Walter Rosenkranz: „Ich bin Repräsentant aller 183 Abgeordneten und werde das konstruktive Miteinander leben!“
Neuer Nationalratspräsident will Budget- und Rechtsdienst stärken und das Parlament als Ort der Begegnung noch stärker etablieren
In der konstituierenden Sitzung des Nationalrats wurde Walter Rosenkranz heute zum Nationalratspräsidenten gewählt. 100 Abgeordnete stimmten für Rosenkranz, was einer Zustimmung von rund 62 Prozent entsprach. In seiner Antrittsrede bedankte sich Rosenkranz für die große Zustimmung und versprach, in erster Linie nicht der „zweithöchste Mann im Staat“, sondern ein „Repräsentant für alle 183 Abgeordneten“ des Hohen Hauses sein zu wollen.
„Es ist für mich noch schwer realisierbar, dass ich durch die heutige Wahl in eine Reihe historischer Persönlichkeiten dieses Landes gestellt wurde. In einem Atemzug mit Männern wie Leopold Figl und Anton Benya, um nur zwei exemplarisch herauszugreifen, oder mit Barbara Prammer, die meine erste Präsidentin als frischgebackener Abgeordneter war, genannt zu werden, macht mich stolz und demütig“, gab Rosenkranz unumwunden zu.
Jeder Einzelne der 183 Abgeordneten sei im Rahmen der Gesetzgebung gemeinsam mit den Abgeordneten des Bundesrats aufgerufen, den „Wettbewerb der besten Ideen“ im Parlament zu leben. „Die Diskussion, die Auseinandersetzung kann im Ringen um die besten Lösungen durchaus lebhaft, kontrovers und in der Sache hart sein. Versuchen Sie aber, dabei ohne Diffamierung, Herabwürdigung und Beleidigung in Ihrer Argumentation zu bleiben“, appellierte Walter Rosenkranz.
Der erste und wichtigste Maßstab in der Amtsführung des neuen Präsidenten seien die Verfassung, das Geschäftsordnungsgesetz und andere Regelwerke wie die Verfahrensordnung der Untersuchungsausschüsse. Auch Usancen, also Gewohnheitsrecht, seien Rosenkranz wichtig, auch wenn manches vielleicht wiederbelebt werden müsse. Jedenfalls aber setzt Walter Rosenkranz auf das „konstruktive Einvernehmen mit den beiden anderen Mitgliedern des Präsidiums, auch über routinemäßige Präsidialsitzungen hinaus, um die Geschicke des Hauses bestmöglich zu lenken. Mit Peter Haubner und Doris Bures habe ich langjährige Parlamentarier an meiner Seite, mit denen ich einerseits auf Klubebene, andererseits in der Präsidialkonferenz schon aufs Beste zusammenarbeiten durfte. Beide zeichnen sich durch Konsensfähigkeit und Pragmatismus aus, wenn es um Angelegenheiten des parlamentarischen Miteinanders geht. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit!“
Inhaltlich bekannte sich der neu gewählte Nationalratspräsident zu einer Stärkung der Kompetenzen des Parlaments – dazu zählen für Rosenkranz ein weiterhin guter Budgetdienst, aber vor allem ein zu stärkender Rechts- und Legislativdienst, der jedem Abgeordneten mit höchster Kompetenz für dessen gesetzgeberische Vorstellungen neutral zur Verfügung stehen soll. Rosenkranz: „Ein selbstbewusstes Parlament muss auch die Möglichkeit haben, neben den Regierungsvorlagen eigene Gesetze legistisch einwandfrei vorzubereiten.“
Was die möglicherweise auf Walter Rosenkranz zukommende Frage der Vorsitzführung in Untersuchungsausschüssen betrifft, so versprach dieser, bei der Frage der Befangenheit besonders sensibel vorzugehen. Er kenne als Jurist, Rechtsanwalt, Strafverteidiger und Volksanwalt diesen Begriff nur zu gut. Er wolle daher die Regelungen zur Stellvertretung anwenden, so der Verdacht der Befangenheit bestehe.
Das Parlament bezeichnete Rosenkranz über die Gesetzgebung hinaus als Ort der Begegnung – und soll das auch weiterhin bleiben: „Es muss für die unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen noch stärker ein Ort für Diskurs und Bildung im Sinne der Demokratie sein. Für Jung und Alt – und das nicht nur am 26. Oktober. Daher bleibt es unser Auftrag, vor allem die Jugend mit dem Wesen der Demokratie als beste aller Staatsformen vertraut zu machen.“ Die Demokratiewerkstatt soll daher weiter bestehen und vielleicht auch in die Bundesländer ausgeweitet werden. Auch für Senioren könnten attraktivere Formate zur Verfügung gestellt werden. Das Parlament müsse ein Ort für alle Bevölkerungsgruppen sein, wo gesellschaftspolitische Themen erörtert und diskutiert werden können.
Betroffen zeigte sich Walter Rosenkranz von Vorwürfen, wonach seine Wahl zum Nationalratspräsidenten die jüdische Zukunft in Österreich gefährde. Er wies diese ungeheure Unterstellung entschieden zurück und verwies unter anderem auf seine Zeit als Klubobmann in der Regierung Kurz I, in der er an der Errichtung der Schoah-Namensmauer 2018 beteiligt gewesen sei. Auch wurde in dem von Rosenkranz mitverhandelten Regierungsprogramm 2017 sichergestellt, dass die Doppelstaatsbürgerschaft für Nachfahren von NS-Verfolgten aus Österreich ermöglicht wurde. Fünf Jahre hatte Rosenkranz zudem die ehrenvolle Aufgabe, im Kuratorium des Zukunftsfonds Fördermittel in beträchtlicher Höhe immer einstimmig zu vergeben. Dies waren unter anderem Fördermittel an das Mauthausen-Komitee, die IKG und viele andere Fördernehmer im Sinne der Untersuchung der Verbrechen des Nationalsozialismus, gegen Antisemitismus, Diskriminierung und für Toleranz, Menschenrechte, Minderheiten in Österreich und Demokratie. Walter Rosenkranz: „Dieser Umstand wurde offensichtlich ausgeblendet. Ich kann versprechen, dass die Bekämpfung des Antisemitismus im Hohen Haus auch weiterhin fortgesetzt wird.“
Abschließend appellierte der neu gewählte Nationalratspräsident an die Abgeordneten: „Es steht uns 183 Abgeordneten gut an, nicht abgehoben zu sein, nur weil wir jetzt Mitglieder des Nationalrats sind. Verlieren wir nicht den Kontakt zu den Menschen in diesem Land. Und denken Sie dabei immer daran, die Gerechtigkeit ist das Recht der Schwächeren.“ Walter Rosenkranz schloss seine Eingangsrede mit dem kurzen Satz, der für ihn eigentlich alles aussage und alles abdecke, was im Hohen Haus enthalten ist: „Es lebe die Republik Österreich!“ (Schluss) red
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