Nationalrat: Frage der Leitung des Nationalfonds wird im Verfassungsausschuss weiterbehandelt

Grüne halten Nationalratspräsident Walter Rosenkranz für ungeeignet

Die Debatte um die Leitung des Nationalfonds der Republik Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus geht in eine weitere Runde. Geht es nach den Grünen, soll der Vorsitz nicht mehr automatisch beim Präsidenten oder der Präsidentin des Nationalrats liegen. Der Nationalrat wies heute den betreffenden Initiativantrag der Grünen dem Verfassungsausschuss zu.

Konkret schlagen die Grünen vor, dass zu Beginn jeder Legislaturperiode der Hauptausschuss mehrheitlich aus dem Kreis der Präsident:innen des Nationalrats den Vorsitzenden bzw. die Vorsitzende des Kuratoriums wählen soll. Dazu wäre jedoch die Änderung von mehreren Verfassungsbestimmungen des Bundesgesetzes, das die Tätigkeit des Nationalfonds regelt, erforderlich. Gemäß Antrag wäre erstmalig eine solche Wahl nach dem Inkrafttreten des Gesetzes für die aktuelle XXVIII. Gesetzgebungsperiode vorzunehmen.

DEBATTE ÜBER VORSITZ UND ERINNERUNGSKULTUR

Sigrid Maurer (Grüne) zeigte sich verärgert darüber, dass der Antrag „auf die lange Bank geschoben“ wird, statt ihn endlich zu beschließen. Sie habe sich gefreut, als sie im Regierungsprogramm gelesen habe, dass die Koalition das Anliegen der Grünen teile. Deshalb verstehe sie die Argumente für die Verzögerung nicht. Nationalratspräsident Walter Rosenkranz sei als schlagender Burschenschafter ungeeignet, dem Nationalfonds vorzustehen, der die Entschädigungszahlungen für Opfer des Nationalsozialismus verwalte, so Maurer.

Wer seine Mitgliedschaft in einer deutschnationalen Burschenschaft verteidige, sich trotz Vorwurfs der Wiederbetätigung hinter seinen Büroleiter stelle, sich „bewusst vor dem Werk eines Nazis“ inszeniere und am „Vernetzungstreffen von Rechtsextremen und Neonazis, dem Akademikerball“ teilnehme, könne nicht für die Bewahrung des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus zuständig sein, meinte auch Lukas Hammer (Grüne). Das würden nicht nur die Grünen, sondern auch wesentliche Opferverbände so sehen.

Markus Tschank (FPÖ) sah das anders. Walter Rosenkranz sei der vom Parlament demokratisch gewählte Nationalratspräsident und nehme von Gesetz wegen die Vorsitzführung des Nationalfonds wahr. Der Antrag der Grünen sei rein parteipolitisch motiviert und entbehre jeglicher Grundlage, befand er. Man solle Rosenkranz an seinen Taten messen und keine politische Partei von der Erinnerungskultur ausschließen, forderte Tschank. An die Medien appellierte er, sich nicht „ungeprüft vor den grünen Kahn spannen zu lassen“. Die FPÖ stehe jedenfalls auf der Seite jener Kräfte, die Antisemitismus bekämpfen wollen.

Für Sabine Schatz (SPÖ) hingegen liegt auf der Hand, dass Rosenkranz nicht geeignet sei, die sensible Position des Vorsitzenden des Nationalfonds einzunehmen. Sie erwarte sich, dass der Nationalratspräsident in dieser Frage rasch zur Seite trete, um Schaden vom Parlament abzuwenden. Die Verweisung des Antrags in den Verfassungsausschuss sei jedenfalls keine Verzögerung, versicherte sie. Der Ausschuss solle schließlich nächste Woche bereits tagen.

Nikolaus Scherak (NEOS) fand es positiv, dass der Antrag an den sachlich zuständigen Ausschuss geht. Der Nationalrat sollte sich an die Regeln halten, die er sich selbst gegeben habe. Er sitze beispielsweise als Verfassungssprecher nicht im Budgetausschuss, kenne sich aber mit dem Nationalfondsgesetz gut aus. Scherak sprach gegen Alleingänge einer Partei und für eine gemeinsame Lösung unter Einbindung aller Fraktionen aus. (Fortsetzung Nationalrat) wit/kar

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