ÖGfE-Schmidt: 30 Jahre EU-Mitgliedschaft – Österreicher:innen bilanzieren positiv, Ausblick verhalten

Starke Identifizierung mit Europa – Durchschnittlich 70 % für EU-Verbleib, 22 % für Austritt – Euro, offene Grenzen & Erweiterung als positiv besetzte Integrationsschritte

_„Am 1. Jänner ist es 30 Jahre her, dass Österreich Mitglied der EU wurde. Die Mitgliedschaft selbst ist in den 30 Jahren zur unbestrittenen Konstante geworden, die wichtigsten Integrationsschritte werden positiv bewertet und auch die Identifizierung mit Europa ist gestiegen. Allerdings sind die Sichtweisen durchaus differenziert. Denn nicht alle Bevölkerungsgruppen sehen sich als Gewinner der Integration und in die Beurteilung der derzeitigen Situation der EU mischen sich Sorgen und Unzufriedenheit“_, analysiert Paul Schmidt, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE), die Ergebnisse einer aktuellen ÖGfE-Umfrage (online, 1000 Befragte, österreichweit).

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Über die letzten 30 Jahre liegt die Zahl der Befürworter:innen der heimischen EU-Mitgliedschaft im Durchschnitt bei 70 Prozent; die Zahl jener, die einen EU-Ausstieg präferieren, bei 22 Prozent (72 Umfragen seit 1995). Die höchste Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft fand sich im November 1999 (82 Prozent) sowie im Juni/Juli 2002 (80 Prozent), der stärkste Wunsch nach einem Austritt im Juni/Juli 2008 (33 Prozent) sowie im Juni 2015 (32 Prozent).

Aktuell sagen 6 von 10 Befragten, dass Österreich MITGLIED DER EU bleiben sollte, ein Viertel spricht sich für einen EU-Austritt aus, 15 Prozent sind sich in ihrem Urteil unsicher oder geben keine Antwort.

_„Die Vielzahl an Problemen und damit einhergehende Verunsicherung machen auch vor der heimischen EU-Stimmung nicht halt“_, sagt Schmidt._ „Dennoch wird die Mitgliedschaft in der EU von einer deutlichen Mehrheit weiterhin unterstützt. Ein Trend, der sich – trotz temporärer Schwankungen im Meinungsbild und punktuellen Ausschlägen – über die gesamten letzten 30 Jahre der EU-Mitgliedschaft Österreichs durchgehend gehalten hat.“_

Nach drei Jahrzehnten EU-Mitgliedschaft sehen sich 47 Prozent sowohl als „ÖSTERREICHER:IN UND EUROPÄER:IN“, 43 Prozent „nur als Österreicher:in“ und 5 Prozent „nur als Europäer:in“.

_„In den vergangenen fünf Jahren ist die Zahl jener, die sich sowohl als Österreicher als auch Europäer sehen, um 13 Prozentpunkte gewachsen. Bei jenen, die sich ausschließlich mit Österreich identifizieren, sehen wir einen Rückgang um 18 Prozentpunkte. Diese Entwicklung sollte“_, so Schmidt,_ „nicht verwundern, denn gerade seit 2019 sind mit Pandemie, Wirtschaftskrise, dem Angriffskrieg Russlands und zuletzt der Wiederwahl von Donald Trump einschneidende Ereignisse aufeinandergefolgt, die zusammenschweißen und deutlich machen, dass Österreich alleine hier nur wenig ausrichten kann.“_

Fast drei Viertel bilanzieren, dass die EINFÜHRUNG DES EURO ALS GEMEINSAME WÄHRUNG sich für Österreich „sehr positiv“ (37 Prozent) bzw. „eher positiv“ (36 Prozent) ausgewirkt hat. Ein knappes Viertel sagt hingegen, die Euro-Einführung sei „eher“ (10 Prozent) oder „sehr negativ“ (13 Prozent) für Österreich gewesen (Rest auf 100 Prozent = weiß nicht / keine Angabe). In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl jener, die den Euro als „sehr positiv“ betrachten, deutlich – um 14 Prozentpunkte – erhöht. Allerdings ist auch die Zahl jener, die ihn als „sehr negativ“ bewerten, um 10 Prozentpunkte gestiegen.

7 von 10 Befragten empfinden das ENDE VON PASS- UND GRENZKONTROLLEN als „sehr“ (37 Prozent) bzw. „eher positiv“ (33 Prozent) für Österreich, eine Meinung, der sich etwas mehr als ein Viertel nicht anschließt („eher negativ“: 14 Prozent / „sehr negativ“: 13 Prozent). Im Vergleich zu Umfragen zur 20- bzw. 25-jährigen Wiederkehr des EU-Beitritts ist die Bilanz deutlich positiver geworden.

Etwas mehr als die Hälfte resümiert, dass die ERWEITERUNGEN DER EU „sehr“ (18 Prozent) bzw. „eher positiv“ (34 Prozent) für Österreich gewesen sind. Vier von zehn Befragten sehen das nicht so und werten die Aufnahme neuer Mitglieder in den letzten 30 Jahren als „eher“ (24 Prozent) oder „sehr negativ“ (18 Prozent) für unser Land. Die Meinung zur Erweiterung hat sich vor allem im Vergleich zu 2014 verbessert, in den letzten fünf Jahren haben sich dagegen vor allem die Extrempositionen („sehr positiv“ – „sehr negativ“) akzentuiert.

_„Wie keine andere Maßnahme hat die Einführung des Euro als identitätsstiftend für das gemeinsame Europa gewirkt“_, meint Schmidt_. „Auch das grundsätzliche Ende von Passkontrollen und Grenzschranken innerhalb der Union wird hochgeschätzt. Umso wichtiger, dass Österreichs Schengen-Veto nun gefallen ist, und auch Rumänien und Bulgarien die Freizügigkeit voll nützen können. Was die Erweiterungen anlangt, so war Österreich vor allem durch die Aufnahme von zehn neuen Mitgliedern im Jahr 2004 ganz unmittelbar betroffen. Heute ist die Mitgliedschaft unserer Nachbarn längst Realität und Alltag.“_

Nach Meinung der Befragten sind es vor allem die großen Unternehmen, die VON DER EU-MITGLIEDSCHAFT ÖSTERREICHS PROFITIERT haben, gefolgt von den jungen Menschen in Österreich sowie Arbeitnehmer:innen. Die Bilanz für kleine und mittlere Unternehmen fällt dagegen gemischt aus, Landwirt:innen hätten unter den abgefragten Bevölkerungsgruppen am wenigsten profitiert, für Pensionistinnen und Pensionisten hat sich wiederum, so das heimische Urteil, am wenigsten durch den EU-Beitritt geändert.

Schmidt: _„Während die EU-Mitgliedschaft im Rückblick im Großen und Ganzen durchaus positiv bewertet wird, fällt der Nutzen für einzelne Bevölkerungsgruppen aus Sicht der Befragten ambivalent aus. Was die Einschätzung der EU-Zukunft betrifft, schlägt die allgemein negative Stimmung in Österreich doch deutlich auf das EU-Meinungsbild durch.“_

So sehen 71 Prozent der Befragten die EU ALS „SCHWACH“, 61 Prozent empfinden sie als „unsicher“. 54 Prozent halten sie für „unsozial“ und in der Frage, ob die Union demokratisch sei, zeigt sich ein geteiltes Meinungsbild.

Ebenso gering fällt aktuell das ZUKUNFTSVERTRAUEN IN DIE UNION aus. Insgesamt 55 Prozent äußern sich „eher“ (34 Prozent) bzw. „sehr pessimistisch“ (21 Prozent), was die Zukunft der EU angeht. 39 Prozent bleiben zuversichtlich und sehen sie mit „eher“ (33 Prozent) oder „sehr“ (6 Prozent) großem Optimismus.

_„Zur 30-jährigen Wiederkehr des österreichischen EU-Beitritts am 1. Jänner ist das aktuelle Stimmungsbild durchwachsen. Um dies wieder zum Besseren zu wenden, brauchen wir eine Zukunftserzählung, die Zuversicht vermittelt und Vertrauen schafft sowie ein Europa, das diese im Sinne der Menschen, zur Steigerung von Sicherheit und Wohlstand, angehen und umsetzen kann. Auch Österreich kann und sollte sich hier noch stärker engagieren, eine neue Bundesregierung dafür ein sichtbares Zeichen setzen.“_
_Hintergrund:_

Österreichische Gesellschaft für Europapolitik
Mag. Paul Schmidt
Telefon: (+43-1) 533 49 99
E-Mail: paul.schmidt@oegfe.at
Website: https://www.oegfe.at

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