Internationaler Austausch bei der Großstädtischen Tagung in Wien
Volksbildner*innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz diskutierten von 20. bis 22. November 2024 in Wien über den Ausbau von Teilhabe in der Volksbildung.
Von 20. bis 22. November standen bei der „Tagung des Arbeitskreises großstädtischer Volkshochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz“, kurz: „Großstädtische Tagung“, internationale Vernetzung und hochkarätige Vorträge auf dem Programm. Rund 50 VHS-Leitungen waren nach Wien gereist, um sich einem Kernthema von Volkshochschularbeit, „Teilhabe und Volksbildung: Teilnehmer*innen im Mittelpunkt“, zu widmen.
„Die Relevanz des Tagungsthemas bleibt ungebrochen, da der Grundgedanke der Volksbildung, nämlich Bildung für alle bereitzustellen, insbesondere darauf abzielt, Menschen ohne Hochschulbildung Zugang zu Weiterbildung, Wissen und Raum für Debatten zu ermöglichen. Bildungschancen sind auch heute für die Verbesserung der eigenen Lebenssituation essentiell. Daher legen wir in Wien besonders großen Wert darauf, mit einer umfangreichen Bildungs-Infrastruktur lebensbegleitendes Lernen in hoher Qualität zu ermöglichen. Internationaler Austausch ist dabei unerlässlich, um aktuelle Bildungsbedarfe zu antizipieren und Angebote ständig weiterzuentwickeln“, betonte Wiener Bürgermeister und Volksbildner Dr. Michael Ludwig, der die Teilnehmer*innen am Abend des 20. Novembers bei einem feierlichen Empfang im Rathaus begrüßte.
Die Tagung fand im besonderen Ambiente der frisch sanierten VHS Ottakring statt. Sie wurde im Jahr 1901 von Ludo Moritz Hartmann und Emil Reich als Volksheim Ottakring gegründet und beherbergte ab 1905 die erste Abend-Volkshochschule Europas.
„Die Wiener Volkshochschulen sind nicht nur eine der größten städtischen Volkshochschulen Europas, sondern die lange Tradition der Volksbildung in unserer Stadt wird auch heute weitergeführt. Durch die Unterstützung der Stadt Wien können wir den Wiener*innen ein breites Bildungsangebot in topsanierten Standorten anbieten. Das zeigt den hohen Stellenwert, den Erwachsenenbildung in unserer Stadt hat und trägt wesentlich zur Chancengerechtigkeit in Wien bei“, sagt Herbert Schweiger, Geschäftsführer der Wiener Volkshochschulen.
DEBATTE ENTLANG VON THEORIE UND PRAXIS
Die so genannte „Working-Class-Education“ ist historisch ein zentraler Strang der Volkshochschul-Bewegung. Die Ermächtigung und Bildung von gesellschaftlichen Gruppen, die von Aus- und Weiterbildung im Erwachsenenalter im Wesentlichen ausgeschlossen waren, ist eine der Grundmotivationen von Volksbildung. Die Tagung beleuchtete die Frage: Erreichen wir in unseren Großstädten noch ausreichend jene Menschen, die unserer Bildungsarbeit am meisten bedürfen?
Eine Annäherung an das Thema erfolgte von theoretischer und praktischer Seite. Dirk Geldof (Prof. für Soziologie, Universität Antwerpen) widmete sich in seinem Vortrag dem Phänomen der „Superdiversität“ und der Frage, wie Prozesse der Interkulturalisierung und diversitätssensible Ansätze in Volkshochschulen umgesetzt werden können.
Nach Ausschnitten der ORF III „zeit.geschichte“-Dokumentation: „Bildung für alle. Die Geschichte der österreichischen Volkshochschulen“ wurde über Grund- und Basisbildung diskutiert. Am Podium sprachen Nicole Kraler (Leitung Geschäftsbereich Grundbildung, Wiener Volkshochschulen), Thomas Laimer (Direktor der VHS Ottakring), Joanna Martini (Teilnehmerin) und Karin Bittner (Geschäftsbereich Grundbildung).
Über das Verhältnis von demokratischer Teilhabe und Volksbildung wurde nach Inputs von Tamara Ehs (Politikwissenschafterin, pol. Erwachsenenbildnerin) und Sonja Luksik (ÖGPB- Österreichische Gesellschaft für politische Bildung) gemeinsam diskutiert.
Projektbesuche beim Obdach Forum, dem Demontage- und Recyclingzentrum, dem College 25+ und dem Rider‘s Collective rundeten das Programm am Donnerstag ab.
Am Freitag stand Diskussion und Austausch mit den Spitzen der Dachverbände aus Österreich, Deutschland und der Schweiz – Julia von Westerholt (Verbandsdirektorin DVV), John Evers (Generalsekretär VÖV) und Pius Knüsel (Verbandspräsident VSV) – auf dem Programm.
Saskia Eschenbacher, Professorin für Erwachsenenbildung und Beratung an der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften Berlin widmete sich in ihrem Vortrag dem Thema „Transformatives Lernen aus Teilnehmer*innenperspektive“.
WAHL DES NEUEN SPRECHERS DES ARBEITSKREISES
Jean-Marie Thill, der österreichische Vertreter im dreiköpfigen Sprecher*innen-Team der Großstädtischen Tagung, betonte die Relevanz der Vernetzung: „In den letzten Jahren, insbesondere nach Corona, zeigte der internationale Austausch der deutschsprachigen, großstädtischen Volkshochschulen Deutschlands, der Schweiz und Österreichs, dass diese „Werkstätten der Demokratie“ – weltanschaulich und parteipolitisch unabhängig – den Zweck der Förderung des Individuums, seiner gesellschaftlichen Teilhabe sowie der Gesellschaft selbst verfolgen.“
Der erfahrene Volksbildner Thill, langjähriger Bereichsleiter der Wiener Volkshochschulen, tritt mit 1. Dezember 2024 in den wohlverdienten Ruhestand. Als sein Nachfolger und nächster österreichischer Vertreter im Sprecher*innenkollegium wurde Stefan Jagsch (Bereichsleiter Innovation & Internationales, Wiener Volkshochschulen) gewählt, der gemeinsam mit Jürgen Küfner (Direktor VHS Dresden) und Susanne Deß (Direktorin Mannheimer Abendakademie und Volkshochschule) den Arbeitskreis nach außen repräsentiert.
INTERNATIONALER AUSTAUSCH ZUR ZUKUNFT DER VOLKSBILDUNG SEIT 1954
Der Arbeitskreis großstädtischer Volkshochschulen wurde im Jahr 1954 gegründet und befand sich damit in einer historischen Phase, deren Augenmerk darauf gerichtet war, internationale Beziehungen wiederaufzubauen und die Demokratie zu festigen. Schnell entwickelte er sich zu einem Motor für die Weiterentwicklung der Volkshochschularbeit. Der Austausch von Erfahrungen, Ideen und Konzepten ist auch heute noch Kernstück der Konferenz.
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Wiener Volkshochschulen
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