Tiroler Tunnelprojekte am Fernpass verstoßen gegen Alpenkonvention
Rechtsservicestelle Alpenkonvention erkennt in Scheiteltunnel und Ausbau Lermooser Tunnel Widerspruch zur Alpenkonvention
Die ehrenamtlichen Rechtsexpert:innen der Rechtsservicestelle Alpenkonvention, koordiniert von CIPRA Österreich, haben sich auf Anfrage mit dem Tiroler Fernpass-Paket und dessen Vereinbarkeit mit dem Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention (VP) auseinandergesetzt. Das Ergebnis: Der geplante Bau des Scheiteltunnels sowie der zweiten Röhre des Lermooser Tunnels sind nicht mit Art 11 Abs 1 VP vereinbar. Die zusätzlich geplanten Maßnahmen wie die Einführung weiterer Abfahrverbote, die Errichtung von Dosierampeln, Unterführungen, Lärmschutzwänden und einer Fernpassmaut seien hingegen vereinbar.
VERBOT NEUER HOCHRANGIGER STRASSEN FÜR ALPENQUERENDEN VERKEHR
Ein wesentlicher Bestandteil des Protokolls liegt im Verzicht auf den Bau neuer hochrangiger Straßen für den alpenquerenden Verkehr. In ihrem Gutachten macht die Rechtsservicestelle Alpenkonvention deutlich, dass der geplante Scheiteltunnel und der Bau der zweiten Röhre des Lermooser Tunnels eine Kapazitätserweiterung darstelle, wodurch die Attraktivität der Fernpassstraße B 179 gesteigert werde. Daran ändern bei entsprechend enger Auslegung des VP und seiner Ziele auch etwaige Dossierungsmaßnahmen nichts. Die B 179 (mit der B 189) verbindet die deutsche A 7 und die österreichische A 12 (Inntalautobahn) und ermöglicht eine Überquerung des Alpenhauptkamms über die A 13 Brennerautobahn oder den Reschenpass sowie in weiterer Folge die italienische A 22. Mit der Umsetzung dieser Projektbestandteile liege damit ein unzulässiger (Aus-)Bau einer neuen hochrangigen Straße für den alpenquerenden Verkehr vor und verletze das Verkehrsprotokoll.
ZUKUNFTSORIENTIERTE VERKEHRSKONZEPTE BENÖTIGT
Die Bedürfnisse nach zusätzlichen Transportkapazitäten – insbesondere für den Ziel- und Quellverkehr – wären durch einen Neu- und Ausbau der Bahninfrastruktur deutlich effektiver erfüllbar. „Das Beispiel des Fernpass-Pakets zeigt neben weiteren neuralgischen Verkehrsknotenpunkte in den Alpen, dass die Möglichkeiten für den weiteren Ausbau hochrangiger Straßenverkehrsinfrastruktur im Alpenraum nicht nur verkehrsstrategisch zu hinterfragen sind, sondern auch dem völkerrechtlichen Übereinkommen keine neuen alpenquerenden Straßen zu errichten zuwiderlaufen. Die grenzüberschreitende Koordination und Zusammenarbeit im Sinne des Verkehrsprotokolls werden weiter an Bedeutung zunehmen, um den Verkehr entsprechend zu steuern und auf umweltschonende Verkehrsmittel zu verteilen“, so Stephan Tischler, Vorsitzender von CIPRA Österreich. Es benötige neben zahlreicher politischer Absichtserklärungen auch eine konsequente Umsetzung entsprechender Maßnahmen, um den Verkehr in den Alpen raum- und umweltverträglicher abzuwickeln. Dazu zählt am Fernpass neben verkehrssteuernden Maßnahmen auf der Straße auch der Neu- und Ausbau der Schieneninfrastruktur für den Personen- und Güterverkehr. Nur so ist langfristig eine Entlastung der Bevölkerung und eine vom Straßenverkehr unabhängige Anbindung des Außerferns möglich.
_Die seit 2009 bestehende Rechtsservicestelle Alpenkonvention, koordiniert von CIPRA Österreich, setzt sich aus einem Kreis unabhängiger ehrenamtlicher Rechtsexpert:innen zusammen und befasst sich mit Fragen der rechtlichen Auslegung und Anwendung der Alpenkonvention und ihrer Durchführungsprotokolle. Für mehr Informationen: __www.alpenkonventionsrecht.at__ _
CIPRA Österreich
Mag. Paul Kuncio
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E-Mail: paul.kuncio@cipra.org
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