31. Wiener Landtag (3)
Aktuelle Stunde
LAbg. Nikolaus Kunrath (GRÜNE) kritisierte die „Hetze der FPÖ“. Laut Kunrath gebe es nun sechs Prozent mehr Mindestbezieher*innen – das sei die „große Katastrophe der FPÖ“. Kunrath sagte, dass Personen ihre Familien, etwa aus dem Kriegsgebiet Syrien, nachholen wollten, sei „menschlich verständlich“. Er kritisierte seinen Vorredner Nepp (FPÖ), da dieser Menschenrechte „desavouiere“. Kunrath kritisierte die SPÖ und NEOS für deren Ansinnen, das Aufenthaltsrecht zu verschärfen. Kunrath sagte, die Anzahl der Bezugsberechtigten sei seit 2017 stetig rückläufig. Mindestbezieher*innen seien „armutsgefährdet“ und Kunrath warnte vor negativen Auswirkungen auf betroffene Kinder und Jugendlichen.
LAbg. Harald Zierfuß (ÖVP) eröffnete mit der Behauptung, dass die Wiener Schulen „vor dem Kollaps“ stehen. Die Bildungsdirektion sei „ein einziges Chaos“, unter anderem würden Gehälter nicht bezahlt. Es sei keine Überraschung, dass Wien „die Lehrerinnen und Lehrer davonlaufen“. Zierfuß sagte, dass während andere Bundesländer Maßnahmen setzen würden, sich Wien darauf beschränke, vom Bund eine Arbeitsgruppe zu fordern. In Wien seien die Volksschulklassen am vollsten, gleichzeitig würde Wien bei der Besetzung der Planstellen für Lehrer*innen hinterherhinken. Zierfuß sagte, dass der Bildungsstandard von Wiener Mittelschulen schlecht sei und die Schüler*innen dort zu einem großen Teil erhebliche Defizite aufwiesen – unter anderem beim Lesen. Die Infrastruktur ist für Kunrath nicht ausreichend – das zeigten nicht zuletzt die Containerklassen.
LAbg. Kurt Wagner (SPÖ) stellte klar, dass er Wien für eine „gute Stadt allen Menschen gegenüber“ halte. Die humanitäre Hilfe seitens des Bürgermeisters und des Stadtrats Hacker (SPÖ) lobte Wagner ausdrücklich. Wagner kritisierte die ÖVP dafür, dass sie in der Vergangenheit Unwahrheiten verbreitet habe. Als Beispiel nannte er die Behauptung der ÖVP aus den Jahren 2020/2021, dass 5.000 Flüchtlingskinder aus Griechenland aufgenommen würden. Tatsächlich habe Österreich 168 aufgenommen. Die Forderungen, minderjährige Kinder wieder nach Afghanistan und Syrien abzuschieben, kritisierte Wagner. Beide Länder seien weder demokratisch noch sicher für Kinder. Wagner fragte die FPÖ: „Wollen Sie Kinder in ein Kriegsgebiet schicken?“
BERICHT ÜBER DIE IM ZWEITEN HALBJAHR DES JAHRES 2023 ABSCHLIESSEND BEHANDELTEN PETITIONEN
LAbg. Stefan Berger (FPÖ) bezeichnete die halbjährliche Behandlung der Petitionen als „eine positive Sache“. Berger kritisierte, dass der zuständige Stadtrat Czernohorszky (SPÖ) bei den Terminen nicht anwesend sei. Berger sagte, dass es „Lobbygruppen“ gebe, die an Petitionsthemen ein starkes Interesse zeigen würden und darum sei es wichtig, das Vertrauen in den Petitionsausschuß zu stärken. Das Petitionsrecht müsse ein Recht für die Bevölkerung sein, nicht für „Lobbygruppen“. Berger sprach über eine Petition zur Verlängerung der Straßenbahn 18 und sagte, dass die Stadt bei Verkehrsthemen „Sensibilität“ vermissen lasse. Anrainer*innen seien laut Berger besorgt bezüglich des Verlusts von Parkplätzen. In der Seestadt Aspern seien „jahrelang“ mehr Grünräume versprochen worden, hier sei die Stadtregierung Leistung schuldig geblieben. Die Begrünung resultierte laut Berger hauptsächlich aus „grün angemalten Betonpfeilern“. Berger wandte sich dem Regierungsprogramm zu. Dieses habe es als „vorrangiges Ziel“ definiert, Menschen in Entscheidungen einzubeziehen. In den bisherigen vier Jahren der aktuellen Koalition sei es der SPÖ gelungen, dieses Ziel hinauszuschieben. Berger appellierte, dieses Ziel „flott“ anzugehen und kündigte einen entsprechenden Antrag der FPÖ an.
LAbg. Thomas Weber (NEOS) ortete im Beschluss des neuen Petitionsrechts zahlreiche Verbesserungen – beispielsweise mehr Transparenz und bessere Verwebung auf der Bezirksebene. Das Einholen von „unterschiedlichen Sichtweisen“ ermögliche es, das Thema aus einer 360-Grad-Perspektive zu betrachten. Weber sagte, dass jede Petition mit der gleichen Sorgfalt behandelt werden müsse – egal ob „500 oder 10.000 Unterschriften“. Im Jahr 2022 habe es 125 Stellungnahmen zu allen Petitionen gegeben, 2023 seien es 473 gewesen. Die Zahlen zeigten, dass die Reformen dem Petitionswesen einen „neuen Schwung“ gegeben hätten. Der „intensive Austausch mit den Bürger*innen“ sei positiv für das Zusammenleben in der Stadt. Weber bezeichnete die Anrainer*innen als die „wahren Expert*innen“ dafür, wie das jeweilige Lebensumfeld zu gestalten sei. Als Beispiel nannte er eine Petition für einen lebens- und liebenswerten Czerninplatz, die viel für das Grätzl gebracht habe. Im Bereich der Mobilitätswende sah Weber ein gutes Beispiel für unterschiedliche Blickpunkte. Manche wollten weniger Verkehr, andere sind deswegen besorgt. Es sei in der Politik schwer, es „allen Recht zu machen“, aber Petitionen seien ein Motor für den Diskurs und der sei sehr bedeutsam.
LAbg. Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE) nahm Bezug auf die Aussage ihres Vorredners Berger (FPÖ) zu Lobbygruppen. Viele Anliegen, ein Beispiel sei die Gruppe „Wir machen Wien“, seien „legitim“. Wichtig sei Transparenz. Petitionen, die an der 500-Unterschriften-Grenze gescheitert waren, hätten sich teilweise nicht sehr von den erfolgreicheren Petitionen unterschieden. Kickert nannte als Beispiele Petitionen zu mehr Kinderschutz oder der Errichtung einer öffentlichen Musikschule in Währing. Kickert regte dazu an, diese Anleitung an die jeweilige Stelle zu einer möglichen inhaltlichen Beantwortung weiterzuleiten. Auch diese Anliegen sollten eine Antwort erhalten.
LAbg. Sabine Keri (ÖVP) befand die Bestrebungen der Stadtregierung, mehr Menschen in die Entscheidungen der Politik einzubeziehen, als unzureichend. Man müsse den Anliegen mehr Wertschätzung entgegenbringen. Keri meinte daher sei sie der Meinung, dass es gut wäre, öffentlich zu machen, welche Petition wie viele Unterschriften erreicht haben. Petitionen, wie jene zur Straßenbahnlinie 18, hätten auch Lösungen für die vorliegenden Probleme aufgezeigt. Immer wieder seien Fragen dazu aufgetaucht, diese seien aber unbeantwortet geblieben. Auch vor der Petition zur Straßenbahnlinie 12, welche die Linienführung hinterfragte, wären Fragen der Bevölkerung aufgetaucht, die niemals mit einer Antwort gewürdigt worden seien. Jetzt habe man eine Petition von „enttäuschten Menschen“, die das Gefühl hätten, „nie gefragt worden zu sein“. Die höhere Zahl an Petitionen zeige, dass es einen Gesprächsbedarf gebe. Keri plädierte dafür zu sagen, dass die Stadtregierung auch den Mut haben müsse, zu sagen, dass sie anderer Meinung sei als die Petent*innen. Das sei mehr wert als ausweichende Repliken.
LAbg. Mag. Andrea Mautz (SPÖ) freute sich über die 48 Petitionen im Jahr 2023. Das sei die höchste Anzahl seit 2013. In diesem Halbjahr habe man 251 Stellungnahmen zu Petitionen angefordert und auch erhalten. Das sei „eine großartige Geschichte“. Fast jede Petition sei mit einem bestimmten Grätzl verbunden. In einem halben Jahr hätten die wahlwerbenden Parteien in den Bezirksvertretungen über 100 Stellungnahmen geschickt. Menschen, die in Wien gemeldet und 16 Jahre alt sind, Staatsbürgerschaft egal, seien berechtigt zu unterschreiben. 13 Petitionen seien im Jahr 2023 an der 500-Unterschriften-Hürde gescheitert. Mautz stand einer weiterführenden Behandlung dieser positiv gegenüber. 18 Petitionen hätten die Hürde übersprungen. Oft seien lebenswerte Grätzl Thema – zum Beispiel in Form von Verkehrsberuhigungen, Fahrradinfrastruktur oder Schulvorplätzen. Vier Petitionen gegen den Ausbau von Straßenbahnlinien habe es gegeben.
Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky (SPÖ) sagte, die Debatte zeige, dass man auf einen „ordentlichen Schritt” zurückblicken könne, Wien habe ein modernes Petitionsrecht geschaffen. Czernohorszky bedankte sich unter anderem beim Petitionsausschuss und sämtlichen Organisationen, die Stellungnahmen gegeben hatten.
Abstimmung: Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. Der Beschlussantrag der FPÖ bezüglich verbindlicher Bezirksabstimmungen wurde nicht angenommen. (Forts.) pos
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