WK-Mandl fordert Staatssekretariat für Deregulierung und Digitalisierung

Die Wirtschaftskammer Kärnten will nun endgültig „Schluss mit Schikanen“ machen und präsentiert eine Schikanen-Website mit aktuellen Bürokratiebeispielen.

Die Zahlen zeichnen ein drastisches Bild: 9,4 Arbeitsstunden muss jedes österreichische Unternehmen im Schnitt pro Woche für Bürokratie aufwenden. Das zeigt das Ergebnis einer market-Studie im Auftrag der Wirtschaftskammer Österreich. Besonders betroffen sind KMU – bei ihnen schlägt die Bürokratie sogar mit 19,3 Arbeitsstunden pro Woche zu Buche – das entspricht 2,5 Arbeitstagen und kostet den Betrieb 50.000 Euro im Jahr. Bei den EPU ist es ein halber Arbeitstag pro Woche. Für 88 Prozent der Betriebe steht daher der Bürokratieabbau im Mittelpunkt. „Bürokratie ist in Europa ein echtes Wachstumshemmnis. Allein die österreichischen Unternehmen kostet die Bürokratie 10 bis 15 Milliarden Euro pro Jahr. Mit einer neuen EU-Kommission und einer neuen Bundesregierung in Österreich besteht jetzt aber die große Chance auf Veränderung“, so WK-Präsident Jürgen Mandl. Ein gewisses Maß an Bürokratie sei zwar notwendig, die Studie zeige aber einen bedenklichen Trend auf. So ist die Bürokratiebelastung in den vergangenen drei Jahren für sechs von zehn Unternehmern sogar gestiegen – bei den KMU sogar für sieben von zehn.

Die Wirtschaft hat jetzt genug, betont WK-Präsident Jürgen Mandl: „Wir waren viele Jahre konstruktiv, unsere Vorschläge für Reformen und Bürokratieabbau füllen ganze Ordner. Leider ist uns die Landespolitik die versprochene Umsetzung weitgehend schuldig geblieben. Jetzt erfordert die wirtschaftliche Situation sofortiges Handeln, das wir hiermit ultimativ einfordern: Schluss mit Schikanen!

FORDERUNG NACH EIGENEM STAATSSEKRETARIAT

Bereits 2013, also vor mehr als zehn Jahren, hat die Wirtschaftskammer Kärnten mit dem Aufsehen erregenden „Schwarzbuch Bürokratie“ auf die zahllosen bürokratischen Hürden durch praxisferne Gesetze und den mindestens ebenso wenig unternehmensfreundlichen Vollzug durch die Behörden aufmerksam gemacht, die den Unternehmen das Leben schwer machen. So sei etwa das Lieferkettengesetz, das soziale und ökologische Standards in der Produktion sichern soll, für Unternehmen kaum zu bewältigen. „Die zuliefernden Unternehmen reagieren oft gar nicht auf entsprechende Anfragen. Viele asiatische Unternehmen wollen gar nicht mehr nach Europa liefern, weil sie sich nicht mit EU-Bürokratie wie dem Lieferkettengesetz herumschlagen wollen. Deshalb wäre es jetzt sinnvoll und höchst an der Zeit, in einer neuen Regierung ein eigenes Staatssekretariat für Digitalisierung und Deregulierung einzurichten, um unnötige Regelungen und Vorschriften zu durchforsten und abzuschaffen“, fordert Mandl.

WIRTSCHAFT POCHT AUF BÜROKRATIEREFORM

Eine umfassende Analyse der entsprechenden Kritikpunkte auf Kärntner Landesebene samt Lösungsvorschlägen hat die Wirtschaftskammer bereits vor Wochen der Kärntner Landesregierung vorgelegt. Viele dieser Kritikpunkte sind seit Jahren bekannt und werden diskutiert. Jetzt will Mandl Taten sehen: „Wir haben der Landesregierung 80 Vorschläge zur Entbürokratisierung vorgelegt und diese teilweise mit Gesetzestexten ausformuliert. Wenn wir das eine oder andere nachschärfen müssen, werden wir das tun. Wenn wir mehr als die Hälfte erreichen, dann ist das wie eine Subvention“. Die wirtschaftliche Situation erlaube kein weiteres Abwarten, kein weiteres Hinauszögern. Mandl: „Wir fordern die Landespolitik ultimativ auf, im Interesse der Unternehmen, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und des gesamten Wirtschaftsstandortes endlich zu handeln und in einem breit angelegten Reformprozess bürokratische Hürden abzubauen. Die Vorarbeiten sind umfassend geleistet, es gibt keine Ausreden mehr! Aber wir sind Weltmeister im Aufschieben, das machen wir morgen – oder übermorgen“.

ÜBERVERWALTUNG ALS GRÖSSTES WACHSTUMSHEMMNIS

Kernstück der neu aufgelegten Initiative „Schluss mit Schikanen“ ist das Forderungspapier „Entlastung durch Entbürokratisierung“, das Bürokratieprobleme in Kärnten auf der Ebene von Bundes- und Landesgesetzen, aber auch bei deren Vollziehung durch die jeweiligen Verwaltungsbehörden identifiziert. Allgemeine Probleme bei Verwaltungsverfahren und bei der Vollziehung von Bundesgesetzen auf Landesebene werden dabei ebenso offen aufgelistet wie Forderungen nach besserem E-Government oder konkrete Änderungen des Kärntner Naturschutzgesetzes. „Wir haben mit zahlreichen Initiativen für das unternehmerfreundlichste Bundesland Österreichs Erfolge erzielt, wie etwa die Einrichtung der Wirtschaftsombudsstelle, die schon so manches im Behördendickicht stecken gebliebene Projekt wieder auf Schiene gebracht hat. Jetzt geht es aber darum, das Problem der überbordenden Bürokratie, der allgegenwärtigen Regelungswut, der Arbeitsplatzsicherung für öffentlich Bedienstete durch immer neue Vorschriften und Verordnungen ein für alle Mal zu lösen. Die Überbürokratisierung ist eines unserer größten Wachstumshindernisse, durchaus vergleichbar mit der Energiepreiskrise und der dramatischen Bevölkerungsentwicklung“, betonte Mandl und versprach Erleichterungen: „Unternehmer, Unternehmerin sein muss wieder Freude machen!“

ONE-STOP-SHOP FÜR WENIGER BÜROKRATIE

Christiane Holzinger, Steuerberaterin und WK-Bezirksstellenobfrau für Klagenfurt-Land, bearbeitet jährlich an die 50 Businesspläne und weiß aus Erfahrung: Jede Unternehmensgründung ist ein mutiger Schritt und scheitert oft am Dickicht der Bürokratie. „Die Bürokratie ist eine große Hürde und kostet viel Zeit. Zeit, die viele Neugründer nicht haben und die sie oft teuer bezahlen müssen. Man muss sich fragen, wie viele gute Geschäftsideen scheitern, weil die Bürokratie bei der Gründung unüberwindbar scheint“. Um als Unternehmer überleben zu können, rechnet sie mit einem jährlichen Arbeitsaufwand von 1.700 Stunden. Bei einem Stundensatz von 70 Euro frisst die Bürokratie 11.600 Euro vom Gewinn auf, bei einem Stundenlohn von 100 Euro beträgt der Umsatzverlust 16.800 Euro. Der Aufwand ist trotz Digitalisierung enorm. „Das Gebot der Stunde muss nicht nur Entbürokratisierung, sondern auch Vereinfachung sein. Unternehmer müssen sich auf zahlreichen Plattformen registrieren, um Umsatzsteuer, Ortstaxe oder auch Tourismusabgabe abführen zu können. Wir brauchen dringend einen One-Stop-Shop, bei dem alle Aufgaben erledigt werden können“.

SCHLAFLOS IN MITTELKÄRNTEN

Der Amtsschimmel wiehert aber auch bei einem anderen Schikanenbeispiel laut. In vielen Fällen sind es nicht realitätsferne Gesetze oder Verordnungen, die den Unternehmern Probleme bereiten, sondern deren Umsetzung durch schlecht ausgebildete, nicht auf dem neuesten Stand befindliche oder schlicht unwillige Beamte. Das zeigt ein dramatischer Fall, von dem Harald Dullnig, Landesinnungsmeister der Mechatroniker, berichtet: In einem Ort in Mittelkärnten hat die Baubehörde in Unkenntnis der aktuellen Raumordnung den Bau von Einfamilienhäusern und Betriebswohnungen in einem reinen Gewerbegebiet genehmigt. Privatpersonen und diverse Unternehmer haben im Vertrauen auf rechtskräftige Bescheide investiert und neben ihren Betriebsanlagen auch Betriebswohnungen bzw. Hauptwohnsitze errichtet. Nun droht die Aufhebung dieser Baubescheide wegen Rechtswidrigkeit, die Unternehmer können die von ihnen errichteten Häuser bzw. Wohnungen nicht nutzen. Der Gemeinde drohen Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe. Dullnig: „Das ist keine überbordende Bürokratie, sondern schlicht schlechte Verwaltung, die den Betroffenen enorme Probleme bereitet. Gerade im Baurecht fehlt es oft an Fachkompetenz in den Gemeinden. Wir fordern daher ganz klar die Umsetzung der Bauübertragungsverordnung für alle Gemeinden in Kärnten. Das bedeutet, dass Experten in den Bezirkshauptmannschaften die Verfahren abwickeln. Das würde solche Fälle sicher verhindern. Außerdem brauche es eine Einsicht in die laufenden Verfahren, um zu sehen, bei welcher Behörde es gerade hakt. Das würde mit Sicherheit vieles beschleunigen.“

PORTAL GEGEN BEHÖRDENSCHIKANEN

Die Wirtschaftskammer Kärnten macht jetzt Schluss mit Schikanen und hat dafür ein eigenes Portal ins Leben gerufen. Unter www.schlussmitschikanen.at werden nicht nur viele, teils skurrile Behördenschikanen aufgezeigt, sondern jeder – auch Nicht-Unternehmer – kann dort seine Erfahrungen und Erlebnisse mit der Bürokratie einbringen. Mandl: „Die Beiträge werden anonym veröffentlicht. Wir wollen damit ein wichtiges Signal setzen und die Landespolitik dazu bewegen, endlich für unsere Betriebe und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv zu werden und in einem breit angelegten Reformprozess bürokratische Hürden abzubauen. Die Vorarbeit unsererseits ist geleistet, es gibt keine Ausreden mehr!“

Wirtschaftskammer Kärnten | Kommunikation
Telefon: 05 90 90 4 – 660

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