Nationalrat beschließt Unterstützung für Betriebsübergaben in Familienunternehmen

Breite Zustimmung auch zur EU-weiten Harmonisierung von Ladeanschlüssen und zu höherem IWF-Beitrag Österreichs

Das neue „Grace-Period-Gesetz“ soll für mehr Unterstützung von Familienbetrieben in der Phase der Betriebsübergaben sorgen. Der Nationalrat sprach sich heute dafür aus, dass Unternehmer:innen die Möglichkeit einer begleitenden Kontrolle der Übergabe durch das Finanzamt beantragen können. Das soll helfen, abgabenrechtliche Probleme zu vermeiden. Wie bereits im Finanzausschuss, stimmten alle Fraktionen bis auf die SPÖ für das Gesetz. Die SPÖ-Abgeordneten argumentierten, mit dem Gesetz würden unnötige Aufweichungen von Bestimmungen zum Arbeitsschutz erfolgen, weshalb sie keine Zustimmung geben könnten.

Das „Funkanlagen-Marktüberwachungs-Gesetz“ sorgt in Umsetzung einer EU-Richtlinie dafür, dass ab dem 28. Dezember 2024 alle Smartphones, Digitalkameras, Kopfhörer, Tablets oder Videospielkonsolen über einheitliche Ladeanschlüsse verfügen müssen. Ab 28. April 2026 wird das auch für Notebooks gelten. Im Zuge dieser Regierungsvorlage wurden auch Anpassungen im Postmarktgesetz vorgenommen, deren Ziel unter anderem die Anpassung von Laufzeiten bei der Zustellung von Briefen an internationale Gegebenheiten ist. Die Zustimmung erfolgte einstimmig.

Mit den Stimmen aller Fraktionen außer der FPÖ stimmte der Nationalrat auch der Aufstockung der österreichischen Quote für den Internationalen Währungsfonds (IWF) um 50 % zu.

GRACE-PERIOD-GESETZ SOLL ÜBERGABEN VON FAMILIENBETRIEBEN ERLEICHTERN

Das “ Grace-Period-Gesetz “ für Familienunternehmen in der Zeit der Betriebsübergabe soll durch die Möglichkeit einer begleitenden Kontrolle durch das Finanzamt mit gleichzeitigen bürokratischen Erleichterungen die Rechts- und Planungssicherheit erhöhen und Jungunternehmer:innen unterstützen. Im Vorfeld muss dazu ein Antrag auf Begleitung einer Unternehmensübertragung an das Finanzamt Österreich gestellt werden. Unter anderem sollen Genehmigungen gewerblicher Betriebsanlagen flexibler gehandhabt werden. Eine Antragstellung wird frühestens ab dem 1. Jänner 2025 möglich sein.

Die SPÖ versuche, die positiven Aspekte des Gesetzes zu sehen, der Sinn einiger Regelungen erschließe sich aber nicht, meinte Christoph Matznetter (SPÖ). Die Erleichterungen der Betriebsanlagengenehmigungen seien zu wenig. Angesicht der Verschlechterungen beim Arbeitnehmer:innenschutz könne die SPÖ nicht zustimmen. Matznetter brachte einen Entschließungsantrag seiner Fraktion ein, der eine „echte strukturelle Steuerreform“ forderte, die Einkommen aus Vermögen höher besteuern und Arbeitseinkommen entlasten möchte. Der Antrag fand keine Mehrheit. Auch SPÖ-Abgeordnete Selma Yildirim (SPÖ) sagte, das Gesetz enthalte zwar einige gute Regelungen, die Aufweichung des Arbeitnehmer:innenschutzes sei aber nicht nachvollziehbar. Sie erwarte auch mehr Aufwand für die Finanzämter, daher müsste auch die Finanzverwaltung entsprechende Ressourcen erhalten.

ÖVP-Abgeordneter Peter Haubner betonte, dass Österreich ein Land der Familienbetriebe sei. Die Weitergabe des Betriebs in der Familie solle erleichtert werden, indem das Finanzamt die Übergabe begleiten könne. Damit solle Rechtssicherheit im Steuerbereich geschaffen werden. Einige nicht mehr zeitgemäße Verpflichtungen würden abgeschafft. Sicherheitsstandards würden nicht eingeschränkt, sagte er in Richtung SPÖ. Das Gesetz sei ein erster Schritt, dem noch weitere folgen sollten. Gabriel Obernosterer (ÖVP) freute sich über die breite Zustimmung zum Gesetz. Er verstehe allerdings nicht, warum die SPÖ einem Gesetz, das Bürokratie abbauen möchte, nicht zustimme.

Die Bundesregierung habe das Problem, dass viele Familienbetriebe vor einer Übergabe stehen erkannt.Für eine entsprechende Einigung habe sie zu lange gebraucht und  am Ende nur den kleinsten gemeinsamen Nenner gefunden, kritisierte Hubert Fuchs (FPÖ). Er hätte sich ein Regelung erwartet, die auch externe Betriebsübergaben und alle Rechtsformen erfasse. Er verstehe nicht, warum die Gesellschaftsform GmbH benachteiligt werden solle. Ein Grund, warum der Anwendungsbereich des Gesetzes so beschränkt werde, liege wohl in den mangelnden Ressourcen der Finanzverwaltung. Die FPÖ werde dem Gesetz zwar zustimmen, sehe aber eine Reihe von weiteren notwendigen Schritten.

Maximilian Linder (FPÖ) forderte einen weiteren Bürokratieabbau für Kleinbetriebe. Das vorliegende Gesetz bringe nur kleine Erleichterungen. Er verstehe aber nicht, warum dafür 3 Mio. € mehr an Personalkosten bei der Finanzbehörde veranschlagt werden müssten. Auch Peter Wurm (FPÖ) kritisierte die aus seiner Sicht immer weiter zunehmende Bürokratie und forderte ein „Recht auf analoges Leben“, das insbesondere bei der Inanspruchnahme und Teilnahme an Dienstleistungen der Verwaltung, Justiz und Daseinsvorsorge gelten solle.

Das Gesetz sollte Hürden bei Betriebsübergaben beseitigen, sagte Elisabeth Götze (Grüne). Aufgrund des demographischen Wandels sei in den nächsten fünf Jahren mit 25.000 Unternehmensübergaben zu rechnen. Sie sei weiteren Verbesserungsvorschlägen gegenüber aufgeschlossen, aber es gebe erste wichtige Schritte. So gebe es Vereinfachungen bei Betriebsanlagengenehmigungen und die Möglichkeit einer Begleitung in Steuerfragen.

Gerald Loacker (NEOS) meinte, das Gesetz bringe einige kleine Verbesserungen. Er verstehe aber immer noch nicht, warum ein Gesetz, das die Bürokratie bei Betriebsübergaben verringern solle, 58 zusätzliche Planstelle in der Finanz benötige. Sein Fraktionskollege Michael Bernhard forderte von Wirtschaftsminister Kocher bis 1. September 2024 eine Regierungsvorlage zur Abschaffung der Kammerumlage 2. Damit könnten die Lohnnebenkosten gesenkt und Unternehmer:innen nachhaltig entlastet werden, argumentierte er. Der Entschließungsantrag der NEOS fand keine Mehrheit.

ÖSTERREICH REGELT EINHEITLICHE STANDARDS FÜR LADEGERÄTE UND LADEANSCHLÜSSE

Die Europäische Union arbeitete seit längerem daran, Hersteller zur Verwendung einer einheitlichen Technologie für Ladeanschlüsse und Ladegeräte von Mobiltelefonen, Tablets, Kopfhörern und andere Elektronikgeräte  anzuhalten. Mit dem Funkanlagen-Marktüberwachungs-Gesetz entspricht Österreich nun einer EU-Richtlinie zu diesem Thema. Mit der „Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung von Funkanlagen auf dem Markt“ sollen dem Wunsch der EU entsprechend „die Ladeschnittstelle und die Ladeprotokolle für bestimmte Kategorien oder Klassen von Funkanlagen mit kabelgebundener Ladefunktion EU-weit harmonisiert“ werden. Die Möglichkeit, Geräte auch ohne Ladenetzteile zu erwerben werden, soll helfen, Elektroschrott zu vermeiden. In der Praxis heißt das, dass bis Ende 2024 die meisten der von der Regelung betroffenen Geräte einen USB-C-Anschluss aufweisen sollen. Für Laptops sollen die neuen Regeln dann ab 2026 greifen.

Franz Leonhard Eßl (ÖVP) sah es als wichtigen Schritt für Konsument:innen, dass Elektronikgeräte nun einheitliche Ladegeräte erhalten soll. Hier handle es sich um eine sinnvolle Maßnahme, die zeige, dass die EU Verbesserungen für die Bürger:innen erreichen könne. Eßl merkte auch an, dass mit der Novelle auch eine Änderung der Zustellfristen für internationale Postsendungen erfolge, die eine Anpassung an internationale Standards und bessere Rahmenbedingungen für die Österreichische Post AG bedeute. Im Gegenzug erwarte er sich aber auch, dass die Post ihrem Versorgungsauftrag als Universaldienstleister nachkomme.

Maximilian Lercher (SPÖ) sah in der Vereinheitlichung von Ladegeräten eine sinnvolle Harmonisierung und einen richtigen Schritt. Die SPÖ erwarte sich von der Post AG, dass sie den ihr eingeräumten Spielraum und die Gewinne, die sie unterdessen erwirtschafte, im Sinne der Kund:innen und ihrer Mitarbeiter:innen nutze.

„Kabelsalat ist nicht gesund“, sagte Ulrike Fischer (Grüne), denn er bedeute umweltschädlichen Elektroschrott. Dieser werde in Zukunft durch ein einheitliches Ladegerät reduziert.

Gerald Loacker (NEOS) wies auf die erforderliche periodische Überprüfung, ob die Österreichische Post AG ihrem gesetzlichen Versorgungsauftrag entspricht, hin und sah hier Versäumnisse.

Angela Baumgartner (ÖVP) sprach von einer kleinen Novelle mit durchaus bemerkenswerter Wirkung. Einheitliche Ladeanschlüsse von Elektronikgeräten würden neben Verbesserungen für die Konsument:innen auch einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz bedeuten.

ÖSTERREICH ERHÖHT SEINE EINLAGENQUOTE BEIM INTERNATIONALEN WÄHRUNGSFONDS (IWF) UM 50 %

Die Finanzierung des Währungsfonds (IWF) erfolgt über Einlagen der nationalen Notenbanken. Österreich wird seine Quote von derzeit 3,9 Mrd. Sonderziehungsrechten (SZR) um 50 % auf 5,9 Mrd. SZR anheben. Hintergrund des Beschlusses ist, dass sich der Gouverneursrats des IWF für eine Anhebung der nationalen Einlagenquoten um 50 % bei gleichzeitiger Wahrung der bestehenden relativen Quotenanteile entschieden hat. Damit soll unter Beibehaltung der Vergabekapazität des IWF die Abhängigkeit von geliehenen Mitteln reduziert und die Rolle des IWF gestärkt werden. Für die Umsetzung ist die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) zuständig.

Der IWF sei nach dem Zweiten Weltkrieg als Rettungsschirm für Staaten eingerichtet worden, die vor der Staatspleite stehen, erinnerte Rudolf Taschner (ÖVP). Die Beitragsquote bestimme auch über den Stimmanteil. Die Anhebung der Quote bewirke, dass Österreich seinen aktuellen Stimmanteil auch in Zukunft halten werde.

Petra Bayr (SPÖ) bezeichnete Währungspolitik als Paradebeispiel eines Themas, in dem internationale Zusammenarbeit unerlässlich sei. Leider werde der Globale Süden immer noch zurückgelassen. Die UNO müsste eine größere Rolle bei einer gerechten Finanzarchitektur spielen, meinte sie.

Der IWF spiele eine wichtige Rolle als „Lender of Last Ressort“ für Staaten in Notlagen und es sei sinnvoll, ihn zu unterstützen, befand Jakob Schwarz (Grüne).

Auch Karin Doppelbauer (NEOS) betonte, dass der IWF eine wichtige Rolle als internationales Sicherungsnetz für das Finanzsystem spiele. Sie plädierte dafür, auch einen Europäischen Währungsfonds einzurichten. Sie argumentierte, dass er die notwendige Entschuldung von EU-Staaten begleiten und die Stellung Europas international stärken könnte. (Fortsetzung Nationalrat) sox

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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