62. Wiener Gemeinderat (9)
Dringliche Anfrage
GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE) sagte bezogen auf das Jahr 2023, dass bereits 2022 die Abschaffung der Kalten Progression beschlossen war. Es sei auch „allen Beteiligten“ bewusst gewesen, was die Inflation für die Gehälter der öffentlichen Hand bedeutet habe. Dies sei allen Verhandler*innen des Finanzausgleichs klar gewesen. Dem „Landeshauptmann von Wien“ warf er vor, dass dieser einem Ausgleich zugestimmt habe, durch den Wien 14 Monate später mehr als 3,8 Milliarden „Minus gemacht“ habe. Hier sei „schlecht verhandelt“ worden, so Margulies. Ihm sei eine „Perspektive für Wien“ wichtig, weil ihm etwas an Wien liege. Anders als die Stadt könne der Bund neue Steuern einführen, um das Budget zu sanieren. Es sei notwendig, die größten Kostentreiber der Stadt anzusehen, darunter auch die Gesundheit. Es sei angebracht, sofort mit dem Bund in Gespräche zu treten, um eine Finanzierung der Gesundheitseinrichtungen zu sichern. Sollte es nicht gelingen, eine gemeinsame Lösung zu finden, werde der Bund diverse Einsparungen an die Bundesländer weitergeben. Wien sei nicht insolvent, da es kreditwürdig ist – dies aufgrund des vorhandenen Vermögens. Wenn nicht gegengesteuert werde, so werde dieses Vermögen irgendwann aufgebraucht sein – mit allen negativen Folgen, warnte Margulies. Daher sei es wichtig, eine Strategie für die Zukunft zu entwickeln und sich zu überlegen, wofür und weshalb man Steuern einhebe. Dazu gehöre auch die Diskussion über die Einführung der Grundsteuer. Abschließend forderte Margulies die Stadtregierung erneut auf, noch vor der Wahl einen Plan zur Budgetsanierung vorzulegen.
GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP) stimmte seinem Vorredner darin zu, dass die Budgetsituation ernst sei – unabhängig davon, wie es in anderen Haushalten, etwa der Bundesländer, aussehe. Juraczka kritisierte, dass Bürgermeister Ludwig im Wahlkampf eine „Wir gegen die“-Strategie aufzubauen versuche. Er wolle über alles reden, so Juraczka, „nur nicht über Wien“. Daher sei es notwendig, den Blick darauf zu richten, was in Wien in den letzten fünf Jahren passiert sei. Die Erfolgsbilanz der Stadtregierung habe einen kleinen Haken – sie habe keine Erfolge vorzuweisen. Es sei etwa im Bereich der Mindestsicherung „allen“ klar gewesen, dass es Probleme geben würde, außer der Stadtregierung. Diese und andere „Praktiken“ seien allesamt budgetrelevant und müssten in Situationen wie dieser hinterfragt werden. Es gebe eine Vielzahl solcher „Baustellen“. 3,8 Milliarden seien ein „bisher unbekanntes Ausmaß“ an Neuverschuldung und gehe selbst über die Zeit der rot-grünen Regierung hinaus. Was am Tisch liege, sei eine „Bankrotterklärung“. Bürgerliche Budgetpolitik, wie sie die ÖVP fordere, wolle keine neuen Belastungen schaffen, sondern betrachte zunächst die Ausgabenseite. Dort könne man ansetzen, so Juraczka.
GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ) sagte bezogen auf den Titel der Dringlichen Anfrage, dass Birmingham eines der wirtschaftlichen und kulturellen Zentren Großbritanniens sei. Was die FPÖ störe, sei, dass es auch ein multikulturelles Zentrum ist. Er nannte Wien als „transparenter“ als andere Bundesländer in Österreich. Transparenz sei auf Seiten des Bundes hingegen mangelhaft gewesen, beklagte Stürzenbecher das Wirken des ehemaligen Finanzministers Brunner. Covid-Krise, Inflation, Rezession und Ukraine-Krieg hätten besonders große Auswirkungen auf Österreich gehabt, wodurch ein höheres Defizit als geplant entstanden sei. Wachstum sei auch nicht gleich Wachstum, gab Stürzenbecher zu bedenken. So sei ein Wachstum, das etwa auf der Produktion von Waffen beruhe, nicht das gleiche wie Wachstum über neue und saubere Technologien. Wien habe in den vergangenen Jahren im Vergleich zu Städten wie Berlin, München oder Hamburg verhältnismäßig viel investiert – bei weniger Schulden. Durch genannte Umstände kam es zu stark steigenden Ausgaben in allen Bereichen. Dennoch könne Wien es als Kommune schaffen, innerhalb der Maastricht-Richtlinien zu bleiben, die drei Prozent Verschuldung betrage. Die Situation in Wien sei herausfordernd, jedoch bewältigbar und stabil. In Wien wirtschafte man seriös und könne zuversichtlich in die Zukunft sehen, so Stürzenbecher abschließend.
GRin Mag. Ulrike Nittmann (FPÖ) sagte, dass aufgrund der verfehlten Stadtpolitik sich Wien „tagtäglich abwirtschaftet“. Wien habe 12,8 Prozent Arbeitslose, 8,5 Prozent Mindestsicherungs- und Sozialhilfeempfänger*innen, 11 Milliarden Euro Schulden und 3,8 Milliarden Euro Defizit im Jahr 2025. Dies seien Zahlen, die „sprechen für sich und gegen Ihre Politik“, so Nittmann. Andere Bundesländer hätten es hingegen geschafft, „ordentlich zu wirtschaften“. Pro Einwohner mache Wien mehr Schulden als die anderen Bundesländer zusammen. Und all dies, obwohl die Stadt überproportional viele Zuwendungen aus dem Bundesbudget erhalte. Dennoch gelinge es der Stadtregierung nicht, ein ordentliches Budget zu erstellen. Die SPÖ stehe für eine Politik, die die Wienerinnen und Wiener belaste. Die hohen Gebühren und Betriebskosten seien „realer Lohn- und Pensionsverlust“, den die Menschen in der Stadt tagtäglich spüren würden. Hinzu komme, dass der Rechtsstaat ausgehebelt werde, wenn etwa „Bandenkriege“ durch nichtstaatliche Friedenskommissionen beendet würden. Auch aus diesem Grund habe man Birmingham als Beispiel genannt. Es gebe einen zentralen Punkt, den man sich ansehen müsse, um ausgabenseitig zu sparen: die Mindestsicherung. Diese koste Wien 1,1 Milliarden Euro, während es in Niederösterreich lediglich 60 Millionen seien. Daher verlange sie einen transparenten Budgetsanierungsplan, so Nittmann, bei dem klar werde, wo die Stadt ausgabenseitig zu sparen vorhabe. Die Schulden von heute seien die Zinsen von morgen. Es sei in der Verantwortung der Stadtregierung, diese zu verhindern und nicht an die nächsten Generationen zu übergeben. (forts.) jaz
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