Fragestunde im Nationalrat: Totschnig erneuert Ablehnung des EU-Renaturierungsgesetzes und des Mercosur-Handelsabkommens

Landwirtschaftsminister fordert Aufschieben der Durchführung der EU-Entwaldungsverordnung

Die Zukunft der Land-, Forst- und Wasserwirtschaft und nötige Impulse für diesen Bereich beherrschten inhaltlich die Debatte der Fragestunde im heutigen Nationalrat. Der Bundesminister für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, Norbert Totschnig, stand den Abgeordneten Rede und Antwort und berichtete über die Aktivitäten seines Ressorts. So erläuterte er die Bedeutung des 360 Mio. € Impulsprogramms für die Landwirtschaft. Insgesamt gelte es, die Landwirtschaft und die Lebensmittelversorgung sicher zu stellen, betonte er dabei.

Zudem legte er seine Argumente gegen das EU-Renaturierungsgesetz dar. Dieses würde negative Auswirkungen auf die Landwirtschaft haben, eine Überbürokratisierung bringen und es gebe bereits genügend Gesetzesgrundlagen, die den Umwelt- und Naturschutz sowie die Biodiversität fördern. SPÖ und Grüne kritisierten diese Position und hoben hervor, dass mit dem EU-Renaturierungsgesetz die Lebensgrundlage der Landwirt:innen – die Böden – abgesichert werden könne. Die Freiheitlichen unterstützten zwar die Ablehnung dieses “riesigen Enteignungsprogramms”, sahen aber darin ein wahltaktisches Manöver des Ministers.

Ebenso ablehnend äußerte sich Totschnig zum Mercosur-Handelsabkommen und forderte Nachbesserungen. Die NEOS hinterfragten hier die Argumente und Zahlen, wonach etwa mit einer “Überflutung mit billigem Rindfleisch” zu rechnen sei. Hinsichtlich der EU-Entwaldungsverordnung zeigte sich der für Forstwirtschaft zuständige Minister auch kritisch und forderte Nachbesserungen für waldreiche Staaten und generell eine Aufschiebung der Durchführung aufgrund fehlender Rahmenbedingungen durch die EU.

360 MIO. € IMPULSPROGRAMM SOLL LANDWIRTSCHAFT ENTLASTEN UND ABSICHERN

In den nächsten Monaten gelte es auf europäischer Ebene für eine sinnvolle Weiterentwicklung der Agrarpolitik und deren finanzieller Absicherung Sorge zu tragen, meinte der Minister zu Klaus Lindinger (ÖVP). Auf nationaler Ebene sei es wichtig, für Entlastung zu sorgen und Perspektiven aufzuzeigen. So wolle man mit dem 360 Mio. € Impulsprogramm Zukunftsinvestitionen sichern, die Wettbewerbsfähigkeit steigern und den Wertverlust aufgrund der Inflation ausgleichen, berichtete Totschnig an Georg Strasser (ÖVP). Dies bringe beispielsweise einem Bergbauernbetrieb mit einer 20-Hektar-Größe 700 € mehr im Jahr. Bei Investitionen stünden einem Betrieb bis zu 40.000 € mehr an Unterstützung zu.

Zu der Frage von Alois Kainz (FPÖ), wie sichergestellt werde, dass alle Landwirt:innen gleichermaßen vom Agrardiesel profitieren, betonte der Minister die wissenschaftliche Datengrundlage und ging von dem nötigen Konsens innerhalb der Regierung aus.

Gegenüber Olga Voglauer (Grüne) betonte der Landwirtschaftsminister, dass die Erstellung der Vision 2028+ unter einer breiten Einbindung von Stakeholder:innen, aller Parlamentsfraktionen und eines wissenschaftlichen Beirats beispielhaft gewesen sei. Man habe in diesem ersten Schritt breit getragene Ergebnisse mit 35 Zielen und 170 Umsetzungsmaßnahmen erreicht. Hinsichtlich Evaluierung verwies Totschnig auf die bereits vorhandenen Datenquellen und betonte, dass es keinen neuen “Teppich an Dokumentationspflichten” brauche.

EU-RENATURIERUNGSGESETZ ENTZWEIT FRAKTIONEN

Etliche Abgeordnete thematisierten in der Debatte die ablehnende Haltung des Ministers zum EU-Renaturierungsgesetz. Der Umwelt- und Naturschutz sei der Bundesregierung sehr wichtig, und Österreich habe deswegen bereits schon jetzt eines der umweltfreundlichsten Agrarprogramme in der EU, meinte Totschnig zu Bettina Zopf (ÖVP) und Elisabeth Feichtinger (SPÖ).

Gegenüber Dagmar Belakowitsch (FPÖ) betonte Totschnig die für ihn “klare Rechtslage”, wonach die Bundesregierung auf der EU-Ebene durch eine Stellungnahme der Bundesländer gebunden sei. Sollte sich das ändern, müsste die Klimaschutzministerin mit ihm Einvernehmen nach dem Bundesministeriengesetz herstellen. Einen Schwenk zu einer Ablehnung des Renaturierungsgesetzes kurz vor den Wahlen warf Peter Schmiedlechner (FPÖ) dem Landwirtschaftsminister vor. Dieses wäre ein “riesiges Enteignungsprogramm”, das die Ernährungssouveränität ganz Europas gefährde. Er sei von Beginn an immer kritisch gegenüber dieses Gesetzesvorschlages gewesen, betonte Totschnig demgegenüber. Dieser habe negative Auswirkungen auf die Landwirtschaft, bringe eine Überbürokratisierung und es gebe bereits genügend Gesetzesgrundlagen, die den Umwelt- und Naturschutz sowie die Biodiversität fördern.

Mit der zunehmenden Bodenerosion gefährde man die Lebensgrundlage der Landwirt:innen, kritisierte Elisabeth Feichtinger (SPÖ) die Ablehnung des Ministers. Auch Olga Voglauer (Grüne) betonte die Bedeutung des Renaturierungsgesetzes zum Bodenschutz und damit zur Erhaltung der Lebensgrundlage der Landwirt:innen. Gegenüber Ulrike Maria Böker (Grüne) zeigte sich Totschnig zuversichtlich, dass das im Regierungsprogramm vereinbarte Ziel zur Reduktion des Flächenverbrauchs auf netto 2,5 ha/Tag realistisch erreichbar sei. Er zitierte dabei die Einschätzung von Expert:innen seines Ressorts, wonach dies durch die Umsetzung der Maßnahmen der Bodenschutzstrategie möglich sei. Zudem berichtete Totschnig, dass durch die Maßnahmen des Hochwasserschutzes bei den jüngsten Unwettern in der Steiermark und im Burgenland viele Schäden verhindert werden konnten.

Der Vorschlag der Europäischen Kommission in Folge der Bauernproteste bringe keine Verminderung der Umweltambitionen, meinte der Minister zu Martin Litschauer (Grüne). So werde es etwa aufgrund der Prämienattraktivierung am Ende mehr Biodiversitätsflächen geben.

WEITER KEINE ZUSTIMMUNG ÖSTERREICHS ZUM MERCOSUR-HANDELSABKOMMEN

Es werde keine Zustimmung zum Mercosur-Abkommen in seiner jetzigen Form geben, stellte Totschnig gegenüber Johann Weber (ÖVP) und Walter Rauch (FPÖ) klar und verwies auch auf die inhaltliche Bindung der Bundesregierung durch das Parlament. Handelsabkommen seien für Österreich mit seinem hohen Exportvolumen grundsätzlich wichtig, sie müssten aber nachhaltig gestaltet, Aspekte wie Menschenrechte und Klimaschutz ausreichend berücksichtigt sowie faire Bedingungen für heimische Produzent:innen gewährleistet sein.

Zu der Frage von Gerald Loacker (NEOS), ob die “Überflutung mit billigem Rindfleisch” durch das Mercosur-Handelsabkommen ein “Mythos” sei, zitierte Totschnig die Ergebnisse einer Studie der Europäischen Kommission, wonach mit mindestens 30 % mehr an Importen und mit Preisverlusten von 10 % zu rechnen wäre, wenn das Mercosur-Handelsabkommen in der jetzigen Version umgesetzt würde. Auch hier müsse es daher das Ziel sein, die inländische Produktion und die Ernährungssicherheit abzusichern.

TIERWOHL: TOTSCHNIG HEBT VORREITERROLLE ÖSTERREICHS HERVOR

Österreich betreibe eine nachhaltige und vorausschauende Tierschutzpolitik und sei wie beim Verbot der Vollspaltenhaltung bei Neu- und Umbauten im europäischen Spitzenfeld beim Tierwohl, erklärte der Landwirtschaftsminister zu den Fragen von Johann Höfinger (ÖVP) und Michael Seemayer (SPÖ). So habe man neben dem Verbot der Vollspaltenhaltung bei Neubauten für ein Verbot der Käfighaltung und der Anbindehaltung sowie für Verbesserungen bei Tiertransporten gesorgt. Zudem würden Investitionen in das Tierwohl unterstützt. Dadurch sei Österreich beim Animal Protection Index weit vorne. Man mache sehr viel für das Tierwohl, sichere aber gleichzeitig die landwirtschaftliche Lebensmittelproduktion ab.

FORSTWIRTSCHAFT: EU-ENTWALDUNGSVERORDNUNG UND HOLZBAU

Mit der EU-Entwaldungsverordnung soll unter anderem die illegale Abholzung von Regenwäldern verhindert werden, erläuterte Totschnig auf die Frage von Julia Elisabeth Herr (SPÖ). Die Mitgliedsstaaten seien für die Kontrollen zuständig. Ein entsprechendes Gesetz sei national hierfür vorbereitet und werde innerhalb der Regierung koordiniert. Österreich habe sich aber auf europäischer Ebene für eine Verschiebung der Anwendung ausgesprochen, da von Seiten der Kommission noch entscheidende Rahmenbedingungen wie die Risikoeinstufung der Mitgliedsländer fehlen würden. Zudem setze er sich für einen anwender- und praxisorientierten Zugang, wie etwa für Ausnahmen für Länder ohne Entwaldungsrisiko, ein, meinte Totschnig zu Andreas Kühberger (ÖVP).

Hinsichtlich der Steigerung der Resilienz der Wälder berichtete der Landwirtschaftsminister Petra Tanzler (SPÖ) über die durch den Waldfonds ermöglichten Maßnahmen zur Waldpflege und Wiederaufforstung geschädigter Wälder sowie die besondere Herausforderung Österreichs zum Erhalt seiner Schutzwälder.

Gegenüber Carina Reiter (ÖVP) betonte der Landwirtschaftsminister die steigende Bedeutung von Holzbau. Durch die Substitution anderer Baustoffe wie Beton durch Holz würden Emissionen eingespart. Daher fördere man mit den Mitteln des Waldfonds diesen Bereich und unterstütze etwa Stiftungsprofessuren und Forschungsprojekte.

WASSER: DIGITALES MELDEREGISTER SOLL WASSERBEDARF ERHEBEN

Mit der Studie “Wasserschatz Österreichs” sei die künftige Verfügbarkeit von Wasser erhoben worden, meinte Totschnig zu Irene Neumann-Hartberger (ÖVP). Demnach werde zwar der Bedarf aufgrund der wachsenden Bevölkerung und des Klimawandels steigen, es werde aber dafür genügend Wasser zur Verfügung stehen. Dennoch seien Investitionen in die Wasserversorgung wichtig und mit den getroffenen Maßnahmen sichere man die Trinkwasserversorgung für kommende Generationen, sagte der Minister zu Robert Laimer (SPÖ). Insgesamt gelte es, Wasser effizient einzusetzen. Dazu werde das digitale Melderegister beitragen, bei dem der Wasserbedarf und -verbrauch erhoben werden sollen und für das die Vorarbeiten gemeinsam mit den Bundesländern laufen würden, erläuterte der Landwirtschaftsminister Ulrike Fischer (Grüne).

WEITERE THEMEN: EMISSIONEN, NITRATE UND NACHHALTIGE LEBENSMITTELBESCHAFFUNG

Hinsichtlich Emissionen der Landwirtschaft betonte Totschnig, dass die Landwirtschaft zwar für 11 % der Emissionen verantwortlich sei, aber auch einen wichtigen Beitrag zur CO2-Bindung leiste. Es müsse daher das Ziel sein, so klimafreundlich wie möglich zu produzieren – und hier sei man im EU-Vergleich bereits weit vorne.

Man setze unter anderem mit dem Nitratreduktionsprogramm Maßnahmen zur Sicherung der Wasserqualität und habe dadurch eine andere Entwicklung in Österreich als in anderen Ländern, meinte Totschnig zu der Frage von Petra Wimmer (SPÖ), ob in Folge eines EU-Vorschlags mit mehr Nitratausbringung zu rechnen sei und wie das verhindert werden könne.

Hinsichtlich der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung von Lebensmitteln betonte Totschnig gegenüber Karin Doppelbauer (NEOS) die Verantwortung und Zuständigkeit der einzelnen öffentlichen Stellen. Mit dem Forum “Österreich isst regional” habe man mehrere Informationsangebote wie Veranstaltungen organisiert.

(Fortsetzung Nationalrat) pst

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