#MehralseinKreuzerl: Jungwähler:innen diskutieren im Parlament die Rolle von Wahlen

Schüler:innen wollten wissen, welche Qualifikationen Abgeordnete brauchen und warum es sich lohnt, mitzubestimmen Schüler:innen wollten wissen, welche Qualifikationen Abgeordnete brauchen und warum es sich lohnt, mitzubestimmen

Am Donnerstag versammelten sich rund 185 Schüler:innen von fünf Schulen aus Wien und Niederösterreich im Nationalratssaal, um über Demokratie, Wahlen und Mitbestimmung zu diskutieren. Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Nationalratswahl am 29. September beantworteten die Expert:innen der Parlamentsdirektion Julia Heiss und Christoph Clar die Fragen der Jungwähler:innen und von Moderator Ali Mahlodji.

Der Bogen spannte sich von der Entwicklung des Wahlrechts – „Zusammengerechnet sind es erst 83 Jahre, in denen alle Staatsbürger:innen, unabhängig von Besitz und Geschlecht, wählen dürfen“, so Clar – bis hin zu den Möglichkeiten der Stimmabgabe an diesem Sonntag, dem 29. September 2024.

Die Schüler:innen schätzten die Zahl der Menschen in Österreich, die bei dieser Nationalratswahl wählen dürfen auf 70 bzw. 85 %. Christoph Clar klärte sie auf: „Wir sind bei 66 %, das sind von 9,2 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern 6,3 Mio. Wahlberechtigte. Bei der letzten Wahl nutzten rund 75,6 % der Wahlberechtigten ihr Stimmrecht. Das bedeutet, dass nur knapp 50 % aller Menschen, die in Österreich leben zur Wahl gegangen sind. Sie haben über alle in diesem Land bestimmt.“

INSTRUMENTE DER DEMOKRATIE

Dass die Wahl aber nicht die einzige Möglichkeit ist, sich in einer Demokratie einzubringen, erläuterte Julia Heiss. Sie zählte die Instrumente der parlamentarischen Bürgerinitiative, des Volksbegehrens sowie die Volksabstimmung auf. Außerdem machte sie darauf aufmerksam, dass man auf der Website des Parlaments zu allen laufenden Gesetzesinitiativen Stellungnahmen abgeben kann, an Demonstrationen teilnehmen, Leser:innenbriefe schreiben, oder etwa an Diskussionsveranstaltungen wie dieser teilnehmen könne.

Ali Mahlodji erzählte von seiner persönlichen Lebensgeschichte. Die Eltern flüchteten mit ihm als er drei Jahre alt war vor dem iranischen Regime. „Meine Eltern nahmen einmal an einer Demonstration teil. Alle, die damals dabei geschnappt wurden, erhielten die Todesstrafe“, so Mahlodji. „Die Tools, die für euch vielleicht normal sind in Österreich, die würden sich die Menschen in anderen Ländern – wie im Iran – jeden Tag wünschen.“

WAS ABGEORDNETE MITBRINGEN MÜSSEN

Über die Fragen zur Beteiligung in Demokratien und über die Wahl hinaus, wollten die Schüler:innen auch etwas zur politischen Praxis erfahren. So stellte eine Schülerin etwa die Frage über welche Kompetenzen Abgeordnete verfügen müssten, um die Aufgaben bestmöglich zu erfüllen. Clar meinte, dass es keinen „Kriterienkatalog“ gebe, es sollten nicht nur Jurist:innen oder andere „Studierte“ im Parlament sitzen, „jede und jeder soll herein gewählt werden können“. Allerdings sieht er verschiedene Formen von Wissen als essentiell an, die Abgeordnete mitbringen sollten: „Wissen über bestimmte Politikbereiche und Prozesse, aber auch wen man Fragen kann, gewisse Social Skills gehören auch dazu“. Ein anderer Schüler fragte, was nun hier im Parlament eigentlich genau passiere. Heiss betonte, dass eine der wichtigsten Aufgaben wohl sei, Gesetze zu beschließen. Weiters führte sie aus, dass Abgeordnete aber auch für die Kontrolle der Regierung zuständig seien, so könnten sie etwa Fragen an den Bundeskanzler stellen oder Berichte verlangen. Außerdem müssten sich Abgeordnete informieren, Wissen einholen, mit Interessensvertretungen sprechen und auch bei den Bürger:innen nachfragen, wo die Probleme liegen würden.

Aus dem Publikum kam auch die Frage, ob es bald möglich sein werde, online zu wählen. Heiss betonte, dass sich das Innenministerium schon länger damit auseinandersetze, dass die Sicherheitsbedenken bezüglich Wahlmanipulation allerdings noch zu hoch seien. Auch in der Bundesverfassung gebe es dazu keine Rechtsgrundlage. Anders sei das beispielsweise in Estland, wo das E-Voting schon seit 2015 möglich sei.

WÄHLEN UND DIE FOLGEN

Ein Schüler wollte wissen, ob es denn einen Unterschied mache, wenn man keine Partei gut findet, ob man nicht wählt oder man ungültig wählt. Clars eindeutige Antwort: „Ja. Woher sollen die Parteien denn sonst wissen, dass ihr gerne wählen würdet, dass ihr aber frustriert seid, mit dem was sie anbieten?“

Gefragt, wer nun am Sonntag von seinem Wahlrecht Gebrauch machen werde, zeigten beinahe alle Schüler:innen auf. Doch was passiert, wenn mit den Gewinner:innen niemand eine Koalition eingehen möchte? Clar erklärte, dass der Bundespräsident grundsätzlich den Chef bzw. die Chefin der stärksten Partei dazu bemächtige, eine Regierung zu gründen. Es könnte natürlich schon vorkommen, dass diese Partei es nicht schafft, einen Koalitionspartner zu finden. Doch auch dann sei es möglich, eine Regierung zu bilden. Es gäbe auch die Möglichkeit einer Minderheitenregierung. Dann müssten die Minister:innen für ihre Anliegen im Parlament immer wieder neue Mehrheiten finden. (Schluss) map

HINWEIS: Die Diskussionsveranstaltung ist als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar. Fotos von dieser Veranstaltung sowie eine Nachschau auf vergangene Veranstaltungen finden Sie im Webportal des Parlaments.

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