Neue Ressortaufteilung der Bundesregierung passiert Nationalrat

Oppositionskritik an Prioritätensetzung; Koalition will an Ergebnissen gemessen werden

Mit einer Stimmenmehrheit der Koalitionsparteien ÖVP, SPÖ und NEOS gab der Nationalrat heute grünes Licht für die neue Ressortaufteilung der Bundesregierung. Die entsprechende Novelle des Bundesministeriengesetzes sieht neben dem Bundeskanzler 13 Minister:innen und sieben Staatssekretär:innen vor. Mit 12 Ministerien neben dem Bundeskanzleramt soll die bisherige Anzahl der Ressorts bestehen bleiben. Allerdings sind einige Kompetenzverschiebungen geplant. Das Inkrafttreten der Novelle ist für den 1. April 2025 vorgesehen, Anpassungen im Hinblick auf das Informationsfreiheitsgesetz sollen mit 1. September umgesetzt werden. Ebenfalls mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen wurde ein von ihnen eingebrachter Abänderungsantrag, der Außerkraftsetzungsbestimmungen klarstellen, Redaktionsversehen bereinigen und Abgrenzungen bei den Wirkungsbereichen nachjustieren soll.

PLENARDEBATTE ÜBER GEHEIMHALTUNGSPFLICHT, KLIMAPOLITIK UND PRIORITÄTENSETZUNG DER BUNDESREGIERUNG

FPÖ-Abgeordneter Werner Herbert stieß sich bei der Novelle des Bundesministeriengesetzes vor allem an einer laut ihm – „erstmals in der Geschichte der Republik Österreich“ – darin verankerten Geheimhaltungspflicht. Ausnahmen für die Tätigkeiten der Volksanwaltschaft, des Rechnungshofs und für die Wahrung des Interpellationsrechts würden darin nicht ausreichend berücksichtigt. Um aus seiner Sicht eine solche Einschränkung der parlamentarischen Kontrolle zu verhindern, brachte er auch einen Abänderungsantrag seiner Fraktion ein, durch den der Gesetzestext entsprechend abgeändert werden soll. Dieser fand jedoch keine Mehrheit. Außerdem kritisierte Herbert, dass die Angelegenheiten des öffentlichen Dienstes in das Bundeskanzleramt wandern, wo ein Staatssekretär damit betraut sei. Er betrachte dies als „Abqualifizierung“ der betroffenen Berufsgruppen.

Wolfgang Gerstl (ÖVP) hielt Herbert entgegen, dass es „keine größere Wertschätzung“ für den öffentlichen Dienst geben könne, als vom Vizekanzleramt ins Bundeskanzleramt zu wandern. Bezüglich der Geheimhaltungspflicht verwies er darauf, dass das Interpellationsrecht in der Verfassung festgeschrieben sei und „niemals“ durch ein Bundesministeriengesetz ausgehebelt werden könne. In Zukunft werde das Interpellationsrecht sogar weiter gehen, da etwa das Informationsfreiheitsgesetz die Ressorts zu mehr Transparenz verpflichten würde. Zur am heutigen Tag mehrmals geäußerten Kritik an der Anzahl an Minister:innen und Staatssekretär:innen erklärte Gerstl, dass Österreich dahingehend im europäischen Mittelfeld liege. Zudem komme es auf die Ergebnisse der Arbeit der Bundesregierung an und nicht auf die Anzahl der Minister. Gerstl hob außerdem positiv hervor, dass nun einer Empfehlung des Rechnungshofs gefolgt und in jedem Ministerium eine Revision eingerichtet werde. Wichtig sei auch, dass es künftig keine „Wiederholungstäter Leonore Gewesslers“ geben werde, da mit der Novelle jede Entscheidung eines/einer Minister:in auf EU-Ebene mit der gesamten Bundesregierung abzustimmen sei.

Lukas Hammer von den Grünen wertete es als positiv, dass die Arbeitsagenden wieder dem Sozialressort zufallen. Ein „schwerer Fehler“ sei es jedoch, den Umwelt- und Klimaschutz „als Beiwagerl“ beim Landwirtschaftsministerium anzusiedeln. Dieser werde dort nur mehr eine untergeordnete Rolle spielen. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig habe sich dahingehend schon in der Vergangenheit etwa beim Renaturierungsgesetz „nicht mit Ruhm bekleckert“, so Hammer. Große Reformen seien nur mit einem eigenständigen Ressort und einer „starken Ministerin“ möglich, wie etwa die Umsetzung der ökosozialen Steuerreform oder des Klimatickets gezeigt habe. Er hoffe auf ein Einsehen bei Totschnig und der gesamten Bundesregierung, dass der Reformkurs im Umwelt- und Klimabereich weitergehen müsse, so Hammer.

Auf Basis der Veränderungen in der Ressortaufteilungen ließen sich „überhaupt keine Aussagen“ darüber treffen, wie der Klimaschutz künftig umgesetzt werde, antwortete NEOS-Abgeordneter Michael Bernhard. Die Bundesregierung habe sich ebenso wie die vorangegangene Regierung Klimaneutralität bis 2040 zum Ziel gesetzt. Österreich befinde sich bereits im dritten Jahr einer Rezession. Daher brauche es einerseits wirtschaftspolitische Anreize und andererseits Deregulierung – etwa durch den Abbau von Berichtspflichten, die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren oder die Reform der Gewerbeordnung, führte Bernhard aus. Man solle die Regierung nicht an der Ressortaufteilung, sondern an ihren Ergebnissen messen.

Die Verhandlungen zur Regierungsbildung hätten lange gedauert, doch die Herausforderungen angesichts der angespannten Budgetsituation seien auch große, erklärte SPÖ-Abgeordnete Selma Yildirim. Sie zeigte sich zufrieden, dass nun auch Banken, Energiekonzerne und Privatstiftungen ihren Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten würden. Andererseits würden nun zahlreiche Haushalte durch die Umsetzung der langjährigen SPÖ-Forderung nach einem Mietpreisstopp entlastet. Auch in anderen Bereichen können man nun „zuversichtlich in die Zukunft blicken“. Yildirim nannte etwa Deradikalisierungsprogramme oder den Aktionsplan gegen Rechtsextremismus im Bereich der inneren Sicherheit.

KOMPETENZVERSCHIEBUNGEN IM ÜBERBLICK

Gemäß der Novelle des Bundesministeriengesetzes wandern die Angelegenheiten des öffentlichen Dienstes ins Bundeskanzleramt, wo auch die EU-Koordination angesiedelt sein soll. Dem Ressort von Vizekanzler Andreas Babler soll künftig neben den bisherigen Kompetenzen für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auch die Medienangelegenheiten und der Bereich Wohnen zufallen. Außenministerin Beate Meinl-Reisinger bekommt einen Staatssekretär für Deregulierung und Entbürokratisierung beigestellt.

Deutliche Verschiebungen ergeben sich laut Vorlage für das bisherige Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft. Die Arbeitsagenden wandern in das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, dem die nunmehrige Ministerin Korinna Schumann vorsteht. In einem neuen Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus sollen diese drei Bereiche dem nunmehrigen Minister Wolfgang Hattmannsdorfer zufallen. Das Ressort von Minister Norbert Totschnig soll neben den bisherigen Zuständigkeiten der Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft auch die Klima- und Umweltschutzangelegenheiten erhalten. Die Innovations-, Mobilitäts- und Infrastrukturangelegenheiten sollen in einem eigenen Bundesministerium durch den neuen Minister Peter Hanke wahrgenommen werden.

Ein eigenes Bildungsministerium soll es für den neuen Minister Christoph Wiederkehr geben. Geschaffen wird auch ein Bundesministerium für Frauen, Wissenschaft und Forschung, das Berichten zufolge von der neuen Ministerin Eva-Maria Holzleitner übernommen werden soll, die vorerst als „Bundesministerin ohne Portefeuille“ angelobt wurde.

Keine Änderungen sind in den Sachgebieten vorgesehen, die das Bundesministerium für Justiz, geleitet von der neuen Ministerin Anna Sporrer, sowie das Ressort Landesverteidigung – mit Klaudia Tanner an der Spitze – betreffen. Das Bundesministerium für Finanzen leitet der neue Minister Markus Marterbauer, ihm zur Seite steht Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl. Dem Innenministerium mit Ressortchef Gerhard Karner wiederum soll die Zuständigkeit für die Netz- und Informationssicherheit zukommen, die bisher im Bundeskanzleramt angesiedelt ist. Mit Jörg Leichtfried gibt es zudem einen neuen Staatssekretär im Innenministerium.

Die Novelle umfasst auch Bestimmungen über verpflichtende interne Revisionseinrichtungen sowie bestimmte Vorgaben für derartige Kontrollstellen. Dies betrifft gemäß den Erläuterungen auch ausgegliederte Rechtsträger, da sie der rechtlichen und politischen Verantwortung des Bundesministers bzw. der Bundesministerin unterliegen. Darüber hinaus soll künftig die Bildung von Kommissionen (Beiräten) auch ministerienübergreifend ermöglicht werden. Neben Anpassungen im Zusammenhang mit dem Informationsfreiheitsgesetz wird außerdem klargestellt, dass die Ressorts die Parlamentarier:innen etwa durch „Hilfestellungen im Bereich der Legistik“ unterstützen können. (Fortsetzung Nationalrat) wit

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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