Top-Vertreter:innen der Versicherungswirtschaft diskutierten über Entbürokratisierung und Überregulierung in der Branche

Erfolgreiche Podiumsdiskussion in der WKÖ – ein Austausch über Herausforderungen und Lösungsansätze

In einer Podiumsdiskussion, veranstaltet vom Bundesgremium der Versicherungsagenten, kamen führende Vertreter:innen aus Versicherungswirtschaft und Aufsicht zusammen, um die Auswirkungen von Bürokratie und Regulierungen in der Versicherungsbranche zu beleuchten. Die Diskussion bot tiefgehende Einblicke in die drängenden Themen der Branche, von der Insurance Distribution Directive (IDD) und Weiterbildungsverpflichtungen bis hin zum geplanten Provisionsverbot (im Rahmen der Retail Investment Strategy) der EU und Geldwäscherichtlinien, und lieferte wertvolle Anstöße für zukunftsgerichtete Reformen.

HORST GRANDITS, Bundesobmann des Bundesgremiums der Versicherungsagenten, ortete, dass seit Inkrafttreten der IDD in einigen Bereichen der Regulierung Verbesserungspotenzial besteht. Insbesondere führte er aus: „Weiterbildung sollte wirkliche Weiterbildung sein.“ „Wir bekennen uns zur Weiterbildungsverpflichtung und wir sehen uns als Fachverband in der Verantwortung, qualitativ hochwertige Weiterbildungsveranstaltungen anzubieten, um die Qualität der Beratung durch Versicherungsagenten zu sichern“, so Grandits.

REINHARD POHN, Vorstand für Vertrieb und Marketing der Generali Österreich, betonte, dass die Umsetzung der neuen Regularien im Alltagsgeschäft der Versicherungsbranche oftmals eine Herausforderung ist. „Eine gute technische Infrastruktur ist für die Bewältigung der Anforderungen unerlässlich“, so Pohn, der auch betonte, wie wichtig eine pragmatische Herangehensweise bei neuen Regulierungen sei. In Sachen Kundenkontakt hebt er weiters besonders die Qualität der Beratung hervor. „Nur so können wir den tatsächlichen Bedarf der Kunden erkennen und passende Lösungen anbieten.“

Aus Deutschland berichtete MICHAEL HEINZ, Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute, über ähnliche Probleme, mit denen auch die deutschen Vermittler konfrontiert sind. „In Deutschland wie in Österreich führt die Überregulierung zu einer Entfremdung von der eigentlichen Beratungsaufgabe“, meinte Heinz und verglich die länderspezifischen Ansätze beider Staaten im Umgang mit den EU-Vorgaben. Er plädierte: „Wir brauchen keine zusätzliche Bürokratie aus Brüssel. Die Versicherungsbranche kann ihre Qualifizierungsmaßnahmen selbst regulieren und die hohen Standards bewahren.“

MARIA ALTHUBER-GRIESMAYR, Leitung Recht und Internationales im Versicherungsverband, hob hervor, wie wichtig sowohl das Image als auch die Interessenvertretung in der Versicherungsbranche ist: „Wir müssen in der Lobbyingtätigkeit ganz woanders ansetzen. Es ist wichtig, dass wir in Brüssel präsent sind, da viele Entscheidungen dort getroffen werden. Häufig wird in der Versicherungsbranche nach den Maßstäben des Bankensektors reguliert, was für die Versicherungen nicht immer passt.“ Zu den in den letzten Jahren dazugekommenen Regulierungen erklärte Althuber-Griesmayr: „Konsumentenschutz ist wichtig, aber es gibt zu viel Bürokratie, die den Versicherungsvertrieb im Kerngeschäft behindert, insbesondere dabei sich intensiv um Kundenbedarf zu kümmern und Expertise in neuen Bereichen (wie Nachhaltigkeit) aufzubauen.“

CHRISTIAN MANDL, Abteilungsleiter Europapolitik der Wirtschaftskammer Österreich, erläuterte den Zusammenhang zwischen der EU-Gesetzgebung und der österreichischen Wirtschaft und Versicherungsbranche. „Es besteht ein dringender Bedarf an Bürokratieabbau. Auch auf EU-Ebene sind viele Regelungen und Berichtspflichten nicht nur aufwändig, sondern behindern oft die Flexibilität und Innovationskraft der kleinen und mittleren Unternehmen,“ erklärte Mandl und appellierte an die europäische Ebene, den bürokratischen Aufwand für Unternehmen im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit rasch und spürbar zu verringern.

STEFAN TROJER, Gewerberechtsexperte im Wirtschaftsministerium, skizzierte die Notwendigkeit, die regulatorischen Anforderungen an Versicherungsvermittler zu überprüfen und praxisnah zu gestalten: „Das Ziel sollte sein, Regularien so zu gestalten, dass sie praktikabel sind, aber dennoch einen hohen Standard aufrechterhalten“, sagte Trojer. Er warnte zudem auch vor Zusatzanforderungen: „Die Vorgaben für Versicherungsvermittler müssen sinnvoll und ohne unnötiges Gold-Plating umgesetzt werden.“

LUDWIG PFLEGER von der Finanzmarktaufsicht (FMA) äußerte sich zur künftigen Entwicklung der Regulierung im Versicherungssektor: „Für die Zukunft erhoffe ich mir eine europäische Gesetzgebung, die nicht nur auf immer neue Regelungen setzt, sondern verstärkt auf eine genaue Evaluierung der Zielerreichung bestehender Regelungen und auf die Anpassung und Verbesserung bestehender Standards fokussiert. Dies würde es der Branche ermöglichen, effizienter zu arbeiten und gleichzeitig die Konsumenten weiterhin adäquat zu schützen und den Schutz im Bedarfsfall bei festgestellten Defiziten auszubauen.“ Pfleger erklärte bei der Rolle der FMA auch den Grundsatz „Beraten statt Strafen“ und das Opportunitätsprinzip und verwies auf die Bereitschaft der FMA, im Dialog mit der Branche praktikable Lösungen zu entwickeln. (PWK410/DFS)

Zu den Fotos der Veranstaltung: https://www.flickr.com/photos/wirtschaftskammer/albums/72177720321894174

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