Bundesrat: Finanzminister Mayr will Klarheit und Sicherheit in die Budgetdebatte bringen

Unterschiedliche Vorstellungen der Fraktionen zur Konsolidierung des Finanzhaushalts

Mit Spannung erwartet wurde der erste Auftritt des neuen Finanzministers Gunter Mayr im Bundesrat. Nicht nur weil er erst vor Kurzem angelobt wurde, sondern weil die Budgetsituation derzeit das beherrschende innenpolitische Thema darstellt. Nach einer kurzen persönlichen Vorstellung stieg Mayr auch gleich in medias res ein und nahm zu den unterschiedlichen Einschätzungen der Wirtschaftsinstitute Stellung. Statt über Zehntelprozentpunkte zu streiten, sei es aus seiner Sicht aber wichtiger, für Klarheit und Sicherheit in der Budgetdebatte zu sorgen. Mayr verwies darauf, dass voraussichtlich Mitte Dezember ein neuer Referenzpfad von der EU übermittelt werde, der entweder innerhalb von vier oder sieben Jahren eingehalten werden müsse. Ein Defizitverfahren sei nur dann abzuwenden, wenn Österreich im Jahr 2025 die 3 %-Grenze einhalten könne, betonte er.

Unter Bezugnahme auf den Titel der heutigen Aktuellen Stunde „Herausforderungen für das Ressort im Umfeld der Regierungsverhandlungen und der neuen Fiskalregeln“ waren sich die einzelnen Fraktionen einig, dass die neue Koalition vor der großen Aufgabe stehen werde, die Wirtschaft wieder anzukurbeln und das Budget zu konsolidieren. Während die ÖVP primär ausgabenseitig ansetzen wollte, warnte die SPÖ davor, dass nicht wieder die Arbeitnehmer:innen, die Pensionist:innen und die Konsument:innen, die schon jetzt von der Teuerung stark betroffen seien, zur Kasse gebeten werden. Die NEOS bekundeten ihre Bereitschaft, an der Sanierung des Budgets tatkräftig mitzuarbeiten, forderten aber tiefgreifende Reformen, insbesondere im Pensionssektor.

Den Grünen war es ein großes Anliegen, dass die richtigen Prioritäten gesetzt werden und vor allem die Umstellung der Wirtschaft auf klimaneutrale Produktionsweisen und nachhaltige Wertschöpfung gefördert werde.

Ein vernichtendes Urteil kam von den Freiheitlichen, die der letzten Regierung vorwarfen, die Wirtschaft „an die Wand gefahren“ und einen massiven Schuldenstand hinterlassen zu haben.

ÖVP FÜR ANKURBELUNG DER WIRTSCHAFT SOWIE BERÜCKSICHTIGUNG DER INTERESSEN DER LÄNDER UND GEMEINDEN

Es gebe keinen Zweifel daran, dass die budgetäre Lage in Österreich derzeit schwierig sei und sich die Wirtschaft heuer in einer Rezession befinde, konstatierte Bundesrat Harald Himmer (ÖVP/W). Er freue sich daher, dass es heute in der Länderkammer die Möglichkeit gebe, den neuen Finanzminister, der ein absoluter Experte in seinem Fachgebiet sei, kennenzulernen. Die sich in den letzten Monaten laufend verschlechternden Wachstumsprognosen würden belegen, dass es dringend notwendig sei, die Wirtschaft zu stimulieren und das Budget vor allem ausgabenseitig zu konsolidieren, war Himmer überzeugt. Denn bevor Geld verteilt werde, müsse „die Kohle“ auch eingenommen werden.

Da jeder zweite Arbeitsplatz im Land unmittelbar mit den Exporterfolgen verbunden sei, hänge Österreich in einem besonderen Maß von der weltpolitischen Lage ab, gab auch Christian Buchmann (ÖVP/St) zu bedenken. Im Hinblick auf die laufenden Regierungsverhandlungen war es ihm wichtig zu betonen, dass nicht auf die Bundesländer und Gemeinden vergessen werde. Sie könnten nur dann neue Aufgaben übernehmen, wenn sie auch die entsprechenden Mittel dafür bekommen würden.

SPÖ: DAS BUDGET IST EIN „TRÜMMERHAUFEN“

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ/W) zollte dem neuen Minister, der selbst aus der Verwaltung komme, höchsten Respekt für die Übernahme eines so wichtigen Ressorts. Die Zeiten seien in der Tat schwierig, da der Schuldenberg kontinuierlich wachse und von der EU-Kommission überdies ein Defizitverfahren in Aussicht gestellt wurde. Noch dazu würden sich – gerade vor Weihnachten – die Insolvenzen und Konkurse häufen, zeigte sich Schumann besorgt.

Angesichts dieser schwierigen Rahmenbedingungen müsse nun endlich Klartext geredet werden, meinte Schumann, die das Budget als einen „Trümmerhaufen“ bezeichnete. Hauptgrund dafür sei, dass die vorherige Regierung zwar viel Geld ausgegeben, aber dafür keine Gegenfinanzierung vorgesehen habe. Außerdem seien nicht rechtzeitig inflationsdämpfende Maßnahmen gesetzt worden, wie von der SPÖ immer wieder gefordert wurde. Gleichzeitig hätte es gute Investitionskonzepte sowie eine Industrie- und eine Standortstrategie gebraucht, die aber noch immer fehlen würden. Auf europäischer Ebene müsse laut Schumann genau darauf geachtet werden, dass Investitionen in die Zukunft vom Einsparungszwang ausgenommen werden. Ihr Fraktionskollege Christian Fischer (SPÖ/N) verwies vor allem auf die sehr schwierige Lage der Gemeinden, die derzeit unter einem besonderen Druck stehen würden. Er hoffe daher, dass der neue Finanzminister seinen eigenen Weg gehen und sich wenig an seinem Vorgänger Brunner orientieren werde.

FPÖ PRANGERT „HAUSGEMACHTE PROBLEME“ AN UND FORDERT TRENDUMKEHR

Nachdem sich der Schuldenstand in Österreich laufend erhöhte habe, wäre dieser Trend erstmals während der „blau-schwarzen Regierung“ gebrochen worden, meinte Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N). Nun sei man laut Prognosen mit einer Verschuldung von zumindest 412 Mrd. Ꞓ konfrontiert, es könnte aber auch noch mehr werden. Österreich stehe heute trotz Milliardenhilfen ökonomisch schlechter da als 2019 und rangiere sogar hinter „ehemaligen Pleitestaaten“ der EU, zeigte Spanring auf. Dass die Politik Österreich „in den Ruin“ führe, sehe man nun auch deutlich an den zahlreichen Pleiten, durch die tausende Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren würden. Allein in den letzten 30 Tagen habe es in Wien 204 und in Niederösterreich 103 Insolvenzen gegeben. Die frühere Bundesregierung habe es in nur fünf Jahren „geschafft“, die Wirtschaft, die landwirtschaftlichen Betriebe und den Mittelstand „gegen die Wand“ zu fahren“, schloss sich Michael Bernard (FPÖ/N) der Kritik seines Fraktionskollegen an.

Diese negative Entwicklung sei nach Ansicht von Spanring vor allem aber hausgemacht und könne nicht auf den Krieg in der Ukraine oder die internationalen Entwicklungen geschoben werden. Dennoch seien die freiheitlichen Lösungsvorschläge, die auf eine starke Wirtschafts- und Steuerpolitik, weniger Bürokratie und eine deutliche Entlastung der Arbeitnehmer:innen abzielten, immer ignoriert und vom Tisch gewischt worden, beklagte Spanring.

GRÜNE FÜR MASSIVE INVESTITIONEN IN FORSCHUNG, INNOVATION UND INFRASTRUKTUR

Aus Sicht der Grünen stehe Österreich vor einer entscheidenden Weggabelung, bei der die richtigen Prioritäten gesetzt werden müssten, urteilte Maria Huber (Grüne/St). Sie habe allerdings den Eindruck, dass bei den laufenden Regierungsverhandlungen wichtige Zukunftsfragen wie der Klimaschutz nicht mehr ganz oben auf der Agenda stehen würden. Um die zahlreichen Herausforderungen bewältigen zu können, sollten auch die damit verbundenen Chancen erkannt werden, appellierte sie. Die Wirtschaft müsse durch die notwendige „grüne Transformation“ begleitet werden. Die Umstellung auf klimaneutrale Produktionsweisen und nachhaltige Wertschöpfung sei nicht länger eine Option, sondern eine Notwendigkeit. Huber setzte sich daher auch für eine Weiterentwicklung der EU-Fiskalregeln ein, damit klimarelevante Investitionen nicht behindert würden. Denn dieser Verantwortung für den Planeten müsse man sich stellen, war auch ihr Klubkollege Marco Schreuder (Grüne/W) überzeugt.

NEOS FÜR SANIERUNG DES BUDGETS UND TIEFGREIFENDE REFORMEN

Ein „gesunder“ Finanzhaushalt sei für das Funktionieren eines Staates von essentieller Bedeutung, erklärte Manuela-Anna Sumah-Vospernik (NEOS/W). Als Insolvenzverwalterin sehe sie in der Praxis immer wieder, dass oft nur einige wenige folgenschwere Fehleinschätzungen den Finanzhaushalt ins Wanken oder sogar zum „Kentern“ bringen können. Bei der Beurteilung des aktuellen Budgets müsse daher zunächst genau analysiert werden, wo die falschen Schwerpunkte gesetzt wurden. Als problematisch stufte Sumah-Vospernik unter anderem die in den letzten Jahren geschnürten Entlastungspakete ein, die nach dem Gießkannenprinzip konzipiert worden und wenig treffsicher gewesen seien. Da auch nicht die notwendigen Reformen eingeleitet wurden, sei man nun mit einem Konsolidierungsbedarf von mindestens 4,4 Mrd. Ꞓ und einem Rekordschuldenstand konfrontiert. Gleichzeitig weise Österreich mit einer Abgabenquote von 43,6 % eine der höchsten der EU auf, führte Sumah-Vospernik ins Treffen. Die neue Regierung werde daher die schwierige Aufgabe haben, nicht nur das Wirtschaftswachstum zu fördern, sondern auch strukturelle Verbesserungen in Angriff zu nehmen.

FINANZMINISTER MAYR PEILT 3 %-DEFIZITGRENZE IM JAHR 2025 AN

Nach einer kurzen persönlichen Vorstellung betonte Gunter Mayr, dass er die neue Aufgabe mit Demut und großem Einsatz angegangen sei. Dieser Einsatz sei auch notwendig, weil der volle Fokus nun auf dem Budget liegen müsse. Das Ziel eines „Experten-Übergangs-Ministers“, wie er sich selbst bezeichnete, könne es da nur sein, mehr Klarheit, Sachlichkeit und Sicherheit in die Debatte einzubringen.

Dennoch sollte nicht unerwähnt bleiben, dass in den letzten drei Jahren vieles passiert sei, erklärte Mayr. So sei es etwa trotz Krisen gelungen, mit der Abschaffung der kalten Progression einen „unglaublichen Meilenstein“ zu setzen.

Zu einzelnen Vorwürfen, wonach die Budgetsituation vor der Wahl falsch dargestellt worden sei, stellte Mayr klar, dass eine Wifo-Oktober-Prognose eben erst im Oktober vorliege. Es handle sich dabei um standardisierte Prozesse, erläuterte er. Die Expert:innen des Wirtschaftsforschungsinstituts hätten ihm weiters bestätigt, dass sich die Voraussagen von Juni bis Oktober massiv verschlechtert haben. Die Europäische Kommission wiederum, die Österreich am 15. November ihre Einschätzungen übermittelt habe, gehe von Defiziten in der Höhe von 3,6 % (2024) bzw. 3,7 % (2025) aus. Als Gründe für die Überschreitung der 3 %-Grenze führte Mayr unter anderem das negative Wirtschaftswachstum oder auch die Auswirkungen der Hochwasserkatastrophe an.

Ganz entscheidend werde daher die Entwicklung im Jahr 2025 sein. Während Österreich bei der Entlastung der unteren Einkommen bei den internationalen Spitzenreitern sei, komme man in der „Mittelzone“ relativ schnell in eine hohe Steuerbelastung. Wenn man also bestrebt sei, mehr Menschen von der Teilzeit in die Vollzeit zu bekommen, dann müsse wohl dort angesetzt werden, führte Mayr ein Beispiel für eine Reformmöglichkeit an. Richtig sei auch, dass manche Entwicklungen auf Länder- und Gemeindeebene nicht erfreulich seien, vor allem was die Ertragsanteile betrifft. So sei etwa die Zurückhaltung der Konsument:innen bei den Einnahmen aus der Umsatzsteuer deutlich spürbar. Auch dieser Problematik werde er sich ernsthaft widmen. (Schluss Bundesrat) sue

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

————————-

Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
http://www.parlament.gv.at
www.facebook.com/OeParl
www.twitter.com/oeparl

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender