Zierfuß: Fast die Hälfte der Erstklässler in Wiens Volksschulen kann nicht mehr Deutsch
Bereits in 7 Wiener Bezirken liegt der Anteil über 50 Prozent – Wiener Volkspartei fordert verpflichtenden Kindergartenbesuch für Kinder mit Deutschförderbedarf ab drei Jahren
„Fast die Hälfte der Erstklässler in Wiens Volksschulen kann nicht mehr Deutsch. Die Zahlen, die Stadtrat Wiederkehr auf eine Anfrage der Wiener Volkspartei geliefert hat, sind unfassbar und hochgradig explosiv“, so ÖVP-Bildungssprecher Harald Zierfuß.
Laut einer aktuellen Anfragebeantwortung an die Wiener Volkspartei können im aktuellen Schuljahr 2024/25 (Stichtag: 1. Oktober 2024) von insgesamt 18.722 Erstklässlern in Wiens öffentlichen Volksschulen 45 Prozent der Erstklässler (8.342) nicht mehr Deutsch. Vor zwei Jahren – im Schuljahr 2022/23 (Stichtag: 1. Oktober 2022) – lag dieser Prozentsatz noch bei 36 Prozent. 61 Prozent der heurigen 8.342 Erstklässler ohne Deutschkenntnisse sind in Österreich geboren (5.084), 24 Prozent haben sogar die österreichische Staatsbürgerschaft (1.959), und durchschnittlich haben diese Kinder den Kindergarten 2,14 Jahre lang besucht.
„Sieht man sich die Detailergebnisse in den Bezirken an, muss man feststellen, dass mittlerweile bereits in sieben Bezirken die Zahl der ao. Erstklässler über 50 Prozent (!) liegt. Im Schuljahr 2022/23 waren es noch fünf Bezirke“, so Zierfuß. Demnach liegt der Anteil der ao. Schüler in der ersten Schulstufe in Margareten bei 73,8 Prozent, in Favoriten bei 63,1 Prozent, in Meidling bei 53,5 Prozent, in Rudolfsheim-Fünfhaus bei 61,8 Prozent, in Ottakring bei 62,1 Prozent, in Hernals bei 50,8 Prozent und in der Brigittenau bei 62,7 Prozent.
„Wenn Kinder zum Großteil hier geboren werden, aufwachsen, über zwei Jahre den Kindergarten besuchen und zu Schulbeginn trotzdem noch immer nicht Deutsch können, dann hat das nichts mit Fluchtbewegungen oder Planstellen in Wiens Schulen zu tun, sondern mit dem kompletten Versagen von SPÖ und NEOS im Kindergartenbereich“, so Zierfuß.
„Und wenn diese Kinder bereits über zwei Jahre den Kindergarten besucht haben, reicht es auch nicht, für diese ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr einzuführen. Wir brauchen eine Kindergartenpflicht für alle Kinder mit Deutschförderbedarf bereits ab drei Jahren mit massiven Investitionen und effektiven Maßnahmen in der Deutschförderung im Kindergartenbereich“, so der ÖVP-Bildungssprecher und weiter: „Einmal mehr steht fest: Die Deutschförderung in Wiens Kindergärten versagt komplett. Hier trägt Stadtrat Wiederkehr die alleinige Verantwortung. Die elementare Bildung ist in Gesetzgebung und Vollziehung eine klare Länderkompetenz. Unter der Amtszeit von NEOS-Stadtrat Wiederkehr sind die Bedingungen nicht besser, sondern die Zahlen schlechter, der Frust der Pädagogen größer und die Chancen der Kinder kleiner geworden.“
Die Forderungen der Wiener Volkspartei liegen bereits seit Mai 2023 am Tisch:
* VERPFLICHTENDER KINDERGARTENBESUCH FÜR KINDER MIT DEUTSCHFÖRDERBEDARF AB DREI JAHREN: Für Kinder, bei denen bei einer ersten Sprachstandsfeststellung mit drei Jahren ein Deutschförderbedarf festgestellt wurde, muss der Besuch des Kindergartens verpflichtend eingeführt werden, damit sie zu Schulbeginn als ordentliche Schüler mit allen Chancen und Möglichkeiten ihren weiteren Bildungsweg erfolgreich fortsetzen können.
* SPRACHSTANDSFESTSTELLUNG ALLER 3-JÄHRIGEN KINDER IN WIEN: Was es im Vorfeld einer Kindergartenpflicht ab drei Jahren braucht, ist natürlich eine Sprachstandsfeststellung ALLER 3-jährigen Kinder in Wien – auch von jenen, die noch nicht in den Kindergarten gehen. Ab diesem Zeitpunkt muss die Sprachentwicklung der Kinder genau beobachtet und explizit gefördert werden.
* KINDERGARTENFÖRDERUNG AN DIE QUALITÄT DER DEUTSCHFÖRDERUNG KOPPELN: Der Kindergarten hat einen klaren Bildungsauftrag. Ob Kindergärten diesen Bildungsauftrag erfüllen, wird jedoch nur oberflächlich überprüft. Ein wesentliches Qualitätsmerkmal wäre jedenfalls die Entwicklung der Deutschkenntnisse von Kindern mit nicht-deutscher Umgangssprache. Sprechen diese dann zu Schulbeginn nicht ausreichend Deutsch, um als ordentliche Schüler geführt zu werden, müssten Förderungen zumindest teilweise zurückbezahlt bzw. eine weitere Förderung für den Verein generell evaluiert werden.
* ERHÖHUNG DES FACHKRAFT-KIND-SCHLÜSSELS: Sowohl auf Bundesebene als auch auf Wiener Ebene haben die NEOS in Opposition mehrfach Anträge für eine Erhöhung des Fachkraft-Kind-Schlüssels auf 1:8 oder 1:10 bei den 3- bis 6-Jährigen gestellt. Kaum in Regierungsverantwortung in Wien will der zuständige Bildungsstadtrat Wiederkehr jedoch nichts mehr davon wissen und schiebt die Verantwortung auf den Bund. Um mehr Qualität in die Sprachförderung zu bringen, braucht es langfristig einen Stufenplan, um zu mehr Pädagoginnen und Pädagogen in den Kindergartengruppen zu kommen.
* ALLE PÄDAGOGINNEN UND PÄDAGOGEN MÜSSEN EINE SPRACHFÖRDERAUSBILDUNG HABEN: Da Deutschförderung im Kindergarten vor allem alltagsintegriert passiert, müssen alle Fachkräfte eine Sprachförderausbildung haben. Zwar ist mittlerweile Deutschförderung bereits in die Grundausbildung integriert, für alle noch nicht ausgebildeten Pädagoginnen und Pädagogen braucht es jedoch berufsbegleitende Fortbildungsmaßnahmen, die finanziell gefördert werden.
* EINE SPRACHFÖRDERKRAFT PRO KINDERGARTEN MIT SPRACHFÖRDERBEDARF: Jedes Kind mit festgestelltem Sprachförderbedarf MUSS im Kindergarten auch zusätzliche qualifizierte Deutschförderung erhalten. Dazu muss die Zahl der Sprachförderkräfte rasch und massiv aufgestockt werden. Es kann nicht sein, dass die Zahl der Sprachförderkräfte in Wien seit 4 Jahren de facto stagniert und nach wie vor noch nicht einmal 300 Vollzeitkräfte in Wiens Kindergärten arbeiten. Auch ist die Zahl der Kinder, die pro Sprachförderkraft betreut werden müssen, seit 2020 massiv gestiegen. Tatsächlich muss jeder Kindergarten, der viele Kinder mit Sprachförderbedarf hat, auch über eine eigene Sprachförderkraft vor Ort verfügen.
* C1-NIVEAU BEI GESAMTEM KINDERGARTENPERSONAL: Derzeit ist in der Wiener Kindergartenverordnung nur für pädagogische Fachkräfte ein Sprachniveau von C1 vorgeschrieben, nicht jedoch für Assistentinnen und Assistenten. Um auch diese Sprachförderressource zusätzlich zu nützen, muss ein Stufenplan erarbeitet werden, damit künftig das gesamte Kindergartenpersonal – inklusive Kindergartenassistenten – als Mindestanforderung ein Sprachniveau von C1 aufweisen kann.
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