Verfassungsausschuss: Grünes Licht für neue Ressortaufteilung der Bundesregierung

Gesetzesvorschlag sieht Kompetenzverschiebungen und 13 Bundesministerien vor

Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat heute den Weg für die neue Ressortverteilung in der Bundesregierung geebnet. Die Abgeordneten stimmten mit einer Mehrheit der Dreierkoalition ÖVP, SPÖ und NEOS einer entsprechenden Novelle zum Bundesministeriengesetz zu. Damit soll sichergestellt werden, dass die neuen Regierungsmitglieder ihre vorgesehenen Aufgabenbereiche rasch in vollem Umfang übernehmen können. Konkret ist das Inkrafttreten für 1. April 2025 geplant, Anpassungen im Hinblick auf das Informationsfreiheitsgesetz sollen mit 1. September umgesetzt werden. Zuvor muss allerdings nicht nur der Nationalrat, sondern auch der Bundesrat grünes Licht geben.

Die neue Bundesregierung aus ÖVP, SPÖ und NEOS zählt neben dem Bundeskanzler 13 Minister:innen und sieben Staatssekretär:innen. Mit 12 Ministerien neben dem Bundeskanzleramt bleibt die bisherige Anzahl der Ressorts bestehen. Vorgesehen sind allerdings einige Verschiebungen bei den Kompetenzen.

Erstmals in ihren neuen Funktionen beantworteten der Staatssekretär im Bundeskanzleramt Alexander Pröll sowie die Staatssekretärin im bisherigen Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Michaela Schmidt die Fragen der Abgeordneten im Verfassungsausschuss. Mit dem vorliegenden Entwurf sei in Zeiten großer Herausforderungen ein guter Ausgleich in der Kompetenzverteilung gelungen, bei der jeder seine Schwerpunkte setzen könne, betonte Pröll.

Rückfragen und Kritik kamen von der FPÖ und von den Grünen. Dabei ging es der FPÖ etwa um die Anpassungen zum Informationsfreiheitsgesetz und um die Zuständigkeit für den öffentlichen Dienst. Seitens der Grünen wurde etwa bemängelt, dass die Änderungen erst mit 1. April in Kraft treten sollen und dass Klima- und Umweltschutz künftig von den Energie- und Verkehrsthemen getrennt werden soll. Etwa seitens der ÖVP sieht man Synergien durch eine Zusammenführung der Bereiche Wirtschaft und Energie.

ÖFFENTLICHER DIENST IM BUNDESKANZLERAMT

Die Bundesregierung wurde am Montag von Bundespräsident Alexander van der Bellen nach dem derzeit geltenden Bundesministeriengesetz und der darin von der Vorgängerregierung festgelegten Kompetenzverteilung angelobt. Um die zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS in ihrem Regierungsprogramm angestrebten Aufgaben der einzelnen Ministerien und Staatssekretär:innen festzulegen, hat die neue Dreierkoalition eine Novelle des Bundesministeriengesetzes vorgelegt. Dieser Antrag wurde bereits vergangene Woche von ÖVP, SPÖ und NEOS im Nationalrat eingebracht (75/A) und heute von den drei Parteien im Verfassungsausschuss durch einen umfangreichen Abänderungsantrag ergänzt.

Im Bundeskanzleramt ist Bundeskanzler Christian Stocker Staatssekretär Pröll beigestellt. Inhaltlich in das Bundeskanzleramt wandern sollen künftig die Angelegenheiten des öffentlichen Dienstes, für die sich Staatssekretär Pröll im Ausschuss als zuständig benannte. Außerdem sei ihm etwa der Kampf gegen Antisemitismus ein Anliegen. Gegenüber Werner Herbert (FPÖ), der eine Wertschätzung des öffentlichen Dienstes in der künftigen Zuordnung vermisst, sieht Pröll vielmehr eine Aufwertung, wenn der Bereich zukünftig direkt in das Bundeskanzleramt wandere. Claudia Plakolm, die vorerst als „Bundesministerin ohne Portefeuille“ angelobt wurde, soll bisherigen Berichten zufolge als Kanzleramtsministerin den Bereich Familien, Jugend, EU sowie Integration übernehmen.

Besonders gut gelungen sei mit dem Entwurf die Querschnittsmaterien-Koordinierung im Bundeskanzleramt (BKA), hob Susanne Raab (ÖVP) hervor. Auch die EU-Koordination im BKA halte sie für sehr sinnvoll. So seien auch die „Geschäfte“ auf EU-Ebene untereinander abzustimmen, heißt es im Entwurf, was für Alma Zadić (Grüne) Fragen aufwarf. Einem Experten des BKA zufolge soll damit klargestellt werden, dass das Abstimmungsregime auch bei EU-Vorhaben greife und Einvernehmen herzustellen sei, wenn es verschiedene Ressorts betreffe. Staatsekretärin Schmidt zufolge geht es um ein Bekenntnis, dass sich die Bundesregierung auf EU-Ebene einheitlich präsentiere. Damit sollten aus Sicht von Nikolaus Scherak (NEOS) unterschiedliche verfassungsrechtliche Interpretationen künftig diesbezüglich nicht mehr möglich sein. Wenn es kein Einvernehmen gebe, soll es laut dem Experten des BKA zu keiner Annahme eines Rechtsaktes auf europäischer Ebene kommen können.

Was den öffentlichen Dienst betrifft, wird Selma Yildirim (SPÖ) zufolge in herausfordernden Zeiten trotzdem Bedacht darauf genommen, dass es nicht zum Personalabbau komme und dass Dienstleistungen für Bürger:innen nicht eingeschränkt würden.

WOHNEN ALS EIGENES KOORDINIERUNGSTHEMA

Das Ressort von Vizekanzler Andreas Babler soll künftig statt den bisherigen Kompetenzen für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport als Ministerium für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport geführt werden. Auch Staatsekretärin Schmidt ist in diesem Bereich angesiedelt. Zufallen soll diesem Ministerium neben den Medienangelegenheiten und der Wohnungspolitik auch das Sachgebiet Baukoordination, allerdings nur insoweit sie nicht in den Wirkungsbereich anderer Bundesministerien fällt, so die Erläuterungen.

Beim Thema Wohnen, nach dem sich etwa Katayun Pracher-Hilander (FPÖ) im Detail erkundigte, soll Staatssekretärin Schmidt zufolge zum Ausdruck gebracht werden, dass es sich um ein wichtiges handle. Bei dieser Querschnittsmaterie soll das Ministerium für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport die Koordinierungstätigkeiten übernehmen.

NEUE ZUSTÄNDIGKEIT FÜR DEREGULIERUNG; ARBEIT UND WIRTSCHAFT WERDEN GETRENNT

Veränderungen sind auch im nunmehrigen Ressort von Ministerin Beate Meinl-Reisinger, dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, vorgesehen. Ihr ist mit Sepp Schellhorn ein Staatssekretär beigestellt. Das Ministerium soll nunmehr eine zusätzliche Zuständigkeit für Angelegenheiten der Deregulierung und Entbürokratisierung bekommen.

Deutliche Verschiebungen ergeben sich laut Vorlage für das bisherige Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft. Die Arbeitsagenden wandern in das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, dem die nunmehrige Ministerin Korinna Schumann vorsteht. Auch Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig ist in diesem Bereich angesiedelt. In einem neuen Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus sollen diese drei Bereiche dem nunmehrigen Minister Wolfgang Hattmannsdorfer zufallen. Beigestellt werden soll hierbei die neue Staatssekretärin Elisabeth Zehetner.

Das Ressort von Minister Norbert Totschnig soll neben den bisherigen Zuständigkeiten der Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft auch die Klima- und Umweltschutzangelegenheiten erhalten. Die Innovations-, Mobilitäts- und Infrastrukturangelegenheiten sollen in einem eigenen Bundesministerium durch den neuen Minister Peter Hanke wahrgenommen werden. Gegenüber Kritik von Zadić an der Aufteilung der Agenden des bisherigen Ministeriums betonte Schmidt, dass es dennoch ein Anliegen sei, dass sich die Ressorts abstimmen und dass Umwelt, Verkehr und Energie zusammen gedacht werden.

Ein eigenes Bildungsministerium soll es für den neuen Minister Christoph Wiederkehr geben. Geschaffen wird auch ein Bundesministerium für Frauen, Wissenschaft und Forschung, das Berichten zufolge von der neuen Ministerin Eva-Maria Holzleitner übernommen werden soll, die vorerst als „Bundesministerin ohne Portefeuille“ angelobt wurde.

Keine Änderungen sind in den Sachgebieten vorgesehen, die das Bundesministerium für Justiz, geleitet von der neuen Ministerin Anna Sporrer, sowie das Ressort Landesverteidigung – mit Klaudia Tanner an der Spitze – betreffen. Das Bundesministerium für Finanzen leitet der neue Minister Markus Marterbauer, ihm zur Seite steht Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl. Dem Innenministerium mit Ressortchef Gerhard Karner wiederum soll die Zuständigkeit für die Netz- und Informationssicherheit zukommen, die bisher im Bundeskanzleramt angesiedelt ist. Mit Jörg Leichtfried gibt es zudem einen neuen Staatssekretär im Innenministerium.

VERPFLICHTENDE REVISIONSEINRICHTUNGEN UND ANPASSUNGEN ZUM INFORMATIONSFREIHEITSGESETZ

Der ursprünglich eingebrachte Antrag beinhaltete bereits Bestimmungen über verpflichtende interne Revisionseinrichtungen. Zwar können Ministerien schon jetzt eine interne Revision einrichten, eine Verpflichtung dazu besteht bislang jedoch nicht. ÖVP, SPÖ und NEOS wollen außerdem bestimmte Vorgaben für derartige Kontrollstellen festlegen. Umfasst vom Antrag sind gemäß den Erläuterungen auch ausgegliederte Rechtsträger, da sie der rechtlichen und politischen Verantwortung des Bundesministers bzw. der Bundesministerin unterliegen. Darüber hinaus soll künftig die Bildung von Kommissionen (Beiräten) auch ministerienübergreifend ermöglicht werden, wird im Abänderungsantrag festgehalten. Neben Anpassungen im Zusammenhang mit dem Informationsfreiheitsgesetz wird außerdem klargestellt, dass die Ressorts die Parlamentarier:innen etwa durch „Hilfestellungen im Bereich der Legistik“ unterstützen können.

Was die Anpassungen zum Informationsfreiheitsgesetz betrifft, hielt ein Experte des BKA gegenüber Bedenken von Michael Schilchegger (FPÖ) fest, dass sie dazu dienen würden, Geheimhaltungsinteressen einzuschränken. Laut Raab seien die Anpassungen nötig, weil die bisherige Fassung eine Ankopplung zur Amtsverschwiegenheit enthalte. (Schluss Verfassungsausschuss) mbu

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