
Nationalrat: EU-weite Zusammenarbeit zur Aufdeckung von Finanzvergehen wird ausgebaut
Einrichtung einer zentralen Kontaktstelle und Informationsaustausch über digitale Plattform
Die Verbesserung der EU-weiten Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungsbehörden zur Verhütung, Aufdeckung oder Untersuchung von Finanzvergehen steht im Fokus einer Gesetzesnovelle, die heute im Nationalrat einstimmig beschlossen wurde. In Umsetzung einer EU-Richtlinie werden diverse Änderungen im Finanzstrafgesetz und im Finanzstrafzusammenarbeitsgesetz vorgenommen, wobei auf nationaler Ebene vor allem eine zentrale Kontaktstelle für Informationsersuchen benannt wird.
VERBESSERUNG DES EU-WEITEN INFORMATIONSAUSTAUSCHES ZWISCHEN STRAFVERFOLGUNGSBEHÖRDEN
Die noch von der Übergangsregierung eingebrachte Vorlage zur Umsetzung einer EU-Richtlinie sieht im Konkreten vor, dass künftig Informationsersuchen bevorzugt über eine zentrale Kontaktstelle auf Basis der von Europol verwalteten und entwickelten Netzanwendung für sicheren Datenaustausch (Secure Information Exchange Network Application – SIENA) erfolgen sollen. In Österreich soll die Funktion der zentralen Kontaktstelle durch das beim Innenministerium angesiedelte Bundeskriminalamt wahrgenommen werden.
Zudem soll es auch die Möglichkeit der direkten Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Strafverfolgungsbehörden geben. Um eine effiziente und wirksame Kooperation in Finanzangelegenheiten zu gewährleisten, seien unionsweit harmonisierte Maßnahmen für einen raschen Informationsaustausch von größter Bedeutung, heißt es in den Erläuterungen der Regierungsvorlage.
ÖVP BEGRÜSST MODERNE, DIGITALE UND RECHTSSICHERE KOOPERATION BEI DER VERFOLGUNG VON FINANZSTRAFTATEN
Von einer wichtigen und spannenden Materie sprach Andreas Ottenschläger (ÖVP), weil es im Kern um die internationale Zusammenarbeit in Finanzstrafverfahren gehe. Dies sei gerade in Zeiten der zunehmenden Vernetzung ein zentraler Bestandteil einer funktionierenden Strafverfolgung, war Ottenschläger überzeugt. Durch die vorliegende Umsetzung einer EU-Richtlinie soll der Informationsaustausch zwischen den einzelnen nationalen Behörden modernisiert und verbessert werden, wobei ab 2027 auf das von Europol verwaltete Netzwerk SIENA zurückgegriffen werden könne. Die nationale Anlaufstelle soll in Österreich beim Bundeskriminalamt angesiedelt werden.
SPÖ: BESSERE KONTROLLE DER INTERNATIONALEN FINANZSTRÖME VON GROSSER WICHTIGKEIT
Eine Verbesserung der Kontrolle der globalen Finanzströme sei von großer Bedeutung, meinte Christian Oxonitsch (SPÖ), der unter anderem den Fall René Benko ansprach. Wahrscheinlich hätten sich die Behörden auch bei der Untersuchung der Hypo-Alpe-Adria-Causa viel leichter getan, wenn es damals schon entsprechende rechtliche Grundlagen gegeben hätte. Positiv zu bewerten sei auch, dass im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie nationale Bedürfnisse berücksichtigt werden können.
NEOS: FÖRDERUNGEN SOLLEN WIEDER AUF VORKRISENNIVEAU GESENKT WERDEN
Abgeordnete Karin Doppelbauer (NEOS) unterstützte im Namen ihrer Fraktion das Vorhaben, das neben der Einrichtung einer zentralen Kontaktstelle auch die Installierung einer digitalen Plattform umfasse. Sie befasste sich zudem noch mit dem Förderbericht, der im letzten Budgetausschuss behandelt wurde. Dabei habe die Analyse gezeigt, dass die Förderungen in den letzten Jahren „aus dem Ruder“ gelaufen seien. Während der Pandemie und der Energiekrise wurden einfach zu viele Mittel ausgeschüttet, was von den NEOS auch immer wieder kritisiert wurde. Der Umfang an Förderungen stieg auf 8,5 % BIP und sei danach nicht mehr auf das Vorkrisenniveau zurückgefahren worden.
GRÜNE FORDERN MIT NACHDRUCK GESETZLICHE KONSEQUENZEN AUS DEM „SÜNDENFALL BENKO“
Das Gesetz finde die Zustimmung der Grünen, kündigte Abgeordnete Nina Tomaselli (Grüne) an, weil damit eine effektivere Verfolgung von Finanzstraftaten ermöglicht werde. Man dürfe nämlich nicht vergessen, dass Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt sei. Aus gegebenen Anlass wolle sie daher auch auf die „größte Wirtschaftspleite der österreichischen Geschichte“ eingehen, nämlich den „Sündenfall Signa“. Obwohl seit dem Konkurs bereits 456 Tage vergangen seien, habe die Politik keinen wesentlichen Beschluss gefasst, um in Hinkunft derartige Fälle verhindern zu können, beklagte Tomaselli.
Der Wirtschaftskrimi rund um René Benko dürfe zudem nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein Großteil des Geschäftskonzeptes legal gewesen sei. Dennoch würden mögliche Lösungen weiterhin von der ÖVP blockiert, urteilte sie. Um die bestehenden „Schlupflöcher“ möglichst schnell zu schließen, schlug Tomaselli ein Maßnahmenpaket vor, das unter anderem deutlich höhere Strafen mit sich bringen würde, wenn die Bilanzen nicht veröffentlicht werden. Weiters sollte gesetzlich geregelt werden, dass für Stiftungen dieselben Transparenzbestimmungen gelten wie für gewöhnliche Unternehmer:innen.
FPÖ: EUROPÄISCHE UNION ENTWICKELT SICH IN DIE FALSCHE RICHTUNG
Eine verbesserte grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Bezug auf Finanzstraftaten sei ausdrücklich zu begrüßen, konstatierte Barbara Kolm (FPÖ), ihre Partei werde daher der Umsetzung der EU-Richtlinie zustimmen. Dabei handle es sich ihrer Meinung nach jedoch um eine der wenigen sinnvollen europäischen Rechtsakte von insgesamt 13.000, die in letzten Jahren erlassen wurden. Generell übte sie Kritik an der „Maastricht-EU“, die sich laut Kolm „sang- und klanglos in eine Schulden-, Sozial- und Migrationsunion“ weiterentwickelt habe. Die Union habe eine völlig falsche Richtung eingeschlagen, die Beispiele dafür reichten vom Green Deal, dem Digital Services Act, der Lieferketten-Verordnung, dem digitalen Euro bis hin zum Vermögensregister. All diese Beschlüsse würden negative Auswirkungen auf den Arbeits- und Wirtschaftsstandort Österreich haben, resümierte Kolm.
IMMUNITÄT VON FPÖ-MANDATAR HARALD STEFAN WIRD NICHT AUFGEHOBEN
Zudem stimmte der Nationalrat einstimmig gegen die Aufhebung der Immunität von Harald Stefan (FPÖ). Im Vorfeld hatte bereits der Immunitätsausschuss ein Auslieferungsbegehren der Staatsanwaltschaft Wien einhellig abgelehnt. Dabei geht es um Ermittlungen wegen des Vorwurfs der Verhetzung. Laut Medienberichten soll Stefan bei einer Veranstaltung in Simmering afghanische Flüchtlinge als „Gesindel“ bezeichnet haben. Da ein Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit als Nationalratsabgeordneter bestehe, stimmten beide Gremien einer behördlichen Verfolgung Stefans nicht zu. (Fortsetzung Nationalrat/sue/wit).
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
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