Freiheit von Wissenschaft und Kunst
Stellungnahme der Senatsvorsitzendenkonferenz der österreichischen Universitäten
Zu den aktuellen Regierungsverhandlungen weisen wir im Namen der Senatsvorsitzenden der öffentlichen österreichischen Universitäten darauf hin, dass die Freiheit von Wissenschaft und Kunst sowie die Autonomie der Universitäten in der österreichischen Bundesverfassung verankert und im Universitätsgesetz verbindlich festgelegt sind. Neben den Kernaufgaben der wissenschaftlichen Forschung und Lehre, der Entwicklung und der Erschließung der Künste sowie der Lehre der Kunst tragen die Universitäten »verantwortlich zur Lösung der Probleme des Menschen sowie zur gedeihlichen Entwicklung der Gesellschaft und der natürlichen Umwelt« bei.
Um diese gesetzlich klar definierten Ziele für die Entwicklung der Gesellschaft auch erreichen zu können, bedarf es aber eines politischen Rahmens, der dies auch ermöglicht und fördert. Das Ignorieren wissenschaftlicher Evidenzen und eine darüberhinausgehende Wissenschafts- und Kunstfeindlichkeit als bildungs- und wissenschaftspolitische Haltung einer möglichen zukünftigen Regierung stehen dem unvereinbar entgegen.
Wissenschaft und Kunst leben von internationalem Austausch und überstaatlicher Zusammenarbeit. Alle Einschränkungen und Grenzen, die dieser Überzeugung entgegengesetzt werden, verunmöglichen wissenschaftliche und künstlerische Praxis. Provinzialismus kann ein Thema wissenschaftlicher oder künstlerischer Forschung sein, aber kein Rahmen für die »Lösung der Probleme des Menschen«.
Das Universitätsgesetz fordert in §1 die Universitäten auch dazu auf, »zur Bewältigung der gesellschaftlichen Herausforderungen in einer sich wandelnden humanen und geschlechtergerechten Gesellschaft beizutragen«. Dies setzt unter anderem das unstrittige Bekenntnis zur »Europäischen Menschenrechtskonvention« voraus, die »zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten« beschlossen wurde und in Österreich Verfassungsrang hat. Wenn diese Rechte und Freiheiten politisch bedroht und durch eine »Festung Österreich« ersetzt werden sollen, dann widerspricht dies den gesellschaftspolitischen Zielen und dem Selbstverständnis von Wissenschaft und Kunst. Die Wertschätzung kultureller Diversität und eine entsprechende Sensibilität für geschlechtergerechte Sprache und Politik sind dafür notwendige Voraussetzungen.
Wenn »die gedeihliche Entwicklung der natürlichen Umwelt« als Ziel der wissenschaftlichen und künstlerischen Arbeit an Universitäten festgehalten ist, dann sind die Herausforderungen nicht damit zu bewältigen, die wissenschaftlich belegten und evidenten Veränderungen unserer natürlichen Umwelt und des Klimas zu ignorieren oder zu leugnen, sondern diese im Gegenteil verstärkt zu erforschen und mit entsprechenden Lösungsvorschlägen zu beantworten. Da diese Veränderungen unserer Umwelt nicht an den Grenzen Österreichs haltmachen, ist ein Denken über die nationalen Grenzen hinaus dringend notwendig.
Für Wissenschaft und Kunst ist die Möglichkeit, kritische Diskurse entwickeln und führen zu können, essenziell. Wenn kritische Stimmen Gefahr laufen, delegitimiert, kriminalisiert, ignoriert oder zum Schweigen gebracht zu werden, dann sind wissenschaftliche und künstlerische Praxis nicht mehr möglich.
Es ist Aufgabe einer Regierung, die politischen Rahmenbedingungen für die wissenschaftliche und künstlerische Arbeit an Universitäten zu ermöglichen und zu fördern. Die Senatsvorsitzenden der österreichischen Universitäten fordern daher von der künftigen Regierung, für die notwendige Freiheit der Lehre und Forschung in Wissenschaft und Kunst zu sorgen.
Sprecher*innen der Senatsvorsitzendenkonferenz
Senatsvorsitzendenkonferenz
Univ.-Prof. Stefan Krammer
Telefon: 01/427712921
E-Mail: stefan.krammer@univie.ac.at
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