Parlament: TOP im Nationalrat am 7. März 2025

Regierungserklärung, neue Ressortaufteilung, Bankenabgabe, Mieten, Klimaförderungen, gesetzliches Budgetprovisorium, Ukraine-Vertriebene

Etwas mehr als fünf Monate nach der Nationalratswahl stellen Bundeskanzler Christian Stocker, Vizekanzler Andreas Babler und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger das zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS vereinbarte Regierungsprogramm für die kommenden fünf Jahre und das neue Regierungsteam im Hohen Haus vor. Außerdem wollen die Koalitionsparteien bereits in dieser Sitzung ein umfangreiches Gesetzespaket mit ersten Maßnahmen zur Budgetsanierung beschließen. Dazu zählen etwa die Erhöhung der Bankenabgabe, die Verlängerung des Spitzensteuersatzes und die Abschaffung der Umsatzsteuerbefreiung für kleine Photovoltaikanlagen. Auch ein gesetzliches Budgetprovisorium für 2025, eine Novelle zum Bundesministeriengesetz, die Verlängerung der Familienbeihilfe für vertriebene Ukrainer:innen sowie die Anhebung der Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld stehen auf der Tagesordnung. Um Mieter:innen im regulierten Wohnungsmarkt – etwa Altbau und gemeinnütziger Sektor – zu entlasten, ist geplant, die Mieten heuer nicht an die Inflation anzupassen.

Die Sitzung beginnt um 09.00 Uhr, eine Aktuelle Stunde oder eine Fragestunde sind nicht vorgesehen. Auch auf Sonderaktionen wie Dringliche Anfragen oder Dringliche Anträge haben die Fraktionen im Vorfeld verzichtet.

Vor Eingang in die Tagesordnung ist mit zahlreichen Angelobungen zu rechnen, nachdem die Mitglieder der Bundesregierung traditionell ihr Abgeordnetenmandat zurücklegen.

REGIERUNGSERKLÄRUNG ZUR VORSTELLUNG DER NEUEN BUNDESREGIERUNG

Am Montag hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen die neue Bundesregierung mit Bundeskanzler Christian Stocker an der Spitze angelobt. Zum Auftakt der Nationalratssitzung stellt der neue Regierungschef nun gemeinsam mit Vizekanzler Andreas Babler und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger den Abgeordneten das Regierungsprogramm für die laufende Gesetzgebungsperiode in Form einer Regierungserklärung vor. Unter dem Titel „Jetzt das Richtige tun. Für Österreich.“ haben sich ÖVP, SPÖ und NEOS auf ein gemeinsames Arbeitsprogramm für die kommenden fünf Jahre geeinigt.

Der neuen Regierung gehören neben dem Bundeskanzler und dem Vizekanzler zwölf Minister:innen an, wobei eine davon dem Bundeskanzleramt zugeordnet werden soll. ÖVP und SPÖ stellen jeweils sechs Regierungsmitglieder, die NEOS zwei. Dazu kommen sieben Staatssekretär:innen (je drei ÖVP und SPÖ, einer NEOS).

BUNDESMINISTERIENGESETZ MIT NEUER RESSORTAUFTEILUNG

Damit die neuen Regierungsmitglieder ihre vorgesehenen Aufgabenbereiche in vollem Umfang übernehmen können, ist eine Änderung des Bundesministeriengesetzes nötig. Der Verfassungsausschuss hat dafür mit der Stimmenmehrheit der Dreierkoalition von ÖVP, SPÖ und NEOS grünes Licht gegeben. Wie bisher soll es inklusive des Bundeskanzleramts 13 Ministerien geben, bei den Kompetenzen der einzelnen Ressorts sind allerdings erhebliche Verschiebungen vorgesehen.

So sollen künftig etwa die Arbeitsagenden vom bisherigen Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft in das neue Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wandern. Gleichzeitig werden Wirtschaft, Energie und Tourismus in einem Ministerium zusammengeführt. In einem weiteren Ministerium werden die Agenden für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport kombiniert, während die Angelegenheiten des öffentlichen Dienstes in das Bundeskanzleramt kommen. Dort sollen mit einer Kanzleramtsministerin auch die Bereiche Familien, Jugend, EU sowie Integration angesiedelt sein.

Deutlich abgespeckt wird das bisherige Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Es verliert nicht nur die Energieagenden an das Wirtschaftsressort, sondern muss auch die Bereiche Klimaschutz und Umwelt an das Landwirtschaftsministerium abtreten. Damit wird es künftig nur noch für Innovation, Mobilität und Infrastruktur verantwortlich sein. Aus dem Bildungsministerium werden die Zuständigkeiten für die Universitäten herausgelöst und dem neuen Bundesministerium für Frauen, Wissenschaft und Forschung übertragen.

Das Außenministerium wird gemäß Entwurf eine zusätzliche Zuständigkeit für Angelegenheiten der Deregulierung und Entbürokratisierung erhalten. Auch im Kompetenzbereich des Innen- und des Finanzministeriums sind einzelne Adaptierungen vorgesehen.

In Kraft treten soll die neue Kompetenzverteilung mit 1. April, bis dahin gelten noch die aktuellen Zuständigkeiten. Festgelegt werden mit dem Initiativantrag der Dreierkoalition darüber hinaus verpflichtende interne Revisionseinrichtungen für Ministerien und ausgegliederte Rechtsträger sowie Anpassungen im Zusammenhang mit dem Informationsfreiheitsgesetz.

ÄNDERUNG DES NATIONALFONDS-GESETZES

Noch nicht abstimmen werden die Abgeordneten über einen Antrag der Grünen, der auf eine Änderung des Nationalfonds-Gesetzes hinausläuft. Auf Vorschlag des Budgetausschusses soll die Initiative dem Verfassungsausschuss zur weiteren Vorberatung zugewiesen werden. Mit dem Antrag wollen die Grünen erreichen, dass der Vorsitz im Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus künftig nicht mehr automatisch dem Nationalratspräsidenten bzw. der Nationalratspräsidentin zukommt. Stattdessen sollen auch der Zweite oder Dritte Präsident bzw. die Zweite oder Dritte Präsidentin des Nationalrats gewählt werden können.

FAMILIENLEISTUNGEN FÜR UKRAINISCHE VERTRIEBENE, KINDERBETREUUNGSGELD

Der Rat der Europäischen Union hat bereits vor einiger Zeit beschlossen, den besonderen Aufenthaltsstatus für Ukrainer:innen in der EU bis zum 4. März 2026 zu verlängern. In Österreich erhielten die Vertriebenen bis vor kurzem auch Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld, beide Unterstützungsleistungen sind aber mit 4. März 2025 ausgelaufen. Nun sollen sie rückwirkend verlängert werden. Das hat der Budgetausschuss dem Plenum gegen die Stimmen der FPÖ empfohlen. Anders als im ursprünglichen Antrag soll die Verlängerung allerdings vorerst nur bis zum 31. Oktober 2025 und nicht wie zunächst vorgesehen für ein weiteres Jahr gelten. Dazu erklärte Staatssekretär Alexander Pröll im Ausschuss, dass man die außen- und sicherheitspolitische Situation regelmäßig einer Bewertung unterziehen müsse. Kritik an der verkürzten Verlängerung kam von den Grünen, sie stimmten letztendlich aber für den Antrag.

Für alle Bezieher:innen von einkommensabhängigem Kinderbetreuungsgeld wird überdies die Zuverdienstgrenze angehoben. Um während des Anspruchszeitraums weiterhin geringfügig tätig sein zu können, wird diese rückwirkend mit 1. Jänner von 8.100 Ꞓ pro Jahr auf 8.600 Ꞓ erhöht.

GESETZLICHES BUDGETPROVISORIUM

Da die Abgeordneten aufgrund der Nationalratswahl im vergangenen Herbst kein Budget für das Jahr 2025 beschlossen haben, ist derzeit ein automatisches Budgetprovisorium in Kraft. Mit diesem werden die Ausgabenobergrenzen des Bundesfinanzgesetzes 2024 de facto fortgeschrieben, wobei es zusätzlich einen Deckel für Schuldenaufnahmen gibt.

Nun soll ein gesetzliches Provisorium mehr Flexibilität bis zum endgültigen Beschluss des Bundesfinanzgesetzes 2025 bringen. Ein entsprechender Gesetzesantrag der drei Koalitionsparteien hat im Budgetausschuss auch die Zustimmung der Grünen erhalten. Damit wollen die Abgeordneten die fortlaufende Finanzierung des Bundeshaushalts sicherstellen. Vorläufig noch nicht berücksichtigt ist die neue Kompetenzverteilung innerhalb der Regierung: Damit neue Ministerien bzw. Ministerien mit erweitertem Aufgabenbereich auch über entsprechende Budgetmittel verfügen, müssen die im Bundesministeriengesetz geplanten organisatorischen Änderungen auch im gesetzlichen Budgetprovisorium nachgezogen werden.

EFFIZIENTER SEKUNDÄRMARKT FÜR NOTLEIDENDE KREDITE

Einstimmig hat der Budgetausschuss ein neues Kreditdienstleister- und Kreditverkäufergesetz ins Plenum geschickt. Damit setzt Österreich eine EU-Richtlinie um. Ziel ist es, durch einen einheitlichen Rechtsrahmen für Kreditdienstleister und -käufer einen effizienten Sekundärmarkt für „notleidende Kredite“ in Europa zu etablieren. So sollen etwa Kreditinstitute, die viele notleidende Kredite haben und nicht über das Personal oder die Sachkenntnis verfügen, um diese ordnungsgemäß zu verwalten, diese einfacher an einen Kreditkäufer mit der nötigen Risikobereitschaft und Sachkompetenz veräußern können. Die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) soll als zuständige Behörde die notwendigen Aufsichts-, Untersuchungs- und Sanktionsbefugnisse erhalten.

ERSTES MASSNAHMENPAKET ZUR BUDGETSANIERUNG

ÖVP, SPÖ und NEOS wollen die Sitzung darüber hinaus dafür nutzen, um erste Sparmaßnahmen zur Budgetsanierung zu beschließen. Damit soll nicht zuletzt ein EU-Defizitverfahren vermieden werden. Die Bandbreite der Sparmaßnahmen ist groß: Sie reicht von einer höheren Bankenabgabe über geringere Förderungen für Photovoltaik-Anlagen bis hin zur Anhebung der Wettgebühren. Angekündigt wurde auch eine vorläufige Abschaffung der Bildungskarenz, detaillierte Bestimmungen dazu fehlen aber ebenso noch wie die angestrebte Verlängerung der Energiekrisenbeiträge.

Konkret sieht das sogenannte Budgetsanierungsmaßnahmengesetz 2025 unter anderem vor, die Umsatzsteuerbefreiung für kleine Photovoltaikanlagen ab 1. April 2025 aufzuheben, wobei für vor dem 7. März abgeschlossene Verträge eine Übergangsregelung vorgesehen ist. Auch die Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer für Elektrofahrzeuge soll ab Anfang April fallen. Außerdem wird der Spitzensteuersatz von 55 % um weitere vier Jahre – bis 2029 – verlängert und die Rechtsgeschäftsgebühr für Wetten von 2 % auf 5 % der Wetteinsätze angehoben. Zur Steigerung des Tabaksteueraufkommens ist unter anderem eine Erhöhung der Mindestverbrauchsteuer auf Zigaretten auf 175 Ꞓ je 1.000 Stück und eine stärkere Besteuerung von Tabak zum Erhitzen geplant.

Banken sollen zum einen durch eine Erhöhung der Stabilitätsabgabe und zum anderen durch Sonderzahlungen in den Jahren 2025 und 2026 in der Höhe von jeweils rund 300 Mio. Ꞓ einen Beitrag zur Budgetsanierung leisten.

Im Budgetausschuss erhielt das Budgetsanierungsmaßnahmengesetz nur die Zustimmung von ÖVP, SPÖ und NEOS. Die FPÖ vermisste eine finanzielle Folgenabschätzung, behielt sich aber die Zustimmung zu einzelnen Maßnahmen im Rahmen der Nationalratssitzung vor. Die Grünen äußerten unter anderem die Befürchtung, dass sich die geplanten Förderkürzungen negativ auf die Konjunktur und das Klima auswirken werden, und wandten sich außerdem gegen eine Abschaffung der Bildungskarenz.

EINFRIEREN VON MIETEN

Die hohe Inflation hat mit dazu beigetragen, dass die Wohnkosten in Österreich zuletzt stark gestiegen sind. Um Mieter:innen zu entlasten, wurde bereits unter der türkis-grünen Regierung in den regulierten Wohnungsmarkt eingegriffen, nun wollen ÖVP, SPÖ und NEOS eine weitere Entlastungsmaßnahme beschließen. Sie schlagen vor, die Mieten in Altbau-, Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen vorübergehend einzufrieren und erst im kommenden Jahr wieder zu valorisieren. Ohne diesen Schritt würden ihnen zufolge die Mieten ab April um drei bis vier Prozent steigen. Im Budgetausschuss konnten die Koalitionsparteien auch die Grünen für das Vorhaben gewinnen. Die FPÖ lehnte den Antrag hingegen vorerst ab, behielt sich aber eine Zustimmung im Plenum vor. (Schluss TOP im Nationalrat) gs/mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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