Electronic Monitoring zur Gewährleistung von Sicherheit und Schutz in Österreich: Eine intensive Diskussion ist notwendig.

Gewaltschutzzentren sehen solche Überwachungssysteme in Hochrisikofällen als eine mögliche Schutzmaßnahme von vielen.

In Deutschland soll eine Änderung des Gewaltschutzgesetzes dazu führen, dass künftig Familiengerichte in Hochrisikofällen eine elektronische Aufenthaltsüberwachung anordnen können, damit Gewaltschutzanordnungen besser überwacht werden können.

In Österreich ist die mögliche Einführung von Electronic Monitoring zur Überwachung gefährdender Personen zwar immer wieder als Schlagwort in den Medien, eine fachliche Diskussion um Vor- und Nachteile steht allerdings noch am Beginn. Electronic Monitoring ermöglicht den zuständigen staatlichen Behörden, die Anwesenheit einer gefährdenden Person, ihren Aufenthaltsort, ihre Bewegungen und das Einhalten von Auflagen, wie beispielsweise Annäherungsverbote, aus der Distanz festzustellen.

In Europa existieren verschiedene Modelle des Electronic Monitoring, deren Ausgestaltung von der Rechtslage im jeweiligen Staat abhängt. Diese reicht von der Möglichkeit, Bewegungsdaten erst im Nachhinein auszuwerten, die dadurch jedoch keine Schutzfunktion für die gefährdete Person bewirken, bis hin zu aktiven Überwachungsformen. Im Zuge dieser werden Positionsdaten der gefährdenden Person in Echtzeit übermittelt, und auf Meldungen oder Verstöße ist eine unmittelbare, meist polizeiliche, Intervention möglich. Das benötigt eine rasch funktionierende Schnittstelle zur Polizei. Bei der Überwachung eines Kontakt- bzw. Annäherungsverbotes an eine zu schützende Person muss jedoch auch die gefährdete Person mit einem Tracker ausgestattet werden. Diese Maßnahme kann für das Opfer nicht nur technisch überfordernd sein, sondern auch Stress und psychische Belastungen auslösen. Daher kann die Teilnahme an Electronic Monitoring für gefährdete Personen auch nur auf Freiwilligkeit beruhen. Für manche Opfer kann sie natürlich eine Erhöhung des Sicherheitsgefühls bedeuten.

Marina Sorgo, Bundesverbandsvorsitzende der österreichischen Gewaltschutzzentren: „Aus Sicht der Gewaltschutzzentren sind derartige Überwachungssysteme in einzelnen, hochgefährlichen Situationen als eine von mehreren Sicherheitsmaßnahmen denkbar“, und betont: „Eine richterliche Gefährdungseinschätzung sollte Voraussetzung sein. Die Einführung von Electronic Monitoring darf nicht dazu führen, dass die effektivste Schutzmaßnahme für gefährdete Personen, nämlich die Verhängung einer Untersuchungshaft, zugunsten eines Überwachungssystems verdrängt wird.“

Neben einer eigenen Überwachungszentrale, die Verstöße wahrnimmt und darauf reagiert, bräuchte es sowohl für Gefährder*innen als auch für gefährdete Personen jeweils ein System der parallel verfügbaren Unterstützung. Und bei all diesen Überlegungen ist es besonders wichtig, das Augenmerk auch auf das Kindeswohl (mit-) betroffener Kinder zu legen. Die Einführung von Electronic Monitoring wirft auch schwierige grundrechtliche Fragen des Datenschutzes und des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens auf. Äußerst heikel ist auch, wer mit der Überwachung beauftragt werden sollte.

Die Gewaltschutzzentren wünschen sich daher einen breiten fachlichen Diskurs zwischen Polizei, Justiz, Opferschutz- und Täter*inneneinrichtungen, bevor es in Österreich zu gesetzlichen Änderungen kommt.

Rückfragen:
Dr.in Barbara Jauk

Bundesverband der Gewaltschutzzentren
Gabriele Payerl-Gerstmann
Telefon: 0316/774199

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