
EU-Ausschuss des Bundesrats debattiert über EU-Maßnahmen zur Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit
„Kompass für eine wettbewerbsfähige EU“ enthält rund 50 neue Maßnahmen, FPÖ sieht darin Beleg für „Politik des Falschabbiegens“
Europa kann nach Angaben der Europäischen Kommission seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht mit den anderen großen Volkswirtschaften Schritt halten und muss umgehend handeln, um seine Wettbewerbsfähigkeit wiederzuerlangen und seinen Wohlstand zu sichern. Daher legte die Kommission Ende Jänner in einer Mitteilung den „Kompass für eine wettbewerbsfähige EU“ vor, der als Leitfaden für die Prioritäten der nächsten fünf Jahre gilt. Im EU-Ausschuss des Bundesrats erfolgte heute dazu eine Debatte.
Der „Kompass für eine wettbewerbsfähige EU“ enthält rund 50 neue Maßnahmen zur Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit, die im Zeitraum 2025/2026 vorgelegt werden sollen. Es handelt sich dabei einerseits um Legislativvorschläge wie Verordnungen und Richtlinien, bei denen eine Umsetzung in Österreich notwendig sein wird. Andererseits wird das Maßnahmenpaket auch Mitteilungen und Empfehlungen enthalten. Europa müsse der Ort sein, an dem Technologien, Dienstleistungen und saubere Produkte von morgen erfunden, hergestellt und vermarktet werden, während es auf dem Weg zur Klimaneutralität voranschreite, heißt es in der Mitteilung der Kommission. Definiert wurden drei Handlungsfelder: So solle die „Innovationslücke“ geschlossen, Dekarbonisierung und Wettbewerbsfähigkeit miteinander in Einklang gebracht und strategische Abhängigkeiten reduziert sowie wirtschaftliche Resilienz gesichert werden.
Das übergeordnete Ziel, Europas wirtschaftliche Dynamik durch Forschung und Innovation sowie nachhaltige Maßnahmen wiederzubeleben und Europa im globalen Wettbewerb als führende Wirtschaftsregion zu positionieren, werde grundsätzlich unterstützt, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Zentral sei vor allem die Reduktion von administrativen Lasten. Zudem sollen die Verfügbarkeit von leistbarer erneuerbarer Energie mit Fokus auf erneuerbare Energie ebenso oberste Priorität haben wie die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren.
Ein im Ausschuss anwesender Experte der Arbeiterkammer forderte, den Begriff der Wettbewerbsfähigkeit breiter zu denken und dabei soziale und ökologische Aspekte zu berücksichtigen. Zudem bleibe unklar, wie die angekündigten Maßnahmen finanziert werden sollen.
Das von der Kommission vorgestellte Maßnahmenpaket ziele auf die Erhöhung der Produktivität ab, betonte ein Experte der Wirtschaftskammer. Zur Finanzierung seien nationale Förderungen nötig, dabei müsse darauf geachtet werden, dass es unter den Mitgliedstaaten nicht zu Ungleichheiten komme.
FPÖ: BELEG FÜR „POLITIK DES FALSCHABBIEGENS“
Für die FPÖ-Mandatare Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N) und Michael Bernard (FPÖ/N) ist das EU-Maßnahmenpaket zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit eine „Selbstanzeige der Politik“ und ein Beleg für eine „Politik des Falschabbiegens“. Denn es zeige, dass die „Green-Deal-Politik“ der letzten Jahre wirtschafts- und standortfeindlich gewesen sei. Es dürfe nicht mehr länger „alles widerspruchslos abgenickt“ werden, was aus Brüssel komme – denn auch das „Bürokratiemonster“ komme aus Brüssel, sagte Spanring. Das vorgelegte Programm enthalte nur „leere Floskeln und leere Meter“. Europa befinde sich in einer „Spirale nach unten“, kritisierte er.
ÖVP: INNOVATIONEN FÖRDERN, ABHÄNGIGKEITEN REDUZIEREN
Christoph Thoma (ÖVP/V) meinte zu der von der FPÖ vorgebrachten Kritik, dass man der Europäischen Union im Hinblick auf die Vorlage dieses Maßnahmenpakets einen gewissen Lerneffekt zugestehen könne. Zudem würde der FPÖ ein „bisserl mehr Zuversicht“ auch nicht schaden, meinte Thoma. Er begrüße das von der Kommission vorgelegte Papier und erkundigte sich, welche konkreten Ideen es gebe, um das Innovationsdefizit der EU sowie die Abhängigkeiten bei der Rohstoffbeschaffung zu reduzieren. Das Thema Versorgungssicherheit bei Arznei-, Futter- sowie Pflanzenschutzmittel thematisierte Johanna Miesenberger (ÖVP/O).
Europa sei bei Forschung und Entwicklung „hinten nach“, betonte Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O) und unterstrich, dass es insbesondere mehr europäische Start-ups im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) brauche.
SPÖ: „MENSCHLICHE KOMPONENTE MITEINBRINGEN“
Es müsse die „menschliche Komponente“ in das Thema miteingebracht werden, forderte Claudia Arpa (SPÖ/K) und sprach sich dafür aus, Frauen, Menschen mit Behinderungen und jene, die erschwerten Zugang zum Arbeitsmarkt haben, besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Fachkräfte sollten nicht immer aus Drittstaaten geholt werden, da diese in ihren Heimatländern auch fehlten, so Arpa. Ihr Fraktionskollege Sebastian Forstner (SPÖ/O) betonte ebenfalls, dass für Innovationen Fachkräfte gebraucht werden und erkundigte sich, dazu nach konkreten Maßnahmen der Europäischen Union.
Manfred Mertel (SPÖ/K) forderte, dass das Thema Wettbewerb verstärkt in Schulen gelehrt werden sollte. Zudem warf er die Frage auf, wie die ältere Generation besser miteinbezogen werden könne. Stefan Schennach (SPÖ/W) sagte, dass er sich Sorgen um die Substanz des Lieferkettengesetztes mache. Zudem sprach er sich gegen die negative Verwendung des Begriffs „Gold Plating“ aus. Denn wenn etwas besser geregelt werde, würde dies den Menschen zugutekommen. Es gehe darum, die Dinge optimal und nicht minimalistisch zu regeln, meinte Schennach.
NEOS: BÜROKRATIE ALS HEMMSCHUH FÜR EUROPA
Es sei sehr erfreulich, dass sich die EU dem Thema Bürokratieabbau widme, denn Bürokratie sei ein Hemmschuh für Europa, sagte Manuela-Anna Sumah-Vospernik (NEOS/W). Sie stellte die Frage, ab wann es Entlastungen geben werde.
GRÜNE: „WIR BRAUCHEN SIMPLIFIZIERUNG“
Simplifizierung sei ein besseres Wort als Deregulierung, meinte Marco Schreuder (Grüne/W). Denn Regeln seien wichtig und sinnvoll, diese müssten jedoch einfach, klar und verständlich sein. Daher dürften nicht einfach „alle Regeln über Bord geworfen werden“. Nötig sei daher eine „Simplifzierung“, bei der auch die digitalen Möglichkeiten genützt werden sollen, so Schreuder. Zudem betonte er, dass das Vertrauen der Konsument:innen von Bedeutung sei. Europa solle stolz auf seine Produkte sein, die mit hohen Standards hergestellt würden, da dies ein „USP“ – also ein Alleinstellungsmerkmal – sei.
WIRTSCHAFTSMINISTERIUM: FRAGMENTIERTER BINNENMARKT BRINGT PROBLEME
Europa hinke im Bereich der Innovationen hinterher, doch es gebe auch Vorzeigebereiche, sagte die Expertin aus dem Wirtschaftsministerium. Die EU wolle daher den Fokus mehr auf Start-ups legen. So gebe es in der neuen Kommission erstmals eine Kommissarin für Start-ups. Zudem tue sich auch im Bereich der Strategischen Autonomie einiges, sagte die Expertin. Da der Abschluss von Freihandelsabkommen sehr lange dauere, setze man auf Partnerschaften mit rohstoffreichen Ländern. Weiters habe die Kommission den „Critical Raw Materials Act“ sowie erst gestern den „Critical Medicines Act“ vorgelegt. Zur Qualifizierung von Arbeitskräften und zur weiteren Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit gebe es die Bildungsoffensive „Union of Skills“. Auch das lebenslange Lernen und der Dialog mit der Jugend werde von der Union gefördert, sagte die Expertin.
Außerdem sei das „Omnibuspaket“ zur „Simplifizierung“ am Tisch, erklärte die Expertin. Es solle Erleichterungen für Unternehmen bringen – und das schon bald, denn die Kommission wolle dabei „aufs Tempo drücken“. Für das Übermaß an Bürokratie sei aber Brüssel nicht alleine verantwortlich, denn auch eine überschießende Umsetzung – also Gold Plating – sei ein Problem. Denn Gold Plating führe zur Fragmentierung des Binnenmarkts. Unterschiedliche Umsetzungen in einer vernetzten Wirtschaft seien immer ein Nachteil, sagte die Expertin. Sie unterstrich zudem, dass es keine Aufweichung der Ziele des Lieferkettengesetztes geben solle. Im Zusammenhang mit dem „Omnibuspaket“ gehe es vor allem um die Reduktion von Berichtspflichten und Erleichterungen, um das Lieferkettengesetz einfacher umsetzbar zu machen. (Schluss EU-Ausschuss des Bundesrats) bea
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