FPÖ ortet Totalversagen der Wirtschaftspolitik und warnt vor einer „Ampel der Verlierer“
Kocher verweist in der Aktuellen Stunde des Nationalrats auf strukturelle Weichenstellungen und Ausbau der aktiven Arbeitsmarktpolitik
Deutliche Worte fanden heute die Freiheitlichen in der Aktuellen Stunde des Nationalrats, für die sie den Titel „Schluss mit der Zerstörung von Wirtschaft und Arbeitsplätzen“ gewählt haben. Die FPÖ stellte dabei nicht nur der aktuellen Regierung ein schlechtes Zeugnis für deren Wirtschaftspolitik aus, sondern warnte zugleich vor einer „Packelei der Verlierer“.
Der freiheitliche Abgeordnete Hannes Amesbauer übte auch Kritik an der Abwesenheit von Karl Nehammer zu Beginn der Sitzung, dessen Motto es offenbar sei, „Österreichs Wirtschaft am Boden, Hauptsache ich bin Bundeskanzler“. Obwohl seine Fraktion und auch viele Wirtschaftsforscher:innen schon lange vor den ökonomischen Entwicklungen gewarnt hätten, habe die Regierung nicht wirksam gegengesteuert. Man brauche Lösungskompetenzen, eine Entbürokratisierung und vor allem eine Aufbruchsstimmung. Der dringend notwendige Kurswechsel könne aber nicht mit einer „Ampel der Verlierer“ eingeläutet werden, sprach Amesbauer die laufenden Koalitionsverhandlungen an.
Die Freiheitlichen haben bei wichtigen Gesetzesbeschlüssen im Sinne der Wirtschaft nie mitgestimmt, erinnerte ÖVP-Mandatar Kurt Egger. Elisabeth Götze von den Grünen machte zudem geltend, dass die „türkis-grüne“ Regierung durch entsprechende Maßnahmen über 200.000 Jobs und 10 % der Unternehmen vor der Insolvenz gerettet habe. In Bezug auf die Koalitionsverhandlungen führte SPÖ-Vertreterin Michaela Schmidt ins Treffen, dass ihre Partei bereit sei, Verantwortung zu übernehmen und daher Gespräche über eine „Koalition der konstruktiven Kräfte“ führe. Um die Konjunktur anzukurbeln, müsste ihrer Meinung nach vor allem in die Bereiche Pflege, Gesundheit, Industrie und Infrastruktur investiert werden. Auch die NEOS bekräftigten, dass es in der künftigen Regierung konstruktive Kräfte brauche, die nicht nur an die nächste Landtagswahl denken würden, sondern sich für echte Entlastungen einsetzen, so ihr Wirtschaftssprecher Josef Schellhorn.
Österreich sei Exportweltmeister und daher immer von den Entwicklungen im Ausland in gewisser Weise abhängig, gab Wirtschaftsminister Martin Kocher zu bedenken. Eine rückwärtsgewandte Politik und schlichte Lösungen würden Österreich daher nicht nach vorne bringen. Trotz des schwierigen ökonomischen Umfelds habe die Regierung wichtige strukturelle Weichenstellungen eingeleitet und etwa über die Transformationsoffensive innovative Unternehmen gefördert. Durch den deutlichen Ausbau der aktiven Arbeitsmarktpolitik könnten zudem die Menschen viel rascher und effizienter vermittelt werden. Studien würden belegen, dass Österreich weiterhin ein attraktiver Standort sei, betonte Kocher, der sich dagegen verwehrte, alles schlecht zu reden.
Vor Eingang in die Debatte wurde Andreas Hanger (ÖVP) als neuer Abgeordneter angelobt, da der scheidende Finanzminister Magnus Brunner auf sein Nationalratsmandat verzichtet hat.
AMESBAUER: HIOBSBOTSCHAFTEN AUS DER HEIMISCHEN WIRTSCHAFT
Mit einer langen Liste an „Hiobsbotschaften aus der heimischen Wirtschaft“ – von der neuerlichen Insolvenz von Kika/Leiner, dem Produktionsstopp bei KTM, dramatischen Gewinneinbrüchen bei Firmen in der Autobranche und auch bei VOEST-Alpine – leitete FPÖ-Abgeordneter Hannes Amesbauer seine Kritik an der „verfehlten Politik der türkis-grünen Regierung“ in den letzten Jahren ein. Österreich befinde sich in der längsten Rezession seit Jahrzehnten und weise unter anderem bei den Insolvenzen ein Plus von 23,5 % in den ersten drei Quartalen des heurigen Jahres auf. Größtes Sorgenkind sei dabei die Industrie, aber auch der Handel, die Bauwirtschaft und die Gastronomie seien stark betroffen.
Diese Entwicklungen würden sich auch am Arbeitsmarkt widerspiegeln, wo derzeit rund 372.000 Personen ohne Job seien oder sich in Schulungen befinden. Das sei ein Plus von 9,7 % gegenüber dem Vorjahresmonat. Allerdings könne man das nicht nur auf die schwierigen Rahmenbedingungen schieben, vieles sei nämlich hausgemacht. Amesbauer sprach auch die äußerst schwierige Budgetsituation an, die vor den Wahlen falsch dargestellt worden sei. Österreich verzeichne die zweitschlechteste Konjunkturentwicklung in der gesamten EU und auch die Inflation sei weiter zu hoch. Zudem stagniere der private Konsum und aufgrund der großen Unsicherheit greife ein „Angstsparen“ um sich.
Nachdem der dafür zuständige Minister Kocher „seine Schäfchen bereits ins Trockene gebracht“ habe, wolle seine Fraktion die Aktuelle Stunde vor allem auch an den Bundeskanzler Nehammer adressieren. Dieser opfere nämlich den heimischen Wohlstand „am Altar des schwarzen Machterhaltungstriebes“, urteilte Amesbauer.
Wenig abgewinnen konnte Amesbauer einer möglichen „Ampel der Wahlverlierer“, in der der „Marxist Babler“ Vizekanzler werden könnte. Wenn dieser seine „Steuerphantasien“ oder die 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich umsetzen sollte, dann gehe bei der Industrie endgültig „das Licht aus“. Schon am Wochenende hätten die Wähler:innen im „Industrie- und Autoland Steiermark“ die Möglichkeit, ein deutliches Veto gegen diese Pläne in Wien einzulegen.
Auch sein Fraktionskollege Axel Kassegger warnte vor der „Packelei der Verlierer“, weil damit nicht nur der Wählerwillen missachtet würde, sondern der Bevölkerung ein Spar- und Belastungspaket ohne Ende drohe. Sparen wolle man dabei nur „bei den eigenen Leuten“.
Schon in der Vergangenheit sei die Bevölkerung massiv belastet worden, schloss sich Dagmar Belakowitsch (FPÖ) der Kritik an und erinnerte an die „schlechte Corona-Politik“, die Einführung der CO2-Steuer oder die Einführung der Haushaltsabgabe.
KOCHER VERWEIST AUF STRUKTURELLE WEICHENSTELLUNGEN UND FORCIERUNG DER AKTIVEN ARBEITSMARKTPOLITK
Wirtschaftsminister Martin Kocher verwies auf eine weltweite Wachstumsschwäche, die alle Regionen und vor allem ein so exportorientiertes Land wie Österreich betreffe. Trotz der schwierigen Umstände, die geprägt waren von der Pandemie, dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und Energieversorgungsproblemen, seien der Regierung strukturelle Weichenstellungen gelungen, war der Minister überzeugt. Da Wachstum nur dort entstehen könne, wo Innovation, Forschung und Entwicklung passiere, habe man etwa über die Transformationsoffensive genau jene Firmen unterstützt, die neue Geschäftsmodelle und Lösungen für die Zukunft entwickeln. Österreich sei zum Beispiel Nummer 1, was die Produktion von Mikroelektronik bei der Herstellung von Halbleitern betreffe. Auch im Bereich der Life Sciences seien im Sektor Pharmazie eine Reihe von Investitionen getätigt worden. Weiters habe man die aktive Arbeitsmarktpolitik viel besser aufgestellt, um arbeitssuchende Personen rascher und besser zu vermitteln.
Niemand bestreite, dass Österreich und ganz Europa mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert sei, führte Kocher weiter aus. Er habe sich daher auch immer für eine Senkung der Lohnnebenkosten eingesetzt. Dies sei von der Regierung auch im Rahmen von vier kleineren Schritten umgesetzt worden, wobei die FPÖ aber nur bei einer einzigen mitgestimmt habe. Auch was die Reform der Arbeitslosenversicherung anbelangt, so habe sich die FPÖ immer dagegen ausgesprochen. Es sei zu wenig, nur Kritik an der Regierung zu üben, es müssten auch Lösungsvorschläge gemacht werden. Was es jedenfalls nicht brauche, sei eine Abschottung und eine rückwärtsgewandte Politik, hielt der Minister den Freiheitlichen entgegen.
ÖVP SIEHT MANGELNDE WIRTSCHAFTSKOMPETENZ BEI DEN FREIHEITLICHEN
Eine Partei, die aus der Europäischen Union austreten wolle, habe keine Berechtigung über Wirtschaftskompetenz zu sprechen, meinte Abgeordneter Kurt Egger (ÖVP). Auch die heutigen Wortmeldungen würden wieder belegen, dass die FPÖ keine konkreten Vorschläge habe. Vielmehr hätte eine gewisse Wehleidigkeit dominiert. Grund dafür sei wohl der Umstand, dass es Parteiobmann Kickl nicht gelungen sei, eine Regierungsmehrheit zustande zu bringen, urteilte Egger. Er erinnerte zudem daran, dass die FPÖ in den letzten Jahren viele wichtige Beschlüsse im Sinne der Wirtschaft, wie etwa die Investitionsprämie, die Körperschaftssenkung oder die Teuerungsprämie, nicht mitgetragen habe. Diesen Argumenten schloss sich seine Fraktionskollegin Carmen Jeitler-Cincelli an, die generell im FPÖ-Wirtschaftsprogramm „viele Worthülsen“ ortete.
SPÖ: BEI DER KONSOLIDIERUNG MÜSSEN STÄRKERE SCHULTERN MEHR ALS SCHWÄCHERE TRAGEN
Nachdem nicht nur die wirtschaftspolitische Situation, sondern auch die budgetäre Lage extrem herausfordernd seien, könne es kein „weiter wie bisher“ geben, unterstrich SPÖ- Abgeordnete Michaela Schmidt. In der Vergangenheit wurde leider die Teuerung nur halbherzig bekämpft, zumal bei den Mieten sowie den Energie- und Lebensmittelpreisen nicht in den Markt eingegriffen worden sei. Aus diesem Grund sei die Inflation „davongaloppiert“ und habe sich in die Wirtschaft „gefressen“. Es sei daher nicht verwunderlich, dass das Vertrauen der Bürger:innen nachhaltig erschüttert worden sei und dass der private Konsum zurückgehe. Die hohen Energiepreise und die hohen Zinsen hätten zudem dazu geführt, dass auch die Unternehmen zu wenig investieren oder sogar insolvent werden.
Um die Konjunktur anzukurbeln, seien Investitionen in die Zukunft erforderlich, vor allem in den Bereichen Pflege, Gesundheit, Industrie und Infrastruktur. Außerdem müssten bei der notwendigen Konsolidierung stärkere Schultern mehr als schwächere tragen. Die SPÖ sei bereit, Verantwortung zu übernehmen und führe daher Gespräche über eine „Koalition der konstruktiven Kräfte, konstatierte Schmidt.
Dass die FPÖ hingegen für eine Regierungsbeteiligung nicht geeignet sei und auch keine Politik „für den kleinen Mann“ mache, sehe man zum Beispiel in der Steiermark, wo der Verdacht im Raum stehe, dass sich freiheitliche Funktionäre rund 1,8 Mio. Ꞓ an Steuergeld „eingesteckt haben“. Das „wahre Gesicht“ der Freiheitlichen könne man auch daran erkennen, dass ihr Wirtschaftsflügel erst gestern in einer Presseaussendung Lohnzurückhaltung gefordert habe, stellte Reinhold Binder (SPÖ) fest. Die SPÖ stehe für eine echte Wirtschafts- und Standortpolitik, die nicht mit einem „Raubzug an den Arbeitnehmer:innern“ verwechselt werden dürfe.
NEOS sehen sich als Garant für deutliche Entlastungen und Bürokratieabbau in einer künftigen Regierung
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