Europäischer Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen: Niemand darf sprachlos bleiben!
Diakonie fordert zum 5. Mai Inklusion im Bildungsbereich und Rechtsanspruch auf Assistierenden Kommunikationstechnologien
Anlässlich des Europäischen Protesttags zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen zeigen Diakonie und VERBUND erneut Probleme beim Zugang zu Assistierenden Kommunikationstechnologien auf. In Österreich leben etwa 63.000 Personen, die in ihrer Lautsprache eingeschränkt sind, viele davon sind Kinder. Um zu kommunizieren, brauchen sie Hilfsmittel wie zum Beispiel Tabletts mit Augensteuerung und Sprachausgabe. Haben sie dazu nicht oder schwer Zugang, wird die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in der Lautsprache in Schule, Beruf und Alltag verhindert.
„Wir wissen, dass sich Inklusion von Anfang an lohnt, und zwar für alle“, erklärt Diakonie Direktorin Maria Katharina Moser. Damit das gelingt, sei die frühe Kommunikationsförderung für Kinder ohne Lautsprache besonders wichtig. „Alle Kinder sollen gemeinsam in einem inklusiven Bildungssystem lernen können und jene Unterstützungsleitungen erhalten, die sie für die Teilhabe benötigen“, fordert Moser. „Dazu zählt der Rechtsanspruch auf Unterstützte Kommunikationsmittel, die Abschaffung von segregierenden Sonderschulsystemen, der Ausbau von inklusiven Plätzen im Kindergarten, die Verfügbarkeit von Schulassistenz und der Zugang zu inklusiver Bildung nach der Schulpflicht“, so Moser.
KATHARINA (12) EROBERT MIT DER AUGENSTEUERUNG DIE WELT
Die 12jährige Katharina Panholzer nutzt seit dem Kindergarten eine sogenannte Augensteuerung für den PC sowie ein Sprachausgabeprogramm. Damit hat die 12-Jährige nicht nur das Sprechen sowie Lesen, Schreiben und Rechnen erlernt; mit der Augensteuerung kann sie ihren Interessen nachgehen.
„Wenn mich irgendetwas besonders interessiert, dann schaue ich, ob ich dazu im Internet was finde. Mit dem Tablet kann ich auch ganz allein Musik hören, Videos schauen und Bücher über die Kindle App lesen – sonst müsste mir immer jemand das Buch halten und umblättern“, erzählt Katharina Panholzer mit Hilfe ihrer Computerstimme.
„Als ich einmal zu Katharina sagte, dass sie eigentlich erst ab der dritten Volksschule – als sie sehr gut Lesen und Schreiben konnte – so richtig sprechen gelernt hat, meinte sie: Aber das konnte ich schon vorher. Ich höre meine Stimme schon immer. In meinem Kopf!“, erzählt Nina Panholzer. „So fühlt sich das für Menschen ohne Lautsprache an, die ohne technische Hilfsmittel kaum Möglichkeiten zur Kommunikation und Teilhabe haben. Unvorstellbar eigentlich.“
VERBUND FORDERT: BEHÖRDEN-DSCHUNGEL MUSS ABGEBAUT WERDEN
„Der Weg zum passenden Hilfsmittel ist in Österreich kompliziert und langwierig“, kritisiert die Diakonie-Direktorin. Bei der Antragsstellung seien viele Stellen auf Landes- und Bundesebene beteiligt.
Für die Betroffenen dränge allerdings oft die Zeit, weiß Michael Strugl, Vorsitzender des Vorstands der VERBUND AG: „Kinder brauchen die Hilfsmittel, um sprechen zu lernen. Jeder Tag, den sie warten müssen, ist einer zu viel. Neben dem Rechtsanspruch und der Finanzierung des Hilfsmittels selbst braucht es zentrale Anlaufstellen in allen Bundesländern, wo die Beantragung und Genehmigung rasch und unbürokratisch abgewickelt werden kann, sowie Beratung, damit die Betroffene zu dem für sie passenden Hilfsmittel kommen und es auch anwenden lernen.“
SPENDEN STOPFEN VERSORGUNGSLÜCKE
Die Versorgungslücke muss derzeit mit Spenden geschlossen werden. So unterstützt der VERBUND-Empowerment Fund der Diakonie seit 2009 die individuelle Beratung von rund 6.000 Menschen mit Behinderungen zu Möglichkeiten Unterstützter Kommunikation und Assistierender Technologien. Knapp 12.000 PädagogInnen, TherapeutInnen und Angehörige wurden in Workshops und Seminaren sensibilisiert und informiert.
HINTERGRUNDINFO ZUM THEMA
Etwa 63.000 Personen leben in Österreich mit Sprachbehinderungen, und wenn man ihre Angehörigen dazuzählt leiden rund 250.000 Menschen unter dieser Kommunikationslosigkeit. Damit sie ihr Recht auf Kommunikation ausüben und möglichst selbstbestimmt leben können, brauchen sie unterschiedliche assistierende Hilfsmittel:
* einfache elektronische Hilfsmittel (wie Taster) oder auch nicht-elektronische Hilfsmittel
* komplexe elektronische Kommunikationsgeräte (wie Augensteuerung)
* Hilfsmittel für den Zugang zum Computer (Mundmaus, Halterungen)
* Spezialsoftware (z.B. zur Sprachausgabe)
Diakonie Österreich
Roberta Rastl
Pressesprecherin
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