Altmünster, der Landesberufsschule Lochau, Landesberufsschule Zell am See und der Parlamentsdirektion teil. Dabei waren die verschiedensten Lehrberufe wie Labortechnik, Bürokaufmann bzw. Bürokauffrau, Gastronomie, Einzelhandel und Textiltechnologie vertreten.
Weitere Informationen zum Lehrlingsparlament sind unter www.reininsparlament.at verfügbar. (Schluss) pst
HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung sowie eine Nachschau auf vergangene Veranstaltungen finden Sie im Webportal des Parlaments . Die Plenarsitzung des Jugendparlaments ist als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
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