ÖÄK zum Welt-Adipositas-Tag: Der Krankheit durch rechtzeitige Prävention entgegenwirken

Politik, Eltern und Medizin sind gleichermaßen gefordert: Die Krankheit muss ernst genommen werden und Initiativen müssen sich an die Bedürfnisse der Betroffenen anpassen.

„Auch wenn sich Adipositas mittlerweile behandeln lässt, muss alles darangesetzt werden, dass es gar nicht erst zu einer Erkrankung kommt“, betont Kurt Widhalm, Präsident des Österreichischen Akademischen Institutes für Ernährungsmedizin und Referent für Ernährungsmedizin in der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), anlässlich des Welt-Adipositas-Tags am 4. März die Wichtigkeit von frühzeitiger Prävention. Voraussetzungen seien die Anerkennung von Adipositas als Krankheit sowie ein hohes Engagement aller Beteiligten.

„Wir müssen wegkommen von unserer kostspieligen Reparaturmedizin und hin zu einer Präventionsmedizin“, betont auch Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer. Gerade bei Adipositas erlebe man teils bizarre Situationen: „Die Kasse zahlt keine Medikamente zur Behandlung von Adipositas, dafür aber ab einem gewissen BMI dann einen operativen Eingriff. Dass es für alle Beteiligten sinnvoller wäre, schon präventiv anzusetzen, bevor es in den adipösen Bereich geht, liegt auf der Hand“, so Steinhart, der eine Vielzahl solcher Beispiele im aktuellen System feststellt. „Nur ein sehr geringer Teil der Gesundheitsausgaben – unter einem Prozent – fließt in echte Präventionsmaßnahmen (ohne Tertiärprävention, also Reha) und diese Quote stagniert seit Jahren. Auf der anderen Seite kosten uns die Folgeschäden dann erhebliche Summen. Jede nachhaltige Investition in unser Gesundheitssystem wird sich durch die dadurch vermiedenen Folgekosten in kurzer Zeit amortisieren“, sagt der ÖÄK-Präsident.

„Adipositas ist eine chronische Erkrankung, unter der weltweit immer mehr Menschen leiden. Sie ist durch einen deutlich überhöhten Anteil an Körperfett charakterisiert und begünstigt Folgeerkrankungen wie Diabetes-Typ-2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs oder psychische Leiden“, erklärt Widhalm. Neben Fehlernährung oder Bewegungsmangel spielten auch hormonelle, genetische oder psychische Aspekte eine Rolle bei der Entstehung von Adipositas. „Die Krankheit muss daher als solche anerkannt werden und darf nicht einfach nur als Lebensstilproblem oder Disziplinlosigkeit abgetan werden“, betont der Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde. Betroffene hätten nicht nur mit körperlichen Beschwerden zu kämpfen, sondern auch mit Diskriminierung und Stigmatisierun.

„Deshalb muss Präventionsarbeit schon ab dem Kindesalter beginnen“, fordert Widhalm. Dass das funktionieren könne, zeige zum Beispiel das in Wiener Volksschulen bereits erfolgreich zur Anwendung gekommene und vom Bildungsministerium geförderte Präventionsprojekt EDDY. „Dabei werden die Kinder von Expertinnen und Experten aus verschiedenen Bereichen durch Ernährungs- und Bewegungsschulungen zu einem gesünderen Lebensstil animiert“, erklärt Widhalm. Das Programm habe nachweislich zu einer deutlichen Verbesserung der körperlichen und seelischen Verfassung der Kinder geführt.

„Angesichts der steigenden Zahl von Adipositas bei Kindern bräuchte es aber viel mehr solcher Projekte“, appelliert Widhalm an die Politik, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. „Es müssen klare Konzepte geschaffen werden, bei denen neben Fachexpertinnen und -experten aus Bereichen wie Diätologie, Sportmedizin, Psychologie oder Kinder- und Jugendheilkunde verstärkt auch Schulärztinnen und Schulärzte sowie die Eltern eingebunden werden müssten. „Um auch die Eltern zu mehr Mitarbeit zu animieren, könnte man etwa über Anreiz- bzw. Belohnungssysteme nachdenken, bei denen man beim Erreichen bestimmter Gesundheitsziele Vergünstigungen bekommen würde“, schlägt Widhalm vor.

Für zielführende Prävention sei auch eine ganzheitliche Herangehensweise wichtig. „Da reicht es nicht, einfach zu sagen ‚Iss weniger!‘“. Die persönliche Krankheitsgeschichte jedes einzelnen Kindes müsse genauso berücksichtigt werden wie seine physischen Möglichkeiten. „Wenn Betroffene sich körperlich mehr betätigen sollen, muss man schauen, dass diese körperliche Aktivität auch zu ihnen passt. Nur dann bleibt die Motivation erhalten und nur dann kann eine langfristige Integration von Bewegung in den Alltag gelingen“, sagt Widhalm.

Nicht zuletzt braucht es auch bei der Definition der Erkrankung sowie bei deren Diagnose mehr Differenzierung. Für die Beurteilung, ab wann es sich noch um Übergewicht oder schon um Adipositas handele, dürfe nicht nur der Body-Mass-Index (BMI) herangezogen werden, sondern ebenso das Verhältnis von Muskel-, Fett- und Knochenmasse zueinander. Bei der Diagnose wiederum müsse klar zwischen Fettleibigkeit ohne funktionelle Beeinträchtigung der Körperfunktionen und solcher mit Risiko für schwerwiegende Komplikationen unterschieden werden. „Denn nur dadurch kann Therapie gezielt und effektiv zur Anwendung kommen“, betont Widhalm abschließend.

Österreichische Ärztekammer/Öffentlichkeitsarbeit
Mag. Ilona Gschmeidler
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