Caritas zu 1 Jahr Gaza-Krieg: Zivilbevölkerung bleibt in Hunger und Hoffnungslosigkeit zurück
Caritas kritisiert eingeschränkten Zugang zu Humanitärer Hilfe, Gefahr für Helfer*innen sowie Nicht-Einhaltung des humanitären Völkerrechts und fordert dauerhaften Waffenstillstand
Während die Welt derzeit auf die gegenseitigen Angriffe zwischen Israels Armee, der Hisbollah-Miliz im Libanon und dem iranischen Regime blickt, gehen die kriegerischen Handlungen auch im Gazastreifen ungehindert weiter – ein Ende des Krieges ist nicht in Sicht. Am 7. Oktober jährt sich das Massaker der Hamas mit 1.200 Toten und über 250 in den Gazastreifen verschleppten Geiseln. Seitdem herrscht dort Krieg: Nicht unabhängig überprüfbaren Berichten zufolge wurden 41.689 Palästinenser*innen getötet und 96.625 verletzt. Unter den identifizierten Toten sind über 11.000 Kinder. Die Vereinten Nationen berichten von bis zu 18.000 unbegleiteten Kindern in den Straßen von Gaza, ohne Schutz und ohne Angehörige. Ein Schulbesuch ist für Hundertausende Kinder nicht möglich. Die vom israelischen Militär angeordneten Massenevakuierungen beeinträchtigen weiterhin massiv die Sicherheit und Gesundheit der Menschen im Gazastreifen, den Zugang zu lebensrettenden Hilfsgütern und die Suche nach sicheren Zufluchtsorten. Die vielen Menschen auf engstem Raum, gepaart mit Mangel an sauberen Wasser, Nahrungsmitteln, sanitären Einrichtungen und Hygieneartikeln sowie einer zerstörten Infrastruktur, führen zu Krankheiten, wobei insbesondere Infektionskrankheiten bei Kindern stark zunehmen. Ausreichende medizinische Versorgung für die Bevölkerung kann kaum noch aufrechterhalten werden. Alex Bodmann, Vizepräsident der Caritas Österreich: „Die Lage in Gaza ist nach wie vor katastrophal. Fast die gesamte Bevölkerung hungert. Wir sehen hier eine der schwersten Nahrungsmittel- und Ernährungskrisen der Geschichte. Und man darf nicht vergessen, dass fast die Hälfte der leidenden Bevölkerung des Gazastreifens Kinder sind. Schätzungen zufolge benötigen mehr als 50.000 Kinder eine sofortige Behandlung wegen akuter Unterernährung, und dafür wird vor Ort dringend Humanitäre Hilfe benötigt.“
HUMANITÄRE HILFE STARK EINGESCHRÄNKT
Nach wie vor sei die Situation untragbar und der Zugang zu Humanitärer Hilfe für die Menschen stark eingeschränkt, erklärt Bodmann. „Die Auswirkungen des Krieges und die strengen Beschränkungen der humanitären Hilfe haben zu einem völligen Zusammenbruch der Ernährungs-, Gesundheits- und Schutzsysteme geführt, und das hat katastrophale Folgen.“ Die Caritas fordert daher einen sicheren und nachhaltigen Zugang für humanitäre Hilfe in den Gazastreifen, einschließlich der Bereitstellung lebensrettender Hilfsgüter, Medikamente, Lebensmittel, Wasser und Treibstoff, aber auch psychosozialer Dienste. Bodmann: „Wir fordern einen dauerhaften Waffenstillstand, Schutz der Zivilbevölkerung, des medizinischen Personals und humanitärer Helfer*innen und der zivilen Infrastruktur, insbesondere von Krankenhäusern und Schulen.“ Durch die humanitäre Unterbrechung der Kämpfe konnten beispielsweise Polioimpfungen durchgeführt werden, die 446.163 Kinder erreichten, erläutert Bodmann. „Da wird deutlich, was möglich ist, wenn keine Kampfhandlungen stattfinden!“ Weitere Forderungen der Caritas sieht Bodmann in der Freilassung aller Geiseln und der Einhaltung des humanitären Völkerrechts. „Wir schließen uns als Caritas auch dem Aufruf von Papst Franziskus zu sofortigem Frieden in Gaza und der gesamten Region an.“
HUMANITÄRES VÖLKERRECHT MUSS EINGEHALTEN WERDEN
Nicht nur der Zugang für Humanitäre Hilfe sei problematisch, sondern auch die Gefahr für humanitäre Helfer*innen und Helfer selbst, so Bodmann. „2024 ist auf dem besten Weg, das bisher tödlichste Jahr für humanitäre Helfer*innen zu werden. Durch den Gaza-Krieg hat sich die Zahl der Todesopfer unter Humanitären Helfer*innen dramatisch erhöht, nämlich auf insgesamt mindestens 274 Personen in den letzten zehn Monaten.“ Weiters sei die unabhängige Berichterstattung im Gazastreifen nicht gegeben, denn es gebe keinen freien Zugang für die Presse. „Auch das sehen wir als Caritas kritisch, auch das entspricht nicht dem humanitären Völkerrecht.“
SO HILFT DIE CARITAS
Die Caritas Österreich unterstützt CRS (Catholic Relief Services, die amerikanische Caritas) mit einem Beitrag von 250.000 Euro bei den laufenden Aktivitäten in Gaza. „Die Zugänge zu humanitärer Hilfe sind nach wie vor äußerst beschränkt, aber: Über das Caritas-Netzwerk haben wir Zugang und sind vor Ort aktiv. Bisher konnten von unseren Partnerorganisationen 177.812 Haushalte beziehungsweise 907.351 Menschen unterstützt werden – diese Menschen sind auch weiterhin auf Hilfe angewiesen. Unsere Partnerorganisationen unterstützen in Form von Bargeldhilfe, Hilfsgütern, Materialien für Unterkünfte und Winterausrüstung wie Decken, Matratzen, Zelte, Planen“, erläutert Andreas Knapp, Generalsekretär für Internationale Programme bei der Caritas Österreich. Auch Hilfe durch Notunterkünfte für intern vertriebene Personen, Nahrungsmittel und Hygieneartikel wird geleistet. Ein wichtiger Bestandteil ist auch die psychosoziale Unterstützung, so Knapp: „Wir dürfen die Menschen in diesem seit einem Jahr andauernden Alptraum nicht ihrem Schicksal überlassen. Angesichts des unsäglichen Leids, das sich durch militärische Interventionen in der gesamten Region ausbreitet, unzählige Personen auch im Libanon betrifft und Menschen zwingt, nach Syrien zu fliehen, müssen wir mehr Mittel zur Verfügung stellen. Nur so können wir die Hilfe vor Ort am Laufen halten, und dafür benötigen wir dringend Spenden.“
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