„Schulterschluss der Menschen notwendig!“

An einer Regierung wird gearbeitet, der burgenländische Landtag wird gewählt. Die Wirtschaft wartet auf Lösungen. „Die Regierungen müssen unsere Anliegen ernst nehmen “, so Wirth.

In der neuesten Ausgabe von “Burgenlands Wirtschaft” stellt Burgenlands Wirtschaftskammerpräsident Andreas Wirth die Wünsche der Unternehmerinnen und Unternehmer an die neuen Regierungen vor:

_Burgenlands Wirtschaft (BuWi): „Die Wirtschaft stagniert. Was fordern Sie konkret von der neuen Regierung?“_

WIRTSCHAFTSKAMMERPRÄSIDENT ANDREAS WIRTH: „Die Wirt­schaft steckt nach wie vor in einer schwierigen Situation fest und braucht Klarheit. Un­gewissheit und fehlende Pla­nungssicherheit sorgen für Zu­rückhaltung bei den Investiti­onen und somit für Stillstand. Die neue Bundesregierung muss die Standortpolitik in den Mittelpunkt stellen! Der Stand­ort steht unter Druck und hat schwer an Attraktivität einge­büßt. Aufgrund der gestiege­nen Lohnstückkosten und der hohen Abgabenquote investie­ren Firmen im Ausland. Inves­toren denken beim Geldausge­ben nicht mal mehr an Öster­reich!“

_BuWi: „Wo drückt der Schuh konkret?“_

WIRTH: „Seit 2009 sind die Ar­beitskosten um fast 50 Prozent gestiegen – deutlich mehr als zum Beispiel in Deutschland mit 40 Prozent. Die Folge: Die Lohnstückkosten gehen in Österreich seit 2009 mit einem Plus von 30 Prozent durch die Decke. Aufgrund der hohen Re­allohnabschlüsse in Österreich werden die Lohnstückkosten bis 2025 um weitere 20,5 Pro­zent steigen. Die Arbeitskosten stellen bereits jetzt für Burgen­lands Unternehmen das größte wirtschaftliche Risiko dar!

Punkt 2: Die Steuern auf Ar­beit sind in Österreich ähnlich hoch wie auf Zigaretten und Schnaps. Unser Land zählt mit 47 Prozent Besteuerung des Faktors Arbeit zu den Top fünf in Europa mit den höchsten Lohnnebenkosten! Daher for­dern wir: Runter mit den Lohn­nebenkosten! Dazu kommt, dass Österreich insgesamt mit einer Abgabenquote von 43,5 Prozent im europäischen Spit­zenfeld liegt. Das zeigt deut­lich, dass wir ein Ausgaben-­ und kein Einnahmenproblem haben. Vermögens­ oder Erb­schaftssteuern würden der Wirtschaft nur weiteren Scha­den zufügen.“

_BuWi: „Von einem zu viel, von anderem zu wenig, kommen wir zum Thema Mitarbeiter…“_

WIRTH: „Derzeit ist es so, dass Nichtarbeit, zu attraktiv ist, viele entscheiden sich für Teil­zeit, steuerliche Anreize für mehr Engagement fehlen. Des­halb muss der Unterschied zwischen Teilzeit­ und Voll­zeitarbeit größer sein, Mehr­arbeit muss sich – etwa durch steuerfreie Überstunden – mehr lohnen. Wir brauchen ei­ne moderne Arbeitsmarktpo­litik, die den Schwerpunkt auf eine rasche Vermittlung in den Arbeitsmarkt legt. Wir brau­chen ein Arbeitslosengeld, das anfangs durchaus höher sein darf, dann aber geringer wer­den muss, wenn man keine Arbeit annimmt. Darüber hin­aus muss man den Ausbau der Kinderbetreuung vorantreiben sowie steuerliche Anreize für Überstunden schaffen. Und wer in der Pension noch etwas dazuverdienen und sein Know­ how weitergeben will, soll das ohne Abgaben tun können.“

_BuWi: „Das Thema Arbeitszeitverkürzung muss also vom Tisch?“_

WIRTH: „Wir werden unseren Sozialstaat, wie wir ihn ken­nen, nicht erhalten können, wenn weniger gearbeitet wird. Mit diesem Märchen muss Schluss sein! Im Eurozonenver­gleich verzeichnet Österreich den stärksten Rückgang bei der Arbeitszeit! 2004 haben Arbeit­nehmer noch durchschnittlich 33,9 Stunden pro Woche gear­beitet. Jetzt sind es nur noch 29,2 Stunden. Wenn wir un­ser Wohlstandsniveau halten und unser soziales Netz absi­chern wollen, müssen wir des­sen Fundament – Wirtschaft und Beschäftigung – stärken. Wir werden in Zukunft wie­ der mehr arbeiten müssen und nicht weniger. Eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung – egal, ob mit oder ohne Lohnaus­gleich – oder eine verpflicht­ende Vier­-Tage­-Woche wäre je­ denfalls Gift für den Standort.“

_BuWi: „In Ihren Reden erwähnen Sie immer wieder die Last der Bürokratie.“_

WIRTH: „Bürokratie, Doku­mentationspflichten und Kon­trollen sind die rauchenden Bremsklötze der Betriebe. Stellen Sie sich ein Ein­-Per­sonen­-Unternehmen vor, das rund 20 Stunden pro Woche allein für die Bewältigung der Bürokratie aufwenden muss. Das hat eine Studie im Auftrag der WKO ergeben. Das System ist über die Jahrzehnte gewach­sen. Niemand hat sich die Mü­he gemacht, es auszumisten. Es braucht ein klares und schlan­kes Regelwerk, damit wir Un­ternehmerinnen und Unter­nehmer uns wieder um unsere Kernaufgaben kümmern kön­nen: Produkte auf den Markt bringen und Dienstleistungen anbieten.“

_BuWi: „Nein zur Arbeitszeitverkürzung, nein zu Lohnerhöhungen. Wie soll die Regierung das den Menschen schmackhaft machen?“_

WIRTH: Wir brauchen endlich wieder einen Schulterschluss aller Menschen – egal, ob Ar­beitgeber oder Arbeitnehmer, egal, von welcher Partei. Ver­kürzt man die Arbeitszeit, wer­den viele Aufträge nicht mehr erfüllt werden können. Viele Dienstleistungen werden vom Markt verschwinden. Durch Arbeitszeitreduktion kommt viel weniger Geld in die Kassen des Sozialsystems: Leistungen der Krankenkassen etc. werden reduziert. Ähnlich bei Lohner­höhungen. Was ist die Folge ei­ner Lohnerhöhung? Waren und Dienstleistungen werden teuer. Es bleibt nicht mehr im Börsel. Hier braucht es einen anderen Weg: Eine Senkung der Lohnne­benkosten bringt Arbeitgebern und Arbeitnehmern etwas. Wir brauchen endlich Lösungen und neue Wege der Regierung: Die Zeit des Durchwurschtelns ist vorbei. Jetzt braucht die Re­gierung Mut und gute Ideen!“

Wirtschaftskammer Burgenland
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