125 Jahre Patentamt: Erstmals Geschichte wissenschaftlich aufgearbeitet
Historiker:innen-Team legt umfassende und lückenlose Forschungsarbeit vor
Unter dem Titel „Behörde. Wissensspeicher. Serviceeinrichtung. Das Österreichische Patentamt 1899-2024“ beleuchten Maria Wirth und Alexander Pinwinkler vom Verein zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Zeitgeschichte am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien die Geschichte des Österreichischen Patentamtes. Es ist die erste unabhängige und wissenschaftliche Arbeit, die sich eingehend mit diesem Thema beschäftigt. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler und Patentamtspräsident Stefan Harasek zu dem Projekt: „125 Jahre Österreichisches Patentamt sind ein Grund zum Feiern, aber eine unkritische Festschrift zu verfassen, war uns zu diesem Anlass zu wenig. Vielmehr wollten wir im Jubiläumsjahr einen fundierten Blick von außen auf die bewegte Geschichte des Hauses ermöglichen, den es bis jetzt nicht gab.“
PATENTAMTSPRÄSIDENT STEFAN HARASEK:
„Das Ergebnis, das nun vorliegt, ist beeindruckend: Maria Wirth und Alexander Pinwinkler zeichnen anschaulich die Prozesse nach, die zur Gründung des Patentamtes führten und beleuchten seine Entwicklung von 1899 bis in die Gegenwart. Dabei zeigen sie spannende Phasen und wichtige Ereignisse in der langen Geschichte des Patentamtes auf, haben eine Vielzahl an Quellen ausgewertet und lassen Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zu Wort kommen. Insbesondere werfen sie auch einen klaren und schonungslosen Blick auf die dunkelste Epoche des Amtes. So wird erstmals die Zeit des Nationalsozialismus und ihre Auswirkungen auf das Patentamt lückenlos aufgearbeitet.“
PROMINENTER NAZI UND EIN „CAFÉ HITLER“
Schon Jahre bevor das Österreichische Patentamt mit 1. Juli 1938 zur Zweigstelle des deutschen Reichspatentamtes wurde und 1942 im Wesentlichen im Berliner Amt aufging, kündigte sich die Nazi-Zeit auch in Wien an. So war der Patentprüfer Leopold Tavs bis zu seiner 1935 erfolgten Entlassung aus dem Bundesdienst der höchstrangige illegale Nationalsozialist im Patentamt, der noch kurz vor dem „Anschluss“ zum Wiener Gauleiter der NSDAP ernannt wurde. In dem Büro eines anderen Patentprüfers trafen sich schon vor 1938 regelmäßig Sympathisanten des Nationalsozialismus, weshalb es in der Kollegenschaft auch als „Café Hitler“ bekannt und berüchtigt war. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten hatte für viele der Beamtinnen und Beamten schwerwiegende Folgen – neben politisch und rassistisch motivierten Entlassungen mitunter auch tödliche. Schmerzlicherweise waren unter ihnen auch Opfer der Shoah.
DER WEG ZUR INTERNATIONAL ANGESEHENEN BEHÖRDE
Dass nach 1945 ein Neuanfang gelang, war vor allem dank des umfangreichen Prüfmaterials möglich, das gesichert in einem niederösterreichischen Weinkeller den Krieg überstand. Dieser Bestand bildete, zurück am Kohlmarkt in Wien, die Basis für die internationale Ausrichtung des Patentamtes und begründete seinen weltweiten Ruf als Topbehörde. Letztendlich ermöglichte dieser Bestand in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts fruchtbare Entwicklungen, wie die in den 1970er-Jahren begonnene und bis heute andauernde europäische und internationale Ausrichtung.
So gilt das Österreichische Patentamt bis heute als kompetente Recherche- und Prüfbehörde im Rahmen des PCT-Vertrages (Patent Cooperation Treaty), veranstaltet Schulungen für die Länder des globalen Südens, die von der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) initiiert werden und vertritt Österreich in zahlreichen bilateralen und internationalen Zusammenarbeitsabkommen. Von dieser Vernetzung profitieren innovative Unternehmen in Österreich, denen damit der Weg in die Märkte der Welt geebnet wird – begleitet von vielen maßgeschneiderten Services, Schulungen der hausinternen IP Academy und 245 Expertinnen und Experten für Patente, Marken, Designs, Künstliche Intelligenz, Software, Maschinenbau, Pharmazie, Elektrotechnik und jedes andere technische Gebiet.
MARIA WIRTH UND ALEXANDER PINWINKLER VOM VEREIN ZUR WISSENSCHAFTLICHEN AUFARBEITUNG DER ZEITGESCHICHTE AM INSTITUT FÜR ZEITGESCHICHTE DER UNIVERSITÄT WIEN:
„Uns hat besonders beeindruckt, welch enormen Wissensspeicher das Österreichische Patentamt darstellt und wie vielfältig seine Aufgaben auf dem Weg von der klassischen Behörde hin zur modernen Serviceeinrichtung geworden sind. Zudem hat uns überrascht, wie viele interessante Biografien eng mit der Geschichte des Hauses verwoben sind und wie wichtig die europäische und internationale Ebene für seine Arbeit war und ist.“
KLIMASCHUTZMINISTERIN LEONORE GEWESSLER:
„Die wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte des Patentsamts dokumentiert die Entwicklung der Behörde vom Gründungsjahr 1899, über die Rolle im Naziregime, bis ins Jubiläumsjahr 2024, in dem sich das Haus als erste Anlaufstelle für Menschen mit Ideen zeigt. In den 125 Jahren liegen auch viele Innovationen von österreichischen Erfinder:innen im Bereich Umwelt- und Klimaschutz. Ich freue mich auf viele weitere Jahre mit spannenden und zukunftweisenden Innovationen für mehr Umwelt- und Klimaschutz.“
GESCHÄFTSFÜHRER DES WIENER WISSENSCHAFTS-, FORSCHUNGS- UND TECHNOLOGIEFONDS MICHAEL STAMPFER:
„Das Buch ist ein wichtiger Beitrag zur österreichischen Forschungs- und Innovationsgeschichte. Es zeigt, dass es in Österreich wohl nie leicht war, bei neuen Herausforderungen rasch und entschlossen neue Institutionen ins Leben zu rufen. Es zeigt aber auch, wie eng das Wirken handelnder Personen und institutionelle Strukturen ineinander greifen. Besonders beeindruckt haben mich die Schilderungen der kleinen Machtübernahme im Amt im Rahmen der großen Machtübernahme im Land 1938, und wie leicht es den Tätern ab einem bestimmten Kipppunkt fällt. Ebenso beeindruckend ist die Darstellung der Nachkriegsgeschichte des Österreichischen Patentamtes bis heute, mit ihren Modernisierungsschüben und dem entscheidenden Einfluss darauf, dass wir ein starkes Innovationsland geworden sind.“
Die im StudienVerlag erschienene Publikation „Behörde. Wissensspeicher. Serviceeinrichtung. Das Österreichische Patentamt 1899-2024“ ist unter der ISBN 978-3-7065-6423-6 im Fachhandel erhältlich.
Finanziert wurde das Buch vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, dem Österreichischen Patentamt und dem Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds.
WEITERE INFOS:
https://www.patentamt.at/125jahre
Österreichisches Patentamt
Mag. Christian Laufer
Telefon: +43 (0) 1 534 24 – 340
E-Mail: christian.laufer@patentamt.at
Website: http://www.patentamt.at/
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