Nationalrat: Über Chancen und Hindernisse auf analogen und digitalen Wegen
Debatte zum Dringlichen Antrag der SPÖ „Recht auf analoges Leben“
In der heutigen Nationalratssitzung forderte die SPÖ mit einem Dringlichen Antrag ein „Recht auf analoges Leben“ und sprach sich gegen die Diskriminierung von Menschen aus, die keinen Zugang zum Internet haben oder über keine digitalen Kompetenzen verfügen. In der Debatte betonten die Regierungsparteien, dass der analoge Zugang zu allen staatlichen Leistungen sichergestellt sei und dass den Gemeinden finanzielle Mittel bereitgestellt werde, um Bürger:innen bei digitalen Problemen unterstützen zu können. Peter Wurm von der FPÖ betonte, dass das Bargeld „der wichtigste Teil“ des analogen Lebens sei. Digitalisierung müsse als Chance begriffen werden, hieß es von den NEOS.
SPÖ ÜBT KRITIK AN WEITERER BELASTUNG DER GEMEINDEN UND AN ALTERSDISKRIMINIERUNG
Es sei respektlos, erhebliche Teile der Gesellschaft durch das Fehlen analoger Antragswege von Förderungen auszuschließen oder sie darum betteln zu lassen, dass ihnen bei der digitalen Antragsstellung geholfen werde, meinte Michaela Schmidt (SPÖ). Sie warf der Bundesregierung vor, damit bestimmte Bevölkerungsgruppen „bewusst“ von Förderungen ausschließen zu wollen, um „das Budget zu sanieren“ und Kosten einzusparen. Zudem forderte sie ein „Recht auf eine kostenlose Papierrechnung“ ein – ein Thema, um das sich die Arbeiterkammer immer wieder annehmen müsse. Maximilian Köllner (SPÖ) untermauerte im Namen seiner Fraktion die Forderung nach einem Recht auf ein analoges Leben. Dies sei man vor allem der älteren Generation schuldig, die oft nicht über ausreichend digitale Kenntnisse verfüge. Kritik übte Köllner auch daran, dass die Registrierung für die ID-Austria erneut auf die Gemeinden abgewälzt werde, obwohl diese seit Jahren „aus allen Löchern pfeifen“ würden. Die versprochenen zusätzlichen Mittel seien da nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, beklagte er. Seine Fraktionskollegin Gabriele Heinisch-Hosek bedauerte, dass die Debatte am Kern vorbeigehe, da niemand grundsätzlich etwas gegen die Digitalisierung habe. Es dürfe aber niemand diskriminiert werden, weil er bzw. sie sich etwa ein teures Smartphone nicht leisten könne oder weil er bzw. sie aus gewissen Gründen nicht mehr in der Lage sei, die digitalen Wege zu nutzen. Es könne nicht sein, dass weite Teile der Bevölkerung von staatlichen Leistungen ausgeschlossen werden, beklagte Kai Jan Krainer (SPÖ), der sich dabei vor allem auf den Bundesschatzschein und den Reparaturbonus bezog.
ÖVP: ANALOGER ZUGANG ZU ALLEN STAATLICHEN LEISTUNGEN IST SICHERGESTELLT
Die SPÖ versuche die ältere Generation zu verunsichern, sagte Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP). Sie wies den Vorwurf, dass die Bundesregierung versuche, Förderungen zurückzuhalten „entschieden“ zurück. Die ältere Generation befürworte den Fortschritt und wolle gar keine Papierrechnungen mehr – schon allein aus Umweltschutzgründen, betonte sie. Dennoch räumte sie ein, dass man beim Zugang zu Förderungen „noch sensibler werden müsse“. Es sei wichtig, dass es überall auch analoge Möglichkeiten für Antragsstellungen oder Hilfestellungen bei der Abwicklung digitaler Vorgänge gebe. ÖVP-Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer sah im digitalen Ausbau der Behördenwege einen Mehrwert, der sowohl der Verwaltung als auch den Bürger:innen zu Gute komme. Ebenso wie Rudolf Taschner (ÖVP) sprach sie sich gleichzeitig dafür aus, dass es immer eine Wahlmöglichkeit geben müsse. Dies komme auch in einem heute eingebrachten Initiativantrag zum E-Governmentgesetz klar zum Ausdruck. Es sei auch nicht richtig, dass die ältere Generation gegenüber den neuen Möglichkeiten nicht aufgeschlossen sei. Vielmehr würden entsprechende Kursangebote sehr gut angenommen. Peter Weidinger (ÖVP) betonte noch einmal, dass es für alle staatlichen Leistungen einen analogen Zugang gebe.
FPÖ: BARGELD „ALS WICHTIGSTER TEIL“ DES ANALOGEN LEBENS
Dieses „ganz wichtige Thema“ betreffe nicht nur sogenannte vulnerable Gruppen, sondern auch Menschen, die „kein QR-Code“ sein wollen und sich bewusst gegen digitale Abläufe entscheiden würden, betonte Peter Wurm (FPÖ). Als „wichtigsten Teil des analogen Lebens“ nannte er das Bargeld. Zudem verbrauche der digitale Zahlungsverkehr weltweit mehr CO2 als der PKW-Verkehr. Er brachte daher einen entsprechenden Entschließungsantrag ein und forderte damit nicht nur das „Recht auf analoge Inanspruchnahme und Teilhabe an den Dienstleistungen der Verwaltung und der Daseinsvorsorge“, sondern unter anderem auch die „Annahmepflicht für Bargeld im Geschäftsverkehr mit der Verwaltung, der Justiz und beim Bezug von Waren und Dienstleistungen“ sowie die Bankgebührenbefreiung für den gesamten Zahlungsverkehr mit Verwaltung und Justiz für die Bürger:innen. Maximilian Linder (FPÖ) war der Meinung, dass viele ältere Personen von den digitalen Wegen überfordert seien. Das Resultat davon sei, dass sie sich an die Gemeinden wenden müssten, die aber auch schön langsam an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen würden. Vom Vorschlag, diese Aufgaben an dritte Personen auszulagern, hielt Linder wenig, zumal damit der Datenschutz nicht mehr gewährleistet sei. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) warnte vor dem „gläsernen Menschen“ und machte auf die mit der Digitalisierung verbundenen Gefahren aufmerksam. So sei etwa die „digitale Demenz“ bei Kindern und Jugendlichen rasant im Ansteigen. Auch könne niemand garantieren, dass die digitalen Kommunikationswege absolut sicher seien.
GRÜNE: GEMEINDEN ERHALTEN ZUSÄTZLICH 120 MIO. € ZUR UNTERSTÜTZUNG IN DIGITALEN ANGELEGENHEITEN
Es sei ihr ein ganz großes Anliegen, dass alle Menschen, die Anspruch auf eine Leistung haben, auch Zugang dazu haben, meinte Elisabeth Götze (Grüne). Mit dem Barrierefreiheitsgesetz, das 2025 in Kraft tritt, werde dazu beigetragen, digitale Dienstleistungen leichter zugänglich zu machen. Zudem solle ein neues „Gemeindepaket“ auf den Weg gebracht werden, das vorsehe, dass auf Gemeindeämtern digitale Unterstützung für Bürger:innen geleistet werden könne. Weiters sprach sie sich dafür aus, weiterhin in Bildung zu investieren und lebenslanges Lernen zu forcieren und zu fördern. Ulrike Fischer (Grüne) ortete Panikmache in der Debatte, da die analogen Instrumente nicht abgeschafft würden. Jeder, der eine Papierrechnung wolle, bekomme sie auch. Zudem sei sichergestellt, dass die Gemeinden in den nächsten vier Jahren zusätzliche Mittel in der Höhe von 120 Mio. € erhalten, damit sie die Bürger:innen bei digitalen Problemen unterstützen können, bekräftigte Bedrana Ribo (Grüne). Die Forderung nach einem Recht auf ein analoges Leben gehe an der Realität vorbei, urteilte Süleyman Zorba (Grüne). Er hob insbesondere die Vorteile hervor, die die Digitalisierung in allen Lebensbereichen mit sich bringe. Für all jene Menschen, die noch Aufholbedarf haben, werde es auch entsprechende Bildungsangebote geben. Die Digitalisierung fördere zudem die Chancengerechtigkeit, war Nina Tomaselli (Grüne) überzeugt. Sie lud die SPÖ ein, sich dafür einzusetzen, dass noch mehr Menschen von den Vorteilen profitieren können.
NEOS: ÜBER CHANCEN DER DIGITALISIERUNG SPRECHEN
Für Karin Doppelbauer (NEOS) handelte es sich bei dieser Debatte um ein „Non-Thema“, das „aufgeblasen“ werde. Sie forderte, stattdessen über den Ausbau von Glasfaser-Internet und die Chancen von künstlicher Intelligenz (KI) zu sprechen. Denn die Steinzeit sei vorbei, Digitalisierung sei „großartig“ und „wir brauchen viel mehr davon“, sagte Doppelbauer. Es sei klar, dass nicht alle Menschen die gleichen digitalen Kompetenzen haben und dass man darauf Rücksicht nehmen müsse, konstatierte Katharina Werner (NEOS). Gleichzeitig müsse man aber auch sehen, dass die Digitalisierung vieles einfacher mache und sie sich daher in Zukunft durchsetzen werde. Die Politik müsse dafür sorgen, dass auf dem Weg in diese Zukunft niemand verloren gehe. Dann könne man auch die ältere Generation überzeugen, dass mit der Digitalisierung viele Vorteile verbunden seien, war Werner überzeugt.
Bei der Abstimmung wurde der Antrag der SPÖ betreffend „Recht auf analoges Leben in Österreich jetzt schaffen“ abgelehnt. Keine Mehrheit fand auch der FPÖ-Entschließungsantrag betreffend „Recht auf analoge Inanspruchnahme und Teilhabe an den Dienstleistungen der Verwaltung und der Daseinsvorsorge“. (Fortsetzung Nationalrat) bea/sue
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