62. Wiener Gemeinderat (10)

Dringliche Anfrage

GR Georg Prack, BA (GRÜNE) ging zu Beginn auf seine Vorredner*innen ein und ortete in den Beiträgen Anzeichen von „voodoo economics“. Die Einsparungen in den vorgeschlagenen Bereichen hätten, so Prack, nicht den „substanziellen“ Effekt. Prack kritisierte weiters, dass die Stadtregierung „Realitätsverweigerung“ betreibe. Er betonte, dass das bestehende Budgetdefizit dringend angegangen werden müsse, wofür jedoch auch die Unterstützung des Bundes erforderlich sei. Als konkretes Beispiel führte er den Sozial- und Gesundheitsbereich an, der aufgrund seiner hohen Personalintensität besonders von den Einsparungen betroffen sei. Beim Fonds Soziales Wien (FSW) bestehe laut Prack mindestens eine Finanzierungslücke von 44 Millionen Euro. Sozialdienstleistungen könnten, sagte Prack, aber nicht allein durch Lippenbekenntnisse finanziert werden. Der grüne Gemeinderat wies außerdem darauf hin, dass auch in der Behinderten- und Wohnungslosenhilfe Kürzungen geplant seien, was er als „verantwortungslos“ bezeichnete. Die notwendigen Einschnitte könnten nicht durch Bürokratieabbau kompensiert werden, sodass es unvermeidlich sei, Angebote in diesen Bereichen zu kürzen. Er forderte deshalb Ehrlichkeit von den Regierungsparteien ein. Prack betonte, dass es die Aufgabe aller Fraktionen im Gemeinderat sei, sich für einen größeren finanziellen Spielraum einzusetzen. Die Grünen hätten dazu bereits einen Antrag auf Nachdotierung der betroffenen Bereiche eingebracht. Abschließend äußerte er seine Besorgnis, dass die bevorstehenden Kürzungen möglicherweise mit Blick auf die kommenden Neuwahlen verschleiert werden könnten, und rief zu einer offenen und ehrlichen Diskussion auf. „3,8 Milliarden Euro kann man nicht allein stemmen“, so Prack. Man müsse auch über Dinge wie Leerstandsabgabe, Umwidmungsabgabe oder Inserateverzicht sowie Einsparungen bei der Stadtstraße nachdenken.

GR Markus Gstöttner, MSc (ÖVP) betonte in seiner Rede, dass die Pflege ein „hohes Gut“ sei. Er wies deshalb darauf hin, dass in einer Rede seiner Fraktion zuvor bei Einsparungsmöglichkeiten auf einen Rechnungshofbericht Bezug genommen worden sei. Gstöttner erklärte, er habe die Diskussionen genau verfolgt, und stellte fest, dass von der Stadtregierung bezüglich des Budgets ein Drang zum „Kleinreden“ herrsche. Gstöttner kritisierte, dass knapp 1,3 Milliarden Euro an Ausgaben nur teilweise erklärt worden seien und stellte die Frage, wo der Rest sei. Viele Großprojekte würden seiner Meinung nach erheblich mehr kosten, als ursprünglich veranschlagt worden sei, was Gstöttner als Problem sieht. Der ÖVP-Mandatar forderte in diesem Zusammenhang deshalb mehr Transparenz. Es gebe in der aktuellen Diskussion laut Gstöttner auch keine klare Zahlenbasis, sondern nur „Schattierungen“. Gstöttner wies darauf hin, dass die ÖVP stets darauf gepocht habe, jedes Jahr über den Rechnungsabschluss zu diskutieren. Die bevorstehenden Wahlen sah er als „taktisch motiviert“. Gstöttner bedauerte, dass in Wien sehr viel Arbeit zu erledigen gewesen wäre, die nun liegenbleiben werde. Gstöttner sprach explizit die Frage der Migration an und kritisierte, dass die Integration nicht mit der Zuwanderung Schritt halten könne. Statt in den Arbeitsmarkt zu integrieren, würden Gelder für die Migration seiner Ansicht nach überwiegend in den Sozialbereich fließen. Diese Probleme müssten angepackt und offen diskutiert werden. Die Arbeitsmarktzahlen der Bundeshauptstadt würden, so Gstöttner, diese Problematik belegen. Mit einer zweistelligen Arbeitslosigkeit sei Wien besonders betroffen. Er forderte, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Stadt zu stärken und sicherzustellen, dass Menschen verstärkt in den Arbeitsmarkt integriert würden.

GRin Katharina Weninger, BA (SPÖ), erklärte in ihrer Rede, dass Wien „anders“ sei, jedoch die Wirtschaftssituation sowie die Bundespolitik die Stadt vor große Herausforderungen stellten. Sie führte aus, dass Mindereinnahmen – etwa durch die Abschaffung der „Kalten Progression“ – in den Jahren 2024 und 2025 nicht kompensiert werden können und sprach dabei von einem Minus von rund 550 Millionen Euro. Besonders betroffen seien die Bereiche Gesundheit, Pflege und Soziales, so Weninger. Die SPÖ-Gemeinderätin betonte, dass ihre Partei Investitionen in Höhe von sieben Milliarden Euro plane, um gegen die Rezession vorzugehen. Wien habe trotz der schwierigen Umstände Handlungsspielraum, um weiterhin aktiv zu bleiben. Den Vergleich mit Birmingham wies Weninger entschieden zurück. Es werde sich zeigen, wie es sei, wenn die FPÖ an der Macht sei. Sie erinnerte das Plenum an die Jahre 2017 bis 2019, die ihrer Ansicht nach mit einem Angriff auf den Sozialstaat geendet hätten. In dieser Zeit sei der 12-Stunden-Arbeitstag ohne Diskussion eingeführt worden, was sie als „Weg des sozialen Rückschritts“ bezeichnete. Auch die sogenannte „Patientenmilliarde“ sei nur ein „Marketinggag“ gewesen. Sie führte weiters an, dass es während der FPÖ-Regierung von 2000 bis 2006 eine historische Rekordarbeitslosigkeit gegeben habe. Zum Thema Sicherheit erklärte Weninger, dass unter der FPÖ-Regierung 3.000 Polizist*innen abgebaut worden seien. Das alles seien Fakten, so Weninger, und sprach deshalb von einer „Politik, die den Sozialstaat systematisch schwächt“. Ihre Partei stehe für einen anderen Weg und werde weiterhin für soziale Gerechtigkeit kämpfen. Weninger kritisierte die aktuellen Vorschläge im Wahlprogramm der FPÖ, die ihrer Ansicht nach dazu führten, dass arbeitende Menschen noch länger arbeiten müssten. Diesen Rückschritt in eine Klassengesellschaft werde man bekämpfen. Sie betonte, dass die Menschen in Wien ein Recht darauf hätten zu erfahren, was die FPÖ plane, und forderte eine Politik, die allen Menschen zugutekomme. Weninger schloss mit dem Appell, dass jede*r ein Recht auf eine gesicherte Zukunft habe.

Abstimmung: Die Anträge der Opposition fanden keine erforderliche Mehrheit.

SACHKREDITGENEHMIGUNG FÜR DIE PLANUNG UND AUSFÜHRUNGSVORBEREITUNG FÜR DIE ERWEITERUNG EINER ALLGEMEIN BILDENDEN PFLICHTSCHULE, VOLKSSCHULE IN WIEN 21, DUNANTGASSE 2

GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS) berichtete, dass die Sanierung bzw. der Neubau der Schule wichtige Projekte seien. Künftig werde es vor Ort eine 21-klassige Schule mit Ganztagesbetreuung geben. Zusätzlich komme eine 12-klassige Schule für Sonder- und Inklusiv-Pädagogik hinzu. Auch der Turnsaal werde erweitert und neu errichtet. Emmerling sprach von einem „weiten Zeithorizont“ und sagte, die Fertigstellung werde im Jahr 2030 bei Kosten von 5,6 Mio. Euro erfolgen. Zu dem vorliegenden Antrag der Grünen, eine bessere Durmischung der Schüler*innen an Schulen zu fordern, sagte Emmerling, dass sie grundsätzlich dafür sei. Jedoch brauche es dafür eine „konkrete Idee“.

GR Felix Stadler, BSc, MA (GRÜNE) kündigte die Zustimmung seiner Partei zum Schulbau an. Jedoch sei es, so Stadler, auch wichtig, „was in einer Schule passiert“. Es gebe in Wien aber etwa das Problem, dass Volksschulen, die nah beieinander liegen, sehr unterschiedliche Schüler*innenstruktur aufweisen würden. Das sei, so Stadler, eine riesige Herausforderung, aber auch „schädlich für die Chancengerechtigkeit“. Das würden auch Studien belegen, behauptete der Mandatar der Grünen. Es gebe, sagte Stadler, Systeme, die eine solche Durchmischung sicherstellen können. Daran solle man sich orientieren. Durch ein neues System könne auch das Problem der „Fake Adressen“ bei der Schulanmeldung eliminiert werden, kündigte Stadler an. Derzeit gebe es in jeder Volksschulklasse „ein bis zwei Kinder, die nur dank einer falschen Adresse dort sitzen“, so Stadler.

GR Harald Zierfuß (ÖVP) sagte, man habe in Wien ein „Wurzelproblem“. Viele Kinder würden bereits mit schlechten Chancen in die Schulen starten, so der Gemeinderat. Deshalb, so Zierfuß, gehöre mehr in den Kindergärten gemacht. Dabei verwies er auf die aktuell hohe Zahl von außerordentlichen Schülerinnen und Schülern. Die Forderungen seiner Partei zur Deutschförderung seien bekannt, sagte Zierfuß. Außerdem forderte Zierfuß die Einführung einer „Öffi-Jahreskarte für Studenten“. Der ÖVP-Mandatar sah in der aktuellen Regelung mit mehreren Tickets für unterschiedliche Semester und Ferien eine Ungerechtigkeit.

GR Jörg Neumayer, MA (SPÖ) hob die Vielfalt Wiens als Grundlage für die soziale Durchmischung in Schulen hervor. Vielmehr müsse man sich die Frage stellen, wie man Schulen baue, so Neumayer. Wien habe dabei mit dem Campus-Modell ein bewährtes Konzept gefunden, sagte der SPÖ-Gemeinderat. Diese Schulform würde für mehr Chancengerechtigkeit sorgen. Sein Dank gelte daher allen Beteiligten, die sich dafür einsetzen, stetig „mehr und besseren Schulraum zu schaffen“, sagte Neumayer abschließend.

Abstimmung: Die Sachkreditgenehmigung wurde einstimmig angenommen. Die Anträge der Opposition fanden keine erforderliche Mehrheit. (Forts.) kri

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